Zum Inhalt springen

Sommerblut

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 18. Dezember 2019 um 17:28 Uhr durch 2a0a:a541:d00e:0:18d4:dd63:cc8a:37de (Diskussion) (Weblinks). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Georgette Dee im Rahmen der Diven-Gala, Sommerblut 2006

Sommerblut, das Kölner Festival der Multipolarkultur, fand 2002 erstmals statt und bietet seitdem jedes Jahr eine breite Auswahl an Tanz- und Theater-Aufführungen, Performances, aber auch Konzerte, Kunst-Ausstellungen, Filme, Kabarett und Lesungen. Sommerblut legt bei Spielstätten und Auftritten einen durchgehenden Fokus auf Inklusion und Sichtbarkeit von Menschen mit Behinderung.

Mit einer Mischung aus Eigen- und Fremdproduktionen, nationalen und internationalen Kulturschaffenden, Prominenten und Nachwuchskünstler*innen, hat sich das Festival in der Kölner Kulturlandschaft etabliert. Durch seinen innovativen und oft experimentellen Charakter sowie die große Vielfalt an Genres hat sich Sommerblut auch überregional einen Namen gemacht.

Themen

Sommerblut hat einen gesellschaftspolitischen und emanzipatorischen Anspruch und sieht sich als besonders inklusives Kulturfestival, wobei der Inklusionsbegriff bewusst weit gefasst wird: Es geht um körperliche und kognitive Merkmale, Lebensformen, Wertesysteme, Traditionen, Glaubensrichtungen – all das, was die Identität eines jeden Menschen und den täglichen Diskurs in der Gesellschaft bestimmt.

Sommerblut thematisiert die Situation von Minderheiten und gesellschaftlich benachteiligten Gruppen, wie Frauen, Homo- und Transsexuelle, Behinderte, Flüchtlinge, chronisch Kranke, Menschen anderer Hautfarbe oder mit von der Mehrheit abweichenden religiösen und weltanschaulichen Ansichten. „Sommerblut holt den Rand in die Mitte und bringt die Mitte zum Rand“, heißt es dazu auf der Webseite des Festivals.

2019 hatte Sommerblut den Schwerpunkt „Glaube“, u.a. mit Eigenproduktionen wie "City of Faith" von Stefan Herrmann und Ensemble, der ÜberLebensPerformance "YOUTOPIA" sowie "Kraft und Beistand" – einem Stück von und für Menschen mit chronischen Erkrankungen". Auch die Neuinterpretation von "Der Kaufmann von Venedig" in der Freiluftbühne des Odonien, das Frauen-Theaterstück "Believe it - or not" und das erstmalig stattfindende "Kölner Festival der Religionen" griffen das Glaubensthema auf vielfältige Weise auf.

In den Jahren zuvor stand Sommerblut im Zeichen der Schwerpunktthemen "Körper" (2018, u.a. mit dem Stück "Antikörper"), "Rausch" (2017, u.a. mit "Planet Heimat") sowie "Liebe" (u.a. mit dem Stück "Mydentity").

Entwicklung

Tim Fischer im Rahmen der Diven-Gala, Sommerblut 2006

Insbesondere die Künstler der deutschsprachigen Chanson- und Kabarettszene haben das Festival ursprünglich etabliert. So trat Georgette Dee 2007 bereits zum vierten Mal in Folge im Rahmen von Sommerblut auf. Tim Fischer, Désirée Nick und Rainer Bielfeldt haben ebenfalls mehrfach mit unterschiedlichen Programmen teilgenommen. Inzwischen liegt der Fokus eher auf Tanz, Theater und Performances.

Die Schirmherrschaft hat seit 2002 der ehemalige Kölner Regierungspräsident und Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters inne.

Die Zahl der teilnehmenden Spielstätten ist über die Jahre hin gewachsen. Wurde Sommerblut 2002 und 2003 noch ausschließlich im Theaterhaus und Limelight präsentiert, kamen später u. a. die Philharmonie, das Kölner Schauspiel, die KEC Halle Köln-Arena II, die KulturKirche, der Gürzenich, das Bürgerhaus Stollwerck und die Comedia hinzu. 2019 fand das Festival an 24 Spielorten im ganzen Stadtgebiet statt.

Skandal 2007

Mit einem offenen Brief protestierten die Inhaber des Atelier-Theaters am 2. April 2007 gegen die erstmalige Integrierung des Pascha Nightclubs im Sommerblut-Festival.[1] Das Pascha ist Kölns bekanntestes Bordell, das in seinem Nachtclub seit einigen Jahren auch kulturelle Veranstaltungen ausrichtet. In dem Brief hieß es, Veranstalter Rolf Emmerich ginge es nur um die „abgefahrene Location“. Die „Solidarität mit Prostituierten“ sei nur ein Vorwand. Für die „Pascha“-Betreiber sei das Bündnis ein Instrument zur kostenlosen Imagepflege, hieß es weiter.[1]

Die Pressekonferenz von Sommerblut fand unverändert am 3. April im Pascha Nightclub statt. Das darauf folgende Medieninteresse war ebenso groß wie unterschiedlich: Die "taz" überschrieb ihren Artikel mit Allianz der Heuchler, nachdem sich auch die Kölner CDU[2] und Radio Vatikan[3] in die Kontroverse eingeschaltet hatten.

Auf Druck der Öffentlichkeit und des Kooperationspartners WDR5 musste Veranstalter Rolf Emmerich bereits eine Woche nach dem Protestbrief des Atelier-Theaters die Eröffnungsveranstaltung Wilde Nächte (u. a. mit Moderator Herbert Feuerstein, Doris Kunstmann und Claude-Oliver Rudolph) vom Pascha Nightclub in das Theaterhaus Köln verlegen.[4] Die anderen vier Veranstaltungen (Romy Haag, Lilo Wanders, Stella Ahangi, die Kutschallas) fanden wie geplant im Pascha Nightclub statt. Das Atelier-Theater gab sich mit der Verlegung des Eröffnungsprogramms zwar nicht zufrieden, nahm aber trotzdem weiterhin am Festival teil. „Wir halten es nicht für sinnvoll, wenn ausgerechnet die kritischen Kräfte das Festival verlassen“, sagte Sabine Heinrichs-Knab von der Theaterleitung gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger. [4]

Auszeichnungen

  • 2007: Kölner Tanzpreis zusammen mit DIN A 13 Tanzkompanie für die Performance „SEX ID“.
  • 2012: Kölner Innovationspreis Behindertenpolitik für das Theaterprojekt zum Thema Demenz „ANDERLAND“.
  • 2018: Nominierung für den Kölner Theaterpreis für das Theaterstück mit Suchtabhängigen „DRUGLAND“.
  • 2019: Nominierung für den Kölner Theaterpreis für das Theaterstück mit Jugendlichen „YOUTOPIA“.

Bisherige Termine und Künstler

16. Juni – 5. Juli 2002

26. Juni – 11. Juli 2003

9. Juni – 17. Juli 2004

19. Juni – 10. Juli 2005

18. Mai – 8. Juni 2006

16. Mai – 11. Juni 2007

2008

  • 120 Veranstaltungen an 25 Veranstaltungsorten, 20.000 Besucher*innen

2009

  • 150 Veranstaltungen an 40 Veranstaltungsorten, 23.000 Besucher*innen

2010

  • 150 Veranstaltungen an 45 Veranstaltungsorten, 20.000 Besucher*innen.

2011

  • 120 Veranstaltungen an 35 Veranstaltungsorten, 18.000 Besucher*innen.

2012

  • Themenschwerpunkt DEMENZ (60 Veranstaltungen an 25 Veranstaltungsorten, 12.000 Besucher*innen)

2013

  • Themenschwerpunkt FLUCHT (70 Veranstaltungen an 40 Veranstaltungsorten, 11.000 Besucher*innen)

2014

  • Themenschwerpunkt TABU (80 Veranstaltungen an 35 Veranstaltungsorten, 12.000 Besucher*innen)

2015

  • Themenschwerpunkt GELD (80 Veranstaltungen an 30 Veranstaltungsorten, 11.000 Besucher*innen)

2016

  • Themenschwerpunkt LIEBE (80 Veranstaltungen an 35 Veranstaltungsorten, 15.000 Besucher*innen)

2017

  • Themenschwerpunkt RAUSCH (38 Veranstaltungen an 24 Veranstaltungsorten, 10.000 Besucher*innen)

2018

  • Themenschwerpunkt KÖRPER (31 Veranstaltungen an 24 Veranstaltungsorten, 6.000 Besucher*innen)

2019

  • Themenschwerpunkt GLAUBE (35 Veranstaltungen an 24 Veranstaltungsorten, 13.500 Besucher*innen)

Einzelnachweise

  1. a b Atelier-Theater: Offener Brief von Sabine Heinrichs-Knab (Memento vom 28. September 2007 im Internet Archive)
  2. CDU Köln: CDU-Fraktion gegen Bordell als Veranstaltungsort für Kultur
  3. Radio Vatikan: Kritik am Kultursommer im Bordell (Memento vom 26. September 2007 im Internet Archive)
  4. a b Kölner Stadt-Anzeiger: „Wilde Nächte“ nicht im Bordell