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Themenzentrierte Interaktion

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Themenzentrierte Interaktion 

Methode der Gruppenarbeit, die von der Psychiaterin Ruth Cohn entwickelt wurde. Die TZI beruht auf dem theoretischen Hintergrund der Psychoanalyse sowie der Humanistischen Psychologie, und berücksichtigt Erfahrungen aus der Gestalttherapie. Die Themenzentrierte Interaktion ist eine Methode für Arbeits-, Selbsterfahrungs- und therapeutische Gruppen in lernenden Organisationen und flachen Hierarchien.

Cohn hat ein Strukturmodell entwickelt und dafür Postulate und Hilfsregeln formuliert, welche die methodische Grundlage der TZI bilden. Das Strukturmodell besteht aus vier Elementen:

  • 1. das Ich. Damit ist die einzelne Person mit ihrem Anliegen gemeint;
  • 2. das Wir. Hierbei geht es um die Beziehungen zwischen den Personen;
  • 3. das Es. Damit wird das Thema bzw. die Aufgabe beschrieben;
  • 4. der Globe. Er beinhaltet alle situativen, sozialen sowie andere äußere Bedingungen.

Die Postulate der TZI sind:

  • I.) Sei Dein eigener "Chairman" !

Leite Dich selbst in eigener Verantwortung; trage jedoch keine Verantwortung für andere. Voraussetzung hierfür ist das Bewusstwerden eigener Gefühle und Wahrnehmungen sowie die Akzeptanz der eigenen Person.

  • II.) Störungen haben Vorrang !

Beachte Störungen bei Dir und anderen sowie in der Umgebung (Kontext). Sprich die Störungen an. Sie stellen Hindernisse im Gesprächsverlauf dar. Aufdeckung von Störungen führt zur konstruktiven Fortsetzung des Gesprächs.

  • III.) Vertritt Dich selbst in Deinen Aussagen ! Sprich per "Ich" und nicht per "Wir" oder "Man" !

Diese Formen lassen auf ein "Verstecken" hinter der Gruppe oder einer öffentlichen Meinung schließen. Hinzu kommt, dass es durch eine derartige Kommunikation leicht fällt, Hypothesen entgegen ihrer Natur als Tatsache darzustellen, und ggf. mit "Gruppendruck" zu verstärken.

  • IV.) Sei zurückhaltend mit Verallgemeinerungen !

Verallgemeinerungen unterbrechen den persönlichen Meinungsaustausch. Sie dienen dem Gesprächsverlauf nur, wenn sie einen Themenbereich zusammenfassend abschließen und zu einem neuen Thema überleiten.

  • V.) Sei authentisch und selektiv !

authentisch : das, was gesagt wird, sollte wahr und echt sein. selektiv: nicht alles, was wahr und echt ist, muß gesagt werden. Beachte Zielperson, Timing, Takt und Kontext bei Deinen Interventionen.

  • VI.) Sprich Deine Motivation, Deine Meinung und Deine Gefühle aus !

Andere können nicht immer wissen, was in Dir vorgeht. Dies kann zu Fehlinterpretationen oder zu Missverständnissen führen und somit auch zum Aufbau von Vorurteilen gegenüber Deiner Person. Kläre darum Missverständnisse möglichst frühzeitig auf.

  • VII.) Vermeide das Interview !

Setze Deinen Gesprächspartner nicht mit ständigen neuen Fragen unter Druck. Störe den natürlichen Gesprächsverlauf nicht, indem Du laufend Fragen stellst mit dem Zweck, nichts bzw. wenig von Dir selbst preisgeben zu müssen. Wenn Du eine Frage verwendest, dann verdeutliche Deinem Gesprächspartner, welche Bedeutung sie für Dich hat. Mache Dein Ziel klar. Du vermeidest damit, daß Dein Partner auf Phantasien / Spekulationen angewiesen ist.

  • VIII.) Seitengespräche haben Vorrang !

Auch wenn Seitengespräche vordergründig stören, sind sie aber meist wichtig für die tieferen Ebenen der Kommunikation (vergl. Schulz von). Sie können neue Anregungen bringen, Unklarheiten herausstellen, Missverständnisse verdeutlichen oder auf eine gestörte Interaktion (Beziehung) hinweisen. Deshalb solltest Du Seitengespräche nicht übergehen.

  • IX.) Laß andere ausreden !

"Nur einer zur gleichen Zeit, bitte." Eine sinnvolle Verständigung ist nicht möglich, wenn zwei oder mehr Personen gleichzeitig reden; Unterbrechen ist nur sinnvoll, wenn ein Gesprächspartner vom Thema abschweift, persönliche Angriffe äußert, sehr laut wird oder unverhältnismäßig lange redet.

  • X.) Beachte Körpersignale !

Non- verbale Signale sind für den Gesprächsverlauf bedeutsam. Unangemessene Körperhaltung, Mimik u. Gestik kann zu Störungen führen. Beobachte eigene u. fremde Körpersignale. Vermeide selbst Widersprüche zu Deinem sprachlichen Verhalten (Inkongruenz).

  • XI.) Sei zurückhaltend mit der Interpretation anderer !

Orientiere Dich vorwiegend am tatsächlichen Verhalten und an den Aussagen Deiner Gesprächspartner (verbal und non- verbal). Erkundige Dich, statt auf der Basis Deiner Annahmen, Verhalten zu interpretieren. Lass andere sich selbst interpretieren, (k. Interview).

  • XII.) Sei Dir Deiner Abhängigkeit v. Personen u. Umgebung bewusst (Interdependenz-Regel)!

Menschlich und sachlich sind wir voneinander abhängig. Die Autonomie des Einzelnen ist umso größer, je mehr er sich seiner Interdependenz mit allen und allem bewusst wird; daraus folgt das Bewusstwerden der Auswirkungen der Umwelt auf Deine Person. Du kannst auf die Struktur offen reagieren, sie neutral behandeln oder Dich, falls nötig, von der Interdependenz abkoppeln. Diese Interaktion erhält Deine Handlungsfähigkeit gegenüber der Gruppe, dem Thema und dem Kontext. Mache Dir Möglichkeiten ständig bewusst, handle danach. (Anmk: diese Hilfsregel korrespondiert mit dem 3. Axiom von Watzlawick - Kreisregel/Interdependenz)

Die TZI hat das Ziel, zwischen den Bedürfnissen der einzelnen Gruppenmitglieder sowie der Gruppe insgesamt und dem gemeinsamen Thema ein dynamisches Gleichgewicht herzustellen und zu erhalten. Damit soll ein effektives kognitives und emotionales Lernen (das sog. lebendige Lernen) in Gruppen ermöglicht werden.