Marcus Tullius Cicero
Dieser Artikel befasst sich mit dem römischen Politiker, andere Bedeutungen unter Cicero (Begriffsklärung).
Marcus Tullius Cicero (* 106 v. Chr. in Arpinum (heute Arpino) zwischen Rom und Neapel; † (ermordet) 43 v. Chr.) bei Formiae (heute Formia), römischer Politiker und Philosoph, Konsul im Jahr 63 v. Chr.
Leben von Cicero
Cicero studierte Recht, Rhetorik, Literatur und Philosophie in Rom. Nach seinem Militärdienst setzte er seine Studien in Griechenland und Kleinasien fort. Er hörte Philon von Larissa und Antiochos von Askalon, die Philosophen der Neueren Akademie waren. Er kehrte 77 v. Chr. nach Rom zurück und begann seine Karriere als Politiker und Rechtsanwalt.
Alle Ämter erreichte er in dem dafür vorgeschriebenen Mindestalter (suo anno): So war er im Jahre 75 Quaestor in Sizilien, 69 Aedil und 66 Praetor. Im Jahre 63 bekleidete er das Amt des Konsuls, was für ihn als Aufsteiger (homo novus) aus dem Ritterstand (ordo equester) eine besondere Auszeichnung bedeutete. Ab dem Jahr 60 v. Chr. beginnt sein politischer Einfluß jedoch zu sinken und seine Gegner erwirken 58 v. Chr. seine Verbannung aus Rom, aus der er 57 v. Chr. zurückkehrt, ohne jedoch jemals die frühere politische Macht wiederzuerlangen. Daran änderte nichts, daß er dennoch einige politische Ämter in dieser Zeit innehatte. Ab dieser Zeit wurde er stärker schriftstellerisch und rednerisch tätig namentlich was seine politischen Schriften und Reden und die zu den Gesetzen im römischen Staat betraf.
Cicero war ein politischer Gegner Caesars. Nachdem Cicero als Statthalter in Kilikien nach Rom zurückkehrte 51 v. Chr., fand er sich im Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius wieder. Er schloß sich letzterem an, wurde von Caesar jedoch nach dessen entgültiger Vernichtung 50 v. Chr. begnadigt. Im Jahre 43 v. Chr. fiel er während des zweiten Triumvirates den Proskriptionen zum Opfer und wurde auf Geheiß des Marcus Antonius ermordet, da er sich stark für den Fortbestand der Republik einsetzte. Ein Jahr zuvor wurde Caesar, der zum Dikator auf Lebenszeit gewählt wurde, von den Anhängern der Republik ermordet.
Wirkung
Ciceros Prosa kennzeichnet ihn als Meister der lateinischen Sprache. Seine Werke vermittelten dem gebildeten römischen Publikum die griechische Philosophie, besonders die Lehren der Stoa und der sog. Neuen Akademie. Seine politischen Schriften liefern uns wichtige Quellen zu den politischen Unruhen, die die spätrepublikanische Zeit kennzeichnete, die uns seine Positionen nachvollziehen lassen. Berühmt wurde er auch durch seine Reden gegen Verres (70 v. Chr.), gegen Catilina (63 v. Chr.) und gegen Marcus Antonius (44 und 43 v. Chr.). Seine Reden bilden zusammen mit Caesars Schriften die Grundlage für das heutige Schullatein. Nicht weniger wichtig sind aber auch seine theoretischen Schriften über den Staat und über die Gesetze. Auf Ciceros Begriff humanitas, der sich in seiner Reden über die Gesetze befindet, gehen später die Begriffe studia humanitatis für eine ganzheitliche Bildung überhaupt, humanista, als die sich die italienischen Humanisten des 15. Jahrhunderts selbst bezeichnen, also Humanist (im Singular) und in dem beginnenden 19. Jahrhundert Humanismus zurück. Cicero meint damit die Bildung überhaupt, die seiner Meinung nach er im Verfall begriffen sah. Besonders meint Cicero mit Bildung aber die Sprache, Rhetorik und Philosophie und damit einhergehend besonders die Tugend. Für den italienischen Humanismus wird Cicero geradezu einem Idol und Vorbild des Menschen der Renaissance. Durch Francesco Petrarca und seine Schüler bzw. deren Nachfolger kommt es zu einer Bewegung der Wiederbelebung des classischen Alterthums (Georg Voigt) (1859), wo der Renaissance-Mensch sein "Ich" im Spiegel des Altertums erkennt. Der Renaissance-Mensch begann sich als Individuum zu begreifen. Darin unterschied er sich grundlegend vom Menschen des Mittelalters, der zwar auch gelegentlich klassische Studien getrieben hatte namentlich Lektüre der Kirchenväter wie u.a Augustinus, jedoch immer einem korporativen Verbande zugehörig blieb, während der Renaissance-Mensch daraus heraustrat. Auch Petrarca beginnt eine Dichtung in lateinischer Sprache, die im Stile Cicero nachempfindet. Nicht immer, wenn auch überwiegend, wird Cicero positiv gewürdigt. Als Beispiel darf hierfür die Charakteristik gelten, die Theodor Mommsen im dritten Band seiner Römischen Geschichte gibt.
Werke
- Reden
- Philosophische Schriften
- Academica priora (frühere Fassung der Bücher über die Erkenntnislehre der Akademiker)
- Catulus (Dialog 'Catulus'), 1. Teil der Academica priora, verloren
- Lucullus (Dialog 'Lucullus'), 2. Teil der Academica priora, erhalten
- Academici libri bzw. Academica posteriora (spätere Fasung der Bücher über die Erkenntnislehre der Akademiker)
- Cato maior de senectute (Cato der Ältere über das Alter)
- De divinatione (Über die Weissagung)
- De finibus bonorum et malorum (Über das höchste Gut und das größte Übel)
- De legibus (Die Gesetze)
- De natura deorum (Vom Wesen der Götter)
- De officiis (Vom rechten Handeln)
- De re publica (Der Staat), nur fragmentarisch erhalten
- Somnium Scipionis (Scipios Traum), letzter Teil von De re publica, separat überliefert
- Laelius de amicitia (Laelius über die Freundschaft)
- Paradoxa Stoicorum (Begründung paradoxer ethische Lehrsätze aus der Schule der Stoiker)
- Topica (Topik, Beweislehre)
- Tusculanae disputationes (Gespräche in Tusculum)
- Academica priora (frühere Fassung der Bücher über die Erkenntnislehre der Akademiker)
- Rhetorische Schriften
- Brutus (Brutus, Dialog über die Geschichte der römischen Redekunst)
- De inventione (Über die Auffindung [des Redestoffes])
- De optime genere oratorum (Über die beste Art von Rednern)
- De oratore (Über den Redner)
- Orator (Der Redner)
- Partitiones oratoriae (Einteilungen der Redekunst)
- Briefe, u. a. an seinen Freund Titus Pomponius Atticus und an seinen Bruder Quintus Tullius Cicero
Ausgaben und Übersetzungen
Marcus Tullius Cicero:
- Sämtliche Reden. Eingeleitet, übers. und erl. von Manfred Fuhrmann. Zürich: Artemis 1971 ff.
- Die politischen Reden : lateinisch-deutsch. Hrsg., übers. und erl. von Manfred Fuhrmann. München: Artemis und Winkler 1993.
Literatur
- Everitt, Anthony: Cicero: ein turbulentes Leben. Köln: DuMont 2003.
- Fuhrmann, Manfred: Cicero und die römische Republik. München und Zürich: Artemis und Winkler, 1989. ISBN 3-7608-1919-2
- Habicht, Christian: Cicero der Politiker München: Beck 1990
- Giebel, Marion: Marcus Tullius Cicero. Hamburg: Rowohlt, 1991. ISBN 3-499-50261-5
- Giebel, Marion: Cicero zum Vergnügen. Stuttgart, Reclam 1997
- Grimal, Pierre: Cicero: Philosoph, Politiker, Rhetor. München: List-Verlag, 1988. 600 Seiten.
- Weeber, Karl-Wilhelm (Hrsg.): Cicero für Juristen. Frankfurt am Main: Insel, 1999. ISBN 3-458-34242-7