Vollmacht
Unter einer Vollmacht versteht man die durch Rechtsgeschäft begründete Vertretungsmacht.
Der Begriff Plenipotenz wurde von Philipp von Zesen durch den Ausdruck Vollmacht eingedeutscht.
Man unterscheidet etwa:
- Spezialvollmacht (zum Abschluss eines konkreten Rechtsgeschäftes) und Generalvollmacht (zum Abschluss aller Rechtsgeschäfte, bei welchen Vertretung zulässig ist)
- Gattungsvollmacht (zum Abschluss sämtlicher Rechtsgeschäfte einer bestimmten Gattung oder Art)
- Vollmachten mit gesetzlich typisiertem Inhalt (z. B. Prokura und Handlungsvollmacht)
- Vorsorgevollmacht für später eintretende Geschäftsunfähigkeit
- In Deutschland, nicht aber in der Schweiz, unterscheidet man auch zwischen Innenvollmacht (gegenüber dem Vertreter erklärte Vollmacht) und Außenvollmacht (gegenüber dem Dritten, dem gegenüber die Vertretung stattfinden soll, erklärte Vollmacht)
Begründung der Vollmacht
Die Vollmacht entsteht durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Vollmachtgebers gegenüber dem Vertreter (sogenannte interne Vollmacht) bzw., in Deutschland, wahlweise auch gegenüber dem Dritten (sogenannte externe Vollmacht).
Von der Vollmacht zu unterscheiden ist das zwischen dem Vollmachtgeber und dem Bevollmächtigten in der Regel bestehende Grundgeschäft bzw. Grundverhältnis (z. B. ein Arbeitsvertrag, ein Auftrag, ein Geschäftsbesorgungsvertrag, ein Handelsreisendenvertrag, usw.).
Die Vollmacht kann auch stillschweigend begründet werden.
Formvorschriften
Soweit für eine spezielle Willenserklärung eine bestimmte Form vorgesehen ist, betrifft eine Formvorschrift für das Rechtsgeschäft nicht die Form der Vollmacht (Vorlage:Zitat de § Abs. 2 BGB). Bestes Beispiel hierzu ist der Kaufvertrag für ein Grundstück (Vorlage:Zitat de § Abs. 1 BGB), der zu seiner Gültigkeit notariell beurkundet werden muss. Auch mit einer „nur“ schriftlichen oder öffentlich beglaubigten Vollmacht (im Schweizerischen Recht genügt sogar eine stillschweigende Bevollmächtigung; die meisten Kantone verlangen in ihren Notariatsgesetzen jedoch, dass dem Notar eine schriftliche Vollmacht vorzulegen ist) kann der Bevollmächtigte einen Grundstückkaufvertrag namens des Vertretenen vor dem Notar rechtsgültig unterzeichnen. So ist die Regel, die auch früher von der Rechtsprechung einhellig vertreten wurde (RGZ 62, 336; RGZ 76, 183).
Allerdings hat die Rechtsprechung die Trennung der Form des Rechtsgeschäftes von der Form der Vollmacht seit vielen Jahren in bestimmten Fällen zum Schutz des Vollmachtgebers aufgehoben. Der Vorlage:Zitat de § Abs. 2 BGB wird teleologisch reduziert. D.h., soweit es der Schutz des Vollmachtgebers erfordert, muss auch die Vollmacht die gleiche Form haben wie sie für das eigentliche Rechtsgeschäft vorgeschrieben ist. Dieses Verfahren ist in der Rechtsliteratur bezüglich seines Ausmaßes ausgesprochen strittig. Das gilt auch für die Auslegung der dazu ergangenen Rechtsprechung.
Zwei wichtige Anwendungsfälle für diese gerichtliche Einschränkung der Formfreiheit sind zum einen:
- Vollmachten, die unwiderruflich erteilt sind und
- Vollmachten, durch die der Bevollmächtigte vom Verbot des Insichgeschäftes (Vorlage:Zitat de § BGB) befreit wird.
Schriftform wird im deutschen Recht insbesondere für Vollmachten verlangt, bei denen der Bevollmächtigte in medizinische Eingriffe (Vorlage:Zitat de § Abs. 2 BGB) oder in Freiheitsentziehungen (Vorlage:Zitat de § Abs. 5 BGB) einwilligen soll oder eine Vertretung vor Gericht vorgesehen ist (Vorlage:Zitat de § Abs. 3 ZPO).
Umfang der Vollmacht
Der Umfang der Vollmacht ergibt sich aus dem Vollmachtsvertrag bzw. aus der Vollmachtserklärung. In der Regel ist für die Auslegung der Vollmacht auch das Grundverhältnis zu berücksichtigen. Wie bei allen Rechtsgeschäften gilt für die Auslegung der Vollmacht jedenfalls das Vertrauensprinzip, d. h., die Erklärungen der Beteiligten sind so auszulegen, wie sie nach Treu und Glauben ((Vorlage:Zitat de § BGB) verstanden werden durften und mussten.
Die Vollmacht kann demzufolge nicht weiter reichen als das Dürfen des Vertreters. d. h., die Vollmacht gilt, trotz eines vielleicht weitergehenden Wortlautes des Vollmachtsvertrages bzw. der Vollmachtserklärung, nur soweit, wie der Bevollmächtigte sich für bevollmächtigt halten darf. So kann z. B. der Vollmachtgeber durch interne Weisungen an den Vertreter dessen Vollmacht entgegen deren Wortlaut beliebig beschränken oder erweitern (z. B. Preislimite setzen, von denen der Dritte nichts wissen soll).
Überschreiten der Vertretungsmacht
Überschreitet der Vertreter seine Vertretungsbefugnis, so handelt er als falsus procurator ohne Vollmacht und es entsteht kein Erfüllungsanspruch des Dritten gegenüber dem Vollmachtgeber, es sei denn, dass die Voraussetzungen der so genannten Anscheinsvollmacht erfüllt sind oder dass der Vertretene das Geschäft nachträglich genehmigt.
Widerruf und Kündigung
Der Vollmachtgeber kann die Vollmacht jederzeit widerrufen, unabhängig davon, ob das Grundgeschäft bzw. das Grundverhältnis weiterbesteht. Der Vollmachtnehmer kann nach Vorlage:Zitat de § BGB jederzeit kündigen, muss allerdings berücksichtigen, dass der Vollmachtgeber Fürsorge für seine Angelegenheiten treffen kann.
Erlöschen der Vollmacht
Im deutschen Recht erlischt die Vollmacht nicht mit dem Tod oder dem Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers (Vorlage:Zitat de § BGB), es sei denn, dieses ist in der Vollmacht ausdrücklich so geregelt worden. worden. Demgegenüber erlischt die Vollmacht mit dem Tod des Vollmachtnehmers (Vorlage:Zitat de § BGB, jeweils in Verbindung mit Vorlage:Zitat de § BGB).
Im schweizerischen Recht erlischt die Vollmacht, sofern nicht das Gegenteil vereinbart ist oder aus der Natur des Geschäftes hervorgeht, mit dem Tod, der Verschollenerklärung, dem Verlust der Handlungsfähigkeit oder dem Konkurs des Vollmachtgebers oder des Bevollmächtigten (Art. 35 I ZGB).
Unterschied zur gesetzlichen Vertretung
Von der oben behandelten durch Rechtsgeschäft erteilten Vollmacht zu unterscheiden ist die gesetzliche Vertretungsmacht (z. B. der Eltern zur Vertretung der Kinder, der Ehegatten zur Vertretung der ehelichen Gemeinschaft (Schlüsselgewalt), der Vormünder und Betreuer, der Erbschaftsverwalter, usw.). Wie es ihr Name sagt, besteht diese Vertretungsmacht von Gesetzes wegen oder auf gerichtliche oder behördliche Anordnung hin in bestimmten vom Gesetz vorgesehenen Fällen. Entstehung, Umfang und Erlöschen der gesetzlichen Vertretungsmacht richten sich nach den jeweils einschlägigen Gesetzesbestimmungen bzw. den Vorschriften der anordnenden Behörden.
Nicht als Vertreter gelten die Organe der juristischen Personen des Privatrechts (z. B. Vorstand einer Aktiengesellschaft, Geschäftsführer einer GmbH, Vorstand eines Vereins oder einer Stiftung, usw.) oder des öffentlichen Rechts. Die Organe sind vielmehr ein integrierender Bestandteil der juristischen Personen, ohne die diese nicht bestehen können (zu vergleichen mit den Händen und Armen natürlicher Personen). Die Handlungsbefugnisse der Organe (die häufig gleichwohl, wenn auch nicht ganz korrekt, als organschaftliche Vertreter bezeichnet werden) ergeben sich aus dem Gesetz, wobei jedoch bestimmte Beschränkungen gegenüber dem gesetzlichen Umfang zulässig sind, sofern sie im Handelsregister eingetragen und veröffentlicht werden (z. B. Kollektivzeichnungsrecht oder Gebietsbeschränkung).
Siehe auch
Vorsorgevollmacht, Generalvollmacht, Prokura, Bankvollmacht, Anscheinsvollmacht