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Mossad

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Mossad (המוסד למודיעין ולתפקידים מיוחדים, Hamossad Lemodi'in Uletafkidim Meyuchadim, Institut für Aufklärung und besondere Aufgaben) ist der Name des israelischen Auslandsgeheimdienstes. Er gilt als einer der effizientesten und professionellsten Geheimdienste der Welt und ist in seiner Funktion vergleichbar mit der US-amerikanischen CIA oder dem deutschen Bundesnachrichtendienst, ist jedoch mit wesentlich weiter gefassten rechtlichen Befugnissen ausgestattet.

Organisation

Das Hauptquartier des Mossad befindet sich in Tel Aviv. Seine Personalstärke wird auf rund 1.200 Mitarbeiter geschätzt. Lediglich ein Bruchteil der Mitarbeiter sind aktive Agentenführer, so genannte Katsas. Die im Vergleich zu anderen bekannten Geheimdiensten geringe Anzahl an Agentenführern erklärt sich darin, dass der Mossad weltweit auf ein engmaschiges Netz an freiwilligen Helfern (Saya'im) zurückgreifen kann. Meistens handelt es sich dabei um Personen (israelische Staatsbürger und/oder jüdische Symphatisanten anderer Staatsangehörigkeiten), die im Zielland einer Operation ansässig sind und diskret logistische Unterstützung leisten, zum Beispiel durch Bereitstellung von Transportmitteln, sicheren Wohnungen oder durch Beschaffung von Informationen.

Die jeweilige Identität des Mossad-Chefs war lange ein israelisches Staatsgeheimnis. Seit Ende der 1990er Jahre werden die Namen aber bekannt gegeben.

Struktur

Die innere Gliederung des Mossad ist weitgehend unbekannt. Vermutlich verfügt er aber über acht Abteilungen:

  • Die Sammlungsabteilung ist die größte Abteilung. Sie leitet sämtliche Spionageaktionen und verfügt über Niederlassungen auf der ganzen Welt, teils geheim, teils als Bestandteil der diplomatischen Vertretungen Israels. Vermutlich ist die Abteilung nach regionaler Zuständigkeit weiter aufgegliedert.
  • Die Abteilung für politische Aktionen und Zusammenarbeit koordiniert die Arbeit mit den Geheimdiensten befreundeter Nationen und unterhält Kontakte zu Nationen, mit denen Israel keine offiziellen diplomatischen Beziehungen hat. In größeren Auslandsvertretungen Israels sind meist auch Mitarbeiter dieser Abteilung stationiert.
  • Die Abteilung für spezielle Operationen, auch Metsada genannt, führt Anschläge, Sabotage, paramilitärische Operationen und psychologische Kriegsführung von höchster Geheimhaltungsstufe durch.
  • Die LAP (Lohamah Psichlogit)-Abteilung ist für psychologische Kriegsführung, Propaganda und Täuschungsoperationen zuständig.
  • Die Forschungsabteilung produziert in regelmäßigen Abständen Geheimdienstberichte über verschiedene Regionen der Welt. Sie ist in 15 regional zuständige Arbeitsgruppen gegliedert, wobei der eindeutige Schwerpunkt auf den Ländern des Nahen Ostens liegt. Zusätzlich gibt es eine Arbeitsgruppe, die sich mit Atomwaffen befasst.

Direktoren des Mossad

Geschichte

Der Mossad wurde am 1. September 1951 mit der Zusammenführung der Vorgängereinrichtungen Zentralinstitut für Koordination und Zentralinstitut für Aufklärung und Sicherheit gegründet.

Nach dem Mord an Israels Premierminister Jitzhak Rabin und verschiedenen Fehlschlägen musste der in der Öffentlichkeit nur als "S" bekannte Shabtai Shavit als Generaldirektor des Mossad zurücktreten. Am 24. März 1996 wurde Generalmajor Danny Yatom zum neuen Generaldirektor ernannt. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Namen der Mossad-Chefs erstmals öffentlich bekannt gegeben. Als Folge des missglückten Attentats auf Khalid Meshaal (siehe unten) und einer missglückten Operation in der Schweiz trat Yatom zurück. Den Posten übernahm im März 1998 Efraim Halevy. Halevy war zuvor Mossad-Agent und dann Vertreter Israels bei der Europäischen Union gewesen. Im Oktober 2002 entließ Premierminister Ariel Scharon Halevy, mit dem er wiederholt über die richtige Strategie gegen den palästinensischen Terror in Streit geraten war. Zurzeit leitet General Meir Dagan den Mossad. Er diente gemeinsam mit Scharon in der israelischen Armee. Dagan leitete eine Kommandoeinheit, die im Gazastreifen militante Palästinenser aufspürte und tötete. Vermutlich wird sich der Mossad unter ihm wieder mehr auf verdeckte Operationen und Spezialoperationen konzentrieren.

Bekanntgewordene Operationen

  • 1956 hielt Nikita Chruschtschow auf dem 20. Parteitag der KPdSU in Moskau eine "Geheimrede". In dieser Rede klagte Chruschtschow die Verbrechen Stalins an. Im Westen kursierten Gerüchte und Spekulationen über den genauen Inhalt der Rede. Sämtliche Nachrichtendienste des Westen begaben sich auf die Suche nach dieser brisanten Rede. Dem Mossad gelang es, die Dokumente in die Hände zu bekommen. Über die CIA wurde die "Geheimrede" an die New York Times weitergeleitet. Die Publikation war eine Sensation. In der Sowjetunion erfuhren die Menschen erst 38 Jahre später Einzelheiten von Chruschtschows geheimer Rede.
  • Im Mai 1960 spürte der Mossad den deutschen Kriegsverbrecher Adolf Eichmann in Argentinien auf und entführte ihn nach Israel. Eichmann wurde in Jerusalem vor Gericht gestellt und zum Tode verurteilt.
  • In den 1960er Jahren gelang es dem Mossad-Agenten Eli Cohen, wichtige Informationen aus der syrischen Regierung und über militärisch-strategisch wichtige Positionen der syrischen Armee auf den Golan-Höhen an Israel weiterzuleiten. Dadurch, dass alle anderen Sender auf grund eines Stromausfalls lahmgelegt waren und nur Cohens batteriebetriebener Sender Funkte,gelang es dem Syrischen Geheimdienst Cohens Sender zu lokalisieren und ihn beim Absetzen eines Funkspruchs nach Tel Aviv festzunehmen. Cohen wurde gefoltert und, trotz internationaler Bemühungen (u.a. des Vatikans), in Damaskus öffentlich gehängt.
  • 1962 und 1963 tötete der Mossad mit der Hilfe von Informationen seines Agenten Wolfgang Lotz mehrere deutsche Ingenieure, die am ägyptischen Raketenprogramm arbeiteten.
  • Am 16. August 1966 gelang es dem Mossad, einem irakischen Piloten zur Flucht nach Israel mit seiner neuen MiG-21 zu verhelfen (Operation Penicillin). Dieses sowjetische Flugzeug stand im Ruf, allen amerikanischen, britischen und französischen Kampfflugzeugen der damaligen Zeit überlegen zu sein. Die MiG-21 wurde benötigt, um die eigene Luftwaffe, die mit französischen Mirage ausgerüstet war, an dem schneller beschleunigenden Feindflugzeug auszubilden und die höhere Manövrierfähigkeit der Mirage zu nutzen.
  • Nachdem der französische Präsident Charles de Gaulle 50 bereits bezahlte und gebaute Mirage nicht nach Israel ausliefern lassen wollte, bemühte sich im Februar 1968 eine "Beschaffungskommission des Staates Israel in Paris" um die Baupläne der Miragetriebwerke des Schweizerischen Lizenzbauers. Nachdem die Schweizer Firma den Verkauf ablehnte, bestach der Mossad einen Mitarbeiter des Schweizer Unternehmens mit $ 200.000 und schaffte demonstrativ 47 Zentner Akten über die Bundesrepublik Deutschland nach Israel.
  • Im Dezember 1968 kaperten Mossad-Agenten acht Raketenboote, die im französischen Cherbourg für Israel gebaut worden waren, die Präsident Charles de Gaulle aber nicht ausliefern lassen wollte. Gleichzeitig im November 1968 verschwand der 1142 BRT-Uranfrachter Scheersberg A auf dem Weg von Antwerpen nach Genua spurlos. Es wird angenommen, dass er den Schnellbooten auf ihrem Weg nach Israel als Versorgungsschiff diente und gleichzeitig Natururanoxid nach Israel transportierte.
  • Am 24. Dezember 1969 besetzte ein Mossad-Kommando innerhalb von drei Stunden eine sieben Tonnen schwere, sowjetische P-12-Radarstation der ägyptischen Flugabwehr, die auch Flugzeuge im Tiefstflug erfassen konnte und brachte sie mitsamt der Besatzung von vier ägyptischen Technikern nach Israel.
  • Nach dem Olympia-Attentat in München 1972 spürte der Mossad bis 1992 fast alle Mitglieder des arabischen Terrornetzwerks Schwarzer September auf und tötete sie.
  • 1981 wurde der irakische Kernreaktor Osirak von der israelischen Luftwaffe zerstört, nachdem der Mossad Informationen darüber beschafft hatte.
  • 1986 entführte der Mossad den israelischen Atomtechniker Mordechai Vanunu, der Informationen über das israelische Atomwaffenprogramm in Dimona an die Presse weitergegeben hatte.
  • Im April 1988 töteten Mossad-Agenten in einem PLO-Stützpunkt in Tunis Abu Jihad, einen führenden Planer von Terroranschlägen der PLO.
  • Der Mossad übernahm 1991 vom BND sowjetische Panzer aus NVA-Beständen und verschiffte sie als "landwirtschaftliche Ersatzteile" nach Israel.
  • Insgesamt konzentriert sich der Mossad hauptsächlich auf arabische Länder und Organisationen. Sein nachrichtendienstliches Interesse erstreckt sich aber auch zum Beispiel auf NATO-Länder. Darüber hinaus organisiert er die Schleusung jüdischer Flüchtlinge aus aller Welt nach Israel.

Fehlgeschlagene Operationen

  • Wiederholt wurden in der Vergangenheit Mossad-Agenten mit gefälschten Pässen oder beim Versuch, sich unter Angabe falscher Tatsachen echte Papiere zu erschleichen, verhaftet, was jeweils zu diplomatischen Verstimmungen zwischen Israel und der betroffenen Nation führte.
  • 1974 töteten Mossad-Agenten in Lillehammer versehentlich den marokkanischen Kellner Ahmad Boushiki, den sie für Ali Hasan Salameh, den Chef der PLO-Sicherheitsabteilung, hielten und der im Verdacht stand, den Überfall bei den Olympischen Spielen in München angezettelt zu haben. Fünf israelische Agenten wurden von einem norwegischen Gericht zu Gefängnisstrafen verurteilt.
  • 1996 berichtete der Geheimdienstmitarbeiter Yehuda Gil, dass die Verlegung der 14. Division der syrischen Armee Teil eines Planes sei, die Golanhöhen in einem Überraschungsschlag zurückzuerobern. Die von Gil bewusst gefälschte Analyse wurde an die Amerikaner weitergegeben, was nach Auffliegen der Affäre den Ruf des Mossad in den USA und anderswo nachhaltig schädigte.
  • 1997 scheiterte ein geplantes Giftattentat auf den Hamas-Führer Khalid Meshaal in Jordanien. Laut Aussage von Rafael Eitan, einem ehemaligen Mossad-Agentenführer, war der Fehlschlag auf ungenügende Ausführung der beteiligten Agenten zurückzuführen. Dieser Misserfolg konnte nur durch diverse politische Zugeständnisse Israels gegenüber Jordanien kompensiert werden.

Umstrittene Operationen

Die Beteiligung des Dienstes wird von unterschiedlicher Seite bei folgenden Operationen angenommen, kann aber naturgemäß nicht abschließend belegt werden.

Dabei ist zu beachten, dass der Mossad mit Sicherheit zu den Geheimdiensten gehört, die am häufigsten Gegenstand von Verschwörungstheorien sind, was wesentlich auf seine direkten Tötungsoperationen von israelischen Staatsfeinden zurückzuführen ist.

Literatur

  • Gordon Thomas, Die Mossad-Akte, Knaur, ISBN 3-426-77540-9 Hervorragendes Buch über die Geschichte des Dienstes, seine Leiter und Operationen.
  • Erich Follath, Das Auge Davids. Die geheimen Kommandounternehmen der Israelis, C. Bertelsmann-Verlag, 1989, ISBN 3-570-01777-X
  • Wolfgang Lotz, alias: Rusty Bey, alias: Major (i.R.) Zeev Gur-Arieh, Handbuch für Spione, MOEWIG-Verlag, 1981, ISBN 3-8118-6615-X
  • Gordon Thomas, Die Mossad-Akte. Israels Geheimdienst und seine Schattenkrieger, Knaur Taschenbuch 77540, 2001, ISBN 3-426-77540-9
  • Victor Ostrovsky, Der Mossad, Goldmann 2000, ISBN 3442150663
  • Victor Ostrovsky, Geheimakte Mossad, Goldmann 1996, ISBN 3442126584
  • Dan Raviv/Yossi Melman, Die Geschichte des Mossad. Aufstieg und Fall des israelischen Geheimdienstes, Wilhelm Heyne Verlag 1992, ISBN 3-453-05805-4
  • Michael Opperskalski, Mossad: Israels Auftragskiller und Geheimagenten, UNRAST-Verlag 1998, ISBN 3-928300-87-3