Fußfetischismus
Der Fußfetischismus, Fachbegriff Podophilie (von griech. ποδος podos, „Fuß“, und φιλια philia, „Freundschaft“), ist die am häufigsten anzutreffende Form des sexuellen Fetischismus; als Fetisch dienen hier Füße.
Formen
Der Begriff „Fußfetischismus“ fasst zahlreiche sexuelle Fetische zusammen, denen allen der Fuß als Lustobjekt gemein ist. Die verschiedenen Abarten unterscheiden sich jedoch so stark voneinander, dass dieselbe Ausprägung für einen Fußfetischisten die Erfüllung aller sexuellen Träume sein kann, bei einem anderen jedoch Unverständnis oder sogar Abscheu hervorruft.
Legt man die Anzahl der Angebote einschlägiger Magazine und des Internets zugrunde, so erregen sich die meisten Fußfetischisten, indem sie nackte oder mit Fußschmuck, Socken, Strümpfen, Strumpfhosen oder Schuhen (vgl. Schuhfetischismus) bekleidete Füße des bevorzugten Geschlechts betrachten, beriechen, streicheln, kitzeln oder belecken. Auch die Pflege der Füße des Sexualpartners kann erregend wirken. Einige Fußfetischisten mögen saubere, gepflegte Füße, andere bevorzugen ausdrücklich mit Dreck verschmutzte Füße. Die Vorlieben können sehr speziell auf einzelne Details geprägt sein: nur die Zehen, eine besondere Strumpfhose, ein spezielles Schuhmodell oder auch eine bestimmte Art der Pediküre.
Stärker in den Sexualakt eingebunden werden können Füße, indem der Sexualpartner die Geschlechtsteile des Fetischisten mit den Füßen bis zum Orgasmus reizt (footjob, engl. „Fußarbeit“, toejob, engl. „Zehenarbeit“, oder shoejob, engl. „Schuharbeit“, vgl. Blowjob); auch der Anblick mit Sperma verschmierter Füße kann erregende Wirkung zeigen.
Fußfetischisten, die gleichzeitig Anhänger des BDSM sind, kann es auch erregen, gefesselte Füße zu betrachten, zu kitzeln oder zu misshandeln, wenn der Sexualpartner gewaltsam über ihren Körper läuft (trampling, engl. „Trampeln“) oder wenn ein Fuß in Vagina oder Anus eingeführt wird (footfuck, engl. „Fußfick“).
Genaue Zahlen oder Anteile der jeweiligen Spielarten sind nicht verfügbar.
Geschichtliche Aspekte
Im alten China galt der Lotosfuß als Schönheitsideal: Je kleiner der Fuß einer Frau war, als desto begehrenswerter wurde er angesehen. In einer schmerzhaften Prozedur wurden damals Mädchen die Füße gebrochen und so bandagiert, dass sie möglichst wenig wuchsen. Dies muss nicht bedeuten, dass Fußfetischismus in China besonders verbreitet oder angesehen war (dass das moderne deutsche Schönheitsideal einen großen Busen anpreist, bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Mehrheit der Deutschen Busenfetischisten sind), dennoch wird in diesem Zusammenhang wiederholt die erotische Ausstrahlung des weiblichen Fußes betont.
Im 18. Jahrhundert erlag der bayrische König Ludwig I. den Reizen der berüchtigten Tänzerin Lola Montez, zu deren Ehren er von dem Bildhauer Johann Leeb eine Skulptur ihrer Füße aus Marmor anfertigen ließ.
Ebenfalls im 18. Jahrhundert soll sich die russische Zarin Anna Leopoldowna sechs Fußkitzler gehalten haben.
Verbreitung und Akzeptanz
Fußfetischismus gilt als die verbreitetste Form des Fetischismus überhaupt. Der Großteil der Fußfetischisten soll männlichen Geschlechts sein, seltener fänden sich auch Berichte von oder über Fußfetischistinnen. Heterosexuelle Fußfetischisten bevorzugten Füße des anderen Geschlechts, homosexuelle die des gleichen Geschlechts.
Der Fußfetischismus ist angeblich der am ehesten von Nichtanhängern akzeptierte Fetisch. Im Internet kursierende Berichte legen dar, dass Nichtfetischisten die zärtliche Liebkosung ihrer Füße häufig als angenehm – wenn auch nicht als sexuell erregend – empfinden. Gegensätzliche Berichte schildern, dass der Anblick von Füßen bei Nichtfetischisten Abscheu und die Vorstellung, Füße zu beriechen oder zu belecken, sogar Ekel hervorrufen kann.
Untersuchungen, die all diese Behauptungen belegen, existieren nicht.
Entstehungstheorien
Innerhalb der Medizin und der Psychologie gibt es verschiedene Erklärungsversuche für das Zustandekommen eines Fußfetischs:
- Der US-amerikanische Neurologe Vilayanur S. Ramachandran erklärt den Fußfetischismus damit, dass sich der Bereich der Großhirnrinde, in dem die Sinneswahrnehmungen der Füße verarbeitet werden, direkt neben den Regionen befindet, die auch für die sexuelle Stimulation zuständig sind. Diese Theorie erklärt nicht, warum nur einige Menschen einen Fußfetisch entwickeln; insbesondere erklärt sie nicht, warum scheinbar mehr Männer Fußfetischisten sind.
- Dass Zehen als sexuelles Reizmittel dienen, wird in der Sexualpsychologie darauf zurückgeführt, dass sie als Ersatz für den Penis angesehen werden. Dies ist eine Weiterentwicklung der sexuellen Theorien des Tiefenpsychologen Sigmund Freud; seine Ansichten in dieser Richtung sind äußerst umstritten.
Daneben werden auch die Erklärungsversuche für sexuellen Fetischismus im Allgemeinen (siehe dort) bemüht, z. B. die Theorie des Sexualforschers Havelock Ellis, Fetische entstünden in der Kindheit durch erotische Erlebnisse mit dem eigenen Körper oder die ursprüngliche Ansicht Sigmund Freuds, Fetische entstünden durch Übertragung des Begehrens des Sexualpartners auf Objekte, die mit diesem in Verbindung stehe.
Nachgewiesen werden konnte bislang keine dieser Theorien.
Fußfetischismus und Dominanz
Fußfetischisten gehören nicht automatisch der SM-Szene an, wie vielfach geglaubt wird. In der SM-Szene wird der Fuß des Tops (des Herrschenden) oftmals eingesetzt, um den Bottom (den Sklaven) zu bestrafen. Dies kann einerseits durch Tritte (unter anderem, was besonders schmerzhaft ist, in die Genitalien) geschehen, oder auch, indem der Top sich zum Beispiel mit seinem vollen Gewicht auf den Körper (Fachbegriff: Trampling) oder den Kopf des Bottoms stellt. Solche Aktionen müssen natürlich zum einen einvernehmlich und zum anderen mit genügender Vorsicht und Erfahrung geschehen, um die Gefahr von Verletzungen zu minimieren. Jedoch kann der Fuß des Tops auch zur Belohnung eingesetzt werden, indem z. B. die Herrin dem Sklaven erlaubt, ihre Füße zu küssen.
Manche Bottoms mögen auch Kitzelspiele oder Schläge auf die eigenen Fußsohlen (Bastinado).
Allerdings ist der Fußfetisch auch in der Schwulen-Szene verbreitet. Hierbei gibt es auch einen Sklaven und einen Führer. Sehr beliebt sind z. B. weiße Sportsocken, die sehr lange getragen wurden.
Nur eine Minderheit der Männer, die dem Fußfetischismus nahe stehen, sind auch devot veranlagt. In diesem Fall, hat dies dann psychologische Gründe.
- Füße gelten als "schmutziges Körperteil", da man mit ihnen auf dem Boden läuft. Dies finden einige Männer anregend, indem sie von ihrer Herrin als Fußsklave bzw. Fußlecker eingesetzt werden (Die Herrin führt, bestraft und belohnt den Sklaven mit ihren Füßen).
- Durch das Laufen auf dem Körper (Trampling) des Sklaven degradiert man ihm zum Boden und macht ihn somit "wertlos".
- Da der Fuß und besonders die Fußsohle eine sensible und auch erogene Zone des Körpers ist, lösen gezielte Schläge auf die Fußsohlen Lust bei der Frau aus, was bei erfahrenen Tops bis zum Orgasmus bei der Frau führt. Ähnliches gilt auch für beißen und fesseln von Füßen. Diese Spielart des SM wird zwar von den meisten Frauen zuerst abgelehnt wird aber bei der Ausführung als äußerst erotisch und luststeigernd empfunden. Besonders die Abwechslung von Bestrafung und anschließendem Liebkosen. Gleiches gilt auch für den Mann.
- Eine besondere Ausprägung ist die Vorliebe für kleine Füße. So liebt eine Mehrheit der Fußfetischisten kleine Füße. Genauso wie manche Frauen große Männerhände attraktiv finden, finden diese Männer kleine Frauenfüße sexy. Kleine Füße suggerieren geringe Standfestigkeit(ähnlich wie Stöckelschuhe) und wecken den Beschützerinstinkt des Mannes. So hat zum Beispiel der Stöckelschuh eine Doppelwirkung. Er lässt das Bein länger wirken und in der Seitenansicht erscheint der Fuß der Frau kleiner. Das Gegenteil kann auch der Fall sein, wenn ein Mann große Frauenfüße liebt. Dies kann ihm eine gewisse Überlegenheit von ihr aus suggerieren, vor allem dann, wenn er kleinere Füße hat als sie. Meist werden aber solche Rollenspiele unbewusst z.B. in der Fantasie vom Fußfetischisten erlebt.
- Ein anderer Aspekt ist die Erdverbundenheit. Bloßfüßiges Fortbewegen an öffentlichen Plätzen kann als antizivilisatorisches Statement verstanden werden, als Naturalismus jenseits von dafür vorgesehenen Ghettos. Füße gelten einerseits als sanft und verletzlich, sind andererseits auch als "Waffe" einsetzbar. Barfüßigkeit vermittelt ein Gefühl von Vertrauen, von Sorglosigkeit, von Heimat, von existentialistischer Erdverbundenheit.
Nicht zu vergessen ist, dass sich Vorlieben individuell unterscheiden und jeder Fußfetischist einen anderen Geschmack hat, was Füße betrifft. So gibt es Personen, die besonders Zehen bevorzugen, andere interessieren sich in erster Linie für Fußsohlen.