Zum Inhalt springen

Staatsstreich im Irak 1958

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 12. November 2019 um 00:58 Uhr durch Roxanna (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
König Faisal II.
Abd as-Salam Arif (links) mit Abd al-Karim Qasim (rechts)

Am 14. Juli 1958 kam es im Haschemitischen Königreich Irak zu einem Staatsstreich. In dessen Verlauf stürtzten nationalistische Offiziere der Irakische Streitkräfte die Monarchie. Im Folge des Staatsstreichs wurden König Faisal II., der Kronprinz Abd ul-Ilah und der Premierminister Nuri as-Said von den Putschisten ermordet. Führende Köpfe des Staatsstreichs waren Offiziere um Abd al-Karim Qasim und Abd as-Salam Arif. Der Machtwechsel führte zur Errichtung der Republik Irak, Qasim wurde Premierminister. Der so durchgeführte Machtwechsel galt in der irakischen Geschichtsschreibung als Revolution ("Julirevolution"), der 14. Juli war bis 2003 im Irak ein nationaler Feiertag.

Hintergrund

Die von den Großbritannien gestützte haschimitische Monarchie hatte im Irak Zeit ihrer Existenz ein Legitimitätsproblem. Der Führung der Monarchie um die Herrscherfamilie und den Premierminister in Dauerbesetzung Nuri As-Said erhob den Anspruch eine liberale Demokratie errichten zu wollen, griff jedoch selbst immer wieder auf autoritäre Herrschaftsmethoden zurück. Während des Zweiten Weltkriegs konnte die Monarchie nur durch den Einsatz alliierter Truppen gegen einen pro-deutschen Militärputsch erhalten werden. In den Fünfzigerjahren erodierte der Rückhalt der Monarchie weiter. Ihre Unterstützer beschränkten sich fast ausschließlich auf die vom Herrscherhaus privilegierten Führungsschichten sunnitischer Stammesverbände. In der Masse der Bevölkerung wie auch den Eliten in Bürokratie und Militär und der städtischen Mittelschicht stieß die haschemitische Herrschaft ab den Fünfziger Jahren auf mehrheitliche Ablehnung. Das Vorbild des Nasserismus in Ägypten befeuerte im Irak und insbesondere im Offizierskorps den Wunsch nach einem gewaltsamen Machtwechsel.[1]

Verlauf

Am 14. Juli 1958 besetzten Militäreinheiten mit Panzern die Hauptstadt Baghdad in den frühen Morgenstunden. Die Streitkräfte der Putschisten bestanden aus zwei Brigaden. Die Putschisten hatten den Marschbefehl der Regierung nach Jordanien um die dortige haschemitische Dynastie zu unterstützen genutzt und die Einheiten nach Baghdad umgeleitet. Der Putsch war innerhalb des Militärs zwei Jahre lang geplant worden. Sie trafen auf keinen nennenswerten organisierten Widerstand. In den Tagen des Umsturz kam es zu Massendemonstrationen der Bevölkerung, welche den Putsch begrüßte.[2] Die verstümmelten der Leichen prominenter Führungsfiguren der Monarchie wie Nuri-as-Said und Abd-ul-Ilah wurden vom Mob öffentlich in Baghdad zur Schau gestellt.[3]

Folgen

Arif und Qasim hatten den sie unterstützenden Offizieren ein sozialistisches politisches System in Aussicht gestellt in welchem die Zentralgewalt von einem Revolutionären Kommandorat besetzt von Militärs ausgehen werde. Nach der Machtübernahme versäumten Arif und Qasim es jedoch die Macht an Institutionen abzugeben, stattdessen stützten sie sich auf persönliche Verbindungen.[4] Das formale Zentrum der Macht lag bei einem dreiköpfigen Souveränitätsrat in den die Generäle Muhammad Mahdi Kubba, den vormaligen schiitischen Chef der Unabhängigkeitspartei, Khalid an-Naqschbandi einen kurdischen Ex-Offizier und mit Muhammad Nadschib ar-Rubai'i einen sunnitischen Offizier beriefen. In Wahrheit lag die Macht jedoch weiterhin bei Arif und Qasim welche die Sicherheitskräfte und Geheimdienste des Landes kontrollierten und die politische Szene aus dem Hintergrund beherrschten. Arif selbst wurde Innenminister. Qasim fungierte als Verteidigungsminister und Oberbefehlshaber der Streitkräfte.[5]

In ihrem Kabinett versuchten sie Minister aller politischen Richtungen und Volksgruppen zu beteiligen. Arif und Qasim selbst gerieten bald in öffentliche Gegensätze ob und wie schnell ein Beitritt zur Vereinigten Arabischen Republik unter Führung von Gamal Abdel Nasser erfolgen solle. Arif stellte dabei viel weitreichendere nasseristische Forderungen als Arif und geriet mit diesem zunehmend in Konflikt. In nationalistischen Kreisen wurden die beiden Generäle rasch als Usurpatoren angesehen. Im Februar 1959 traten große Teile des Kabinetts mit dem Vorwurf zurück die Regierung verfolge den Nasserismus nur als Vorwand für die eigene Herrschaft. Im März 1959 erfolgte Aufstand von Mossul 1959 ein Aufstand von Offizieren gegen die Regierung. Im Oktober desselben Jahres erfolgte der erste Attentatsversuch auf Qasim durch Mitglieder der im Untergrund agierenden Baath-Partei. Qasim führte die Republik mehr und mehr als auf seine Person zugeschnittene Diktatur und verlor mehr und mehr die Unterstützung des Offizierskorps. Dieses unterstützte 1963 die Machtübernahme der Baath-Partei die das Regime Qasims beendete.[6]

Einzelnachweise

  1. Daweesha, 2012 : 160-170
  2. Daweesha, 2009, S. 170–172
  3. Marr, 2012, S. 84–90
  4. Daweesba, 2009, S. 172–183
  5. Marr, 2012, S. 84–90
  6. Daweesba, 2009, S. 172–183

Literatur

  • Phebe Marr : The Modern History of Iraq. 3. Auflage, Boulder, 2012
  • Adeed Daweesha : Iraq: A Political History from Independence to Occupation. Princeton, 2009