Dark Wave
Dark Wave | |
Entstehungsphase: | späte 70er / 80er Jahre |
Herkunftsort: | Westeuropa / Nordamerika |
Herkunftsgenre: | New Wave |
Häufig zugewiesene Strömungen | |
Cold Wave · Electro Wave · Ethereal · Gothic Rock · Neofolk · Neoklassik · Neue Deutsche Todeskunst | |
Stilistische Wechselwirkungen | |
Dark Ambient · New Age · Shoegazing · Synth Pop | |
Einflüsse traditioneller Richtungen | |
Barock · Folklore · Klassik · Medieval · Renaissance | |
Genretypische Instrumente | |
Dark Wave (engl. dark = „dunkel, trüb“, wave = „Welle“) bezeichnet eine Epoche der Musik. Sie umschließt Spielarten, die sich im Zuge der New-Wave-Bewegung herausgebildet haben und hinsichtlich ihrer klanglichen Umsetzung als dunkel, trist, elegisch oder sehnsuchtsvoll wahrgenommen werden.
Hierzu zählen unter anderem Rockmusik im Stil von Bands wie Joy Division oder The Cure, oftmals rein elektronisch arrangierte Kompositionen (beispielsweise frühe Anne Clark) oder Kompositionen auf Grundlage einer semi-akustischen Instrumentierung mit Gitarren, Flöten, Trommeln oder Violinen (z. B. bei Deine Lakaien, In The Nursery oder Death In June).
Im präzisen Sinne erfasst Dark Wave epochale Strömungen wie Cold Wave, Electro Wave, Ethereal, Gothic Rock, Neofolk und Neoklassik, sowie die Neue Deutsche Todeskunst und Teile der Neuen Deutschen Welle. Umstritten ist dabei die Ausweitung auf Genres wie dem klassischen Industrial (Elektronik-Avantgarde), Dark Ambient oder Minimal Electro.
Aus der Perspektive Deutschlands umfasst die Dark-Wave-Epoche den Zeitraum zwischen Anfang der 1980er Jahre und Ende der 1990er Jahre. In anderen Ländern, wie Frankreich, Griechenland, Italien, Spanien oder den USA, konnten einige der Spielarten bis heute konserviert und verfeinert werden.
Dark Wave ist untrennbar mit der Musik und dem Zeitgeist der 1980er Jahre verbunden.
Wurzeln
Vordenker
Bereits vor Beginn der New-Wave-Ära gab es im Rahmen der Popmusik vereinzelt Musiker, die Kompositionen voller Frustration und Wehmut schufen. Als eine herausragende Persönlichkeit gilt in diesem Fall die deutsche Künstlerin Nico alias Christa Päffgen. Die von ihr erschienenen, teils mittelalterlich anmutenden Alben The Marble Index (1969) und Desertshore (1970) zählen zu den wichtigsten Werken der Rockgeschichte. Siouxsie Sioux, Sängerin der Siouxsie & The Banshees, erwähnte Nico als einen ihrer wesentlichen Einflussfaktoren.
Weiterhin inspirierten Vertreter des Psychedelic Rock, speziell The Doors, einen Teil der europäischen Musikkultur. Joy Division spielten den The-Doors-Klassiker „Riders On The Storm“ auf einigen ihrer Konzerte. 1993 erschien die Compilation „Lizard King - A Tribute To Jim Morrison“, auf der Interpreten wie Alexander Veljanov (Deine Lakaien), Peter Spilles (Project Pitchfork), Martin von Arndt (Printed at Bismarck's Death) oder Rüdiger Frank (The Tors Of Dartmoor) den The Doors ihren Respekt zollen. Ian Astbury, ehemaliger Kopf und Sänger der Gothic-Formation The Southern Death Cult, startete um 2002 gemeinsam mit Ray Manzarek und Robby Krieger ein The-Doors-Revival unter dem Projektnamen The Doors Of The 21st Century, das ab 2005 – aufgrund eines Rechtsstreits – unter dem Namen Riders On The Storm weitergeführt wurde.
Ferner hinterließ die Musik von The Velvet Underground, The Rolling Stones und nicht zuletzt The Moody Blues einen bleibenden Eindruck. Als einer der bekanntesten Titel der Moody Blues gilt „Nights In White Satin“, ein Kassenschlager der 1970er Jahre, der gelegentlich von Projekten aus dem Dark-Wave-Umfeld neu vertont wird.
New Wave
New Wave steht für die „Neue Welle“ im Bereich der Popmusik, die ab der Mitte der 1970er zu Tage trat und sich bis ins Ende der 1980er Jahre beinahe über den gesamten Globus erstreckte.
Seymour Stein, Mitbegründer der Sire Records Company, nutzte um 1977 den Begriff New Wave, um die vielseitige Musik der amerikanischen Rockband Talking Heads zu umschreiben. Die sich in Anlehnung an die französische Filmkunst Nouvelle Vague etablierende Bezeichnung bezog schon bald zahlreiche musikstilistische Strömungen mit ein, die beidseitig des Atlantiks aus Teilen der Punk-Bewegung hervor gingen (siehe auch Post Punk) oder simultan dazu ihr Revival feierten (bspw. die Mod- oder Ska-Bewegung).
Nur 2 Jahre später findet sich New Wave in Mitteleuropa in Form der Neuen Deutschen Welle wieder. In diesem Fall jedoch weit umfassender, wurden anschließend auch Teilbereiche der Deutschpunk- und Industrial-/Avantgarde-Musik unter dem Begriff Neue Deutsche Welle geführt.
Nach dem Abklingen der Punk-Welle in den späten 1970ern, gewann New Wave als Vermarktungsetikett zunehmend an Bedeutung und wurde bis in die frühen 1990er Jahre – zeitweise in seiner Kurzform „Wave“ – international genutzt. Der im August 1981 gegründete US-amerikanische Fernsehsender MTV trug nachträglich zur rasanten Verbreitung des Begriffes bei.
Zeitgleich eroberten allmählich dunklere Stilrichtungen den Markt. Um den Bezug zu New Wave weiterhin ersichtlich zu machen, modifizierte man einzig den ersten Begriffsbestandteil und schuf somit beiläufig ein neues Genre: Aus New Wave wurde Dark Wave.
Entwicklung
Die Geschichte der Dark-Wave-Bewegung lässt sich in drei Etappen gliedern:
Etappe 1 - Klassische Phase (1979-1989): In dieser Phase bildete sich ein Großteil der Stilarten und Strömungen wie Gothic, Cold Wave oder Neofolk heraus, die Verbreitung beschränkte sich dabei vorerst auf Westeuropa (England, Deutschland, Frankreich) und Nordamerika (USA). Viele Künstler und Musikgruppen waren zu dieser Zeit in der Punk-Bewegung verwurzelt. Als Ausgangsbasis fungierte hauptsächlich England, es lassen sich jedoch Parallelerscheinungen in anderen Ländern erkennen, sodass man von einer gesamteuropäischen Bewegung sprechen kann. Der Einfluss auf die Entwicklung in den Vereinigten Staaten ist umstritten. Das amerikanische Death-Rock-Genre verstand sich zunächst als eine unabhängig entwickelte Strömung, bei der sich erst im Laufe der 1980er Jahre Überlagerungen mit der europäischen Kultur bemerkbar machten.
Etappe 2 - Blütezeit und Regression (1989-1999): Dieser Zeitabschnitt umfasst die Neugründung und die ansteigende Popularität zahlreicher Nachwuchsgruppen und Plattenfirmen, sowie die anschließende Rückbildung des Dark-Wave-Genres in Ländern wie Deutschland. Konträr zur Klassischen Phase erfolgte die Ausbreitung nunmehr über weite Gebiete der Erde, so auch Australien.
Etappe 3 - Entwicklung bis zur Gegenwart (1999-2006): Anhaltende Rückbildung auf globaler Ebene durch Verdrängung, Stiländerung oder Verschmelzung mit zeitgemäßer Musikkultur; Strömungen wie Cold Wave oder Electro Wave gelten als erloschen.
Klassische Phase
Ab Ende der 1970er Jahre formierten sich innerhalb der New-Wave-Bewegung verschiedene Gruppen, die ihre Musik weitaus melancholischer und düsterer umsetzten und sich damit vom allgemein als positiv empfundenen New-Wave-Sound lösten. Viele dieser Künstler reflektierten die aus der Punk-Bewegung bekannten Zukunftsängste (No Future), insbesondere vor der stetig ansteigenden Massenarbeitslosigkeit infolge einer weltwirtschaftlichen Depression [1], vor einem drohenden Atomkrieg, vor Umweltkatastrophen oder Krankheiten wie AIDS. Damit einher ging der Versuch der Weltflucht aufgrund fehlender Zukunftsperspektiven oder der als gefühlskalt und farblos empfundenen Realität.
Motive vorangegangener Epochen (z. B. des Mittelalters) sind Gegenstand vieler Werke, nicht selten mit dem Vorsatz verbunden, diese dem Hörer in einem stark romantisierten Bild darzubieten. Weiterhin ist eine Auseinandersetzung mit existenzphilosophischen und esoterischen, speziell mystischen und okkulten Themenbereichen, etlichen Künstlern zu eigen. Dieser Umstand lässt sich vermehrt ab der Mitte der 1980er Jahre feststellen.
Einige Künstler und Veröffentlichungen mit essentieller Bedeutung waren:
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Neben den bereits erwähnten Xmal Deutschland gab es noch eine Reihe weiterer Künstler, die sich im Zuge der Neuen Deutschen Welle mit relativ obskuren Klängen präsentierten. Nennenswert sind dabei vor allem Geisterfahrer (Schatten voraus, 1980), Malaria! (Emotion, 1982), Leningrad Sandwich (Heat, 1982) oder auch Mona Mur & Die Mieter (Jeszcze Polska, 1982), eine Kooperation zwischen Mona Mur und den Einstürzenden Neubauten. In Grundzügen erfolgreich zeigten sich zudem Belfegore (Belfegore, 1984), die zu einem Drittel aus der NDW-Band Nichts hervorgingen, sowie der Berliner Act Marquee Moon (Beyond The Pale, 1985) und Remain In Silence (Monument, 1985) aus Hannover. Ein kurzlebiges Projekt blieb das Düsseldorfer Quartett Stimmen der Stille, deren erste und einzige LP (Morgenstern, 1987) auf Peter Heins Sneaky Pete Records-Label veröffentlicht wurde.
In den Vereinigten Staaten machte sich unterdessen eine Parallelerscheinung bemerkbar, wobei der Einfluss auf die Entwicklung durch die europäische Musikkultur stark umstritten ist. Der Westen der USA, insbesondere die Stadt Los Angeles, gilt dabei als frühe Hochburg des „American Gothic“. 1981 erfolgte hier die Reunion der Band Christian Death, die sich in kurzer Zeit einen skandalösen Ruf erspielte. Das einige Monate später veröffentlichte Debut (Only Theatre Of Pain, 1982) sorgte auf Anhieb für Aufsehen und wurde sogleich für den französischen Markt lizenziert. Mit Christian Death indirekt verbunden waren zu jener Zeit die Bands Super Heroines (Cry For Help, 1982) und Mephisto Walz (Mephisto Walz, 1986). Dem selben Milieu entstammen 45 Grave (Sleep In Safety, 1983) und Screams For Tina (Strobelight Funeral, 1986), die sich hauptsächlich in regionalen Kreisen einen Namen machen konnten.
Die wichtigste Bezugsquelle hinsichtlich Musik- und Mode-Trends blieb jedoch Großbritannien. Erzielte zuvor die New-Romantic-Bewegung mit Künstlern wie Visage, Gary Numan oder Ultravox weltweit erste Erfolge, so trieb die Londoner Szene mit der im Juli 1982 eröffneten Diskothek „Batcave“ bereits neue Blüten. Als Veranstaltungsort für Waver, New Romantics und Psychobillies entpuppte sich das Batcave zwischen 1982 und 1983 zu einem Sammelpunkt für Gothic-Punk-Bands und zum Entwicklungsort der britischen Gothic-Szene. Künstler wie Robert Smith, Ian Astbury, Nick Cave oder Marc Almond waren im Batcave regelmäßig zu Gast, die Veranstaltungen organisierte Ollie Wisdom (Specimen). Im Dunstkreis dieser Lokalität traten Bands wie Alien Sex Fiend (Who's Been Sleeping In My Brain, 1983), Play Dead (The First Flower, 1983), Sex Gang Children (Naked, 1982), The Southern Death Cult (The Southern Death Cult, 1982) oder Virgin Prunes (...If I Die, I Die, 1982) hervor. In der Mitte der 1980er führten vermehrt Bands wie The Sisters Of Mercy (First And Last And Always, 1985) oder deren Kontrahenten Fields Of The Nephilim (Burning The Fields EP, 1985) das Zepter, weitere Bands wie The March Violets (Natural History, 1984), The Rose Of Avalanche (First Avalanche, 1985), Ghost Dance (River Of No Return, 1986) oder Every New Dead Ghost (River Of Souls, 1989) folgten.
Für Nordfrankreich gilt die Musik von Joy Division oder Siouxsie & The Banshees als Initialzündung der Cold-Wave-Bewegung. Sie existierte analog zur britischen New-Wave-Musik und lässt sich aufgrund ihrer Schneidigkeit und Kühle mit der Neuen Deutschen Welle vergleichen. Mit Künstlern wie KaS Product (By Pass, 1983), Trisomie 21 (Les Repos Des Enfants Heureux, 1983), Clair Obscur (The Pilgrim's Progress, 1986) oder Little Nemo (Private Life, 1988) wurde Cold Wave über französische Grenzen hinaus bekannt.
In Spanien nahm die Dark-Wave-Bewegung mit der madrilenischen Formation Parálisis Permanente ihren Anfang. Dies wurde durch den frühen Tod des Sängers Eduardo Benavente († 14. Mai 1983) begünstigt, der dortzulande einen ähnlichen Status als Leitfigur erlangte wie Ian Curtis. Ein erfolgreiches Seitenprojekt von Parálisis Permanente war Los Seres Vacíos (Los Celos Se Apoderan De Mí, 1982), bei dem Ana Curra als Sängerin fungierte. Nach der unvermeidlichen Zersplitterung von Parálisis Permanente im Jahre 1983, startete um 1985 mit der barcelonischen Band Los Humillados ein weiterer zentraler Vertreter der spanischen Szene. [2]
Von der britischen Musikkultur weiterhin inspiriert, zeigte sich Griechenland, wo – nach einigen Konzerten renommierter Bands wie Bauhaus, The Cure und Depeche Mode – insbesondere in der attischen Hauptstadt Athen Gruppen wie Villa 21 (Ghost On The Move, 1983), Metro Decay (Υπέρβαση, 1984), South Of No North (Lacrimae Christ!, 1985) oder Slow Motion (This Slow Motion, 1988) den Stein ins Rollen brachten. [3]
Ab der Mitte der 1980er Jahre flaute der New-Wave-Boom allmählich ab. Die Dark-Wave-Bewegung selbst blieb größtenteils im Untergrund erhalten und wurde durch Künstler wie The Sisters Of Mercy (Floodland, 1987), Dead Can Dance (Within The Realm Of A Dying Sun, 1987), Fields Of The Nephilim (The Nephilim, 1988) oder The Cure (Disintegration, 1989) zusätzlich von oben herab bestärkt.
Das musikspezifische Interesse der Wave-Bewegung verlagerte sich allerdings sehr bald auf etliche, vor allem deutsche Newcomer-Bands wie Deine Lakaien, Girls Under Glass, Pink Turns Blue oder Love Like Blood, die den Weg in die 1990er Jahre ebneten und überdies die dunklen und melancholischen Klänge intensivierten. Künstler wie Gunnar Eysel, Bassist der 1988 gegründeten Formation Love Like Blood, bestätigen: Da schreiben uns Leute, die sagen, aus Deutschland kämen momentan die besten Dark-Wave-Bands. [4]
Blütezeit und Regression

Derweil verringerte sich die Anzahl der französischen Cold-Wave-Bands erheblich. Im Gegensatz dazu erlebte der deutsche Raum aufgrund der Deutschen Einheit und infolge der Herausbildung der Neuen Deutschen Todeskunst, mit Künstlern wie Das Ich oder Goethes Erben, einen deutlichen Aufschwung. Zudem traten unzählige junge Projekte wie Silke Bischoff, The Garden Of Delight, Diary Of Dreams, Sopor Aeternus, Chandeen oder Love Is Colder Than Death in das Licht der Öffentlichkeit und konnten sich über mehrere Jahre hinweg an der Spitze halten. Als Bestseller entpuppten sich die Veröffentlichungen von Project Pitchfork, The Eternal Afflict, Wolfsheim und den Deine Lakaien.
Hauptsächlich im Untergrund erfolgreich blieben Catastrophe Ballet, Drown For Resurrection, Head On Fire, La Floa Maldita, La Morte de la Maison, Lady Besery's Garden, Moonchild, Phallus Dei, Printed at Bismarck's Death, Soul In Isolation oder The House Of Usher.
Diese Blütezeit stoppte in Deutschland zwischen Mitte und Ende der 1990er Jahre, nachdem die Popularität von Musikgruppen aus dem Mittelalterrock- und Gothic-Metal-Umfeld stieg oder anfänglich traditionsbewusste Bands stilistisch andere Wege gingen. Während Länder wie Italien von diesem Phänomen nahezu unberührt blieben, wurde die Dark-Wave-Bewegung in Deutschland mehr und mehr zur Seite gedrängt und gilt seit Ende desselben Jahrzehnts im Wesentlichen als erloschen.
Norditalien brachte mit Ataraxia, Black Rose, Camerata Mediolanense, Ordo Equitum Solis und The Frozen Autumn fünf Projekte hervor, die sich – neben den Vorkämpfern Kirlian Camera – international behaupten konnten. Etwa zur selben Zeit etablierten sich nordamerikanische Musikprojekte wie Lycia, This Ascension, Trance To The Sun, Love Spirals Downwards, Faith And The Muse oder Soul Whirling Somewhere, hiernach gefolgt von The Crüxshadows und Bleeding Like Mine. Spanien schaffte den Sprung mit Gothic Sex, Ecodalia und Remembrance. Mit den Los Humillados erreichte eine der ältesten Bands kurzzeitige Popularität über spanische Grenzen hinaus.
Nach dem Abklingen der Cold-Wave-Ära in Frankreich, schien nur eine geringe Anzahl genrespezifischer Bands den Weg in die 1990er Jahre vorteilhaft überstanden zu haben, insbesondere Collection d'Arnell-Andrea, Opera Multi Steel oder Rise And Fall Of A Decade. Es formierten sich vermehrt Acts aus dem Gothic-Rock-Umfeld, Corpus Delicti, Dead Souls Rising und Lucie Cries waren einige der wenigen neuen Projekte, die länderübergreifend einen hohen Bekanntheitsgrad erlangten. Bis Ende der 1990er Jahre veränderte sich ein Teil dieser Bands stilistisch oder verschwand fast vollständig in der Versenkung. Zwei weniger rocklastige Projekte sind hingegen Eros Necropsique und Rosa Crux. Letzteres ist seit seiner Gründung im Jahre 1984 auch heute noch als Musik- und Performance-Gruppe aktiv.
Vorerst auf Teile Westeuropas und Nordamerikas beschränkt, entfaltete sich Dark Wave in den 1990er Jahren zu einer weltweiten Bewegung. So konnten selbst Finnland mit den Two Witches, Polen mit den Fading Colours, Nordirland mit This Burning Effigy oder Australien mit der Band Ikon qualitativ an tonangebende Länder anknüpfen. Mit The Breath Of Life und The Dreamside machten Belgien und die Niederlande abermals von sich Reden.
Entwicklung bis zur Gegenwart
Nachdem der Neofolk seit seiner Grundsteinlegung zunächst ein Schattendasein führte (die Veröffentlichungen deutscher Nachwuchsgruppen wie Annabelle's Garden, Canticum Funebris, Common Spring oder In My Rosary fanden anfangs nur wenig Beachtung), trat er Ende der 1990er und nach der Jahrtausendwende zunehmend aus dem Untergrund hervor. Forseti, Hagalaz' Runedance, Of The Wand & The Moon, Orplid und viele andere Künstler verhalfen dem Stil zu seiner Popularität.
Recht ähnlich erging es dem Neoklassik-Genre, das erst im Verlauf der letzten 10 Jahre einen merklichen Auftrieb verzeichnete. Musikprojekte wie Arcana, Dargaard, Les Secrets de Morphée und Ophelia's Dream beschritten europaweit den Weg, den Dead Can Dance, In The Nursery oder Stoa einstmals ebneten. Mit Artemis konnte wiederholt auch ein australischer Vertreter der Neoklassik Anklang finden.
Plattenfirmen
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Einen wichtigen Stellenwert nimmt das britische Independent-Label 4AD ein, das in den 1980ern mit seinen Veröffentlichungen bedeutenden Einfluss ausübte. Hier erschienen die Alben von Cocteau Twins (Head Over Heels, 1983), Dead Can Dance (Dead Can Dance, 1984), This Mortal Coil (It'll End In Tears, 1984), Clan Of Xymox (Medusa, 1986) oder Pieter Nooten & Michael Brook (Sleeps With The Fishes, 1987).
Plattenfirmen wie Hyperium Records oder Projekt Records sind offenkundig durch das Output von 4AD inspiriert worden, speziell auch in Hinsicht auf die graphischen Umsetzungen Vaughan Olivers.
Das Mutterlabel von 4AD war Beggars Banquet, die Plattenfirma, die sich für die Alben von Gothic-Größen wie The Southern Death Cult, Bauhaus und den Fields Of The Nephilim verantwortlich zeichnet.
Trotz der seit Mitte der 1980er Jahre bestehenden Dark-Wave-Bewegung in Spanien, blieb die Szene in Großstädten wie Barcelona und Madrid bis heute relativ klein. Einen wichtigen Anlaufpunkt bietete das barcelonische Label Grabaciones Góticas, das sich bis in die 1990er Jahre auf Kassettenveröffentlichungen beschränkte, da sich die Produktion einer CD in Spanien als äußerst teuer erwies. Bands wie Los Humillados (Dark Archives 1985-1995, 1997), Gothic Sex (Divided We Fall, 1994) oder Ecodalia (Angel's Glamour, 1995) fanden hier Unterschlupf. [5]
Genrespezifische Untergliederung
Prinzipiell werden dem Dark-Wave-Genre Stile und Bereiche verschiedener musikalischer Strömungen zugewiesen, die Ende der 1970er und über die 1980er Jahre hinweg verteilt entstanden sind. Auffällig ist zudem der Umstand, dass dem Dark-Wave-Umfeld überwiegend Künstler zugeordnet werden, die unterschiedliche Stilmittel der 1980er Jahre einsetzen und diese miteinander verknüpfen. In Folge dessen sind diese Künstler oftmals nur schwer rubrizierbar und werden behelfsweise mit der Bezeichnung „Dark Wave“ grob umschrieben.
Einige Richtungen, wie beispielsweise der Neofolk, gelten heute als unabhängige Genres mit eigenständiger Subkultur.
Cold Wave
Cold Wave (engl. cold = „kalt, kühl“) war ein sporadisch gebräuchlicher Begriff, der in Zusammenhang mit Bands wie Joy Division, The Cure, Cocteau Twins, Clair Obscur, And Also The Trees, Passion Noire oder Pink Turns Blue Verwendung fand. Er bezog sich primär auf Rock- und Post-Punk-Gruppen der 1980er Jahre, deren Musik durch den dezenten Einsatz von Synthesizern als kühl oder weniger lebhaft wahrgenommen wurde. Die Bezeichnung selbst war in Nordfrankreich – unter anderem in Relation mit der Plattenfirma New Rose Records oder deren Sublabel Lively Art Records – geläufig. Einen kurzen Überblick über das musikalische Output im franko-französischen Raum verschafft die Compilation „Transmission 81-89 · The French Cold Wave“, mit namhaften Künstlern wie Norma Loy, KaS Product oder Asylum Party.
Anderen Quellen zufolge implizierte Cold Wave auch Stilformen wie Minimal Electro oder Electro Wave. So lässt das Wave-Magazin Glasnost im Jahre 1990 verlauten:
„Cold Wave: Elektronische Klangkunst, deren Wärme in ihrer Kälte liegt...“ [6] |
Dies war eine Anspielung auf die oft als charmant empfundenen, analogen Synthesizer-Klänge der 1980er Jahre. Eine großflächige Verbreitung über Frankreich hinaus, erfuhr der Begriff „Cold Wave“ allerdings nie, was offenbar auf seine unpräzise Aussage zurückzuführen ist.
- Bedeutende Vertreter: Joy Division · The Cure · Cocteau Twins · And Also The Trees · Clair Obscur · Pink Turns Blue · Asylum Party · Martin Dupont · KaS Product
Electro Wave
Electro Wave diente bis Mitte der 1990er Jahre als Bezeichnung für Kompositionen, die innerhalb der New-Wave-Bewegung schwerpunktmäßig durch Synthesizer erzeugt wurden. Man fasste dabei die Musik von Künstlern wie Anne Clark, The Human League, John Foxx, Depeche Mode oder Gary Numan zusammen. Hinzu trat seit den späten 1980ern eine Anzahl weiterer Projekte wie Deine Lakaien (First Album), The Fair Sex (Demented Forms) oder Project Pitchfork (Entities).
Electro Wave lenkte jedoch nur bedingt in das Dark-Wave-Umfeld. Den Grund für eine Zuordnung bildeten in erster Linie die bedrückenden Klänge von Alben wie „The Sitting Room“ von Anne Clark (1982), das 1989er Werk „The Influence“ von Psyche oder die selbstbetitelte Mini-LP „Kirlian Camera“ von Kirlian Camera (1981).
Nichtsdestoweniger bezogen zahlreiche Musiker, wie Fortification 55, Second Voice, The Mao Tse Tung Experience oder The Invincible Spirit, ihre Haupteinflüsse aus dem Synth-Pop- bzw. EBM-Bereich und wurden somit nicht durch das Dark-Wave-Genre erfasst.
- Bedeutende Vertreter: Anne Clark · Kirlian Camera · Deine Lakaien · Psyche · Project Pitchfork · The Eternal Afflict · Silke Bischoff (Debut Album)
Ethereal
Ethereal (engl. ethereal = „ätherisch“), seltener „Ethereal Wave“ oder fälschlich „Etheric Wave“ [7] genannt, ist eine in den USA verbreitete Bezeichnung, die mitunter sinnverwandt zu Dark Wave verstanden wird. Klassifiziert werden dabei häufig sanft schwebende Gitarrenklänge in Zusammenspiel mit weiblichem Gesang. Aber auch rein elektronisch arrangierte Stücke mit starken Ambient-Einflüssen oder Kompositionen, basierend auf klassischem Instrumentarium wie Flöten oder Violinen, werden unter diesem Begriff zusammengefasst. Die Musik gilt allgemein als sphärisch, verhalten und weltentrückt, wodurch sie den Namen „Ethereal“ erhielt.
Überlagerungen gibt es insbesondere mit Shoegazing, einem Genre, das sich Ende der 1980er in England herausbildete und mit Bands wie Slowdive oder Ride in etwa der Mitte der 1990er Jahre seinen Höhepunkt erreichte. Essentielle Bedeutung erlangte zudem die Musik der frühen Cocteau Twins, da sie für beide Richtungen, Shoegazing und Ethereal, als Inspirationsquelle diente.
Ethereal ist grundsätzlich mit der im deutschen Sprachraum verbreiteten Bezeichnung „Heavenly Voices“ (zu deutsch „Himmlische Stimmen“) gleichzusetzen, die Anfang der 1990er Jahre als reiner Marketingbegriff kreiert wurde und anschließend bei einer fünfteiligen Compilation-Serie zur Anwendung kam.
- Bedeutende Vertreter: Autumn's Grey Solace · Black Tape For A Blue Girl · Chandeen · Love Spirals Downwards · Lycia · Siddal · Soul Whirling Somewhere
Gothic
Zunächst nutzte man den Begriff „Gothic“ für eine im Post-Punk-Umfeld entstandene Spielart der Musik (Gothic Punk), in deren Bandbreite sich vereinzelt Elemente des Glam Rock erkennen lassen. Die Geburtsstunde dieses Stils wird in der Regel auf das Jahr 1979 datiert. In jenem Jahr stieg die Single Bela Lugosi's Dead von Bauhaus in die Charts ein. „Gothic“ als Genrebezeichnung war zu dieser Zeit jedoch nicht etabliert. Tatsächlich glaubten Bands wie The Southern Death Cult oder Alien Sex Fiend noch Jahre später, sie würden konventionelle Punkmusik spielen und sahen sich folglich nicht als Begründer eines neuartigen Stils. In England wurde der Gothic Punk bis Mitte der 1980er Jahre als eine positive Variante der Punkmusik wahrgenommen (Positive Punk) und steuerte somit ursprünglich (und konträr zum Depro-Punk) in eine entgegengesetzte Richtung. Andererseits gab es auch in diesem Umfeld Künstler wie The Danse Society, die mit Titeln wie The Night (vom 1984er Album „Heaven Is Waiting“) in schwermütigere Bereiche abdrifteten.
Im Anschluss daran löste der Gothic Rock schrittweise den Gothic Punk ab. Interessant erscheint dabei die Tatsache, dass die Bezeichnung „Gothic Rock“ bereits 1967 in einem Bericht über die Psychedelic-Rock-Band The Doors erwähnt wird. [8] Anleihen aus dem Psychedelic Rock tauchen zudem bei den Wegbereitern, wie The Sisters Of Mercy oder Fields Of The Nephilim, auf und ziehen sich bis in die 1990er Jahre wie ein roter Faden durch die Geschichte des Gothic Rock. In den nachfolgenden Jahren waren es vorrangig Gruppen wie The Tors Of Dartmoor, Love Like Blood oder The House Of Usher, die diese Spielart weiterführten, ehe der Gothic Rock diskontinuierlich durch Dark-Wave-untypische Stilformen (Metal, Mittelalterrock usw.) aus dem Rampenlicht verdrängt wurde.
- Bedeutende Vertreter: Bauhaus · Siouxsie & The Banshees · Xmal Deutschland · The Sisters Of Mercy · Fields Of The Nephilim · The Garden Of Delight
Neofolk
Der Neofolk mit seinen zahlreichen Querverbindungen zur Post-Industrial-Szene, zählt zu den umstrittensten Genres innerhalb der Dark-Wave-Bewegung.
Death In June aus England begründeten den Stil in den 1980ern, obgleich die musikalische Ausrichtung der Band seinerzeit nicht klar definiert war. Sie pendelte vorerst zwischen Post Punk, Electro Wave, Synth Pop, Folk und Industrial, bevor man sich endgültig auf einen einheitlichen Stil beschränkte. Eine wesentliche Rolle spielt hierbei das in der Mitte der 1980er Jahre veröffentlichte Album „Nada!“, das in den frühen 1990ern unter anderem mit den Bonustracks „The Last Farewell“ und „The Torture Garden“ (beide bereits 1984 entstanden) erneut aufgelegt wurde. Dieses Album gilt durch seine Vielfalt als wegweisend für weitere Musikprojekte aus dem Dark-Wave-Umfeld und präsentiert die ersten Tracks im Neofolk-Gewand.
Neofolk-Kompositionen entstehen hauptsächlich durch die Verwendung von Akustikgitarren, Trommeln und den Einsatz von Synthesizern. Thematisch widmet man sich primär Fachgebieten wie Magie, Esoterik, Heidentum, Runenlehre, Religion (Eschatologie) und Poesie, aber auch Anleihen aus der Zeit des Dritten Reiches bilden bei einigen Neofolk-Projekten ein tragendes Element und werden ästhetisiert in Szene gesetzt, wodurch der Stil häufig in Kritik gerät.
- Bedeutende Vertreter: Death In June · Sol Invictus · Current 93 · Forseti · Hagalaz' Runedance · Of The Wand & The Moon
Neoklassik
Die Neoklassik schöpft aus mehreren Epochen der Klassischen Musik, oft in Zusammenspiel mit weiblichem, opereskem Gesang, seltener auch Madrigal. Bei den zumeist apokalyptisch anmutenden Musikstücken handelt es sich in der Regel um Eigenkompositionen. Hierbei wird selten überliefertes Material neu interpretiert. Vielmehr nutzt man verschiedene Stilmittel einzelner Epochen und formt diese zu einer Einheit, wodurch es innerhalb einer Komposition zu einem Wechselspiel zwischen der Alten Musik und der Neuen Musik kommen kann.
Der Ursprung der Neoklassik geht auf Gruppen aus dem Rock- und Post-Punk-Umfeld zurück, die sich ab Mitte der 1980er Jahre vollständig von ihren Wurzeln entfernten, indem sie stufenweise Elemente der Klassischen Musik in ihre Kompositionen einarbeiteten. Als herausragende Werke gelten in diesem Fall das Album „Stormhorse“ von In The Nursery aus dem Jahre 1987 sowie das im selben Jahr veröffentlichte dritte Album „Within The Realm Of A Dying Sun“ von Dead Can Dance, auf dem verschiedene Instrumente wie Violine, Cello, Trompete, Posaune, Oboe oder Militär-Trommel verwendet wurden.
In den 1990er Jahren wurde dieses Konzept überwiegend mit Hilfe von Synthesizern fortgeführt, verbreitet ist auch der Einsatz von Samples (Kirchenglocken, Pizzicato, Orchestral-Samples). Es gibt dadurch insbesondere Überlagerungen mit Stilen wie Neofolk und Martial Industrial, sowie Berührungspunkte mit Dark Ambient oder Ritual.
- Bedeutende Vertreter: Dead Can Dance · In The Nursery · Stoa · Dargaard · Ophelia's Dream · Arcana · Love Is Colder Than Death · Dark Sanctuary · Persephone
Neue Deutsche Todeskunst
Ende der 1980er Jahre bildete sich im Süden Deutschlands die so genannte Neue Deutsche Todeskunst (NDT) heraus, eine deutsch-sprachige und außerordentlich destruktive Spielart, bei der man poetisch, teils metaphorisch durchsetzte Liedertexte mit betontem Sprechgesang vortrug. Die Auseinandersetzung mit Themenbereichen wie Tod, Vergänglichkeit, Ängste und Isolation bildete dabei einen wesentlichen Bestandteil, als Anreiz dienten unter anderem der literarische Surrealismus, die philosophischen Werke von Friedrich Nietzsche, sowie skeptizistische oder gar nihilistische Weltanschauungen.
Eine feste musikalische Ausrichtung gab es in diesem Fall nicht. Gewöhnlich wurden Elemente aus Gothic Rock und Electro Wave verarbeitet, auch wurden Einflüsse aus der Neoklassik, der Avantgarde oder dem Post-Industrial (Einstürzende Neubauten) oftmals miteinander vermengt. Konträr dazu gibt es Stücke, bei denen die Musik verstärkt in den Hintergrund tritt. Diese ähneln wiederum einer Art Hörspiel oder Kabarett.
Bereits in der Mitte der 1990er Jahre geriet die Neue Deutsche Todeskunst vor allem durch die Stiländerung ihrer Hauptvertreter (z. B. Das Ich und Lacrimosa) in Vergessenheit. Sie gilt dabei als die letzte, im Dark-Wave-Umfeld entstandene Form der Musik.
- Bedeutende Vertreter: Das Ich · Goethes Erben · Lacrimosa · Relatives Menschsein · Endraum · Misantrophe
Entwicklungsstufen / Popularität

Die grauen Balken kennzeichnen die Entstehung und – mit Hilfe der Balkenlänge – die Dauer der Popularität einer musikalischen Strömung. Alle Angaben beziehen sich auf annähernde Werte, Abweichungen sind daher möglich.
Anmerkungen zum Begriff
Die Herkunft der Bezeichnung „Dark Wave“ ist umstritten. Es gibt einen Hinweis darauf, dass sie außerhalb Deutschlands bereits 1984 für die Musik von Bauhaus verwendet wurde. Im Anschluss daran kam sie in Verbindung mit dem Album „Black Celebration“ von Depeche Mode zum Einsatz. Die bisher älteste bekannte Erwähnung innerhalb des deutschen Sprachraumes geht auf das Jahr 1988 zurück, dieses Mal in Bezug auf die Single Love Will Tear Us Apart von Joy Division [9]. Anschließend wurde der Begriff vermehrt in den frühen 1990ern genutzt und konnte sich einige Zeit später auch in den USA – neben der Bezeichnung „Ethereal“ – etablieren.
Besonders nennenswert ist in diesem Zusammenhang das in Brooklyn (New York City) beheimatete Label Projekt Records, das lange Zeit mit der deutschen Plattenfirma Hyperium Records zusammenarbeitete. Überdies besaß die deutsche Firma Gymnastic Records (aufgegangen in Chrom Records, das Label, bei dem auch Deine Lakaien unter Vertrag stehen) ein Schwesterlabel in Los Angeles. Für einen regen Austausch zwischen den Kontinenten war somit gesorgt.
Ab Mitte der 1990er Jahre kam die Bezeichnung „Dark Wave“ in Deutschland zunehmend außer Gebrauch, obwohl es weiterhin Projekte gab, die auf dunkle Stilmittel und Arrangements der 1980er Jahre zurückgriffen und diese bis um die Jahrtausendwende konsequent beibehielten.
Subkultur
Sachverhalt
Eine Dark-Wave-Subkultur ist durchaus vorhanden und bis heute in Grundzügen erhalten geblieben. Dennoch wird sie als solche innerhalb der Medien kaum wahrgenommen. Die Hörerschaft bezeichnete man in den 1980er und frühen 1990er Jahren generell als „Waver“ [10], bevor dieser Begriff allmählich durch die Bezeichnung „Gothic“ verdrängt wurde. Die Kultur der Gothics in Deutschland fußt jedoch prinzipiell auf Teilen der ehemaligen Gruftie-Szene, die selbst wiederum als Splitterkultur der Wave-Bewegung angesehen wird. Auch in anderen Gebieten Europas bewegten sich Gothics bis in die 1990er Jahre hinein grundsätzlich im Rahmen der Dark-Wave-Bewegung. Die undifferenzierte Gleichsetzung der Wave-Szene mit der Gothic-Kultur offenbart sich daher als unangemessen.
Ein gravierender Unterschied lässt sich auch hinsichtlich der Musik erkennen. Das Hauptaugenmerk der heutigen Gothic-Generation liegt auf Stilen wie Dark Rock, Electrogoth, Mittelalterrock oder Gothic Metal – nur gelegentlich werden tatsächlich auch die für Dark Wave typischen Klänge favorisiert. Innerhalb der Wave-Kultur finden sich hingegen Menschen, die sich mit der modernen Gothic-Musik und deren Kultur nicht identifizieren können und vielmehr obsolete oder ruhigere Klänge bevorzugen. Inwieweit sie sich selbst als Gothics verstehen, kann nicht mit Sicherheit beantwortet werden. Die wenigsten von ihnen verwenden jedoch die Bezeichnung „Gothic“ in Bezug auf die eigene Person.
Die Dark-Wave-Szene ist aufgrund ihrer musikalischen Strömungen sehr vielschichtig gestaltet. Einen einheitlichen Kleidungsstil gibt es somit nicht. Auffällig sind jedoch meist dezente und dunkle Farben, durch die – oft auch unbewusst – eine gewisse Introversion und Besinnlichkeit nach außen getragen wird.
Je nach Region ist die Präsenz der Waver in den Diskotheken derzeit sehr unterschiedlich ausgeprägt. Durch die Schwerpunktverlagerung auf moderne Musikbereiche wie Elektro, Future Pop und Mittelalterrock, ist ein erheblicher Teil der ursprünglichen Wave-Kultur nur noch selten bei den Veranstaltungen der Schwarzen Szene anzutreffen. Dies hängt jedoch oftmals auch mit einem Generationswechsel zusammen, durch den sich viele der Protagonisten von ihrem subkulturellen Dasein lösten und der Wave-Kultur den Rücken zukehrten. In einigen Städten werden zeitweise stilspezifische Events organisiert, auf denen Klassiker der 1980er und 1990er Jahre gespielt werden. Auch finden kleinere Treffen in freier Natur, meist abgelegenen Orten wie Parks, statt. Einen wichtigen Treffpunkt bildet noch immer das Wave-Gotik-Treffen.
Geschichte

Wie in vielen anderen Jugendkulturen orientierte man sich in den 1980er und frühen 1990er Jahren auch in der Wave-Szene am äußeren Erscheinungsbild der musikalischen Idole, so zum Beispiel an Robert Smith (The Cure), Martin L. Gore und Dave Gahan (Depeche Mode), Steve Strange (Visage), Siouxsie Sioux (Siouxsie & The Banshees), Michael Score (A Flock Of Seagulls), George Alan O'Dowd (Culture Club) oder Anja Huwe (Xmal Deutschland). Die Wave-Kultur galt daher als komplex, eine Trennung zwischen Anhängern der New-Wave-Bewegung und denen, deren Aufmerksamkeit sich vermehrt auf Dark Wave richtete, gab es bis Mitte der 1980er Jahre somit nicht. Oftmals konnte man lediglich anhand des Outfits, insbesondere der Kleidungsfarbe, die musikalischen Vorlieben der Waver unterscheiden.
Es waren zum Teil asymmetrische Frisuren gefragt, die Kopfseiten wurden häufig ausrasiert, das längere Deckhaar wurde schwarz gefärbt bzw. blondiert, anschließend auftoupiert und mit Haarspray gefestigt. Auch Kurzhaarschnitte und freche Frisuren waren bei beiden Geschlechtern sehr beliebt, überlange und strähnige Ponys hingen meist seitwärts über das Gesicht. Demgegenüber traten so genannte „Trauerweiden“-Frisuren, wie sie Siouxsie Sioux und Robert Smith zu Beginn der 1980er trugen.
Merklich war auch der Einfluss der New-Romantic-Mode, die Teile des nachkommenden New-Wave-Styles prägte und somit innerhalb der Dark-Wave-Bewegung Spuren hinterließ. Viele weibliche Waver zeigten sich androgyn [11], da sie oftmals das Erscheinungsbild ihrer männlichen Gegenparts adoptierten und das Zurschaustellen der weiblichen Attribute gezielt umgingen.
In diesem Milieu entstanden schrittweise kleinere Absplitterungen – Personenkreise, deren Outfit sich neben einigen der bereits erwähnten Künstler auch am ungewöhnlichen Auftreten von Musikgruppen wie Alien Sex Fiend, Christian Death oder Specimen orientierte. Diese Bands fielen vor allem durch ihre bleich geschminkten Gesichter und durch ihre verwendeten Symbole (Anch, Pentagramm, Petruskreuz) auf. Die Kleidung war nicht selten zerrissen oder an vergangene Epochen (Barock, Renaissance etc.) angelehnt. Inspiriert davon übernahmen schon bald zahlreiche Jugendliche dieses Erscheinungsbild und es entwickelte sich länderübergreifend die Gothic- bzw. Gruftie-Szene, die bis Mitte der 1990er Jahre eine Teilszene der Wave-Kultur verkörperte und das Ende der Wave-Ära in Deutschland unter anderem durch subkulturelle Fremdeinflüsse (beispielsweise Metal) überlebte. Gothics, Grufties bzw. die in den frühen 1990er Jahren ins Leben gerufene Splittergruppe der „Endzeitromantiker“ galten hierbei als die kuriosesten Erscheinungsformen innerhalb der Dark-Wave-Bewegung.
In Frankreich nannten sich die Anhänger der Dark-Wave-Kultur „les corbeaux“, was ins Deutsche übertragen „die Raben“ bedeutet und sich damit auf die dunkle Kleidung bezog, die von der Hörerschaft präferiert wurde. Der Begriff „corbeau“ schloss dabei allerdings auch jene Waver mit ein, die dem äußeren Erscheinungsbild der in Deutschland verbreiteten Grufties entsprachen.
Die Dark-Wave-Kultur bildete bis in die Mitte der 1990er Jahre die ursprüngliche „Schwarze Szene“. Sie zeigte jedoch bereits Ende desselben Jahrzehnts erste Aufspaltungs- und Verfallserscheinungen.
Quellen
- ↑ Quelle: Prof. Dr. Hilke Günther-Arndt · Geschichtsbuch Cornelsen · Durchbruch der Moderne · Seite 9 · 1996
- ↑ Quelle: Glasnost Wave-Magazin · Heft-Nr. 43 · Interview der spanischen Formation Los Humillados · Seite 15 · September 1994
- ↑ Quelle: Nick Drivas · The History Of The Dark Wave & Gothic Scene in Greece · Die Geschichte der griechischen Dark-Wave- und Gothic-Szene · 2003
- ↑ Quelle: Glasnost Wave-Magazin · Heft-Nr. 23 · Interview der deutschen Formation Love Like Blood · Seite 13 · September 1990
- ↑ Quelle: Glasnost Wave-Magazin · Heft-Nr. 43 · Interview der spanischen Formation Los Humillados · Seite 15 · September 1994
- ↑ Quelle: Glasnost Wave-Magazin · Heft-Nr. 23 · Albumrezension der französisch-britischen Formation Hard Corps · Seite 30 · September 1990
- ↑ Quelle: Glasnost Wave-Magazin · Heft-Nr. 42 · Genre-Klassifizierung der Formationen Soul Whirling Somewhere und Trance To The Sun · Seite 32/34 · April 1994
- ↑ Quelle: John Stickney · Four Doors To The Future: Gothic Rock Is Their Thing · Bericht über The Doors · The Williams College News · 1967
- ↑ Quelle: New Life Soundmagazine · Heft-Nr. 38 · Seite 10 · 1988
- ↑ Quelle: Klaus Farin · Die Gothics · Interview mit Eric Burton von der deutschen Formation Catastrophe Ballet · Seite 60 · 2001 · ISBN 3-933773-09-1
- ↑ Quelle: Kirsten Wallraff · Die Gothics · Entwicklung der Mode in der Szene · Seite 23 · 2001 · ISBN 3-933773-09-1
Literatur
- Peter Matzke & Tobias Seeliger: Das Gothic- und Dark Wave-Lexikon, Schwarzkopf & Schwarzkopf (Mai 2003), ISBN 3-89602-522-8
Veröffentlichungen mit Schlüsselqualitäten
1979 - 1989 | 1989 - 1999 |
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Weiterführendes
- Wiktionary: Dark Wave – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
- Commons: Dark Wave – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien