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Behindertenfeindlichkeit

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Behindertenfeindlichkeit bezeichnet die Ablehnung, Diskriminierung und Marginalisierung von Menschen mit körperlichen oder geistigen Behinderungen.

Ursachen

Behindertenfeindlichkeit ist eine mögliche gesellschaftliche Reaktion auf einen abweichenden Körperbau und/oder abweichende körperliche oder geistige Möglichkeiten und Qualitäten. Ursächlich hierfür kann die Vision eines perfekten Körpers als Schlüssel für Wohlstand und Glück sein. Behindertenfeindlichkeit tritt auch in Kombination mit Rassismus, Sexismus und Klassismus auf.

Ebenen der Behindertenfeindlichkeit

Es gibt – wie auch bei anderen Unterdrückungsverhältnissen –

  • kulturelle (z.B. Koerpernormen in den Medien),
  • institutionelle (z.B. Architektur oder Verkehrsmittel),
  • zwischenmenschliche (z.B. Paternalismus, mitleidige Blicke, abfaellige Bemerkungen, koerperliche Gewalt) und
  • verinnerlichte (z.B. Bilder von „Hoeher- und Minderwertigkeit“)

Behindertenfeindlichkeit.

Geschichte

In der deutschen Geschichte ist es zu extremen Übergriffen gegenüber Menschen mit Behinderungen gekommen, bis hin zu Ermordungen. Am berüchtigsten ist die Aktion T4 in der Zeit des Nationalsozialismus, in deren Verlauf im Rahmen der euthanistischen Ideologie der Nazis systematisch Menschen getötet wurden, die nicht dem Menschenbild des Regimes entsprachen.

Im Zusammenhang mit der modernen Biotechnologie wird in der Heilpädagogik von einer neuen Behindertenfeindlichkeit gesprochen, die sich von der alten euthanistischen unterscheide.

Gesellschaftliche Reaktionen

Ein „behindertenfeindliches“ Zusammenleben betrachtet „normale“ Menschen als gesund und diejenigen, die nicht „normal“ funktionieren, als abweichend. Sie richtet die soziale Umgebung (öffentliche Verkehrsmittel, öffentliche Gebäude, usw.) so ein, als ob jeder die selben Abmessungen und den selben Körperbau habe und auf die selbe Weise funktioniere.

Gegenüber einem behindertenfeindlichen Zusammenleben steht ein inklusives Zusammenleben, bei dem Menschen mit Funktionseinschränkungen nicht als mangelhaft bezeichnet werden. Eine inklusive Politik wird dann auch oft als eine gesellschatliche Antwort gesehen. Allerdings wird insbesondere von den Behindertenorganisationen kritisiert, dass noch zu viele Menschen mit Behinderungen isoliert und diskriminiert werden.

Auswirkungen von Behindertenfeindlichkeit

Auwirkungen auf die Diskriminierten

Nach Birgit Rommelspacher muss die Diskriminierung nicht unbedingt zu einem geringeren Selbstbewusstsein bei den Diskriminierten führen. Wichtig sei, dass die Menschen mit Behinderungen diese Behindertenfeindlichkeiten erkennen, bennennen und dagegen vorgehen („nicht der Rollstuhl ist zu breit, sondern die Tür ist zu schmal“. Ein weiteres Problem sei die sogenannte Attribuierungs-Ambivalenz. Hiermit ist gemeint, dass es für Diskrimierte nicht leicht sei, einen Satz oder eine Geste als wohlwollend oder als feindlich zu interpretieren (zuzuschreiben, „attributieren“), wenn der Satz oder die Geste beides ausdrücken kann (Ambivalenz), was häufig vorkomme. Voraussetzungen dafür, Diskriminierung zurückzuweisen, sei nach Rommelspacher:

  • dass die Diskriminierung identifiziert und erkannt wird
  • dass ihr die richtigen Ursachen zugeordnet werden und
  • dass es Unterstützungsmöglichkeiten gibt, um sich dagegen zu wehren.

Auswirkungen auf die Diskriminierenden

Birgit Rommelspacher sieht die Privilegierung als das Gegenüber der Diskriminierung: die Auswirkung der Diskriminierung sei für die Nichtdiskriminierten die Privilegierung. Nichtdiskrimierte wuerden diese Privilegien jedoch in der Regel nicht erkennen, während Diskriminierte diese Privilegien sehr deutlich saehen.

Im Falle der Behindertenfeindlichkeit werden diese Privilegien bewusst verteidigt. Dies geschehe durch:

  • Bestätigung von Hierarchien: wenn Menschen mit Behinderungen selbstbewusst und fordernd auftreten, höre oftmals bei vielen der Spass auf und es werde versucht, sie in ihre Schranken zu verweisen.
  • Funktionalisierungen: eigene Unsicherheiten und Ängste werden auf behinderte Menschen übertragen - weisen sie diese zurück, müssten sie oftmals mit Agressionen rechnen.
  • Machtumkehr: vor allem rechtsextreme Kreise wähnen Menschen mit Behinderungen aufgrund ihres sogenannten Opferstatus in einer Machtposition, welche eingeschränkt werden müsse.

Selbsthilfe gegen Behindertenfeindlichkeit

Anfang der 1970er formierte sich eine Bewegung von Menschen mit Behinderungen, die inspiriert durch die afro-amerikanische Bürgerrechtsbewegung der USA zur Selbsthilfe griffen und mit Aktionen und Aufklebern („Prädikat Behindertenfeindlich“) auf ihre Diskriminierung aufmerksam machten. Zitat des 2004 verstorbenen Dortmunder Aktivisten Gusti Steiner:

„Vor diesem Hintergrund kam es im Mai 1974 in Frankfurt mit unserer Selbsthilfegruppe der Frankfurter Volkshochschule zur ersten spektakulären Straßenbahnblockade durch Behinderte. Wir hatten bauliche Barrieren, bauliche Behinderungen in direkter Konfrontation mit dem „Prädikat Behindertenfeindlich“ ausgezeichnet, hatten uns zwei Kriegsopferverbände, das Sozialamt, die Allgemeine Ortskrankenkasse und das Gesundheitsamt der Stadt Frankfurt aufs Korn genommen. Am Tage darauf veranstalteten wir im Zentrum der Stadt Frankfurt ein Rollstuhl-Training, in dessen Verlauf wir eine Straßenbahn blockierten. Ein Rollstuhlfahrer versuchte, in die Straßenbahn einzusteigen. Stufen und eine Mittelstange versperrten ihm den Zutritt. Währenddessen rollte ich auf die Schienen, stellte mich vor die Straßenbahn und erklärte über ein Megafon, dass Busse, Straßenbahnen, U-Bahnen nicht für Behinderte konstruiert wurden.“

Seit dieser Zeit gründeten sich viele Behindertenorganisationen mit einem politischen Selbstverständnis.

Literatur

Buchausgaben

  • Erving Goffman: Asyle. Über die soziale Situation psychiatrischer Patienten und anderer Insassen. Frankfurt/ M.: Suhrkamp (1973)
  • Ernst Klee: Behindertsein ist schön. Unterlagen zur Arbeit mit Behinderten. Düsseldorf: Patmos-Verlag (1974).
  • Daniels, S. v., Degener, T., Jürgens, A., Krick, F., Mand, P., Mayer, A., Rothenberg, B., Steiner, G. & Tolmein, O. (Hrsg.): Krüppel-Tribunal, Menschenrechtsverletzungen im Sozialstaat. Köln: Pahl-Rugenstein (1983).
  • Ernst Klee: Behindert. Ueber die Enteignung von Körper und Bewusstsein; Ein kritisches Handbuch. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag (1987)
  • Ratzka, A.: Aufstand der Betreuten. In A. Mayer & J. Rütter, Abschied vom Heim (S. 183 - 201). München: AG-SPAK (1988)
  • Birgit Rommelspacher (Hg.): Behindertenfeindlichkeit. Goettingen: Lamuv Verlag (1999) ISBN 3889775489
  • Gusti Steiner: Selbsthilfe als politische Interessensvertretung. In E. Rohrmann & P. Günther, Soziale Selbsthilfe. Alternative, Ergänzung oder Methode sozialer Arbeit (S. 127 - 143), Heidelberg: Universitätsverlag (1999)
  • Gusti Steiner: Schwarzbuch Deutsche Bahn AG. München: AG SPAK Verlag (2003), 155 Seiten, ISBN 3-930-83036-1
  • Winfried Palmowski / U. Heimwinkel: Normal bin ich nicht behindert! Wirklichkeitskonstruktionen bei Menschen, die behindert werden. Unterschiede, die Welten machen. Dortmund (2000) ISBN 3861451980
  • Rudolf Forster: Von der Ausgrenzung zur Gewalt: Rechtsextremismus und Behindertenfeindlichkeit. (2002) ISBN 3781512282
  • Günther Cloerkes: Wie man behindert wird. (2003) ISBN 3825383059

Zeitschriftenartikel

  • Rudolf Forster: „Neue Behindertenfeindlichkeit“ und rechtsradikale Gewalt gegen Behinderte. In: Zs. „Behindertenpädagogik in Bayern“ 43, 2/2000
  • Rudolf Forster: Von der Ausgrenzung zur Gewalt: Rechtsextremistische behindertenfeindliche Gewalt im freiheitlichen Rechtsstaat. In: Zs. „Behindertenpädagogik in Bayern“ 44, 1/2001
  • Rudolf Forster: Behindertenfeindlichkeit und rechtsradikale Gewalt – eine erste Skizzierung aktueller gesellschaftlicher Phänomene. In: Bulletin der Arbeitsgemeinschaft LehrerInnen für Geistigbehinderte, 3/2002 (Bern/Schweiz)