Ferdinand Piëch
Ferdinand K. Piëch, kurz: Ferdinand Piëch (* 17. April 1937 in Wien) ist Vorsitzender des Aufsichtsrates der Volkswagen AG.
Überblick
Piëch ist ein Enkel von Ferdinand Porsche, dessen Tochter Louise den Wiener Anwalt Anton Piëch heiratete. Nach dem Studium des Maschinenbaus an der ETH Zürich, in seiner Diplomarbeit befasste er sich mit der Entwicklung eines Formel-1-Motors, begann 1963 seine Karriere bei seinem Onkel Ferry Porsche in Stuttgart-Zuffenhausen. 1972 ging Piëch zur VW-Tochter Audi nach Ingolstadt, 1975 wurde er in den Vorstand berufen und avancierte 1983 zum stellvertretenden Vorsitzenden. 1988 wurde Ferdinand Piëch Chef von Audi, wo er maßgeblicher Gestalter des Markenbildes war. Entscheidende Innovationen waren unter anderem ein permanenter Allradantrieb ("Quattro") und der TDI-Motor.
Am 1. Januar 1993 wurde Ferdinand Piëch Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG in Wolfsburg und holte Jose Ignacio Lopez de Arriortua von General Motors zu VW, mit dessen für die Zulieferbetriebe sehr belastenden Kostensenkungsprogramm der Konzern zwar kurzfristig finanziell saniert wurde, sich aber erhebliche Qualitätsprobleme einhandelte. López geriet dann jedoch unter den Verdacht der Industriespionage und verließ 1996 Volkswagen.
Als weitere Leistungen Piëchs im VW-Konzern sind der, während seiner Zeit als VW-Vorstandsvorsitzender jedoch wieder stark relativierte, Aufbau von Audi als Premium-Marke, der Aufbau der Tochter Seat, sowie die Umwandlung Škodas zu einem ernst zu nehmenden Autobauer.
Anzuführen sind auch die Entwicklungen des Dreiliter-Lupo und eines straßentauglichen Einliterautos. Auch der Kauf der Nobelmarken Bentley und Bugatti fallen unter seine Ägide. Bis 2002 war Ferdinand Piëch Vorstandsvorsitzender von Volkswagen, heute ist er Vorsitzender des Aufsichtsrates.
Piëch hat den Ruf eines brillanten, aber menschlich kantigen Technikers. Als Mitinhaber der Porsche Holding OHG in Salzburg und der Dr.Ing. h.c. F. Porsche AG in Stuttgart (13% der Stammaktien) verfügt Piëch über ein beträchtliches Vermögen. Er soll dreizehn Kinder von vier verschiedenen Frauen haben. Er ist einer der wenigen Persönlichkeiten im deutschsprachigem Raum, die sich zu ihrer Legasthenie bekannt haben. Seit 1984 ist er Ehrendoktor der TU Wien. 1999 wurde er Ehrenbürger der Stadt Zwickau, sowie 2002 der Stadt Wolfsburg.
Kritik
Piëchs Amtszeit als Vorstandsvorsitzender bei Volkswagen ist geprägt durch den Einstieg ins Luxussegment und die Höherpositionierung sämtlicher Baureihen. Der Kauf von Rolls-Royce & Bentley Motor Cars vom Rüstungskonzern Vickers erwies sich als problematische Investition. Da die Namensrechte an Rolls-Royce indirekt bei BMW lagen, musste Volkswagen die prestigeträchtige Marke Rolls-Royce an BMW verkaufen und konnte nur den Markennamen Bentley nutzen.
Das Oberklassemodell Phaeton und der Kauf und Aufbau der Luxusmarke Bugatti erwiesen sich als Misserfolg und kosten Volkswagen jährlich größere Beträge.
Obwohl die Entwicklung schon weit fortgeschritten war, wechselte Piëch beim wichtigen Mittelklassemodell Passat von einer am VW Golf orientierten Plattform auf die des Audi A4 und somit vom Quereinbau des Motors zum Längseinbau, um auch in dieser Klasse Fahrzeuge mit mehr als sechs Zylindern anbieten zu können. Mit enormem Aufwand wurde eigens für diesen Zweck ein Achtzylindermotor in W-Form entwickelt. Dieses W8-Modell wurde selten verkauft, der Motor wurde in keinem anderen Konzernmodell eingesetzt und die Produktion anschließend eingestellt. Der aktuelle VW Passat ist, wie auch das bis 1996 gebaute Modell, wieder ein Quermotorfahrzeug.
Darüber hinaus führte die Sparpolitik unter Piëch und López zu erheblichen Qualitätsproblemen, insbesondere bei den VW Golf IV der ersten Produktionsjahre (Zahnriemenschäden, Motorvereisung, Karosseriemängel), die durch hohe Gewährleistungskosten noch heute den VW-Konzern belasten und zu Imageproblemen führten.
Kritikwürdig ist ebenfalls die Benennung von Piëch zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates. Durch diese oberste Kontrollfunktion wird es dem Vorstandsvorsitzenden Bernd Pischetsrieder erschwert, die Fehler seines Vorgängers zu korrigieren.
Interessenskonflikte
Die Familien Porsche und Piëch kontrollieren den Sportwagenhersteller Porsche, Piëch allein besitzt mehr als zehn Prozent der Stammaktien. Er ist nicht nur Aufsichtsratsvorsitzender von VW und Mitglied im Porsche-Aufsichtsgremium, sondern auch Mitinhaber der Porsche Holding in Salzburg, einem der wichtigsten VW-Vertriebspartner in vielen Ländern. Als Vorstandsvorsitzender von Volkswagen war er für die Entlassung einiger Manager, sowohl bei Volkswagen als auch insbesondere bei Audi, mitverantwortlich.
Zu erwähnen sind der Audi-Chef Franz-Josef Kortüm, der 1993 schon nach 13 Monaten verabschiedet wurde, weil Piëch mit den Absatzzahlen nicht zufrieden war. Dabei soll Audi zuvor unter Piëch auf Halde produziert haben. Auch der Nachfolger Herbert Demel musste den Posten nach wiederholten Auseinandersetzungen mit Piëch bald wieder räumen. Der nächste war Franz-Josef Paeffgen. Ihn hatte Piëch 2001 pikanterweise über ein Interview in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung indirekt entlassen, in dem er den „Stillstand” bei Audi kritisiert hatte. FAZ: Die Intrigen des Porsche-Enkels.
Auch die Diskussion im Jahr 2006 um die Zukunft des VW-Vorstandschefs Bernd Pischetsrieder, der einst von Piëch als dessen Nachfolger aufgebaut wurde, wurde von einer Aussage Piëchs angestoßen. Dieser stellte im Februar 2006 öffentlich die Unterstützung Pitschetsrieders seitens der Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat von VW in Frage.
Literatur
- Ferdinand Piëch, Auto. Biographie; 2002 (ISBN 3455093361)
- Rita Stiens, Ferdinand Piëch. Der Automacher; 2001 (ISBN 3548700276)
- Jürgen Grässlin, Techniker der Macht
Weblinks
- Vorlage:PND
- „Piëch gegen Pischetsrieder“, Tagesspiegel, 28. November 2005
- Porsche Holding OHG
Personendaten | |
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NAME | Piëch, Ferdinand |
KURZBESCHREIBUNG | Aufsichtsratsvorsitzender des VW-Konzerns |
GEBURTSDATUM | 17. April 1937 |
GEBURTSORT | Wien |