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Sonnenfleck

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Sonnenflecken sind dunkle Stellen auf der Photosphäre (sichtbare Sonnenoberfläche), die kühler sind und daher weniger Licht abstrahlen als der Rest der Oberfläche. Ihre Zahl und Größe ist der einfachste Index für die Sonnenaktivität, andere Daten erlauben die Erforschung der solaren Astrophysik.

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Sonnenflecken im Vergleich zur Größe der Erde

Eigenschaften

Sonnenfleck
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Sonnenfleckenstatistik in den Jahren 1977 bis 2004

Die normale Oberflächentemperatur der Sonne beträgt knapp 6000 °C ("effektive Temperatur" 5770 Kelvin, Strahlungstemperatur 6050 K). Der Kernbereich eines Sonnenflecks, die so genannte Umbra ("Kernschatten"), hat nur rund 4000 °C, der Randbereich -- oder auch Hof -- der Penumbra ("Halbschatten") 5000 bis 5500 °C. Bei diesen Temperaturen ist Materie immer noch weißglühend. Dennoch erscheinen die Flecken auf Grund des Temperaturkontrastes zur Umgebung dunkel.

Sonnenflecken entstehen durch lokale Störungen im gewaltigen solaren Magnetfeld, dessen Feldlinien in großen Bögen überall aus der Sonnenoberfläche austreten und an anderer Stelle wieder eintreten. Diese Magnetfelder werden durch die Sonnenaktivitäten in der Tiefe erzeugt. Wo sie lokal gestört sind, behindern sie die Bewegung der Konvektionszellen (siehe Granulation), welche die Hitze des Sonneninneren an die Oberfläche wirbeln. Durch die austretenden Magnetfeldlinien (Anomalie) wird die Durchmischung der Sonnengase innerhalb der Flecken und der heißeren Umgebung verhindert. Die magnetische Flussdichte kann in den Flecken bis zu vier Tesla betragen.

Die Häufigkeit der Sonnenflecken schwankt in einem rund 11-jährigen Zyklus (Schwabe-Zyklus nach Samuel Heinrich Schwabe). Im Minimum sind oft monatelang keine Flecken zu sehen, im Sonnenfleckenmaximum jedoch hunderte. Innerhalb dieses Zyklus' verändern die Fleckengebiete ihre heliographische Breite und die magnetische Polarität, so dass sie tatsächlich einem 22-jährigen Zyklus folgen (Hale-Zyklus nach George Ellery Hale).

Die Sonnenflecken zeigen den Aktivitätszustand der Sonne an. Bei einer hohen Anzahl von Sonnenflecken besteht eine größere Chance, dass sich zwei benachbarte, aber gegenläufig gepolte Magnetfeldlinien neu verbinden (Rekonnexion) und die freiwerdende Energie in den Raum abgegeben wird. Eine sichtbare Variente sind die Flares. Kommt es zu einem Strahlenausbruch Richtung Erde, so kann dieses zu starken Störungen im Erdmagnetfeld führen und sogar den Betrieb von Satelliten oder elektrische Anlagen auf der Erde beeinträchtigen. Zudem erhöht solch ein Strahlenausbruch die Wahrscheinlichkeit für Polarlichter auch in gemäßigten Breiten.

Sonnenflecken treten meistens in Gruppen auf, beginnen aber als kleine Einzelflecken. Ihre Größe beträgt zwischen tausend und mehreren zehntausend Kilometern Durchmesser. Anhand der Sonnenflecken kann man die Rotation der Sonne beobachten, da sie sich auf der Oberfläche mitbewegen. Am Äquator rotiert die Sonne mit 25,03 Tagen (synodisch 27,9 Tage) etwa 20 % schneller als in Polnähe.

Die Intensität der Sonnenstrahlung variiert während eines Zyklus um etwa 0,1 % – allerdings ist zu bemerken, dass die Intensität mit steigender Fleckenzahl (magnetischer Aktivität der Sonne) nicht ab-, sondern zunimmt: die Ursache hierfür liegt in der ebenfalls erhöhten Flareaktivität in der Chromosphäre. Die Jahre zwischen 1645 und 1715, das so genannte Maunderminimum, während dessen keine Sonnenflecken beobachtet wurden, fallen mit der Kleinen Eiszeit zusammen, während der lange Winter und kühle Sommer auf der Erde vorherrschten.

Mit der Schwankung der Sonnenaktivität verändert sich die Ionosphäre der Erde. Dies hat Auswirkungen auf die Funkübertragung im Kurzwellenbereich. (Siehe auch: Amateurfunk)

Entdeckungsgeschichte

Veränderung der Häufigkeit von Sonnenflecken seit 1610.

Manche Sonnenflecken sind so groß, dass man sie mit dem bloßen Auge (VORSICHT: Gefahr von Netzhautverbrennung und Erblindung!) etwa bei einem Sonnenuntergang sehen kann. Die älteste aufgezeichnete Beobachtung von Sonnenflecken stammt aus China aus dem Jahre 28 v. Chr.; Beobachtungen von Anaxagoras (etwa 467 v. Chr.) und Theophrast (4. Jahrhundert v. Chr.) kann man nicht eindeutig zuordnen.

Eine Beobachtung aus dem Jahre 1128 von John of Worchester blieb unbeachtet, da sich das damalige Weltbild nur eine 'makellose' Sonne vorstellen konnte. Eventuelle Flecken mussten daher Objekte zwischen Erde und Sonne sein, wie etwa unentdeckte Planeten, Monde oder Wolken.
In verschiedenen Epochen tauchten jedoch auch Vorstellungen auf, die in den Sonnenflecken dunkle Löcher, schwimmende Schlacken oder kühlere Stellen sahen.

Nach der Erfindung des Teleskops begann die systematische Beobachtung der Sonnenflecken. Die älteste private Aufzeichnung aus dieser Zeit stammt vom 8. Dezember 1610 von Thomas Harriot; im März 1611 publizierte Johannes Fabricius erstmals über Sonnenflecken. Langzeitbeobachtungen wurden unabhängig davon von Galileo Galilei und Christoph Scheiner durchgeführt. Galilei schrieb im Jahre 1613 in seinen lettere solari von seinen in das Jahr 1610 zurückreichenden Beobachtungen. Christoph Scheiner vermutete, dass die Flecken von einem vorüberziehenden Planeten (Vulcanus) verursacht würden. Galilei dagegen vertrat schon frühzeitig die heutige Ansicht, dass die Flecken Strukturen der Sonnenoberfläche seien. Dies brachte ihm, neben seinem Eintreten für das heliozentrische Weltbild, ein erstes Inquisitionsverfahren im Jahre 1615 ein.

Die Beobachtung von Sonnenflecken wurde danach wegen des Maunderminimums (1645–1715) wieder sporadisch: während dieser 70 Jahre hatte die Sonne eine Phase geringer Sonnenfleckenaktivität. Etwa damals wurden die helleren Gebiete der Sonnenfackeln entdeckt.
Samuel Heinrich Schwabe ergründete aus Langzeitbeobachtungen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Zyklus von 10–12 Jahren (siehe oben). Das ist die Meinung in allen Lehrbüchern. Aber in dem Göschen-Bändchen Astrophysik von W. F. Wislicenus 1899 (1. Auflage) und 1909 (3. Auflage von Hans Ludendorff überarbeitet) steht folgendes: „1775 sprach Horrebow die Vermutung aus, dass die Flecke in bezug auf die Häufigkeit ihres Erscheinens eine gewisse Periodizität zeigen. Diese Vermutung wurde im 19. Jahrhundert durch die Untersuchungen Schwabes bestätigt.Christian Horrobow war Direktor des Observatoriums in Kopenhagen und auch Beobachter von Sonnenflecken. Die kürzeste beobachtete Periode dauerte 9 Jahre, die längste 14.

Klassifizierung nach Waldmeier

Eine große Sonnenfleckengruppe im Jahr 2004 mit deutlich erkennbarem Halbschatten; die körnige Struktur ist die Granulation der Sonnenoberfläche.

Es gibt verschiedene Typen und Größen von Sonnenflecken, die je nach ihrer "Lebensdauer" einem Schema (A bis I) folgen, – vom kleinen Einzelfleck bis zu riesigen schattierten Gebieten und ihrer anschließenden Rückbildung.

Stadien der Entwicklung

Die lokale Verstärkung des Magnetfeldes behindert – wie oben erwähnt – den Wärmetransport einiger Konvektionszellen. Die dunklere Körnung dieser Granulen (etwa 1000 °C kühler) entwickelt sich zu einem Einzelfleck (Typ A). Manche davon verschwinden innerhalb einiger Tage, andere entwickeln sich zu einer bipolaren Zweiergruppe (B). Aus ihnen können sich größere Gruppen (Typ C bis D) mit Penumbra entwickeln, die vereinzelt das Stadium E/F mit bis über hundert Flecken erreichen. Die Rückbildung dieser bis 200.000 km großen Fleckengruppen (siehe Titelbild) zu kleinen Doppel- und Einzelflecken (H, I) erfolgt innerhalb einiger Wochen oder Monate.

Nach dieser Klassifikation von Max Waldmeier (um 1940) werden also nicht alle der Kleinflecken vom Typ A/B zu größeren Fleckengruppen des Typs C und höher, sondern allenfalls zu kleinen Poren mit Penumbra (Stadium H oder I). Nur wenn sie sich zu den größten Typen D, E bzw. F entwickeln, können sie bei der Rückbildung dunkle Doppelflecken mit Halbschatten werden. Solche Zweiergruppen sind immer magnetisch unterschiedlich gepolt, und auf der anderen Hemisphäre genau umgekehrt. Dies ist ein Hinweis auf große, langsame Strömungen im Sonneninnern, die auch den 11-Jahres-Rhythmus bewirken.

Gruppe Typ E

Eine Sonnenfleckengruppe vom Typ E ist die zweitgrößte Entwicklungsstufe von bipolaren Fleckengruppen. Sie kann nur bei hoher Sonnenaktivität – d. h. bei vielen Sonnenflecken – mehrmals monatlich auftreten.

Typ E hat zahlreiche Einzelflecken (20-100) und wie Typ D, F und G deutliche Halbschatten. Dort beträgt die Temperatur des Sonnengases (durchschnittlich knapp 6000 °C) nur etwas über 5000 °C, gegenüber 4000 °C in den dunkelsten Teilen der Umbra. Eine typische E-Gruppe hat Ausmaße von 10 Erddurchmessern; die Erde selbst würde in manchem Einzelfleck verschwinden.

Gruppe Typ F

Eine Sonnenfleckengruppe vom Typ F ist die flächenmäßig größte, aber nicht sehr häufige Entwicklungsstufe von bipolaren Fleckengruppen. Ein Beispiel ist auf dem obigen Foto zu sehen.

Nach der Klassifikation von Max Waldmeier entwickeln sich nicht alle kleinen Sonnenfleckengruppen vom Typ A oder B zu größeren Fleckengruppen des Typs C bis E weiter. Bei genügend großer Sonnenaktivität – d. h. bei vielen Magnetstörungen und Sonnenflecken – entsteht Typ F aber häufig aus dem Typ E und setzt diesen voraus.

Typ F hat die größte Anzahl von Einzelflecken (bis zu etwa 200) und die maximale Fläche von so genanntem Halbschatten, der Penumbra. Dort ist die normale Temperatur des Sonnengases nur um etwa 500 bis 1000 °C verringert, gegenüber 2000 °C (also 4000 Kelvin) in den dunkelsten Teilen der Umbra.

Nach etwa 2–10 Wochen bildet sich die Gruppe über den Typ G oder H bis zum Verschwinden als Einzelfleck (Typ I) zurück.

Sonnenflecken-Relativzahl

Die Häufigkeit der Sonnenflecken wird seit langem durch die so genannte Relativzahl (auch Wolf'sche Relativzahl genannt, definiert von Rudolf Wolf) erfasst. Man zählt die Einzelflecken (Zahl f) und addiert dazu das Zehnfache der Gruppenanzahl (g), wobei auch Einzelflecken (Typ A und I) als "Gruppe" gelten. Diese einfache Maßzahl der Sonnenaktivität

bewährt sich seit über 100 Jahren ebenso gut wie die aufwendige Flächenmessung der Sonnenflecken (maximal Promille der Sonnenfläche¿).

Durch die einfache Berechnungsweise lässt sich R bis weit in die Vergangenheit zurück abschätzen - genauer naturgemäß ab 1610, dem Jahr der Erfindung des Fernrohrs. Die Zentrale, der viele Observatorien täglich diese Maßzahlen meldeten, war bis Ende 1979 die Eidgenössische Sternwarte in Zürich, seit dem werden die Daten beim Royal Observatory of Belgium gesammelt. Die dort ansässige Organisation heißt S.I.D.C. (Solar Influences Data Analyses Center). Es gibt aber noch eine Reihe weiterer Beobachternetze, die Daten sammeln und untereinander austauschen.

In einem Minimumsjahr liegt R im Mittel bei 5 bis 20 (de facto 0 bis 3 kleine Flecken), zur Zeit des Maximums steigen die Monatsmittel auf 60 bis 200 (durchschnittlich etwa 5 bis 10 größere Fleckengruppen). Da jedoch die Sichtbarkeit von Flecken mit der Größe des verwendeten Fernrohrs zunimmt, wurde die Zürcher Formel zur Reduktion auf ein "Norm-Teleskop" entwickelt. Dadurch kommen manchmal seltsame Relativzahlen zustande (z. B. bei einem einzelnen Fleck R* = 9 statt beobachtet R = 11), – was aber dem Wert der Maßzahl keinen Abbruch tut.

Bereits mit einem kleinen Fernrohr von 5–10 cm Apertur lassen sich Sonnenaktivität und -zyklus, Rotation, Schmetterlingseffekt und anderes gut beobachten. Natürlich darf man nie durch ein Fernrohr in die Sonne sehen – das kann schwere Augenschäden bewirken! Am einfachsten ist es, das Bild der Sonne auf weißes Papier zu projizieren, indem das Okular um einige Millimeter herausgedreht und das Papier ein paar Zentimeter dahinter gehalten wird. Auch die Nordrichtung lässt sich so einfach feststellen, weil das Bild durch die Erdrotation genau nach Westen wandert.

Breiteneffekt und 22-jähriger Zyklus

Im Laufe der 10–12 Jahre des Sonnenfleckenzyklus bilden sich die Flecken in immer äquatornäheren Breiten; knapp vor dem Fleckenminimum sind es heliographische Breiten von ± 5°. Gleichzeitig tauchen in hohen Breiten (30–40°) die ersten Einzelflecken des nächsten Zyklus auf. Trägt man diesen Effekt in ein Zeit-Breiten-Diagramm ein, entsteht das so genannte Schmetterlingsdiagramm - ähnlich den geöffneten Flügeln eines Falters.

Bei Doppelflecken (bipolare Gruppen) ist die Polarität im alten und neuen Zyklus umgekehrt, so dass ein vollständiger Zyklus 22 Jahre umfasst (Hale-Zyklus).

Im 19. Jahrhundert und bis etwa 1970 wurde vermutet, dass es noch einen etwa 80-jährigen Rhythmus (Gleißberg-Zyklus) geben könne, der sich in niedrigen Werten der Relativzahl R von 1800 bis 1840 und (weniger deutlich) 1890–1920 äußerte. Neuere Forschungen sind von dieser Hypothese wieder abgegangen, bzw. erklären die Schwankungen durch eine Art Super-Konvektion. Andere Hypothesen sprechen nicht nur vom 80-jährigen Zyklus, sondern noch von einem zusätzlichen 400-jährigen Zyklus.

Aktive Längengrade und Flip-Flop-Zyklus

Bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts suchte man nach ausgezeichneten Längengraden, in denen Sonnenflecken bevorzugt entstehen (aktive Längengrade), jedoch blieb die Suche lange Zeit erfolglos – die gefundenen Längengrade variierten je nach Auswertungsmethode sowohl in Anzahl als auch in ihrer Lage, zudem waren sie nicht über längere Zeiträume beständig. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts scheint sich die Situation jedoch zu ändern: Usoskin und Berdyugina untersuchten den Ansatz "wandernder Längengrade" und fanden zwei um 180° versetzte aktive Längengrade, die der differentiellen Rotation unterliegen und sich über den untersuchten Zeitraum von 120 Jahren nicht veränderten[1]. Nachdem die Ergebnisse der ersten Veröffentlichungen als mögliche "Artefakte" der verwendeten Auswerte- und Filtertechnik angezweifelt wurden, konnten die Ergebnisse mittlerweile auch an den Rohdaten ohne weitergehende Filterung nachgewiesen werden[2].

Die beiden aktiven Längengraden ist nicht gleichzeitig aktiv: die Aktivität wechselt innerhalb einer Sonnenrotation von einem zum anderen, die durchschnittliche Periode beträgt hierbei 3,8 Jahre auf der Nordhalbkugel und 3,65 auf der Südhalbkugel – etwa ein Drittel des Schwabe-Zyklus. Diesen Zyklus, der ab 1998 bereits bei der Aktivität von Sternen entdeckt wurde, nennt man auch Flip-Flop-Zyklus.

Quellen

  1. Berdyugina S. V., Usoskin I. G.: Active longitudes in sunspot activity: Century scale persistence, 2003, A&A, 405, 1121–1128 pdf
  2. Usoskin I. G., Berdyugina S. V., Poutanen J.: Preferred sunspot longitudes: non-axisymmetry and differential rotation, 2005, A&A, 441, 347–352 pdf

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