Tamara Lebedewa
Tamara Lebedewa (* 1938 in Krasnojarsk, Russland), eigentlich Tamara Jakovlewna Svišèeva, ist eine russische Chemikerin und Buchautorin. Sie war in Russland an verschiedenen staatlichen Forschungseinrichtungen in den Bereichen Onkologie, Gynäkologie und Geburtshilfe, Epidemiologie und Mikrobiologie sowie Radiologie tätig und ist nach eigenen Angaben Inhaberin mehrerer Patente. Seit der Mitte der 1990er Jahre verbreitet sie in Büchern, durch Vorträge und auf diversen Internetseiten die Behauptung, 1989 den einzelligen Parasiten Trichomonas vaginalis als Erreger aller Krebserkrankungen sowie vieler weiterer Krankheiten identifiziert zu haben. 1997 erschien dazu in Russland ihr erstes Buch "Krebs - Sie können die Krankheit besiegen". Seitdem hat sie insgesamt 16 Bücher veröffentlicht, von denen in den Jahren 2002 und 2003 vier auf Deutsch erschienen sind.
Behauptungen zur Krebsentstehung sowie zur Entstehung weiterer schwerer Krankheiten
Krebstumore bestehen nach ihrer Darstellung nicht aus entarteten Körperzellen, sondern sind Kolonien aus dem einzelligen Parasiten Trichomonas vaginalis. Ihren Behauptungen zufolge verwandeln sich Tumorzellen, die 14 Tage lang in Ringer-Lösung ausserhalb des Körpers aufbewahrt werden, in Trichomonaden. Diese verfügen ihrer Ansicht nach im Körper über die Fähigkeit zur Mimikry, das heisst zur Anpassung der äusseren Form an das jeweils umgebende Gewebe. Dies erklärt nach Meinung von Tamara Lebedewa, warum die Trichomonaden bei mikroskopischen Untersuchungen von Krebsgewebe nicht als Parasiten erkannt, sondern vielmehr mit Körperzellen verwechselt werden. Sie basiert ihre Theorie des Weiteren auf Gemeinsamkeiten in Form, Gestalt und Reaktion, die sie ihren Behauptungen zufolge bei Trichomonaden und bei aus Tumoren entnommenen Zellen nach Behandlung mit verschiedenen Umwelteinflüssen und Stimuli beobachtet hat. Zu diesen Gemeinsamkeiten zählen beispielsweise chaotisches Wachstum, asymmetrische Zellteilung und Vielgestaltigkeit sowie die Reaktion auf Kälte und verschiedene chemische Substanzen und Enzyme.
Neben Krebserkrankungen schreibt sie den Trichomonaden unter anderem auch bei AIDS, Arteriosklerose und Thrombose, Arthritis und Arthrose, Diabetes mellitus, Multipler Sklerose und anderen Erkrankungen eine ursächliche Rolle oder zumindestens eine Beteiligung an der Entstehung oder dem Verlauf zu.
Krebs und andere schwere, chronische Krankheiten entstünden aus einer Herabsetzung der Reagibilität des Immunsystems, ausgelöst gerade durch die Anwendung von Chemotherapeutika. Die Entstehung von Tumoren sei das Anzeichen einer körperweiten Streuung der sich vermehrenden Trichomonaden. Die Bildung von Metastasen sei ein Zeichen für den Versuch körpereigener Zellen der Trichomonaden Herr zu werden, ein Ausbleiben der Metastasenbildung wäre demnach als ein prognostisch ungünstiges Zeichen im Sinne Lebedewas anzusehen da in diesem Falle keine Auseinadersetzung mit der Trichomonade stattfände.
Auch der Kontakt von Blut des Menschen mit der Umgebungsluft, etwa im Rahmen von chirurgischen Eingriffen, führe zwangsläufig zu einem unkontrollierten Trichomonadenbefall und führe letztendlich zu Krebs.
Zur Diagnose nutzt sie vor allem die Untersuchung von Lebendblutausstrichen im Dunkelfeldmikroskop, ein Ansatz, der auf der wissenschaftlich nicht anerkannten Pleomorphismus-Theorie nach dem Zoologen Günther Enderlein beruht.
Therapiekonzepte und das therapeutische Reinigungskonzept von Lebedewa
Als therapeutische Maßnahmen leitet sie aus ihrer Theorie ein Vierstufenprogramm ab, das aus der Reinigung des Körpers von Giftstoffen, der zusätzlichen Zufuhr von Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen, der Beseitigung der Trichomonaden sowie der Stärkung des Immunsystems besteht.
Eine bedeutende Rolle für die von Lebedewa propagierte Reinigungskur sei die tägliche Aufnahme von Moosbeerensaft, da dieser Saft Trichomonaden sekundenschnell abtöten könne. Bedeutsam seien hier die im Moosbeerensaft hoch konzentrierten sekundären Pflanzenstoffe der Anthocyanen. Aber auch Inhaltsstoffe von Knoblauch, Wacholderbeeren, Nüssen und der Tanne hätten entsprechende therapeutische Wirkungen.
Das therapeutische Gurgeln von Sonnenblumenöl wirke im Sinne eines chemischen Köders für Trichomonaden im Mundraum. Das anschliessende Ausspucken dieses Öls führe zur Ausscheidung von Trichomonaden und deren Bestandteilen.
Die Chemotherapeutika der wissenschaftlichen Medizin sind nach Ansicht von Lebedewa gegen Trichomonaden unwirksam. Sie hätten eine schädliche Wirkung auf Zellen des Immunsystems und würden daher paradoxerweise eher die Krebsentstehung fördern und wären zur kausalen Krebsbekämpfung unwirksam.
Kritik
Die Theorien von Tamara Lebedewa ähneln in einigen Aspekten denen der amerikanischen Biologin Hulda Clark, die den Parasiten Fasciolopsis buski und Umweltgifte für Krebserkrankungen verantwortlich macht. Wie bei der Clark-Therapie werden auch die Behauptungen von Tamara Lebedewa von Medizinern und Biologen einhellig abgelehnt. Aus den in ihren Büchern präsentierten Ergebnissen ihrer Untersuchungen gehen wesentliche Details nicht hervor, beispielsweise zur Reinheit ihrer Gewebsproben sowie zu Art und Umfang von durchgeführten Kontrollversuchen.
Medizinische Studien zu Lebedewas Hypothesen die wissenschaftlichen Ansprüchen genügen wurden von ihr nie präsentiert.
Die von Günther Enderlein in den 1920er Jahren aufgestellte Theorie des Pleomorphismus, also der Vielgestaltigkeit von Mikroorganismen, auf der die Behauptungen von Tamara Lebedewa beruhen, gelten als widerlegt. Der Parasit Trichomonas vaginalis ist der Wissenschaft seit 1836 bekannt und aufgrund der durch ihn verursachten Erkrankung Trichomoniasis in medizinischer und biologischer Hinsicht sehr gut untersucht.
Viele der von Frau Lebedewa angeführten pflanzlichen Stoffe werden im Verdauungskanal abgebaut und können daher nicht im Körper wirksam werden.
Lebedewas Ansichten zu schweren Krankheiten des Menschen sind zu einem Teil selbst immunisierend. Sachliche oder logische Gegenargumente zu ihren Hypothesen integriert sie dazu in ihre Argumentation.
Die Ansichten die sie vertritt sind teilweise geeignet schwerstkranke Menschen von einer sinnvollen Therapie, für die ein neutraler und dokumentierter Wirksamkeitsnachweis also besteht, abzuhalten. So können Lebedewas unbewiesene Ansichten zur Krebsenstehung nach chirurgischen Eingriffen oder Einnahme von Antibiotika Patienten davon abschrecken sich einer sinnvollen Therapie zu unterziehen.