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Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland

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Die Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland (GSSD, russisch: Группа советских войск в Германии) waren Gliederungen der Land- und Luftstreitkräfte der sowjetischen Armee, die von 1945 bis 1994 in der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (SBZ) beziehungsweise in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) stationiert waren.

Geschichte der GSSD

Die GSSD wurde nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges aus Truppenteilen der ersten und zweiten Weißrussischen Front formiert. Die GSSD hatte in ihrer Geschichte verschiedene Bezeichnungen. Von 1945 bis 1954 hieß sie „Gruppe der Sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland“ (GSBTD, russisch: Группа советских оккупационных войск в Германии), von 1954 bis 1989 „Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland“ (GSSD) und von 1989 bis 1994 „Westgruppe der Truppen“ (WGT, rusisch: Западная группа войск). Diese Truppen hatten die Aufgabe, für die Einhaltung der Bestimmungen des Potsdamer Abkommens zu sorgen. Ferner vertraten sie die militärpolitischen Interessen der Sowjetunion. Die Truppen der GSSD waren der NVA und anderen militärischen Organisationen übergeordnet. Sie wurde im Propagandasprachgebrauch auch als „Speerspitze des Warschauer Vertrages“ bezeichnet. Die Aufgabe der GSSD bestand zentral in der Sicherung der DDR gegen den Westen. Mit der offensiven Bewaffnung (z.T. sogar Atomwaffen) wäre jedoch die Möglichkeit zu einem Vorstoß gegen die Bundesrepublik Deutschland gegeben. Mit dem Schwenk der sowjetischen Politik unter Gorbatschow erfolgte eine Abkehr von der offensiven Ausrichtung der GSSD.

Im Jahr 1957 wurde zwischen den Regierungen der Sowjetunion und der DDR in einem Abkommen über den zeitweiligen Aufenthalt sowjetischer Streitkräfte auf dem Territorium der DDR vereinbart, dass zahlenmäßige Stärke der sowjetischen Truppen, ihre Stationierungsorte und Übungsräume mit den Staatsorganen der DDR abgestimmt werden. In diesem Abkommen wurde ferner festgelegt, dass sich die sowjetischen Streitkräfte nicht in die inneren Angelegenheiten der DDR einmischen. 1968 waren die Truppen der GSSD an der Niederschlagung des Prager Frühlings beteiligt.

Auf Beschluss der Regierung der UdSSR wurden 1979/80 20.000 Armeeangehörige, 1.000 Panzer und zahlreiche Einrichtungen vom Territorium der DDR abgezogen. Mit dem Beginn der Perestroika wurde die GSSD hinsichtlich Stärke, Struktur und Ausstattung stärker defensiv ausgerichtet. Dies hatte 1989 den Abzug mehrerer Panzereinheiten zur Folge.

Im Rahmen des Zwei-plus-Vier-Vertrages, der den Weg zur Deutschen Wiedervereinigung ebnete, wurde der Abzug der sowjetischen Truppen bis 1994 vereinbart. Es handelte sich dabei um eine der größten Truppenverlegungen zu Friedenszeiten in der Militärgeschichte. Trotz der Schwierigkeiten, die sich aus der Auflösung der Sowjetunion im gleichen Zeitraum ergaben, wurde der Abzug planmäßig und fristgemäß bis August 1994 vollzogen. Der Rücktransport der Truppen und des Materials erfolgte vor allem auf dem Seeweg über die Häfen in Rostock sowie Mukran auf Rügen sowie per Bahn über die Republik Polen. Die russische Armee verabschiedete sich am 25. Juni 1994 mit einer in der Wuhlheide durchgeführten Militärparade der 6. Garde-Schützenbrigade von Berlin. Die Abschiedsfeiern in Wünsdorf am 11. Juni 1994 und im Treptower Park in Berlin am 31. August 1994 markierten damit das Ende der sowjetischen Militärpräsenz auf deutschem Boden.

Struktur und Ausstattung

Die sowjetischen Truppen belegten auf dem Territorium der DDR 777 Kasernenanlagen an 276 Orten. Dies schliesst 47 Flugplätze und 116 Übungsplätze mit ein. Die WGT zählte Anfang 1991 noch etwa 338.000 Soldaten in 24 Divisionen, verteilt auf fünf Landarmeen und eine Luftarmee. Dazu kamen noch etwa 208.000 Familienangehörige von Offizieren sowie Zivilangestellte, darunter befanden sich etwa 90.000 Kinder. Die meisten Standorte befanden sich im Gebiet des heutigen Bundeslandes Brandenburg.

Zur Ausrüstung an Waffen und Gerät gehörten 1991 noch rund

  • 4.200 Panzer
  • 8.200 gepanzerte Fahrzeuge
  • 3.600 Geschütze
  • sonstige 106.000 Kraftfahrzeuge
  • 690 Flugzeuge
  • 680 Hubschrauber
  • 180 Raketensysteme

Das Oberkommando der GSSD/WGT befand sich in Wünsdorf.

Die Landstreitkräfte waren gegliedert in:

Die Luftstreitkräfte bestanden aus:

  • 16. Luftarmee (Wünsdorf)
  • diverse direkt unterstellte Verbände

Oberkommandierende der GSSD

Die ersten drei Oberkommandierenden waren in Personalunion Chef der SMAD.

  • Georgi K. Shukow 9. Juni 1945 bis 21. März 1946
  • Wassili Sokolowski 22. März 1946 bis 31. März 1949
  • Wassili Tschuikow 1. April 1949 bis 26. Mai 1953
  • Andrei Gretschko 27. Mai 1953 bis 16. November 1957
  • Matwei Sacharow 17. November 1957 bis 14. April 1960
  • Iwan Jakubowski 15. April 1960 bis 9. August 1961
  • Iwan Konew 9. August 1961 bis 18. April 1962
  • Iwan Jakubowski 19. April 1962 bis 26. Januar 1965
  • Petr Košewoi 27. Januar 1965 bis 31. Oktober 1969
  • Wikor Kulikow 1. November 1969 bis 13. September 1972
  • Semen Kurkotkin 14. September 1971 bis 19. Juli 1972
  • Ewgeni Iwanowski 20. Juli 1972 bis 25. November 1980
  • Michail Saizew 26. November 1980 bis 6. Juli 1985
  • Petr Lušew 7. Juli 1985 bis 11. Juli 1986
  • Waleri Belikow 12. Juli 1986 bis 12. November 1987
  • Boris Snetkow 26. November 1987 bis 13. Dezember 1990
  • Matwei Burlakow 13. Dezember 1990 bis 31. August 1994

Literatur

  • Klaus Froh, Rüdiger Wenzke: Die Generale und Admirale der NVA.Ein biographisches Handbuch. 4. Auflage. Ch. Links, Berlin 2000, ISBN 3-86153-209-3
  • Ilko-Sascha Kowalczuk, Stefan Wolle: Roter Stern über Deutschland. Sowjetische Truppen in der DDR. Ch. Links, Berlin 2001, ISBN 3-86153-246-8