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Unter-Abtsteinach

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Unter-Abtsteinach
Gemeinde Abtsteinach
Koordinaten: 49° 32′ N, 8° 47′ OKoordinaten: 49° 31′ 44″ N, 8° 47′ 14″ O
Höhe: 402 m
Fläche: 5,48 km²
Einwohner: 951 (9. Mai 2011)[1]
Bevölkerungsdichte: 174 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Postleitzahl: 69518
Vorwahl: 06207

Unter-Abtsteinach ist ein Ortsteil der Gemeinde Abtsteinach im südhessischen Kreis Bergstraße.

Geographische Lage

Unter-Abtsteinach liegt im Odenwald in einer hochgelegenen Talaue am Oberlauf der Steinach, die von hier nach Süden in Richtung Neckarsteinach dem Neckar zufließt. Die Gemarkung reicht im Süden bis an die Landesgrenze von Baden-Württemberg. Die bewaldeten Höhen des Hohberges im Westen mit 531 Meter und des Hardberges im Osten der Gemarkung mit 593 Meter rahmen die Ortslage ein.

Unter-Abtsteinach von Südwesten, dahinter der Hardberg mit dem Sendemast und die Stiefelhöhe

Geschichte

Übersicht

Auf die Besiedlung der Gegend um Abtsteinach durch Kelten schon in vorrömischer Zeit weisen entsprechende Funde hin. Gesichert ist eine mehr als tausendjährige Geschichte, da der früheste erhalten gebliebene urkundliche Nachweis im Lorscher Codex das Bestehen des Ortes possesa Steinah, der heutige Ortsteil Ober-Abtsteinach, erstmals für das Jahr 1012 belegt ist. Der Ortsteil Unter-Abtsteinach, der am oberen Bachlauf der Steinach entstand wurde erstmals 1590 als Teil der Zent Abtsteinach erwähnt.[2]

Absteinach entstand im Gebiet der ehemaligen Mark Heppenheim die einen Verwaltungsbezirk des Frankenreichs bezeichnete. Am 20. Januar 773 schenkte Karl der Große die Stadt Heppenheim nebst dem zugehörigen Bezirk, der ausgedehnten Mark Heppenheim, dem Reichskloster Lorsch. Von hier wurde die Urbarmachung und Besiedlung des Gebietes betrieben. Der Blütezeit des Klosters Lorsch, in dessen Gebiet Abtsteinach lag, folgte im 11. und 12. Jahrhundert sein Niedergang. 1232 wurde das Kloster dem Erzbistum Mainz unterstellt. 1461 verpfändet Kurmainz infolge der Mainzer Stiftsfehde diese Besitzungen an die Kurpfalz. Diese wechselte 1556 zum protestantischen Glauben und hob 1564 das Kloster auf.

Die 1480 erwähnten Mühlen „oberste, mittlere und unterste Mühle“ lagen wahrscheinlich in der Gemarkung des heutigen Unter-Abtsteinach.[3]

Im Mittelalter war Abtsteinach als Zent grundherrschaftliche Verwaltungsstelle sowie Gerichtsort. Mit der Verpfändung des Amts Starkenburg 1461, begann für die Kurmainzer Besitzungen an der Bergstraße und im Odenwald die Zeit der kurpfälzischen Herrschaft. Als im Laufe des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) spanische Truppen der Katholischen Liga die Region eroberten wurde 1623 die Kurmainzer Herrschaft wieder hergestellt. Dadurch wurde die durch die Pfalzgrafen eingeführte Reformation weitgehend wieder rückgängig gemacht und die Bevölkerung musste wieder zum katholischen Glauben zurückkehren. Zwar zogen sich die spanischen Truppen nach 10 Jahren vor den anrückenden Schweden zurück aber nach der katastrophale Niederlage der Evangelischen in der Nördlingen 1634 verließen auch die Schweden die Bergstraße und mit dem Schwedisch-Französischen Krieg begann ab 1635 das blutigste Kapitel des Dreißigjährigen Krieges. Aus der Region berichten die Chronisten aus jener Zeit: „Pest und Hunger wüten im Land und dezimieren die Bevölkerung, sodass die Dörfer öfters völlig leer stehen“. Mit dem Westfälischen Frieden von 1648 wurde die Einlösung der Pfandschaft endgültig festgeschrieben. Aus dem Jahr 1654 wird berichtet, dass jeder Centmann Leibeigener von Kurmainz ist. Für das gleiche Jahr ist belegt dass der Ort aus 11 Huben bestand und zusammen mit Ober-Abtsteinach jährlich 26½ fl. Bede an die Kellerei in Heppenheim zu zahlen hatte.[2]

Im Jahr 1782 führte Kurmainz eine Verwaltungsreform durch, mit der in Fürth eine Amtsvogtei eingerichtet wurde, in dessen Verwaltungsbezirk auch Unter-Abtsteinach lag. Die Amtsvogtei wiederum was dem Oberamt Starkenburg des „Unteren Erzstifts“ des Kurfürstentums Mainz unterstellt. Damit wurden die Rechte und Entscheidungsfreiheiten der Zent weitgehend eingeschränkt.

Das ausgehende 18. und beginnende 19. Jahrhundert brachte Europa weitreichende Änderungen. Infolge der Napoleonischen Kriege wurde das Heilige Römische Reich (Deutscher Nation) durch den Reichsdeputationshauptschluss von 1803 neu geordnet und hörte mit der Niederlegung der Reichskrone am 6. August 1806 auf zu bestehen. Durch diese Neuordnung und Auflösung von Kurmainz kam das Oberamt Starkenburg und mit ihm Unter-Abtsteinach zur Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, die 1806 in dem ebenfalls auf Druck Napoleons gebildeten Großherzogtum Hessen aufging.

Nach der 1821 im Großherzogtum Hessen durchgeführten Verwaltungsreform wurde Unter-Abtsteinach durch die Bürgermeisterei in Ober-Abtsteinach mitverwaltet.

Die im Dezember 1852 aufgenommenen Bevölkerungs- und Katasterlisten ergaben für Unterabtsteinach[4]: Ein katholisches Filialdorf mit 445 Einwohnern. Die Gemarkung bestand aus 2335 Morgen, davon waren 841 Morgen Ackerland, 261 Morgen Wiesen und 1205 Morgen Wald.

In den Statistiken des Großherzogtums Hessen werden, bezogen auf Dezember 1867, für das Filialdorf Unter-Abtsteinach mit eigener Bürgermeisterei, 55 Häuser, 341 Einwohnern, der Kreis Lindenfels, das Landgericht Wald-Michelbach, die evangelisch Pfarrei Wald-Michelbach des Dekanats Lindenfels und die katholische Pfarrei Ober-Abtsteinach des Dekanats Heppenheim, angegeben.[5]

In Hessen gehörte Unter-Abtsteinach durch eine Reihe von Verwaltungsreformen zum Landratsbezirk Lindenfels, sowie den Kreisen Lindenfels und Heppenheim, bis es 1938 zum heutigen Kreis Bergstraße kam.

In den beiden Weltkriegen hatte Unter-Abtsteinach viele Opfer zu beklagen. Das Ehrenmal in der Hauptstraße am Schulhaus nennt für den Ersten Weltkrieg 27 und für den Zweiten Weltkrieg 40 Gefallene und Vermisste.

Im Jahr 1961 wurde die Gemarkungsgröße mit 584 ha angegeben, davon waren 321 ha Wald.[3]

Bis zum 31. Dezember 1971 waren Ober- und Unter-Abtsteinach selbständige Gemeinden. Zu diesem Datum wurden im Rahmen der Gebietsreform in Hessen die Gemeinde Abtsteinach durch den Zusammenschluss der Gemeinden Mackenheim, Ober-Abtsteinach und Unter-Abtsteinach gebildet.[6] Ortsbezirke wurden nicht eingerichtet.

Historische Beschreibungen

Die Historisch-topographisch-statistische Beschreibung des Fürstenthums Lorsch, oder Kirchengeschichte des Oberrheingaues berichte 1812 über die Unter-Abtsteinach:

»Unterabsteinach, ein ziemlich beträchtliches (unterhalb Oberabsteinach gelegenes) Dorf von 25 Bauernhöfen mit 33 Häusern und einer Kirche nebst 285 Bewohnern. Es sind auch 2 Mühlen daselbst«[7]

Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1829 über Unter-Abtsteinach:

»Unterabtsteinach (L. Bez. Lindenfels) kath. Filialdorf; liegt 314 St. von Lindenfels an der Steinach und hat 43 Häuser und 336 kath. Einw. Man findet 3 Mahl- und 1 Oelmühle. Der Ort kam 1802 von Mainz an Hessen.«[8]

Im Neuestes und gründlichstes alphabetisches Lexicon der sämmtlichen Ortschaften der deutschen Bundesstaaten von 1845 finden sich folgender Eintrag:

»Unter-Abtsteinach bei Lindenfels. — Katholisches Filialdorf von Absteinach. — 43 H. 336 kathol. E. — Großherzogth. Hessen, – Provinz Starkenbürg. — Kreis Heppenheim. — Landgericht Fürth. — Hofger. Darmstadt. — Das Dorf Unter-Abtsteinach, an der Steinach gelegen, hat 1 Oel und 3 Mahlmühlen und ist im Jahre 1802 von Mainz an Hessen übergegangen.«[9]

Territorialgeschichte und Verwaltung

Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Unter-Abtsteinach lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[3][10][11]

Einwohnerentwicklung

Unter-Abtsteinach: Einwohnerzahlen von 1829 bis 2011
Jahr  Einwohner
1829
  
336
1834
  
372
1840
  
406
1846
  
443
1852
  
445
1858
  
461
1864
  
427
1871
  
377
1875
  
426
1885
  
436
1895
  
436
1905
  
511
1910
  
516
1925
  
480
1939
  
478
1946
  
587
1950
  
584
1956
  
585
1961
  
629
1967
  
786
1970
  
808
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2011
  
951
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [3]; 2011:[1]

Religionszugehörigkeit

 Quelle: Historisches Ortslexikon[3]

• 1961: 35 evangelische, 586 römisch-katholische Einwohner

Verkehr

Dem überörtlichen Straßenverkehr dienen zwei Verkehrsadern. Aus westlicher Richtung kommt die Landesstraße L 3257 von Weinheim über Gorxheimertal und nimmt zwischen Trösel und Unter-Abtsteinach einen langen und kurvenreichen Anstieg, bevor sie in der Ortsmitte in die L 535 einmündet. Diese wiederum erschließt in Nord-Süd-Richtung das Steinachtal und verbindet so Unter- und Ober-Abtsteinach. Im Norden führt sie weiter nach Wald-Michelbach und im Süden nach Neckarsteinach.

Ortscharakter

Sehenswert sind die kleine Sandsteinkapelle in der Ortsmitte und "Marien-Gotteshäusel" in kleinen Nischen an den Außenwänden vieler Gebäude. Die Marienfigur in der Kapelle stammt nach einer Legende der Kirchenruine „Lichtenklingen“, um die sich viele alte Geschichten ranken.

In dem ehemals rein landwirtschaftlichen Ort gab es entlang der Steinach fünf Mühlen die heute alle verschwunden sind. Aktuell sind noch fünf Bauernhöfe aktiv die entweder Fleisch- und Milchwirtschaft oder Eierproduktion betreiben.

Literatur

  • Peter W Sattler: 1000 Jahre Abtsteinach Wesen und Werden, Gestaltung und Wandel. Weinheim Druckhaus Diesbach GmbH 2012.
  • Georg W. Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Starkenburg. Band 1, Oktober 1829

Einzelnachweise

  1. a b Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt;
  2. a b c Wilhelm Müller: Hessisches Ortsnamenbuch - Starkenburg, Darmstadt 1937, S. 711
  3. a b c d e Unter-Abtsteinach, Landkreis Bergstraße. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 17. April 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  4. Ph. A. F. Walther: Das Großherzogthum Hessen: nach Geschichte, Land, Volk, Staat und Oertlichkeit. G. Jonghaus, Darmstadt 1854, OCLC 866461332, S. 350 (Google Buch).
  5. Ph. A. F. Walther: Alphabetisches Verzeichniss der Wohnplätze im Grossherzogtum Hessen. G. Jonghaus, Darmstadt 1869, OCLC 162355422, S. 88 (Google Buch).
  6. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 349–50 (Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF; 41,1 MB]).
  7. Johann Konrad Dahl: Historisch-topographisch-statistische Beschreibung des Fürstenthums Lorsch oder Kirchengeschichte des Oberrheingaues. Darmstadt 1812, OCLC 162251605, S. 245 ff. (Google Buch).
  8. Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Starkenburg. Band 1. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt Oktober 1829, OCLC 312528080, S. 249 (Google Buch).
  9. Johann Friedrich Kratzsch: Neuestes und gründlichstes alphabetisches Lexicon der sämmtlichen Ortschaften der deutschen Bundesstaaten. Teil 2. Band 2. Zimmermann, Naumburg 1845, OCLC 162810705, S. 686 (Google Buch).
  10. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  11. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 1. Großherzoglicher Staatsverlag, Darmstadt 1862, OCLC 894925483, S. 43 ff. (Google Buch).