SNCF BB 22200
BB 22200 | |
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![]() BB 22377 in der Farbgebung „Béton“
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Nummerierung: | 22201–22405 |
Anzahl: | 205 |
Hersteller: | Alstom, MTE |
Baujahr(e): | 1976–1980, 1983–1986 |
Achsformel: | B’B’ |
Spurweite: | 1435 mm |
Länge über Puffer: | 17 480 mm |
Höhe: | 4262 mm |
Breite: | 2952 mm |
Drehzapfenabstand: | 9694 mm |
Dienstmasse: | 90 t |
Höchstgeschwindigkeit: | 160 km/h / 200 km/h |
Dauerleistung: | = 4140 kW ~ 4040 kW |
Treibraddurchmesser: | 1250 mm |
Stromsystem: | 25 kV, 50 Hz, 1,5 kV = |
Anzahl der Fahrmotoren: | 2 |



Die BB 22200 ist eine französische Elektrolokomotivbaureihe für den Einsatz sowohl auf dem mit 1,5 kV elektrifizierten Gleichstromnetz als auch auf dem mit 25 kV, 50 Hz elektrifizierten Wechselstromnetz der SNCF. In den Jahren 1976 bis 1986 wurden von Alsthom und Matériel de Traction Électrique (MTE)[1] in sechs Bauserien insgesamt 205 Lokomotiven gebaut.
Die Lokomotiven besitzen die für französische Lokomotiven der 1960er- und 1970er-Jahre typische Frontform des Designers Paul Arzens, die „Nez cassé“ (gebrochene Nase) genannt wird. Sie wurde erstmals bei den Maschinen der Reihe CC 40100 verwirklicht und kam auch bei den Gleichstromloks der Baureihe BB 7200 und den Wechselstromloks der Baureihe BB 15000 zur Anwendung, mit welchen die BB 22200 eine Baureihenfamilie bilden. Ab der Lokomotive mit der Betriebsnummer 22227 wurden die Frontscheiben zugunsten eines geräumigeren Führerstands weniger steil ausgeführt. Die Dauerleistung der Maschinen beträgt 4140 W im Gleich- und 4040 W im Wechselstrombetrieb.[1]
Geschichte
In den 1970er Jahren benötigte die SNCF neue Mehrsystemlokomotiven, um unter beiden Stromsystemen ohne Lokwechsel fahren zu können. Aus der ab 1971 gelieferten Baureihe BB 15000 und der ab 1976 gebauten Gleichstrombaureihe BB 7200 wurde die BB 22200 als Mehrsystemvariante entwickelt. Die Baureihenbezeichnung bildet die Summe aus denen der beiden Schwesterbauarten.
Die Maschinen 22201 bis 22350 entstanden in den Jahren 1976 bis 1980, die übrigen zwischen 1983 und 1986.[1] Über die Jahre hinweg erhielten zahlreiche der ursprünglich betongrau mit orangem Zierstreifen lackierten Lokomotiven neue Livrées.
Einsatz
Durch die Mehrsystemfähigkeit und die Auslegung als Universallokomotive kommen die BB 22200 auf nahezu allen regelspurigen elektrifizierten Strecken Frankreichs vor und finden für alle lokbespannten Zuggattungen Verwendung.
Ausmusterungen
Bis zum Jahr 2011 schieden fünf Loks wegen Unfällen aus dem Einsatzbestand. Im Januar 2012 wurden erstmals 18 betriebsfähige Lokomotiven ausgemustert, da sie wegen Rückgang des Güterverkehrsaufkommens nicht mehr benötigt wurden. Außerdem waren zu diesem Zeitpunkt annähernd 60 Lokomotiven abgestellt.
Varianten und Umbauten
Wendezugsteuerung
Zur Bespannung von Wendezügen aus Corail-Wagen wurden ab 2006 fünfzig Lokomotiven mit einer zeitmultiplexen Wendezugsteuerung – bei der SNCF kurz „MUX“ genannt – nachgerüstet. Die Steuerbefehle werden im MUX-Betrieb als digitale Datentelegramme über das in fast allen Reisezugwagen vorhandene und international genormte UIC-Kabel zwischen Lok und Steuerwagen übertragen. Den Betriebsnummern der so ausgerüsteten BB 22200 wurde der Buchstabe R für „réversibilité“ hinzugefügt, was aber meist nur seitlich an den Loks und in den Führerständen angeschrieben wurde.
Ab Juni 2012 wurden für die Region Provence-Alpes-Côte d'Azur (PACA) sechzehn Lokomotiven mit herkömmlicher Wendezugsteuerung ausgerüstet, um im Regionalverkehr die Baureihe BB 25500 an den RRR- und RIO-Wendezugeinheiten abzulösen. Gleichermaßen umgebaut wurden weitere fünfzehn Lokomotiven für die ehemalige Region Nord-Pas-de-Calais. Bei dieser Art der Wendezugsteuerung erfolgt die Signalübertragung analog über spezielle Wendezugsteuerkabel. Zum Anschluss der Steuerkabel wurden die Loks auf beiden Stirnsteiten mit jeweils vier Steckdosen ausgerüstet. Diese 31 Lokomotiven wurden beim Umbau in silbergrau mit blauen Führerständen umlackiert und wurden auf den Seitenflächen mit Farben und Schriftzügen ihrer jeweiligen Heimatregionen gestaltet. Ihren Betriebsnummern wurden die Buchstaben RC für „réversibilité par câblots“ hinzugefügt. Seit Anfang des Jahres 2019 hat die Region Grand Est vier BB 22200RC von der Region PACA übernommen,[2] welche wiederum im Elsass die letzten planmäßig eingesetzten BB 25500 der SNCF ersetzen sollen. Geplant ist die Übernahme von zehn Lokomotiven.
Versuchsloks
Die als BB 22379 und 22380 vorgesehenen Loks wurden im Jahr 1986 schon ab Werk als Versuchsträger für Drehstrom-Synchronantrieb ausgeliefert. Sie trugen als Versuchsloks die Nummern BB 20011 und BB 20012 und Sonderlackierungen in grau/blau/orange. Die Versuche mit diesen Lokomotiven trugen maßgeblich zur Entwicklung der Baureihe BB 26000 „Sybic“ bei. Nach dem Ende der Versuchseinsätze wurden sie bis zum Frühjahr 1994 der Serienausführung der BB 22200 angepasst und erhielten dabei gleichzeitig die Ausrüstung als Tunnelloks (siehe nächster Abschnitt).[3]
Tunnelloks
Da sich die Inbetriebnahme der Neubaulokomotiven der Reihe CC 92000 verzögerte, adaptierte man im Jahr 1994 die Lokomotiven BB 22379, 22380 und 22399 bis 22405 für Einsätze im Eurotunnel. Entsprechend den britischen Vorschriften wurden die Vorbauten mit einem gelben Anstrich versehen. Der Einsatz erfolgte jeweils in Doppeltraktion. Fünf Lokomotiven wurden mit dem Zugbeeinflussungssystem TVM 430 ausgerüstet und konnten damit an der Zugspitze eingesetzt werden, die Lokomotiven BB 22400, 22402 und 22404 mussten ohne TVM 430 stets an zweiter Stelle eingesetzt werden. Die Einsätze im Kanaltunnel dauerten 15 Monate.[4]
Schnellfahrloks
Acht Lokomotiven wurden mit Schnellfahrdrehgestellen und dem Zugbeeinflussungssystem Transmission Voie-Machine (TVM) für den Einsatz auf Schnellfahrstrecken ausgerüstet. Sie erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h. Inzwischen gehören diese Lokomotiven (BB 22378, 22379, 22380, 22386, 22399, 22401, 22403 und 22405) zu SNCF Infra (seit 1. Januar 2015: SNCF Réseau) und werden zur Untersuchung und Wartung der französischen Schnellfahrstrecken eingesetzt.
Literatur
- Renzo Pocaterra: Lokomotiven. Kaiser, Klagenfurt, 2006, ISBN 3-7043-1367-X.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c Georges Mathieu: Le matériel moteur de la SNCF. 1. Auflage. Éditions La Vie du Rail, Paris 1992, ISBN 2-902808-48-8, S. 86 f.
- ↑ Des BB 222000 passent à l’Est in: Ferrovissime Nr. 101, S. 10.
- ↑ Les BB 20011 et 20012, prototypes des Sybic in Le Train spécial Nr. 66 vom Februar 2011, ISSN 1267-5008
- ↑ Sylvain Assez: Les BB 22200 - revue de détail in Rail Passion, Nr. 64 vom November 2002, S. 88–98, ISSN 1261-3665