Griechischer Pessimismus
Als griechischen Pessimismus versteht man eine gewisse Lebensverneinung, die das griechische Denken seit der Archaik prägte. Die Menschen sind dem Schicksal und den allmächtigen Göttern willenlos ausgeliefert und materielles Glück ist nur von kurzer Dauer. Einen Ausweg bietet nur die sophrosyne-ethik, festgehalten in den Tempelinschriften des Apoll-Tempels in Delphi, Aussprüche der berühmten "Sieben Weisen":
Erkenne dich selbst Γνωθι ς'αυτóν weil du sterblich bist θνητòν óντα nichts im Übermaß μηδεν αγαν ehe den rechten Augenblick καιρòν óρα das Maß ist das beste μετρον αριστον Sei weise! σωφρονει Bedenke, dass du sterblich bist! θνητα φρονει
Dieses pessimistische Denken findet sich z.B. auch bei Sokrates wieder, der im Tod nichts schlimmes sieht: danach kommt die Seele, wenn der Mensch ein Leben in Weisheit geführt hat, ins reine Land der Ideen, wo nur noch ungetrübte Erkenntnis auf sie wartet.
Ein anderes klassisches Beispiel ist die von Herodot dargestellte Glücksdefition des Solon, der übrigens auch zu den 7 Weisen zählte. Danach ist nur der wahrlich glücklich, der sein Leben gut beendet, alles vorher zählt nicht, denn es ist ja dem Wechselspiel des Schicksals ausgeliefert. Als glücklichsten Menschen bezeichnet er den Athener Bürger Tellos, weil er "viele gute und schöne Kinder hatte, als es der Stadt gut ging, und er sah diese alle Kinder gebären und alle überlebten, es ihm nach unseren Maßstäben gut ging und ihm ein vortreffliches Ende zu teil wurde" Tellos fiel nämlich für seine Heimatstadt Athen in der Schlacht. Als zweiter Stelle rangieren bei ihm die Brüder Kleobis und Biton, zwei starke, junge Männer, die, statt der Ochsen, die auf dem Feld waren, den Wagen ihrer Mutter, einer Herapriesterin, zum Tempel von Argos zogen. Danach erbat die Mutter von der Gottheit als Lohn für die Mühe ihrer Söhne das beste, was einem Menschen widerfahren kann: Kleobis und Biton entschliefen in derselben Nacht.