Zum Inhalt springen

Pogrom

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 23. Juli 2006 um 00:13 Uhr durch Westthrakientürke (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Datei:45023.jpg
Novemberpogrome 1938: Mitglieder der SA hindern jüdische Studenten am Betreten der Universität Wien

Unter einem Pogrom (m. o. n) versteht man eine gewaltsame Massenausschreitung gegen Mitglieder einer religiösen, nationalen, ethnischen oder andersartigen (etwa durch Nutzung fiktiver Kriterien geschaffenen) Minderheit, verbunden mit Plünderung und Misshandlungen bis hin zu Mord und Genozid.

Der Begriff stammt aus dem Russischen und bedeutet übersetzt Verwüstung, Zerstörung, Krawall (погрóм, abgeleitet von громить = demolieren, zerstören). Der Begriff wird zunächst verwendet für die Judenverfolgungen im Mittelalter durch die Christen. Diese Judenverfolgungen waren religiös motiviert: Im Laufe der Jahrhunderte nach Jesu Kreuzigung verschärfte sich die Ansicht, dass die Juden insgesamt am Tode Jesu schuld waren und insofern „Gottesmörder“ seien. Auch für die Pest-Epidemie im 14. Jahrhundert waren die Juden die Sündenböcke. Bohdan Chmelnyzkyj, 1654 Gründer des Kosakenstaates, war auch für antisemitische Übergriffe berüchtigt. Während der Kämpfe sollen Pogrome über 100.000 polnischen Juden das Leben gekostet haben.

Juden-Pogrome traten sodann im zaristischen Russland (heute Polen, Ukraine, Weißrussland, Bessarabien) in regelmäßigen Abständen auf. Über die Gründe ist nichts näher bekannt, anzunehmen ist allerdings, dass ihnen antisemitische Ressentiments zugrunde lagen, da sich in Pogromen massenhaft irrationale Bedrohungsvorstellungen ausleben. Zwischen 1903 und 1906 kamen bei Pogromen in Russland schätzungsweise 2000 Juden ums Leben. Besonders bekannt wurden die Pogrome von Kischinew in der heutigen moldawischen Hauptstadt Chişinău. Sie wurden wohl zumindest teilweise von der russischen Regierung bewusst geschürt. Aufgrund dieser Ereignisse kam es zu einer ersten größeren Auswanderungswelle russischer Juden nach Palästina.

Später wurden auch staatlich ausgelöste Verfolgungsaktionen gegen Juden als Pogrome bezeichnet, beispielsweise 1938 die Novemberpogrome 1938 (umstritten auch „Reichskristallnacht“ genannt, siehe nationalsozialistische Diktatur in Deutschland).

Noch heute gedenken deutsche Juden in tiefer Trauer des großen Pogroms von Köln im Jahre 1096 (siehe Deutscher Kreuzzug).

Einer der letzten, vielleicht sogar der letzte antijüdische Pogrom in Europa fand 1946 im polnischen Kielce (Pogrom von Kielce) statt.

Ein bekanntes Beispiel für Pogrome ist das Istanbuler Pogrom von 1955 gegen die griechische Minderheit. In der Nacht vom 6. auf den 7. September 1955, wurden im Land ein schweres Pogrom entfacht, die vermutlich durch die türkische Regierung des Ministerpräsidenten Adnan Menderes als Antwort auf die ständigen blutigen Übergriffe der Zypern-Griechen auf die Zypern-Türken inszeniert wurde. Nach Angaben der Human Rights Watch war der Schaden groß. Es wurden nämlich 3.000 bis 4.000 Geschäftsläden zerstört.

Weitere weniger bekanntere Pogrome sind die zwei Pogrome von 1990 gegen die türkische Minderheit Griechenlands als Antwort von extremistischen Griechen für die Bekennung Sadik Ahmets zu seinen türkischen Wurzeln vor Gericht und das Pogrom von 1996, das als Reaktion auf die Erschießung des Fahnenmastkletterers auf Zypern folgte. Es wurden im Pogrom vom Mai 1990 bis zu 400 türkische Geschäftsläden zerstört.