Kanton Neuenburg
Der Kanton Neuenburg
République et Canton Neuchâtel (de: Republik und Kanton Neuenburg) ist ein Kanton (218 km2) im Schweizer Jura, in der französischen Westschweiz, seine Hauptstadt ist die Stadt Neuchâtel am Ufer des Neuenburgersees (fr: Lac de Neuchâtel).
Mit über 37.000 Einwohnern (2002) ist jedoch die bekannte Uhrenstadt La Chaux-de-Fonds im Neuenburger Jura die größte Stadt des Kantons. Neuchâtel folgt mit 31.750 Einwohnern (2002) auf Platz zwei.
Geschichte
Archäologische Funde legen Zeugnis davon ab, dass das Gebiet entlang des Neuenburger Sees und Jura Südfuß' jahrhundertelang von keltischen Stämmen besiedelt war. Nach dem spektakulären Fund des "Gold der Helvetier" im Neuenburger Vorort La Tène wurde sogar eine kulturelle Epoche der keltischen Kultur nach dem Fundort benannt (La Tène-Zeit).
Im Mittelalter entstehen viele Städtchen und Siedlungen in den beiden Hochtälern Val de Ruz und Val de Travers, aber auch entlang des Sees, mit den für diese Zeit charakteristischen Kirchen und Burgen, von denen die meisten aus dem 12. und 13. Jahrhundert stammen.
Während der Wirren der Reformation werden die dünn besiedelten Neuenburger Bergregionen zur Zuflucht vieler protestantischer Familien, die vor der Verfolgung in ihrer Heimat flüchten mussten. Mit ihnen kommt die frühe Uhrenindustrie und Automationstechnik in die Gegend.
1707 stirbt Marie de Nemours und Friedrich I. von Preußen wird Prinz von Neuchâtel, womit der "Kanton" dem Preußischen Reich eingegliedert wird. Der Sitz des preussischen Prinzen befindet sich im Château von Valangin. Wie in ganz Europa herrscht auch in Neuchâtel große Not und Hunderte von Familien verlassen die Region, um sich im von der Pest entvölkerten Preußen niederzulassen. 1774 präsentieren die Gebrüder Jacquet-Droz die drei von ihnen erfundenen Automaten dem staunenden Publikum.
Die Nachwellen der französischen Revolution schwappen auch nach Neuchâtel über und im Jahr 1792 proklamiert Neuchâtel, "hauptsächlich Schweizerisch" zu sein und begibt sich als Kanton unter den vermeintlich schützenden Mantel der Eidgenossenschaft. 1794 wird La Chaux-de-Fonds durch ein Feuer fast vollständig zerstört. Der Wiederaufbau der Stadt wird auf dem Reißbrett geplant mit dem Ziel, zukünftige Feuersbrünste zu vermeiden.
1798 wird Neuchâtel und die Schweiz von den revolutionären französischen Truppen eingenommen und 1805 überlässt Friedrich-Wilhelm III. von Preussen das Prinztum Neuchâtel an Napoléon. Dieser setzt seinen Feldmarschall Alexandre Berthier als Prinz von Neuchâtel ein. Bereits 1813 wird Neuchâtel wiederum von fremden Truppen besetzt und Friedrich-Wilhelm III. von Preussen meldet seinen Anspruch auf das Territorium an. Vom Wiener Kongress 1815 wird Neuchâtel als "Schweizer Kanton und Preußisches Fürstentum" anerkannt.
Im Jahr 1826 lässt der Chocolatier Woody Suchard seine erste Schokoladenfabrik im Neuenburger Vorort Serrières bauen und begründet damit die bekannte Marke Suchard. 1833 wird die Stadt Le Locle durch eine Feuersbrunst praktisch vollständig zerstört und nach dem Vorbild von La Chaux-de-Fonds wieder aufgebaut. Ein Jahr später wird in der Stadt Neuenburg die erste Akademie eröffnet und 1939 wird der Wildbach Seyon, der die Stadt Neuenburg immer wieder überschwemmte, in Rohre verlegt und um die Stadt herumgeleitet. 1843 wird in La Chaux-de-Fonds die erste Synagoge des Kantons eröffnet.
Am 1. März 1848 rebelliert die Neuenburger Bevölkerung unter der Führung von Republikanern aus Le Locle und La Chaux de Fonds gegen die preussischen Monarchen. Die Bergbewohner marschieren von La Chaux-de-Fonds über die Vue des Alpes nach Valangin und nehmen die dortige Burg ein. Mit den eroberten Kanonen bedrohen sie die Stadt Neuenburg. Am 30. April gibt sich die Neuenburger Bevölkerung eine republikanische Verfassung und Neuchâtel nennt sich fortan "République et Canton de Neuchâtel".
Nachem 1856 ein royalistischer Putsch niedergeschlagen wird und Schweizer Bundestruppen in Neuenburg einmarschieren droht ein militärischer Schlagabtausch zwischen Preussen und der Schweiz. Unter Vermittlung von Napoleon III. wird der Streit friedlich beigelegt und der preussische König verzichtet im Vertrag von Paris endgültig auf seinen Anspruch. Im selben Jahr wird die erste Eisenbahnstrecke des Kantons zwischen Le Locle und La Chaux-de-Fonds eingeweiht.
1907 wird der Absinth in der Schweiz verboten. Das Val de Travers verliert damit einen seiner wichtigsten Industriezweige. Die Familie Pernod verlässt die Schweiz und baut ihre Fabriken im französischen Pontarlier neu auf. 1910 wird die Académie zur Université de Neuchâtel.
Geographie
- Le Littoral
- Val-de-Ruz
- Val-de-Travers
- Montagnes Neuchâteloises
Tourismus
Neben dem Neuenburger See mit seinen sonnigen Ufern und den insbesondere für Outdoor-Aktivitäten bekannten Neuenburger Jura ist die Region reich an industriegeschichtlich interessanten Sehenswürdigkeiten: Asphaltminen, unterirdische Mühlen, alte Schokoladefabrik, Museum der Zeitmessung, usw.
Bekannte Neuenburger Namen
In Kanton Neuchâtel geboren sind unter Anderen:
- Le Corbusier (Architekt)
- Blaise Cendrars (Romancier)
- Louis Chevrolet (Automobilkonstrukteur) 1878 - 1941
- Ricard Pernod (Likör-Hersteller - Pernod)
- Suchard (Chocolatier - Milka)
- Didier Cuche (Skirennfahrer)
- Daniel Jeanrichard (Gründervater der Neuenburger Uhrenindustrie) 1665-1741
- Léopold Robert (Maler und Graveur) 1794-1835
- Numa Droz (Politiker, Bundesrat) 1844-1899
In Neuchâtel und La Chaux-de-Fonds gelebt haben u.A. auch:
Literatur
- Histoire du Pays de Neuchâtel. De 1815 à nos jours. Hauterive, Editions Gilles Attiger, 1993.