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Todi Lubonja

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Todi Lubonja (* 13. Februar 1923 in Elbasan; † 19. November 2005 in Tirana) war ein albanischer Journalist und Politiker der Partei der Arbeit Albaniens (PAA, albanisch PPSh). Er wurde1972 zu einem der ersten Opfer der Säuberungsaktionen des Diktators Enver Hoxha in den siebziger/achtziger Jahren, indem er als Generaldirektor der Radio- und Fernsehanstalt Albaniens entlassen und danach inhaftiert wurde.

Biografie

In seiner Jugend arbeitete er während des Zweiten Weltkrieges in der kommunistischen Widerstandsbewegung. Nach der Gründung der Volksrepublik Albanien war er nach anfänglicher Tätigkeit in der Kommunikationssphäre 1951 - 1953 Erster Sekretär der PAA-Kreisleitung Elbasan, von 1953 bis 1954 Vorsitzender des Jugendverbandes der PAA, 1954-1955 Erster Sekretär der Kreisleitung Kukes der PAA, und danach bis 1964 wieder Vorsitzender des Jugendverbandes.

Lubonja wurde 1958 zum Abgeordneten der Volksversammlung (Kuvendi Popullor) gewählt und gehörte dieser als Vertreter für den Kreis Elbasan von der vierten bis zum Ende der sechsten Wahlperiode 1970 an.

Daneben war er Mitglied des Präsidiums der Volksversammlung, dem kollektiven Gremium des Staatsoberhauptes, sowie Mitglied des Zentralkomitees (ZK) der PPSh.[1]

Von 1964 bis 1970 war er Chefredakteur des Parteiorgans (der zentralen Parteizeitung der PAA) Zëri i popullit. In dieser Funktion war er täglichem Druck der Partei- und Staatsführung, insbesondere des Ministerpräsidenten Mehmet Shehu, sowie beständigen Zensurbestrebungen ausgesetzt, die jegliche Kritiken an Problemen der Entwicklung des Landes unterbanden. Er selbst empfand diese Periode als stark belastend. Intrigen gegen ihn führten dazu, dass er abgelöst und in eine leitende Funktion im Kreis Korca versetzt wurde, was das Misstrauen seitens der Parteiführung offenbarte. In Korca selbst stand er unter fester Kontrolle durch den 1. Kreissekretär Mihallaq Zicishti, ehemals langjähriger Leiter des Sicherheitsdienstes Sigurimi, und die örtlichen Sigurimibehörden.

1970 wurde er Generaldirektor der Radio- und Fernsehanstalt Albaniens (RTVSh). Im Dezember 1972 wurde er entlassen, weil er neben Fadil Paçrami, Sekretär der Tiranaer Organisation der PAA, im Dezember 1972 zu den Verantwortlichen für die Durchführung des XI. Albanischen Musikfestivals Festivali i Këngës gehörte, bei dem erstmals westlich geprägte Musik gespielt wurde und die Künstler Kleidung in westlichem Stil trugen. Dies führte zur Kritik innerhalb der Führung der PAA.[2] Auf dem 4. Plenum des ZK der PAA, das vom 26. Juni bis zum 28. Juni 1973 stattfand, wurde er zusammen mit Fadil Paçrami wegen angeblicher parteifeindlicher und liberaler Haltung hart kritisiert und beiden ein Untergraben der sozialistischen Parteidisziplin vorgeworfen.[3][4][5][6] Nach seiner Ablösung musste Lubonja in einem Baubetrieb in Lezha arbeiten, wo er im Juni 1974 verhaftet wurde. Die Verhaftungen von Lubonja und Pacrami lösten in der intellektuellen Kulturszene einen Schock aus.[7]

Wie bei anderen ehemaligen führenden Politikern wurde auch seine Familie interniert. Sein Sohn Fatos, der seine Gegnerschaft zum Hoxha-Regime offen bekannte, wurde ebenfalls verhaftet und vor Gericht gestellt.[8] Lubonja selbst wurde nach seiner Festnahme zu 15 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, ein rechtsgerichteter Abweichler und parteifeindliches Element zu sein, der offensichtlich liberale und opportunistische Ansichten sowie ausländische Einflüsse unterstützt hat und der feindliche Führungsmethoden benutzte.[3] Sein Sohn, der Schriftsteller Fatos Lubonja, wurde 1974 zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Dort wurde er beschuldigt, einem prosowjetischen Kreis anzugehören und seine Haft wurde um 20 Jahre verlängert. Erst nach 19 Jahren Haft kam Fatos Lubonja nach dem Zusammenbruch des Kommunismus 1991 frei.

Nach seiner Entlassung aus der Haft 1987 war Todi Lubonja mit seiner Frau im Dorf Malecaj bei Shkodra interniert.[9] Mit Mühe erreichte er schon während des Zusammenbruchs des alten Regimes die Möglichkeit, 1990 wieder nach Tirana zurückzukehren.

Zu seinen wichtigen Veröffentlichungen gehören Nën peshën e dhunës, Ankthi pa fund i lirisë sowie Pse hesht shtëpia e muzikës.

Einzelnachweise

  1. List Of The Member Of Leading Albanian Party. 20. Februar 1961, abgerufen am 1. Dezember 2010 (englisch).
  2. Enver Hoxha: Zhvillimi i letërsisë dhe i arteve të bëhet në luftë kundër çdo ndikimi të huaj ideologjik -- Diskutim në mbledhjen e Presidiumit të Kuvendit Popullor te RPSH, 9 Janar 1973. In: Vepra 50: Janar 1973 - Prill 1973. ([1] [PDF]).
  3. a b Veteran Regime Functionary Ousted In Latest Purge. 7. August 1973, abgerufen am 1. Dezember 2010 (englisch).
  4. Shekulli: Todi Lubonja: Festivali për Enverin, bonbone me helm! (12. Dezember 2007) (Memento vom 22. Februar 2008 im Internet Archive)
  5. Marcel Cornis-Pope, John Neubauer: History of the Literary Cultures of East-Central Europe Junctures and Disjunctures in the 19th and 20th Centuries. John Benjamins Publishing, 2004, ISBN 978-90-272-3455-1, S. 233 (Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Harold B. Segel: The Columbia Literary History of Eastern Europe Since 1945. Columbia University Press, 2008, ISBN 978-0-231-50804-9, S. 83, 159 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Robert Elsie: Albanian Literature: A Short History. I.B.Tauris, 2005, ISBN 978-1-84511-031-4, S. 171, 186 (Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Modernities Out of Sync: The Tactful Art of Anri Sala (23. Februar 2005)
  9. Ja „kokat e prera“ në art e kulturë, pas Festivalit të 11-të. In: Shekulli. 17. Dezember 2007, abgerufen am 7. Oktober 2012 (albanisch).