Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz
Basisdaten | |
---|---|
Titel: | Gesetz zur Bekämpfung der Verbreitung neuer psychoaktiver Stoffe |
Kurztitel: | Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz |
Abkürzung: | NpSG |
Art: | Bundesgesetz |
Geltungsbereich: | Bundesrepublik Deutschland |
Rechtsmaterie: | Besonderes Verwaltungsrecht, Nebenstrafrecht |
Fundstellennachweis: | 2121-12 |
Erlassen am: | 21. November 2016 |
Inkrafttreten am: | 26. November 2016, BGBl. I S. 2615 |
Letzte Änderung durch: | Art. 1 VO vom 12. Juli 2019 (BGBl. I S. 1083) |
Inkrafttreten der letzten Änderung: |
18. Juli 2019 (Art. 3 G vom 12. Juli 2019) |
Weblink: | Text des Gesetzes |
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten. |
Das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) ist ein deutsches Gesetz, das außerhalb des Anwendungsbereichs des Betäubungs- und des Arzneimittelgesetzes den Umgang mit neuen psychoaktiven Stoffen (NPS) unter Strafe stellt. In Österreich und in der Schweiz gibt es ähnliche Gesetze. Siehe dazu im Artikel Neue psychoaktive Substanzen.
Regelungsbedarf
Mit dem Auftreten und der Verbreitung immer neuer chemischer Varianten bekannter Betäubungsmittel und psychoaktiver Stoffe, die nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs[1] nicht unter den Arzneimittelbegriff und das Arzneimittelgesetz fallen, war eine Regelungs- und Strafbarkeitslücke für NPS entstanden, deren Einzelstoffe auch nicht in die Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes aufgenommen worden waren.[2] Dem NpSG unterfallen daher mit den 2-Phenethylaminen (Substanzen die sich von der Leitstruktur des 2-Phenethylamin ableiten) und den synthetischen Cannabinoiden ganze Stoffgruppen.[3] In der Gruppe der 2-Phenethylamine werden ca. 2.000 Stoffe beschrieben, die eine pharmakologische Wirkung aufweisen und bei denen nach bisherigen Erkenntnissen von einem Missbrauch zu Rauschzwecken ausgegangen werden kann.[4]
Regelungsumfang
Bis auf die nach dem jeweiligen Stand von Wissenschaft und Technik anerkannte Verwendung zu gewerblichen, industriellen oder wissenschaftlichen Zwecken werden gemäß § 4 Abs. 1 NpSG der Handel, das Inverkehrbringen, die Verabreichung sowie zum Zweck des Inverkehrbringens die Herstellung und das Verbringen eines neuen psychoaktiven Stoffes in den Geltungsbereich des Gesetzes im Grundtatbestand mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, Qualifikationen gemäß § 4 Abs. 3 NpSG mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Der Versuch und die fahrlässige Begehung sind ebenfalls strafbar. Ferner ist verboten, einen neuen psychoaktiven Stoff in den, aus dem oder durch den Geltungsbereich des Gesetzes zu verbringen, herzustellen, zu erwerben oder zu besitzen. Der gewerbs- oder bandenmäßige Handel mit NPS rechtfertigt als schwere Straftat die Telekommunikationsüberwachung auch ohne Wissen des Betroffenen (§ 100a Abs. 2 Nr. 9a StPO) sowie die Untersuchungshaft bei Wiederholungsgefahr (§ 112a Abs. 1 Nr. 2 StPO).[5] Besitz oder Erwerb von NPS sind durch § 4 NpSG nicht unter Strafe gestellt, sondern durch § 3 NpSG lediglich verboten.[6]
Neue psychoaktive Substanzen im Sinne des Gesetzes
Das Gesetz umfasst einerseits Phenethylamine einschließlich Amphetamine und Cathinone und andererseits synthetische Cannabinoide und Cannabinoidmimetika.
Phenethylamine
Anhang 1 des Gesetzes erfasst Phenethylamine aber auch andere Ethylamine, welche sich von folgender Struktur ableiten lassen, wobei es sich bei A um ein Ringsystem handelt:
R1 und R2 können Wasserstoff, Alkyl-, Cycloalkyl-, Benzyl-, Alkenyl-, Alkylcarbonyl-, Hydroxy- und Aminogruppen (Organische Gruppen bis einschließlich sechs Kohlenstoffatome) sein. Der Stickstoff kann ferner Bestandteil eines zyklischen Systems, beispielsweise Pyrrolidinyl-, Piperidinyl-, sein. Eingeschlossen sind auch Ringsysteme unter Einbeziehung von Teilen des Strukturelements B. Ausgenommen sind Verbindungen, bei denen das Stickstoffatom direkt in ein zyklisches System integriert ist, das an das Ringsystem A anelliert ist. Die Substituenten R1 und R2 können weiterhin mit beliebigen, chemisch möglichen Kombinationen der Elemente Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Schwefel, Fluor, Chlor, Brom oder Iod substituiert sein. Die auf diese Weise entstehenden Substituenten dürfen dabei eine durchgehende Kettenlänge, ohne Mitzählung von Wasserstoffatomen, von maximal sechs Atomen aufweisen. Atome von Ringstrukturen werden dabei nicht in die Zählung einbezogen.
R3, R4, R5 und R6 können Wasserstoff, Fluor, Chlor, Brom, Iod, Alkyl-, Cycloalkyl-, Benzyl-, Phenyl-, Alkenyl-, Alkinyl-, Hydroxy-, Alkoxy-, Alkylsulfanyl-, Alkyloxycarbonylgruppen (Organische Gruppen bis einschließlich zehn Kohlenstoffatome), einschließlich Verbindungen bei denen Substitutionen mit dem Ringsystem A verbunden sind. Die aufgeführten Gruppen können weiterhin mit beliebigen, chemisch möglichen Kombinationen der Elemente Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Schwefel, Fluor, Chlor, Brom oder Iod substituiert sein. Die auf diese Weise entstehenden Substituenten dürfen dabei eine durchgehende Kettenlänge, ohne Mitzählung von Wasserstoffatomen, von maximal zehn Atomen aufweisen. Atome von Ringstrukturen werden dabei nicht in die Zählung einbezogen.
Eingeschlossen sind ferner Verbindungen wie Cathinone, bei denen der β-Kohlenstoff eine Ketogruppe aufweist.
Mögliche Ringsysteme A können hierbei folgende Gruppen, einschließlich ihrer substituierte Derivate sein:
Fünfringe | Sechsringe | Bizyklen | Trizyklen | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
![]() Cyclopentyl |
![]() Cyclohexyl |
![]() Indanyl |
![]() Tetralinyl | ||||||
![]() Phenyl |
![]() Indenyl |
![]() Naphthyl | |||||||
![]() Furanyl |
![]() Dihydrobenzofuranyl |
![]() Methylendioxyphenyl |
![]() Ethylendioxyphenyl |
![]() 2,3,5,6-Tetrahydrobenzodifuranyl |
![]() 2,3,6,7-Tetrahydrobenzodifuranyl |
![]() 3,4,6,7-Tetrahydrobenzodipyranyl |
![]() 3,4,8,9-Tetrahydrobenzodipyranyl | ||
![]() Benzofuranyl |
![]() Benzo[1,2-b-5,4-b']difuranyl |
![]() Benzo[1,2-b-4,5-b']difuranyl | |||||||
![]() Pyrrolyl |
![]() Pyridyl | ||||||||
![]() Thienyl |
Diese Ringsysteme können an jeder Position mit Wasserstoff, Fluor, Chlor, Brom, Iod, Alkyl-, Alkenyl-, Alkinyl-, Alkoxy-, Carboxy-, Alkylsulfanyl- und Nitrogruppen substituiert sein, wobei organische Substituenten sechs Kohlenstoffatome nicht überschreiten. Die Gruppen können zudem mit beliebigen, chemisch möglichen Kombinationen der Elemente Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Schwefel, Fluor, Chlor, Brom oder Iod substituiert sein. Die auf diese Weise entstehenden Substituenten dürfen dabei eine durchgehende Kettenlänge, ohne Mitzählung von Wasserstoffatomen, von maximal acht Atomen aufweisen. Atome von Ringstrukturen werden dabei nicht in die Zählung einbezogen.
Kritik
Ob das NpSG dem geltenden Recht, vor allem dem BtMG und dem Grundstoffüberwachungsgesetz (GÜG) sowohl regelungstechnisch als auch im Hinblick auf die Drogenprävention überlegen ist, wird bezweifelt.[7][8] Das NpS-Gesetz bereitet auch nach Worten der Münchner Oberstaatsanwältin Susanne Wosylus „in der praktischen Anwendung große Schwierigkeiten“, da § 4 Abs. 1 NpSG nur den Handel, das Inverkehrbringen und das Verabreichen, aber nicht den Besitz oder Konsum von neuen psychoaktiven Substanzen unter Strafe stellt.[9][6]
Das Bundesgesundheitsministerium hat im Januar 2017 eine Evaluation zu den Auswirkungen des NpSG ausgeschrieben.[10][11]
Weblinks
- Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung: Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) tritt in Kraft 25. November 2016
- Gesundheitsexperten begrüßen geplantes Verbot von Neuen psychoaktiven Substanzen Ärzteblatt, 7. Juli 2016
- Handel mit psychoaktiven Stoffen bislang nicht gestoppt Ärzteblatt, 26. April 2017
Einzelnachweise
- ↑ Rechtsanwalt Dr. Thomas Fuchs, Heidelberg: EuGH, Urteil vom 10. 7. 2014 – C-358/13. In: lexetius.com.
- ↑ BR-Drucksache 231/16 vom 6. Mai 2016
- ↑ Jörn Patzak: Endlich Schluss mit den „Legal Highs“!? – Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) ist gestern in Kraft getreten 27. November 2016
- ↑ BR-Drucksache 231/16 vom 6. Mai 2016, S. 22
- ↑ Matthias Wallenfels: Kräutermischungen: Neues Gesetz schärft Waffen gegen Legal Highs Ärztezeitung, 28. November 2016
- ↑ a b Uwe Hellmann: Wirtschaftsstrafrecht. Kohlhammer Verlag, 2018, ISBN 978-3-17-031444-3, S. 250 (google.com).
- ↑ Stellungnahme der Bundesärztekammer zum Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Verbreitung neuer psychoaktiver Stoffe (Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz - NpSG) 7. Dezember 2015
- ↑ Jan Fährmann, Tibor Harrach, Heiko Kohl, Sonja C. Ott, Marcel Schega, Rüdiger Schmolke, Bernd Werse: Wie mit NpS zukünftig umgehen? Kritik an dem Referentenentwurf zum Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) 3. Alternativer Drogen- und Suchtbericht 2016, S. 18–29
- ↑ Thomas Schmidt: Staatsanwälte warnen vor tödlichen Folgen von "Legal Highs". In: sueddeutsche.de. 5. Oktober 2017, abgerufen am 5. Oktober 2017.
- ↑ Evaluation zu den Auswirkungen des Gesetzes zur Bekämpfung der Verbreitung neuer psychoaktiver Stoffe (NpSG) ( des vom 11. Februar 2017 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. bund.de – Verwaltung Online, abgerufen am 11. Februar 2017
- ↑ Öffentliche Bekanntmachung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zum Thema „Evaluation zu den Auswirkungen des Gesetzes zur Bekämpfung der Verbreitung neuer psychoaktiver Stoffe (NpSG)“ 17. Januar 2017