Elektronenröhre
Eine Elektronenröhre ist ein elektronisches Bauelement, das aus einem evakuierten Gefäß besteht, in das verschiedene Elektroden, mindestens aber eine Kathode und eine Anode eingelassen sind.
Die Elektronenröhre ist ein Steuerungs- und Verstärkungsorgan der Elektrotechnik, das auf der Erscheinung beruht, dass aus glühenden Stoffen, meist Metalldrähten, Elektronen in den freien Raum austreten. Die Elektronenemission kann im Vakuum zwischen der negativen Elektrode (Glühkathode) und einer positiv geladenen weiteren Elektrode, der Anode, einen Elektronenstrom unterhalten. Da eine Elektronenröhre mit zwei Elektroden den Anodenstrom nur in einer Richtung durchlässt, dient sie als Gleichrichter. Durch ein in den Elektronenstrom eingebautes Gitter lässt sich der Emissionsstrom steuern, wenn am Gitter verschiedene Spannungen angelegt werden, die entweder den Elektronenstrom hemmen oder verstärken. Darauf beruht die Verwendung der Elektronenröhre als Verstärker- oder Senderöhre. Je nach Verwendungszweck, Elektrodenanzahl und Röhrencharakteristik gibt es Hunderte von Röhrentypen.
In der Regel meint man Hochvakuum-Verstärkerröhren, wenn man von Röhren spricht. Prinzipiell zählen v.a. für Spezial- und Schaltanwendungen auch mit verschiedenen Gasen gefüllte Röhren zu den Röhren als elektronisches Bauelement, wobei teilweise dem Gas nur passive Schutzfunktion oder (überwiegend) zusätzlich oder ausschließlich aktive Beteiligung an der Röhrenfunktion durch Ionenleitung zukommt. Gasgefüllte Röhren waren bis zur Einführung des Thyristors im industriellen Bereich unverzichtbar.


Geschichte
Die Elektronenröhre wurde 1904 vom englischen Physiker John Ambrose Fleming entwickelt. Auf der Suche nach einem verbesserten Detektor für Radiowellen entdeckte Fleming, dass der sogenannte Edison-Effekt zur Detektion genutzt werden konnte. Am 16. November 1904 meldete Fleming unter der Nummer 24 850 ein Patent auf das Oscillation Valve (eine Röhrendiode) in England an; am 19. April 1905 ließ er seine Erfindung auch in den USA patentieren.
1906 fügte der US-amerikanische Erfinder Lee de Forest eine dritte Elektrode, das Steuergitter, hinzu. Mit dieser Triodenröhre war es erstmals möglich, elektrische Signale zu verstärken.
Unabhängig von de Forrest entwickelte der österreichische Physiker Robert von Lieben [1] eine Verstärkerröhre - die sogenannte Liebenröhre - und meldete sie am 4. März 1906 beim Kaiserlichen Patentamt des Deutschen Reiches als Kathodenstrahlrelais zum Patent [2] an, was einen jahrelangen Rechtsstreit zur Folge hatte. Lieben, dessen vorrangiges Ziel ein Telefonverstärker war, formuliert in seinem Patent explizit die Verstärkung des elektrischen Signals als Erfindungszweck.
Weiterhin erfand schon im Jahre 1902 Peter Cooper-Hewitt eine Art Röhrengleichrichter, der auf der Basis von Quecksilberdampf arbeitete, gleichsam ein Vorläufer der Elektronenröhre.
Siehe auch: Fotos historischer Elektronenröhren
Funktionsweise

Der Elektronenstrom, der bei Anlegen der Anodenspannung zwischen diesen beiden Elektroden den luftentleerten Raum durchfließt, kann in seiner Richtung und Stärke durch die Einwirkung von elektrischen (Steuerspannungen) und magnetischen Feldern (Ablenkspulen) beeinflusst werden. Die Beeinflussung der Stärke nennt man auch Modulation. Ein gerichteter Elektronenstrom wird auch als Elektronenstrahl bezeichnet.
Die Elektronen werden mittels Feldemission an einer spitz geformten oder thermisch an der beheizten Kathode ausgesendet (emittiert) und im einfachsten Fall an der einzigen anderen Elektrode, der meist positiv aufgeladenen Anode, aufgefangen.
Darüber hinaus kann eine Röhre noch eine Reihe weiterer Elektroden enthalten, wie zum Beispiel Steuer- und Schirmgitter oder als Elektronenoptik wirksame Elektroden, wie zum Beispiel der Wehneltzylinder oder magnetische Spulen.
Das Vakuum in der Röhre ist notwendig, damit die Elektronen eine ausreichende freie Weglänge haben und nicht durch Gasmoleküle abgebremst werden. Auf der inneren Wandung der Röhre ist zumeist im oberen Teil ein spiegelnder Belag zu sehen, der durch das sogenannte Getter hervorgerufen wird, das nach dem Auspumpen und Abschmelzen der Röhre noch freiwerdende Gasreste binden soll. Hat eine Röhre durch Beschädigung oder Alterung Luft gezogen, verschwindet die spiegelnde Schicht, und ein milchig weißer Belag bleibt zurück.
Daneben gibt es auch gasgefüllte Elektronenröhren wie beispielsweise das Thyratron zur Realisierung der Phasenanschnittsteuerung. Sie sind heute fast vollständig von Thyristoren verdrängt worden.
Einsatzgebiete

Die meisten dieser Röhren sind heute bis auf Randbereiche von Halbleiterbauelementen wie Transistoren und Dioden verdrängt worden. Ausnahmen bilden Hochleistungs-Hochfrequenzröhren als Senderöhren in der Radar- und Funktechnik, die bis heute die günstigste Möglichkeit darstellen, Hochfrequenz hoher Leistung zu erzeugen. Hierbei kommen sowohl Trioden und Mehrgitterröhren als auch Klystrons, Magnetrons und Wanderfeldröhren zum Einsatz. Solche leistungsfähigen Röhren werden auch in der Industrie u.a. für die Hochfrequenzerwärmung eingesetzt. Das sind Anlagen, die kapazitiv oder induktiv Wärme direkt in einem Werkstück erzeugen (z.B. auch im Mikrowellenherd). Weitere Anwendungen sind Hochfrequenzgeneratoren zur Plasmaerzeugung (Sputtern oder zur Anregung von Gaslasern).
E-Gitarrenverstärker verwenden auch heute noch häufig in den Vor- und Endstufenbaugruppen Elektronenröhren. Dem Verstärker wird dadurch ein besonderer Klang nachgesagt, der insbesondere von anspruchsvollen Musikern als 'überlegen' klassifiziert wird.
Die Ursachen für das Phänomen 'Röhrenklang' bei Gitarrenverstärkern kommen aus verschiedenen Richtungen: einerseits ist es ein vergleichsweise großer Anteil von geradzahligen Oberwellenanteilen zusammen mit einer nennenswerten Intermodulation, die bei dem Gegentakt-Schaltungsprinzip der Röhrenendstufen durch deren Kennlinie entsteht, andererseits spielen auch die Sättigungseffekte der Ausgangstransformatoren eine mitentscheidende Rolle. Dieser typische, besonders bei einsetzender Übersteuerung charakteristisch zutage tretende Soft-Clipping-Effekt, ist für viele namhafte Gitarristen ein unverzichtbares musikalisches Stilelement, das nur sehr unvollkommen in Transistorverstärkern digital emuliert werden kann.
Die Braunsche Röhre oder auch Kathodenstrahlröhre ist in Fernsehgeräten und Computerbildschirmen noch nicht komplett von LCDs und Mikrospiegel-Projektionssystemen verdrängt worden. Röntgenröhren sind neben Quellen, die Teilchenbeschleuniger enthalten, die in Medizin und Forschung am weitesten verbreitete Quelle für Röntgenstrahlen. Magnetrons finden unter anderem im Mikrowellenherd und in RADAR-Geräten weite Verwendung.
Nachteile der Röhren gegenüber Transistoren
Der Niedergang der klassischen Röhren wurde durch die Erfindung der Transistoren 1947 eingeleitet. Die Transistoren kamen in den 1950er Jahren auf den Markt und lösten in den 1960er Jahren die Röhren in großem Maße ab. Röhren haben im Vergleich zu den Transistoren folgende Nachteile:
- aufwändige Stromversorgung mit Hochstrom-Niederspannung und Niedrigstrom-Hochspannung
- hohe Verlustleistungen im Heizkreis
- verzögerte Betriebsbereitschaft
- hoher Ausgangswiderstand
- hoher Platzbedarf und sehr begrenzte Integrationsmöglichkeit
- hohe Herstellungskosten
- empfindlicher gegenüber mechanischen Beanspruchungen
- mangelnde Stabilität der elektrischen Werte im Betrieb
- kürzere Lebensdauer
Vorteile der Röhren gegenüber Transistoren
Trotz entscheidender Nachteile gegenüber Halbleiter-Bauelementen können sich Elektronenröhren aufgrund ihrer besonderen thermoionischen Eigenschaften in verschiedenen technischen Nischen auch heute noch behaupten:
- sie sind wesentlich unempfindlicher gegenüber Fremdspannungen und dem NEMP (Nuklearer Elektro-Magnetischer Puls) sowie radioaktiver und kosmischer Strahlung
- Fehlanpassungen bei Hochfrequenz-Sendern ertragen Röhren wesentlich besser als Transistoren
- sie haben eine hohe Toleranz bei Überschreitung der elektrischen Grenzwerte
- bei sehr hohen Leistungen (z. B. Lang- und Mittelwellen-Sender im Megawattbereich) sind Röhren auch heute noch sicherer und kostengünstiger
- sie haben einen breiteren Betriebstemperaturbereich als Halbleiter
- Röhren haben eine außerordentlich weite dynamische Bandbreite durch ihre hohen Betriebsspannungen
- sie sind auch ohne problematische Gegenkopplung zu einer hohen Übertragungslinearität fähig.
Audioanwendungen
Ein weiterer Vorteil der Elektronenröhren sind ihre guten klanglichen Eigenschaften im aktiven Signalzweig von sorgfältig konzipierten Audiogeräten. Zwar können mit Halbleiterverstärkern und mit Methoden der digitalen Signalverarbeitung mittels Signalprozessoren ähnliche Übertragungsfunktionen simuliert werden - doch bei der Durchführung von subjektiven Hörtests sieht es anders aus: Insbesondere die analytisch trainierten Ohren von Berufsmusikern stellen guten Röhrenverstärkern, trotz einer klanglich problematischen magnetischen Hysterese der hier notwendigen Ausgangs-Transformatoren, ein exzellentes Zeugnis aus, wobei die psychoakustischen Vorgänge bei der Bewertung noch weitgehend ungeklärt sind.
Anzumerken bleibt dabei, dass jene vergleichende Erhebungen nicht immer mit der angemessenen Validität ausgestattet sind - den jeweiligen Probanden ist häufig bekannt, ob bzw. zu welchem Zeitpunkt des Tests Röhrenverstärker eingesetzt werden oder ob die zu vergleichenden Verstärker schon grundlegend und auch messtechnisch erfassbare Unterschiede aufweisen. Damit können sachfremde Urteilskriterien in die Bewertung von Röhrenverstärkern einfließen.
Dieser subjektiv bessere Höreindruck von röhrenbestückten Verstärkern spielt sowohl im sogenannten High-End-Hifi-Bereich wie auch bei den Verstärkern für E-Gitarren einen besonderen Einfluss, was die seit einigen Jahren stetig steigenenden Produktionszahlen für Röhrenverstärker in den erwähnten Marktsegmenten erklärt. Aber auch in den analogen Ausgangsstufen und Filtern hochwertiger CD-Spieler greift man gerne auf Röhren zurück, wobei sicher auch dem damit verbundenen optischen Eindruck der Röhrenheizung zusammen mit der häufig hervorgehobenen Platzierung der Elektronenröhren im Design des Gehäuses eine besondere Rolle zukommt.
Manche HiFi-Puristen lehnen sogenannte Gegenkopplungsmaßnahmen ab, weil sie wegen der Laufzeitunterschiede der Signale zu problematischen Phasenfehlern im Nutzsignal führen können. Aufgrund der besonderen Eigenschaften der Elektronenröhren kann bei Röhrenverstärkern in einer entsprechend konfigurierten Schaltungsumgebung ohne Stabilitäts- und Linearitätseinbußen auf dieses Konzept verzichtet werden.
Röhrentypen
im Hinblick auf die Anzahl und Anordnung der Elektroden.
Diode
Hier sind nur die beiden immer vorhandenen Elektroden Anode (1) und Kathode (2) vorhanden. In oder nahe bei der Kathode befindet sich zumeist ein Glühdraht (H), der stromdurchflossen die Kathode zur Rotglut erhitzt. Durch Anlegen einer elektrischen Spannung zwischen Kathode und Anode werden die in der Kathode durch die Wärmebewegung freigesetzten Elektronen durch das Vakuum zur Anode hin beschleunigt und von dieser aufgefangen.
Voraussetzung hierbei ist die (oben erwähnte) Polarität der angelegten Spannung: die Kathode muss gegenüber der Anode negatives Potential aufweisen, damit ein Anodenstrom zustandekommt (s. auch Röhrendiode).
Hauptanwendungsgebiete: Gleichrichter, Demodulator
Triode
Die Triode oder Eingitterröhre besteht aus einer zusätzlichen Elektrode, dem sogenannten (Steuer)Gitter (3), welches zwischen Kathode und Anode angebracht ist und das praktisch meist die Form einer Spirale hat.
Die Menge der zwischen Kathode und Anode fließenden Elektronen lässt sich durch die Höhe einer am Gitter anliegenden negativen Spannung stromlos steuern. Da das Gitter nahe an der Kathode liegt, erzeugen schon kleine Variationen der Gitterspannung große Stromschwankungen zwischen Anode und Kathode, da die Elektronen dort noch langsam sind und daher bereits mit einer kleinen negativen Spannung am Gitter blockiert werden können.
Einige Elektronen gelangen durch das Gitter und werden dann weiter zur Anode beschleunigt. Die Menge dieser Elektronen ist dabei von der Spannung am Gitter abhängig, so dass der Stromfluss Anode-Kathode durch die Spannung am Gitter gesteuert wird und es zu einer Verstärkung kommt.
Das macht die Triode zum historisch ersten elektronischen Verstärker - eine Funktion, in der sie heute meist durch die kleineren, rausch- und verlustärmeren Transistoren ersetzt wurde.
Das Maß der Verstärkung ist die Steilheit (mA/V). Sie ist umso höher, je näher das Gitter der Kathode ist und je dichter es ist. Besonders steile Trioden haben sogenannte Spanngitter, welche besonders fein und sehr nahe der Kathode angeordnet sind.
Einer der Vorreiter der Triodentechnik war Max Jester.
Heute finden sich Trioden vor allem in Vorverstärkerstufen von Hi-End-Audiogeräten - in Endstufen werden sie aufgrund des schlechteren Wirkungsgrades nur selten eingesetzt.
Eine besondere Bauform sind Scheibentrioden; diese haben flache (scheibenförmige) Elektroden, welche rundum konzentrisch kontaktierbar sind, um sie induktivitätsarm in koaxialen Anordnungen anschließen zu können. Sie werden als HF-Verstärker bis ca. 5 GHz eingesetzt. Weitverbreitete Trioden sind z.B.:
- EC92 (HF-Triode)
- ECC81 (UKW-Doppeltriode)
- ECC82 (NF-Verstärker, Impulstrennstufe in TV-Empfängern)
- ECC83 (rausch-, kling- und mikrofoniearme NF-Doppeltriode für NF-Verstärker)
- ECC85 (steile UKW-Doppeltriode)
- ECC86 (Niederspannungs-Doppeltriode mit 12 Volt Anodenspannung für Autoradios)
- EC88, EC86 (steile Spanngitterröhren für Frequenzen bis ca. 800MHz)
Das C in der Bezeichnung bedeutet Triode, das E bedeutet 6,3 V Heizspannung.
Tetrode
Die Tetrode weist ein weiteres Gitter auf, das sogenannte Schirmgitter (4), und hat somit vier Elektroden. Das Einfügen dieses Gitters zwischen Steuergitter und Anode ändert einige fundamentale elektrische Parameter der Röhre. Das Schirmgitter wird mit einer möglichst konstanten positiven Spannung gespeist und schirmt die Kathode von der Anode ab: Der Elektronenstrom Richtung Anode wird nun auch von der positiven Spannung am Schirmgitter bestimmt. Die Spannung an der Anode ist ab einem Schwellwert nahezu unabhängig vom Anodenstrom; das Schirmgitter stellt für das Steuergitter konstante Feldbedingungen her und beschleunigt die Elektronen gleichmäßig Richtung Anode - auch wenn diese eine niedrigere Spannung als das Schirmgitter annimmt. Das erhöht den Innenwiderstand (Quellwiderstand) der Anode beträchtlich. Die unterbundene Rückwirkung der Anodenspannung auf das Feld beim Steuergitter führt zu einer wesentlich erhöhten Verstärkung (Steilheit).
Leider weist die Tetrode auch einen Nachteil auf: Es gibt einen Bereich in der elektrischen Kennlinie, bei dem die Elektronen gerade soweit beschleunigt werden, dass sie mit hoher Geschwindigkeit auf die Anode aufprallen, dort jedoch sogenannte Sekundärelektronen herausschlagen, die auf das positivere Schirmgitter gelangen. Diese Sekundärelektronen gehen dem Anodenstrom verloren, was sich in einer charakteristischen Delle im Kennlinienfeld zeigt. Eine Verwendung im Bereich dieser Delle erzeugt Verzerrungen, da der Anodenstrom hier nicht mehr weitgehend der Gitterspannung am Steuergitter folgt. Das Schirmgitter wird hierdurch zusätzlich thermisch belastet.
Eine Maßnahme, dieses Problem in den Griff zu bekommen, ist, den Abstand zwischen Anode und Schirmgitter möglichst groß zu machen - so groß, dass das elektrische Feld der Anode möglichst alle Sekundärelektronen wieder einfangen kann und nur eine unbedeutende Menge zum Schirmgitter gelangt. Dies ist z. B. bei manchen Ausführungen der Endröhre EL11 aus DDR-Produktion der Fall.
Eine weitere Maßnahme wird im Folgenden beschrieben.
Pentode

Um die Probleme mit den Sekundärelektronen zu umgehen, fügten die Konstrukteure ein weiteres Gitter zwischen Anode und Schirmgitter ein, das sogenannte Bremsgitter (5). Es ist sehr weitmaschig und liegt elektrisch auf der selben Spannungsebene wie die Kathode. Den von der Kathode kommenden Elektronenstrom beeinflusst es durch seine Weitmaschigkeit praktisch nicht. Die von der Anode kommenden, gegenüber dem Hauptstrom wesentlich langsameren Sekundärelektronen werden davon allerdings gänzlich wieder Richtung Anode gelenkt. Die Pentode hat daher in der Summe fünf Elektroden.
Die Pentode ist die letzte Stufe einer langen Entwicklungsreihe. Dem Vorteil einer sehr hohen Verstärkung steht allerdings der Nachteil eines höheren Eigenrauschens entgegen. Da die Elektronen im Laufe ihres Weges zur Anode an verschiedenen Potentialen vorbeikommen, werden sie wechselweise beschleunigt, gebremst und sogar aus ihrer geradlinigen Bahn abgelenkt. Dies erzeugt eine Rauschspannung an der Anode, wie sie am Steuergitter allerdings nie eingespeist wurde.
Aus diesem Grunde ging man in der Radio- und Fernsehtechnik Anfang der 50er Jahre schon dazu über, in den Eingangsteilen der UKW-Verstärker von den Pentoden abzulassen und Trioden zu verwenden. Über einen Kunstgriff, die sogenannte Kaskode-Schaltung, erreichte man mit zwei Trioden pentodenähnliche Verstärkungswerte, allerdings ohne deren Rauschen.
Beam-Power-Tetroden nennt man spezielle Pentoden, die anstelle des Bremsgitters zwei Elektronenstrahl-Leitbleche besitzen.
Leistungspentoden werden zumeist mit dem Buchstaben L bezeichnet (in der europäischen Nomenklatur).
Beispiele für Pentoden sind:
- EF80 (Breitband-Pentode)
- EF83 (regelbare Breitbandpentode)
- EF86 (Hi-Fi Kleinsignalpentode für NF-Anwendung)
- EL84 / PL84 (NF-Endpentode für Radiogeräte und Verstärkeranwendung)
- EL34 (häufig in Audioverstärkern eingesetzte NF-Endpentode)
- PL83 (Videoendstufe in TV)
- PL500 (Schaltpentode, Horizontal-Endstufe in TV)
Hexode
Die Hexode ist eine Elektronenröhre mit sechs Elektroden: Anode, Kathode, und insgesamt vier Gittern. Vereinfacht ausgedrückt ist die Hexode eine Reihenanordnung von zwei Tetroden mit nur einer Kathode und einer Anode - sie enthält somit zwischen Kathode und Anode zwei Steuergitter (G1+G3) und zwei Schirmgitter (G2+G4).
In der häufigsten Anwendung dieses Röhrentyps werden den Steuergittern G1 und G3 zwei verschiedene Signale mit unterschiedlicher Frequenz (f1, f2) zugeführt. An der Anode treten dann die (verstärkten) Signale mit den Frequenzen f1, f2, f1+f2 und f1-f2 auf. Bei Überlagerungsempfängern ist hierbei nur die Differenz f1-f2 von Bedeutung - die sogenannte Zwischenfrequenz (ZF).
Schaltungen dieser Art werden Multiplikative Mischer genannt, da sich das Ausgangssignal aus der Multiplikation der beiden Steuersignale ergibt. Multiplikative Mischung ist besonders bei Amplitudenmodulation von Vorteil, da gegenüber additiver Mischung weniger Signalverzerrungen auftreten.
Diese Schaltungen fanden daher in AM-Radioempfängern weite Verbreitung (Details s. Überlagerungsempfänger).
Der häufigste Vertreter ist die ECH81, welche zusätzlich noch ein Triodensystem (Verwendung als Oszillator) enthält. Die beiden Schirmgitter des Hexodenteils sind bei dieser Röhre miteinander verbunden.
Heptode
Die Heptode ist eine Weiterentwicklung der Hexode und eine Fünfgitterröhre. Dabei wird ein weiteres Bremsgitter (7) vorgesehen und fix mit dem Bremsgitter (5) im Kolben verbunden. Meist ist dann nur ein einzelner elektrischer Anschluss aus dem Kolben für beide Gitter herausgeführt (ganz im Sinne des Bremsgitters einer Pentode, hier zwischen zweitem Schirmgitter und Anode).
Oktode
Die Oktode oder Achtpolröhre ist eine Weiterentwicklung der Heptode und besitzt ein zusätzliches sechstes Gitter unmittelbar vor der Anode, welches meist fix im Kolben mit der Kathode bzw. bei direkt geheizten Röhren mit dem Heizfadenmittelpunkt verbunden ist. Das heißt, es ist kein zusätzlicher elektrischer Anschluss für dieses Gitter am Kolben vorhanden. Dieses zusätzliche Gitter dient zur Beseitigung von Sekundärelektronen und Verbesserung der Kennlinie der Heptode. Die Oktode ist wie die Heptode eine Spezialröhre für Überlagerungsempfänger und ist gleichzeitig in Misch- und Oszillatorschaltungen einsetzbar.
Magisches Auge
Das Magische Auge ist eine Spezialröhre, die das elektrische Signal in ein Lichtband oder eine Rosette umsetzt, deren Ausdehnung von der angelegten Steuerspannung abhängt. Auch andere Formen wurden genutzt (Kreis, Fächer). Das Magische Auge wurde in Röhrengeräten zur Abstimmanzeige verwendet. Ältere magische Augen leuchteten in der Regel grün, modernere Röhren ab den 60er Jahren leuchteten meistens blau (z.B. EM84). Die Leuchtfarbe ist abhängig von der Substanz, die vom Elektronenstrahl angeregt wird.
Für Stereo-Geräte gab es sogar spezielle Abstimmanzeigeröhren mit zwei Systemen: Das eine System zeigte wie gewöhnlich die Stärke des Senders an, das zweite System zeigte bei UKW-Sendungen das Vorliegen eines Stereo-Signals (z.B. EMM803).
Mehrfachröhren (Verbundröhren)
In Mehrfachröhren sind zwei oder mehr Röhrensysteme vereint, sie sind gewissermaßen die ersten integrierten Schaltungen der Elektronik: zum Beispiel zwei Trioden in der ECC86, eine Triode und eine Leistungspentode in der ECL82 und eine Diode, eine Doppeldiode und eine Triode in der EABC80. Es sind auch Kombinationen von Abstimmanzeigeröhren und Pentoden hergestellt worden, z. B. in der EFM11.
Weitere Beispiele für Elektronenröhren
- Bildverstärker, Restlichtverstärker, Bildwandlerröhre
- Fotozelle (teilweise auch gasgefüllt)
- Röhrendiode, auch Glühventil genannt
- Braunsche Röhre, Bildröhre (CRT)
- Crookes-Röhre
- Röntgenröhre
- Plumbicon
- Klystron, ein Sende-Verstärker im Mikrowellenbereich, es findet auch in Radaranlagen (Reflexklystron als Misch-Oszillator) oder in Teilchenbeschleunigern Verwendung.
- die Wanderfeldröhre, als Signalverstärker in der Radartechnik und Radioastronomie benutzt.
- das Magnetron, als selbstständiger Mikrowellengenerator in der Radartechnik und als Hauptteil des Mikrowellenherdes verwendet.
- Liebenröhre
- Sekundärelektronenvervielfacher und Photomultiplier
- Anzeigeröhren (Nixie-Röhren, Fluoreszenzanzeigen); bei Fluoreszenzanzeigen befindet sich die Kathode als dünner Draht vor sichtbaren, mit Leuchtstoff belegten Segmenten, Ziffern oder Symbolen. Fluoreszenzanzeigen werden gerne als Display in Heimelektronik-Geräten verwendet.
Beispiele für gasgefüllte Elektronenröhren
Bezeichnungschema (europäisch)
1. Buchstabe: Heizungsart (Spannung oder Strom)
A = 4 V (i.d.R. indirekt) B = 180 mA direkt aus Batterien C = 200 mA indirekt D = 1,4 V Heizung direkt oder halbindirekt mittels Batterien E = 6,3 V indirekt F = 12,6 V indirekt G = 5 V indirekt H = 150 mA indirekt I = (wurde schon für 20 V indirekt verwendet) K = 2 V (direkt, Heizung durch Blei-Säure-Zellen) L = 450 mA indirekt O = ohne Heizung (für gasgefüllte Röhren, auch Halbleiter) P = 300 mA indirekt U = 100 mA indirekt V = 50 mA indirekt X = 600 mA indirekt Y = 450 mA indirekt Z = ohne Heizung (für gasgefüllte Röhren)
2. Buchstabe: Systemart
A = Diode B = Zweiwegdiode, zwei Anoden zu einer Kathode C = Triode D = Leistungstriode E = Tetrode F = Pentode H = Hexode oder Heptode K = Oktode L = Leistungstetrode oder Leistungspentode M = Anzeige- bzw. Indikatorröhre N = Enneode (9-Pol-Röhre) T = Zählröhre (digitale Anwendungen) W = Einweg Leistungsdiode mit spezieller Gasfüllung X = Zweiweg Leistungsdiode mit spezieller Gasfüllung Y = Einweg-Leistungsdiode Z = Zweiweg-Leistungsdiode
3. Weitere Buchstaben: weitere Systeme im selben Glaskolben,
dann
1. Ziffer oder anfängliche Ziffern: Hinweis auf Sockelart
1 bis 9 = Außenkontakt-Sockel (groß und klein) 10 bis 19 = Stahlröhren-Sockel (8- und 10-polig) 20 bis 29 = Loktal-Sockel 30 bis 39 = Oktal-Sockel 40 bis 49 = Rimlock-Sockel 70 bis 79 = für Kleinströhren (Anschlussdrähte) 80 bis 89 = Noval-Sockel 90 bis 99 = Pico-Sockel 150 bis 159 = Noval-Sockel 500 bis 599 = Magnoval-Sockel
2. oder letzte Ziffer: Hinweis auf Art der Gitter-Steuerkennlinie
(Anodenstrom in Abhängigkeit von der Steuergitterspannung) gerade Ziffer = möglichst lineare Kennlinie ungerade Ziffer = gekrümmte Kennlinie für Regelröhren
Typische reguläre Beispiele:
UL 84 = Leistungsendpentode für 100 mA Heizstrom, Noval-Sockel und gerader Steuerkennlinie
EF 97 = Regel-Pentode für 6,3 V Heizspannung, Pico-Sockel
VY 1 = Leistungsdiode für 50 mA Heizstrom, Außenkontaktsockel
Kühlung
Röhren müssen ihre Verlustleistung an die Umgebung abgeben können. Senderöhren mit sehr hoher Leistung werden mit Wasser gekühlt, während Senderöhren mittlerer Leistung mit Keramikgehäuse mit Druckluft gekühlt werden.
Glaskolbenröhren müssen ihre Verlustleistung durch Strahlungswärme des Anodenblechs abgeben. Glüht dieses kirschrot, ist die maximale Verlustleistung erreicht.
Siehe auch
Quellen
Weblinks
- Röhrengrundlagen
- Funktion einer Röhre in Flash
- Exzellente Seite über Elektronenröhren von H.-T. Schmidt
- Service für vergriffene Röhren-Datenblätter
- Röhren-Datenblätter kostenlos herunterladen
- Friedrich Hunold
- Jogis Röhrenbude
- Cooper-Hewitts Patent GB 4 168
- von Liebens Patent DE 179 807
- Flemings Patent GB 24 850
Literatur
- Benz, Einführung in die Funktechnik, Springer Verlag Wien, Dritte Auflage, 1944 (vergriffen)
- Röhren-Taschen-Tabelle, begründet von Fritz Kunze und Erich Schwendt, verschiedene Auflagen, Franzis-Verlag Poing (ehemals München)