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Verminderte Erwerbsfähigkeit

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Die Verminderte Erwerbsfähigkeit bezeichnet einen krankheits- bzw. behinderungsbedingten physischen bzw. psychischen Zustand, der die Fähigkeit eines Menschen, seinen Lebensunterhalt mit der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit zu verdienen einschränkt.
In Deutschland spielt dieser Begriff vor allem für eine Rente wegen Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rolle.

Gesetzliche Grundlage und Begriffsklärung

Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zum 1. Januar 2001 (BGBl. I S. 1827 vom 20. Dezember 2000) wurde die gesetzliche Vorschrift, die einen Anspruch regelt, neu gefasst. Die Begriffe Berufs- und Erwerbsunfähigkeit sind vollständig entfallen und damit grundsätzlich auch der bisherige Berufsschutz. Eine Ausnahme ist die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Die Sonderregelung gilt für vor dem 2. Januar 1961 geborene Versicherte (§ 240 Sozialgesetzbuch VI [1]). Diese genießen auf Grundlage ihrer beruflichen Qualifikation Berufsschutz. Wichtig: Zu beachten ist allerdings, dass auch für diesen Personenkreis die alte Berufsunfähigkeitsrente (2/3 der vollen Rente) entfallen ist; wer gemäß § 240 Sozialgesetzbuch VI berufsunfähig ist, erhält nur die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, also nur 50% der vollen Rente!

Bis zum 31. Dezember 2000 galt der alte Begriff der Erwerbsunfähigkeit. Erwerbsunfähig im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung waren Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (bis 31. März 2003 630 DM / 325 EUR) übersteigt. Erwerbsunfähig war nicht, wer eine selbständige Tätigkeit ausübt oder eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann. Dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs. 2 SGB VI i. d. F. bis 31. Dezember 2000).

Die alte Bezeichnung Invalidität gibt es schon lange nicht mehr. Im Übrigen weichen auch die bereits nicht mehr gültigen Begriffe Berufs- und Erwerbsunfähigkeit von der Invalidität ab. Die bis Dezember 2000 im Rentenrecht definierte Erwerbsunfähigkeit schloss Invalidität ein. Invalidität lag damit definitionsgemäß zwischen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit.

Teilweise Erwerbsminderung

  • Eine teilweise Erwerbsminderung liegt vor, wenn der Antragsteller auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt - unabhängig vom erlernten Beruf - nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich tätig sein kann (§ 43 SGB VI.) Allerdings kann auch in diesem Fall eine Rente wegen voller Erwerbsminderung als sogenannte "Arbeitsmarktrente" gewährt werden, wenn der (Teilzeit-)Arbeitsmarkt als verschlossen gilt. Das ist dann der Fall, wenn der Versicherte keinen seinem Leistungsvermögen entsprechenden (Teilzeit-)Arbeitsplatz inne hat oder ihm kein solcher angeboten werden kann. Da solche Arbeitsplätze selten konkret benannt werden können, sind Arbeitsmarktrenten bei einem drei- bis unter sechsstündigen Leistungsvermögen eher die Regel als die Ausnahme.


Es fehlen Aussagen darüber, wie die verbleibende halbe Arbeitskraft neben der Teilerwerbsminderungsrente behandelt wird: bei Krankschreibung Teil-Krankengeld, bei Arbeitsfähigkeit Teilzeitjob, bei Arbeitslosigkeit Teilarbeitslosengeld!

Volle Erwerbsminderung

  • Volle Erwerbsminderung ist dann gegeben, wenn die Erwerbsfähigkeit derart eingeschränkt ist, dass Tätigkeiten auf dem Arbeitsmarkt weniger als drei Stunden täglich verrichtet werden können (§ 42 SGB VI).


Es fehlen Aussagen darüber, wie die verbleibende halbe Arbeitskraft neben der Teilerwerbsminderungsrente behandelt wird: bei Krankschreibung Teil-Krankengeld, bei Arbeitsfähigkeit Teilzeitjob, bei Arbeitslosigkeit Teilarbeitslosengeld!

Neu: Höhere Voraussetzungen

Im Gegensatz zu der bisherigen Regelung stellen die neuen Definitionen weitaus höhere Anforderungen an die erforderliche Minderung der Erwerbsfähigkeit. Bisher erhielt ein Versicherter die Berufsunfähigkeitsrente, sofern ein Berufsschutz vorlag. Eine Berufsunfähigkeit lag bereits dann vor, wenn der Versicherte nicht mehr im Stande war, die erlernte Berufstätigkeit oder aber eine zumutbare Verweisungstätigkeit auszuüben. Heute kann der Antragsteller (mit Ausnahme des § 240 Sozialgesetzbuch VI, s.o.) auf jede Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Ein leitender Vorarbeiter könnte bspw. noch als Kassierer an einer Sammelkasse für mindestens sechs Stunden täglich arbeiten und wäre somit in keiner Weise erwerbsgemindert. Jede Verweisung ist möglich, ein sozialer Abstieg ist - in Abgrenzung zur bisherigen Regelung - irrelevant. Im Normalfall muss vom Rentenversicherungsträger noch nicht einmal eine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden.

Früher war der Normalfall, dass die Rente auf Dauer gezahlt wird. Der Ausnahmefall war, wenn eine Besserung wahrscheinlich war, dass die Rente nur auf Zeit gezahlt wurde. Arbeitsmarktrenten wurden immer als Zeitrente gewährt.

Seit dem 1. Januar 2001 ist die Zeitrente der Normalfall (zumindest ist dies vom Gesetzgeber so vorgesehen). Nur wenn eine Besserung unwahrscheinlich ist, kann die Rente auf Dauer gewährt werden. Arbeitsmarktrenten werden immer auf Zeit gewährt. Die so genannte Wartezeit für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beträgt fünf Jahre Versicherungszeit (Beitrags- und Ersatzzeiten). Als weitere versicherungsrechtliche Anspruchsvoraussetzung existiert die "3/5- Belegung", d.h. das Vorliegen von mindestens 3 Jahren Pflichtbeiträgen im Zeitraum von 5 Jahren vor dem Eintritt der Erwerbsminderung. Für Auszubildende (während der Ausbildung und bis zu sechs Jahre nach Beendigung der Ausbildung) oder bei Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit gelten Sonderregelungen, sodass u.U. schon mit dem Eintritt in die Versicherung vom ersten Tag an Versicherungsschutz besteht (§ 53 SGB VI).

Auszahlung

Bei zeitlich unbefristeter Bewilligung:
Die Rente beginnt mit dem auf den Eintritt der Erwerbsminderung folgenden Monat. Dies gilt allerdings nur, wenn der Antrag innerhalb von drei Kalendermonaten nach Eintritt der Erwerbsminderung gestellt wird.
Bei zeitlich befristeter Bewilligung:
Die Rente wird ab Beginn der 7. Kalendermonats nach Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet (§ 101 Abs 1 SGB VI).

Hinzuverdienst

Wenn ein Versicherungsnehmer neben dem Rentenbezug zusätzlich eine berufliche Tätigkeit ausüben möchte sind Einkommens-Höchstgrenzen zu beachten.
Eine zusätzlich abgeschlossene private Berufsunfähigkeitsversicherung stellt im Leistungsfall keinen Hinzuverdienst dar und hat somit keinerlei Einfluß auf die Leistungen des gesetzlichen Rententrägers.

Siehe auch

Arbeitsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit (von Beamten)