Hectocotylus

Als Hectocotylus (Plural: Hectocotyli; nach altgriechischen ἑκᾰτόν (hekatón): „hundert“ und κότυλος (kótulos): „Schüssel“, „Napf“) wird ein zum Fortpflanzungsorgan umgebildeter Arm bei männlichen Kopffüßern bezeichnet.
Funktion und Morphologie
Hectocotyli dienen während der Paarung zur Übertragung der Spermatophoren vom Männchen auf das Weibchen. Ausprägung und Position der Hectocotyli sind artspezifisch und wesentliche Bestimmungsmerkmale. Meist ist nur ein Arm entsprechend umgeformt. Bei einigen Sepien und Kalmaren sind zwei Hectocotyli ausgebildet, während sie bei anderen Kalmaren, den Vampirtintenfischen und den Cirrentragende Kraken fehlen.[1]

Bei Sepien und einigen Kalmaren unterscheidet sich der Hectocotylus (in diesen Fällen meist einer der vierten Arme) nur durch eine geringere Anzahl oder ein vollständiges Fehlen von Saugnäpfen von den anderen Tentakeln. Bei Vertretern der Echten Kraken ist dagegen der dritte Arm hectocotylisiert, wobei meist der ganze Arm durch eine Furche (Spermatophoren-Rille) entlang der Ventralseite modifiziert wird. Die Spermatophoren-Rille endet in der Regel in einem konischen Fortsatz (Calamus) an der Basis der oft löffelförmig verbreiterten Tentakelspitze (Ligula).[1][2]
Der Hectocotylus holt sich die Spermatophoren entweder selbst (Kalmare, Sepien) aus der Needhamschen Tasche oder sie werden von einem penisförmigen Fortsatz bis zur Basis des Arms transportiert (Octopodidae).[1]
Üblicherweise wird der Hectocotylus in jeder neuen Paarungssaison von neuem ausgebildet.
Sonderformen
Bei Haliphron atlanticus („Siebenarmiger Oktopus“) wird der Hectocotylus in einem kleinen Gewebesack in der Nähe des rechten Auges gelagert, was nach außen hin zu dem offenbar siebenarmigen Erscheinen führt.[3]
Ein Sonderfall ist der Hectocotylus des Papierboots Argonauta. Die Befruchtung erfolgt durch den Arm des Männchens, der die Spermatophoren in einer Höhle im Mantel des Weibchens platziert, allerdings muss dazu kein direkter Kontakt entstehen, der Arm ist in der Lage, sich vom Männchen zu lösen und selbständig zum Weibchen zu schwimmen.
Forschungsgeschichte
Kurios ist an dieser Stelle, dass der abgetrennte Hectocotylus von seinem Namensgeber Georges Cuvier ursprünglich für einen Parasiten am Weibchen gehalten wurde, ehe man ihn dem Männchen zuordnen konnte. Jedoch wurde bereits in den biologischen Werken Aristoteles' der Arm beschrieben, allerdings bis zu seiner Neuentdeckung im 19. Jahrhundert für einen Mythos gehalten.
Einzelnachweise
- ↑ a b c R. T. Hanlon & J. B. Messenger: Cephalopod Behaviour. 2. Ausgabe, Cambridge University Press, 2018, ISBN 978-0-521-89785-3, S. 148–205, (Leseprobe).
- ↑ P. Jereb, C. F. E. Roper, M. D. Norman & J. K. Finn (Hrsg.): Cephalopods of the World: An Annotated and Illustrated Catalogue of Cephalopod Species Known to Date. Band 3: Octopods and Vampire Squids, Food and Agriculture Organization of the United Nations, Rom, 2014, ISBN 978-92-5-107989-8, S. 22–32, (Digitalisat)
- ↑ F. D. Lima, L. F. Mendes, L. Veras, T. S. Leite & S. M. Q. Lima: The Seven-arm Octopus, Haliphron atlanticus Streenstrup, 1861 (Cephalopoda, Alloposidae), in the Fernando de Noronha archipelago, Brazil. In: Check List - The Journal of Biodiversity Data, Band 13, Nummer 1, 2017, S. 1–5, (Digitalisat).