Sue Klebold
Sue Klebold (* 25. März 1949 als Susan Frances Yassenoff in Columbus, Ohio) ist eine US-amerikanische Autorin und soziale Aktivistin. Weltweite Bekanntheit erlangte sie, nachdem ihr 17-jähriger Sohn Dylan Klebold gemeinsam mit seinem Schulfreund Eric Harris am 20. April 1999 den Amoklauf an der Columbine High School verübt und sich anschließend selbst das Leben genommen hatte.
Klebold verarbeitete die Tat und den Suizid ihres Sohnes in ihren 2016 erschienenen Memoiren Liebe ist nicht genug – Ich bin die Mutter eines Amokläufers (Originaltitel: A Mother’s Reckoning: Living in the Aftermath of Tragedy), die zu einem Bestseller wurden. Ihren Anteil am Erlös des Buches spendet sie an Einrichtungen, die sich der Suizid- und Gewaltprävention widmen, für die sie sich seit dem Amoklauf engagiert.
Biografie
Klebolds Leben vor dem Amoklauf
Susan Klebold, genannt „Sue“, kam am 25. März 1949 als Tochter von Charlotte (geb. Haugh, 1921–1987) und Milton Rice Yassenoff (1919–1967) zur Welt. Ihr Vater hatte russische Vorfahren und war als Kleinkind von Leo Yassenoff (1893–1971), einem erfolgreichen jüdischen Geschäftsmann aus Columbus, und dessen Frau Betty adoptiert worden. Leo Yassenoff galt als Philanthrop und vermachte fast sein gesamtes Multi-Millionen-Dollar-Vermögen wohltätigen Einrichtungen. Nach ihm wurde das jüdische Gemeinschaftszentrum in Columbus benannt. Klebold wuchs mit einer älteren Schwester und einem jüngeren Bruder in Bexley im US-Bundesstaat Ohio auf.[1]
Nach ihrem Schulabschluss an der Columbus School for Girls im Jahr 1967 studierte sie zunächst am Knox College in Galesburg, Illinois, und wechselte im Jahr 1969 an die Ohio State University, wo sie Thomas Klebold kennenlernte, den sie im Juli 1971 heiratete. Im Jahr 1972 schloss Klebold ihr Studium mit einem Bachelor of Science in Kunsterziehung und Psychologie ab. Danach zogen sie und ihr Mann nach Milwaukee, Wisconsin, wo sie als Kunsttherapeutin in einem psychiatrischen Krankenhaus arbeitete. 1975 nahm sie ein Masterstudium am Cardinal Stritch College auf, nebenbei unterrichtete sie an Grundschulen. Im Jahr 1978 brachte Klebold ihren ersten Sohn Byron zur Welt. Zwei Jahre später zogen die Klebolds nach Colorado, wo 1981 ihr zweiter Sohn Dylan geboren wurde.[1]
Die Familie ließ sich in Littleton, einer Vorstadt von Denver nieder. Als Angestellte am Colorado Community College unterstützte Klebold Menschen mit Behinderung bei der Integration in den Arbeitsmarkt.[2] Ab 1995 besuchte ihr Sohn Dylan die Columbine High School in Columbine.
Der Tag des Amoklaufs und die Zeit danach
Am 20. April 1999 verübten der 17-jährige Dylan Klebold und sein 18-jähriger Schulfreund Eric Harris einen Amoklauf an ihrer Schule, bei dem sie zwölf Schüler und einen Lehrer töteten. Weitere 24 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Anschließend begingen die beiden Suizid. Die Ermittler kamen nach Auswertung seiner hinterlassenen Tagebuchaufzeichnungen zu dem Schluss, dass Dylan Klebold seit rund zwei Jahren depressiv und suizidal gewesen war.[3]
Nach der Tat waren Sue Klebold und ihr Mann massiver Kritik, zahlreichen Schuldzuweisungen und Anfeindungen der Öffentlichkeit ausgesetzt. Ihnen wurde unter anderem mangelnde elterliche Fürsorge und das Übersehen von Warnsignalen vorgeworfen. Weder die Klebolds noch die Eltern von Eric Harris wurden jedoch strafrechtlich belangt. Mit den Familien der Opfer schlossen sie im April 2001 einen zivilrechtlichen Vergleich über eine Entschädigungssumme von 1,6 Mio. US-Dollar, die von ihren Hauseigentümerversicherungen gedeckt wurde.[4] Nach Beilegung der Rechtsstreitigkeiten kam es im Laufe der Jahre zu persönlichen Treffen zwischen Klebold und einigen Opferfamilien.[5]
Zwei Jahre nach dem Amoklauf erkrankte Klebold an Brustkrebs, von dem sie geheilt werden konnte.[5] Später entwickelte sie eine posttraumatische Belastungsstörung und litt an Panikattacken.[6] Die Ehe der Klebolds wurde 2014 geschieden. Als Scheidungsgrund gab Sue Klebold an, dass ihre Ansichten zur Tat und die Art ihrer Trauerbewältigung zu unterschiedlich gewesen seien, sodass sie am Ende keine Gemeinsamkeiten mehr gehabt hätten.[5]
Der Schritt in die Öffentlichkeit
In den ersten fünf Jahren nach dem Amoklauf mieden die Klebolds den Kontakt zu den Medien. Zum einen aus Angst, dass ihre Äußerungen falsch ausgelegt werden könnten und zum anderen, weil sie in den Monaten nach der Tat Drohungen erhielten.[7] Im Mai 2004 bezogen die Klebolds jedoch in einem Interview mit der New York Times erstmals öffentlich Stellung zum Amoklauf ihres Sohnes sowie der Kritik an ihnen und erklärten, dass Dylan die Tat nicht wegen, sondern entgegen seiner Erziehung begangen habe.[8] Im Jahr 2009 veröffentlichte sie einen Essay in Oprah Winfreys O-Magazin, in dem sie schreibt, dass sie nichts von der Depression und Suizidalität ihres Sohnes geahnt habe.[9] Ein weiteres Interview gewährten die Klebolds im Jahr 2012 für Andrew Solomons Buch Weit vom Stamm.
Im Jahr 2016 veröffentlichte Klebold ihre Memoiren Liebe ist nicht genug – Ich bin die Mutter eines Amokläufers, in denen sie versucht, Erklärungen für das Handeln ihres Sohnes und Antworten darauf zu finden, wie die Tat hätte verhindert werden können. Ihr Versagen sieht sie darin, die Anzeichen der psychischen Probleme ihres Sohnes nicht erkannt zu haben. Das Werk rangierte in der Kategorie Sachbuch auf Platz 2 der Bestsellerliste der New York Times.[10] Ihren Anteil am Erlös des Buches spendet Klebold für die Suizidprävention.[11]
Im Februar desselben Jahres gewährte Klebold Diane Sawyer ihr erstes Fernsehinterview für das ABC-Special 20/20: Silence Broken. A Mother’s Reckoning. Der Autor Dave Cullen befand, dass Klebold in dem Interview mitreißende Einsichten und ein packendes Porträt über die allmähliche Entwicklung ihres Sohnes zum Mörder geliefert habe: “We saw the agony of a mom living with those two visions of her boy, struggling to reconcile them even now […].”[12] (“Wir haben die Qual einer Mutter gesehen, die mit diesen zwei Seiten ihres Jungen leben muss und selbst jetzt noch damit ringt, sie in Einklang zu bringen […].”) Klebold bestätigte gegenüber Sawyer, dass sie gelegentlichen Kontakt zu Eric Harris’ Eltern habe, sie aber deren Privatsphäre schützen wolle.[12]
Seit dem Amoklauf und Suizid ihres Sohnes engagiert Klebold sich für die Suizid- und Gewaltprävention sowie für die Aufklärung über psychische Erkrankungen.[13] Unter anderem hielt sie im November 2016 einen Vortrag bei TED Talks, um auf diese Themen aufmerksam zu machen.
Werke
- I Will Never Know Why. Essay, O-Magazine, 2009.
- Liebe ist nicht genug – Ich bin die Mutter eines Amokläufers. Aus dem Amerikanischen von Andrea Kunstmann. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2016, ISBN 978-3-596-03431-4 (Taschenbuch); ISBN 978-3-10-403579-6 (E-Book); Original: A Mother’s Reckoning: Living in the Aftermath of Tragedy. The Crown Publishing Group (Penguin Random House) New York, NY 2016, ISBN 978-1-101-90275-2.
Filmmaterial
- 2016: 20/20: Silence Broken. A Mother’s Reckoning. (ABC-Special, Sue Klebold im Interview mit Diane Sawyer)
- 2019: American Tragedy. Love Is Not Enough. (Dokumentarfilm)
Weblinks
- Columbine: Parents Of a Killer. – Sue und Thomas Klebolds erstes öffentliches Interview mit der New York Times vom 15. Mai 2004, abgerufen am 26. Mai 2019.
- Sue Klebolds Essay I Will Never Know Why von 2009 auf Oprah.com, abgerufen am 26. Mai 2019.
- Sue Klebold bei TED Talk: My son was a Columbine shooter. This is my story. November 2016, abgerufen am 26. Mai 2019.
- Sue Klebold bei IMDb
Einzelnachweise
- ↑ a b Jeff Kass: Columbine: A True Crime Story. Conundrum Press, Golden, CO 2014, ISBN 978-1-938633-26-3, S. 33–46.
- ↑ Sharon Cohen: Friends of suspects’ families mystified. In: The Denver Post. 26. April 1999, abgerufen am 26. Mai 2019.
- ↑ Ralph W. Larkin: Comprehending Columbine. Temple University Press, Philadelphia, PA 2007, ISBN 978-1-59213-490-8, S. 148.
- ↑ Jeff Kass: Columbine: A True Crime Story. 2014, S. 277 f.
Dave Cullen: Columbine. 2009, S. 660 ff. - ↑ a b c Columbine killer’s mother Sue Klebold: He was our Sunshine Boy. In: The New Zealand Herald. 15. Februar 2016, abgerufen am 26. Mai 2019.
- ↑ Teresa Woodard: Mother of Columbine shooter speaks in Dallas: ‘I hated what he did, but I never hated him’. WFAA.com, 1. November 2018, abgerufen am 26. Mai 2019.
- ↑ Susan Dominus: ‘A Mother’s Reckoning’ by Sue Klebold. In: The New York Times. 15. Februar 2016, abgerufen am 26. Mai 2019.
- ↑ David Brooks: Columbine: Parents of a Killer. In: The New York Times. 15. Mai 2004, abgerufen am 26. Mai 2019.
- ↑ Edecio Martinez: Susan Klebold Essay in O Magazine: Columbine Killer’s Mom “Haunted by the Horror” Son Caused. CBS News, 14. Oktober 2009, abgerufen am 26. Mai 2019.
- ↑ The New York Times Best Sellers. In: The New York Times. The New York Times Company, 6. März 2016, abgerufen am 26. Mai 2019.
- ↑ Susan Dominus: ‘A Mother’s Reckoning’ by Sue Klebold. In: The New York Times. 15. Februar 2016, abgerufen am 26. Mai 2019.
Susanne Billig: Die Mutter des Amokläufers. Deutschlandfunk Kultur, 23. September 2016, abgerufen am 26. Mai 2019. - ↑ a b Dave Cullen: Updated: Columbine Mother Sue Klebold’s First TV Interview Was a Startling Look at the Parent of a Mass Shooter. In: Vanity Fair. 13. Februar 2016, abgerufen am 26. Mai 2019.
- ↑ Jimmy Benjamin: Columbine shooter’s mother tells students to be aware of signs of suicide, struggle of others. In: The Chronicle at Duke University. 11. September 2018, abgerufen am 26. Mai 2019.
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Klebold, Sue |
| ALTERNATIVNAMEN | Klebold, Susan Yassenoff (bürgerlicher Name); Yassenoff, Susan Francess (Geburtsname) |
| KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanische Autorin und Aktivistin |
| GEBURTSDATUM | 25. März 1949 |
| GEBURTSORT | Columbus, Ohio |