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Schunter

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Schunter
Zufluss der Lutter (rechts) in die Schunter bei Beienrode

Zufluss der Lutter (rechts) in die Schunter bei Beienrode

Daten
Gewässerkennzahl DE: 4828
Lage östliches Niedersachsen, Deutschland
Flusssystem Weser
Abfluss über Oker → Aller → Weser → Nordsee
Quelle Teufelsküche bei Räbke im Elm
52° 11′ 15″ N, 10° 51′ 25″ O
Quellhöhe 175 m ü. NHN[1]
Mündung Bei Groß Schwülper in die OkerKoordinaten: 52° 20′ 35″ N, 10° 26′ 22″ O
52° 20′ 35″ N, 10° 26′ 22″ O
Mündungshöhe 61 m ü. NN[1]
Höhenunterschied 114 m
Sohlgefälle 2 ‰
Länge 58,3 km[2]
Einzugsgebiet 597,26 km²[3]
Abfluss am Pegel Harxbüttel[4]
AEo: 592 km²
Lage: 3,6 km oberhalb der Mündung
NNQ (10.01.1970)
MNQ 1961/2014
MQ 1961/2014
Mq 1961/2014
MHQ 1961/2014
HHQ (27.05.2013)
140 l/s
631 l/s
3,28 m³/s
5,5 l/(s km²)
29 m³/s
62,8 m³/s
Abfluss[2] MQ
3,3 m³/s
Linke Nebenflüsse Schierpkebach, Lutter, Flößegraben, Scheppau, Teichgraben, Sandbach, Wabe, Mittelriede
Rechte Nebenflüsse Rabenbeck, Uhrau, Beberbach
Großstädte Braunschweig, Wolfsburg
Kleinstädte Königslutter am Elm
Gemeinden Räbke, Frellstedt, Süpplingen, Lehre, Schwülper

Die Schunter ist ein Fluss in Niedersachsen. Von ihrer Quelle bei Räbke am Höhenzug Elm bis zu ihrer Mündung in die Oker zwischen Walle und Groß Schwülper nordwestlich Braunschweig hat sie eine Länge von circa 58 Kilometer.

Name

Im Jahre 781 wird der Fluss als Schuntra erwähnt; 803 heißt er Scuntra. Der Name könnte auf das alt-slawische Wort Sukatora zurückzuführen sein, was bedeutet: mit vielen Winkeln, wohl ein Hinweis auf den windungsreichen Flussverlauf. Eine weitere Namensdeutung lässt sich auf das altnordische Wort scunda zurückführen. Dies bedeutet so viel wie eilen oder rasch fließen, und reicht namensgeschichtlich bis 500 v. Chr. zurück[5].

Geografie

Schunterquelle

Quelltöpfe der Schunter im Elm

Die Quelle der Schunter liegt am Nordostfuß der wichtigsten Einsattelung des Bergzuges Elm. Dem Fluss und dem anschließenden Tal folgt eine Straße, südöstlich derer - etwa einen Kilometer oberhalb von Räbke in Höhe des Hauses Zur Schunterquelle - mehrere starke Quellen in Nähe eines Ferienhaus-Parks austreten. Das Wasser springt hier in einem meist trockenen Graben sowie in einem erdfallartigen kurzen Seitental eher unscheinbar hervor. Dennoch ist die Schüttung der aus den verkarsteten Muschelkalk-Schichten austretenden Quellen so stark, dass schon nach wenigen Metern das Bachbett zwei Meter Breite erreicht und die Wasserführung in früheren Jahrhunderten ausreichte, um dort Mühlen zu betreiben. Sauberes, reichliches Quellwasser war besonders während des 18. und 19. Jahrhunderts für die Papiermühlen in Räbke wichtig. (Siehe: Räbker Mühlengeschichte). Die Schunterquelle ist ein Naturdenkmal.

Verlauf

Der künstlich angelegte Schuntersee etwa 500 Meter unterhalb der Quelle
Schunter in Räbke etwa 1,5 km unterhalb der Quelle

Die Schunter fließt von ihrer Quelle zunächst in östliche Richtung durch Räbke und knickt hinter Frellstedt an der Erhebung bzw. des Waldes Elz nach Nordnordwesten ab. Dort nimmt sie von rechts die aus Warberg kommende Laagschunter auf und erreicht Süpplingenburg, wo die am Westrand des Lappwalds entspringende Lange Welle zufließt. Sie folgt in nordwestlicher Richtung dem Verlauf des Dorm, hinter dem sie die aus Mariental kommende Uhrau aufnimmt. Von links fließen die Lutter und weitere Bäche des nördlichen Elmrands zu. Die Schunter passiert das Landschaftsgebiet Hasenwinkel an dessen Westseite, wird ergänzt durch die Scheppau und ändert bei Hattorf die Fließrichtung nach Westen bis Flechtorf. Dort teilt sie Alt- und Neudorf und umfließt mit zwei Armen die Burg Campen.

Von hier verläuft sie weiter nach Südwesten und lässt Lehre südlich liegen. Vor Wendhausen teilt sie sich in einen nördlichen und südlichen Arm, die den historischen Ortskern und das Schloss Wendhausen umfließen. Vor Hondelage vereinigen sich die beiden Flussteile, passieren den Ort und im weiteren Verlauf Dibbesdorf und Querum. Hier mündet von Süden die aus dem Reitlingstal stammende Wabe. Die Schunter wendet sich nach Norden, passiert Rühme, Bienrode, Wenden und unterquert den Mittellandkanal. Bei der Frickenmühle nahe Thune ändert sie ihren Lauf nach Westen und passiert Harxbüttel und Walle.

Zwischen Groß Schwülper und Walle mündet die Schunter nach einem Weg von 58 Kilometern und einer überwundenen Höhendifferenz von etwa 114 Meter in die Oker. Das mittlere Gefälle beträgt 0,2 %.

Einzugsgebiet

Die Schunter ist der längste Nebenfluss der Oker. Ihr Einzugsgebiet umfasst etwa ein Drittel des gesamten Oker-Einzugsgebietes und erweitert es nach Osten bis zum Lappwald. Ihr rechter Nebenfluss Laagschunter',' westlich von Warberg, liegt diesseits der Wasserscheide zwischen dem Einzugsgebiet der Weser, zu dem die Schunter gehört, und dem der Elbe. Die nur etwas mehr als einen Kilometer östlich und ebenfalls bei Warberg entspringende Missaue fließt über die Schöninger Aue Richtung Bode und damit letztlich zur Elbe.

Zuflüsse

Linke Zuflüsse Rechte Zuflüsse
In Klammern der Ort der Mündung in die Schunter.

Gewässerqualität

Die Schunter wird bezüglich der Gewässerqualität vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) überwacht, der sie in zwei Wasserkörper unterteilt: Der etwa 12 Kilometer lange Oberlauf von der Quelle bis zur Einmündung der Langen Welle mit der Kennung 15059 ist vom Typ Löss-lehmgeprägter Tieflandbach, und die weiteren 46 Kilometer bis zur Mündung in die Oker unter der Nr. 15051 sind vom Typ Sand- und lehmgeprägter Tieflandfluss.[6]

Im Quellbereich wird ein relativ naturnaher Verlauf festgestellt, jedoch fällt die Schunter im Sommer trocken. Im gesamten Flussverlauf wird die Strukturqualität als „stark geschädigt“ bewertet, was auf zahlreiche Begradigungen, Uferbefestigungen und fehlende oder mangelhafte Ufervegetation zurückzuführen ist. Viele Mängel können aber durchaus abgestellt werden. Seit 1994 wurden im Verlauf der Schunter zwischen Wendhausen, Hondelage, Dibbesdorf und Querum verschiedene Maßnahmen zur Renaturierung des Gewässerverlaufs ergriffen. Im Jahr 2010 wurde eine von der Stadt Braunschweig, der Bundesumweltstiftung und weiteren Förderern unterstützte umfangreiche Renaturierung im Einzugsbereich der Sandbach-Mündung abgeschlossen.[7]

Die chemische Qualität wird zwar insgesamt mit „gut“ angegeben, für den Orientierungswert Phosphat gibt es jedoch Grenzwertüberschreitungen. Dies ist darin begründet, dass über 56 % der chemischen Einleitungen aus Ackerflächen stammen, also aus Düngemitteln. Das gesamte ökologische Potenzial, das den Fischbestand und den Sauerstoffhaushalt mit einschließt, wird mit Stand 2009 als „unbefriedigend“ angegeben.

Mühlen

In der Vergangenheit diente das Wasser der Schunter auch dem Antrieb vieler Mühlen. In Räbke waren dies die Obermühle, die Mühle Willecke, die Obere Amtsmühle, die Untere Amtsmühle, die Wassermühle Liesebach, die Mühle Prinzhorn, die Mittelmühle und die Untermühle. Weitere Mühlen waren die Laagmühle in Walsdorf, die Ölmühle in Frellstedt, die Obermühle in Frellstedt, die Rotemühle in Frellstedt und die Süpplinger Mühle in Frellstedt. In Süpplingenburg war es die Gutsmühle. In Groß-Stein gab es zwei Mühlen. Weitere Mühlen waren die Ochsendorfer Mühle, die Puritzmühle in Rieseberg, die Gutsmühle in Gientorf, die Teichmühle in Heiligendorf, die Klostermühle in Heiligendorf, die Hattorfer Mühle, die Beienroder Mühle, die Flechtorfer Mühle, die Lehrer Mühle, die Wendhäuser Mühle, die Querumer Mühle, die Bienroder Mühle, die Wendenmühle und die Frickenmühle in Thune.[8]

Schifffahrt

Der Schunterkanal bei Braunschweig im Jahr 1761

Ab Mitte des 18. Jahrhunderts gab es andauernde und zeitweise erfolgreiche Bemühungen im Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel, die Schunter für die Flößerei von Brennholz aus dem Elm und dem Dorm zu nutzen sowie für den Transport anderer Güter wie Bauholz und Steine schiffbar zu machen – die bis zum Bau von Eisenbahnen und besseren Straßen hierfür wirtschaftlichste Transportweise.

Im Mai 1746 wurde versuchsweise Brennholz, das in Braunschweig knapp war, aus dem Dorm vom ostwärts Lehre gelegenen Campen (Rotenkamp) schunterabwärts bis Braunschweig geflößt; zuvor war schon ein Versuch mit Holz aus dem Elm von Süpplingen aus erfolgreich gewesen. Herzog Karl I. beauftragte daraufhin seinen Landbaumeister Martin Peltier de Belfort mit der Projektierung der durchgehenden Schiffbarmachung der Schunter von Braunschweig bis an den Elm, die noch 1746 bewilligt wurde. Zwischen der in die Schunter mündenden Mittelriede bei Gliesmarode und dem östlichen Stadtgebiet Braunschweigs wurde der Schunterkanal gegraben und auf dem Gebiet des heutigen Botanischen Gartens ein Holzhof angelegt. Die sechs für den Einsatz auf der Schunter gebauten Schiffe waren 11,50 Meter lang, 1,70 Meter breit und 0,60 Meter tief.

Im Januar 1748 war die Schunter von Braunschweig bis Frellstedt auf eine Breite von 2,90 Meter ausgebaut. 1758 wurde dem Rittergut Beienrode das Recht zugestanden, auf der Schunter ein eigenes Schiff ohne Zahlung von Zoll und Schleusengeld zu unterhalten; auch erhielt das Gut wie zuvor schon das weiter schunterabwärts gelegene Rittergut Hattorf einen eigenen Stapelplatz in Braunschweig.

Schifffahrt und Flößerei florierten bis in die 1770er Jahre und endeten schließlich 1788. Im Sommer 1803 wurden die Bemühungen durch die Landesherrschaft endgültig aufgegeben.

Burgen und Sehenswürdigkeiten

Eröffnung der Gewässerwoche Schunter an der Schunter in Räbke, 2019
Musik über der Schunter – die Gruppe Zuna Rota beim Eröffnungsfest der Gewässerwoche Schunter in Frellstedt, 2019

Entlang der Schunter sind mehrere historische Anlagen nachgewiesen wie beispielsweise auf der Höhe von Königslutter der Ort Süpplingenburg, Stammsitz des Kaisers Lothar von Süpplingenburg. Auch das nur wenige Kilometer flussabwärts gelegene Groß Steinum am Dorm blickt auf eine Geschichte aus vorfränkischer Zeit zurück und hat ein Großsteingrab vorzuweisen.

Bei Flechtorf entstand im 13. Jahrhundert in der Schunteraue zwischen zwei Flussarmen die Burg Campen.

Im Stadtteil Querum von Braunschweig zeugt der Borwall von der frühen Besiedlung und Befestigung des Schuntergebiets. An der Mündung der Schunter in die Oker bei Walle sind noch Reste der Scheverlingenburg zu sehen. Diese ist nicht nur 1091 urkundlich erwähnt, vielmehr haben Ausgrabungen Spuren aus vorrömischer Zeit ans Licht gebracht.

Im nördlichen Stadtbereich von Braunschweig, dem Stadtbezirk Schunteraue, entstand 1937 die Schuntersiedlung. Sie ist ein kleines Stadtviertel von etwa 15 Straßen nahe der Schunter.

Seit 2018 findet im Einzugsgebiet des Flusses jährlich die Gewässerwoche Schunter mit Veranstaltungen in den Orten zwischen Quelle und Mündung statt.[9]

2019 wurde der rund 70 km lange Schunter-Radweg eröffnet, der von der Mündung des Flusses in die Oker, bei Groß Schwülper, flussaufwärts zur Quelle im Elm bei Räbke führt.

Literatur

Mündung in die Oker nahe Groß Schwülper
  • Theodor Müller: Schifffahrt und Flößerei auf der Schunter im 18. Jahrhundert. In: Forschungen zur Braunschweigischen Geschichte. 1954, S. 135–159.
  • Gunnhild Ruben: Herzog Karl I. und der Schifffahrtskanal vom Elm nach Braunschweig. Braunschweig 2002.
  • Uwe Kleineberg: Chronik 975 Jahre Wenden. Braunschweig 2006, S. 135 ff.
Commons: Schunter – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Landesvermessung und Geobasisinformation Niedersachsen: Top. Karte 1:50.000 Niedersachsen/Bremen. Stand 2001.
  2. a b Bestandsaufnahme zur Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie, Oberflächengewässer, Bearbeitungsgebiet Oker. Tab. 2.
  3. NLWKN: Flächenverzeichnis zur Hydrographischen Karte Niedersachsen. Stand 2010, S. 62 (umwelt.niedersachsen.de PDF) abgerufen am 19. August 2013.
  4. Deutsches Gewässerkundliches Jahrbuch Weser-Ems 2014. Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz, S. 181, abgerufen am 4. Oktober 2017 (PDF, deutsch, 8805 kB).
  5. Herbert Blume: Oker, Schunter, Wabe. In: Braunschweigisches Jahrbuch für Landesgeschichte. Band 86, Braunschweig 2005, S. 24 ff.
  6. NLWKN: Wasserkörperdatenblatt 15051 und 15059 Schunter. Stand 2012, (Wasserkörperdatenblätter zu Gewässer Pritorität 3 24. Mai 2013).
  7. Die Natur erobert die Schunterauen zurück. In: Braunschweiger Zeitung. 24. September 2010.
  8. Rüdiger Hagen: Mühlenbau und Mühlen im Braunschweiger Land, eine bemerkenswerte Brücke zwischen Tradition und Moderne. Braunschweigische Heimat (96) 2010, Heft 1, S. 20–27.
  9. Gewässserwoche Schunter