Benutzer:Schnurrikowski/Saba
Fairchild Channel F bezeichnet eine Videospielkonsole der zweiten Generation vom US-amerikanischen Hersteller Fairchild Camera and Instrument Corporation. Sie basiert auf Fairchilds Mikroprozessorsystem F8 und kam 1976 in den Handel. Fairchild lizenzierte seine Technologie auch an zahlreiche europäische Hersteller. Allein in Westdeutschland produzierten mit SABA, ITT Schaub-Lorenz und Nordmende gleich drei größere Hersteller ihre eigenen Varianten.
Mit Fairchilds Gerät verfügte erstmals eine Videospielkonsole über einen programmierbaren Mikroprozessor und austauschbare ROM-Steckmodule. Zur Steuerung kam mit dem Joystick eine weitere Innovation hinzu. Die Leistungsfähigkeit und die Spieleauswahl war jedoch beschränkt, so dass sie mit anderen Geräten der zweiten Generation insbesondere mit dem Atari VCS 2600 trotz eines geringeren Preises nicht mithalten konnte. Als die revisionierte Version Channel F System II ebenfalls scheiterte, gab Fairchild 1979 seinen Ausstieg aus dem Videospielegeschäft bekannt. Sämtliche Restbestände und technisches Know-How veräußerte Fairchild an Zircon International. Insgesamt wurden mindestens 350.000 Konsolen verkauft.
Nach übereinstimmender Meinung vieler Autoren revolutionierte Fairchilds Konsole die Videospielbranche in vielerlei Hinsicht, sei aber kaum bekannt.
Geschichte
1972 erschien mit der Odyssey von Magnavox die erste Videospielkonsole. Nur zwei Jahre später begannen verschiedene Unternehmen mit den Entwicklungsarbeiten für eine neue Konsolengeneration. Im Gegensatz beispielsweise zur Odyssey mit ihren festverdrahteten diskreten elektronischen Baugruppen sollten diese Geräte über einen Mikroprozessor verfügen und damit programmierbar sein.[1]
Den ersten funktionstüchtigen Prototypen der zweiten Konsolengeneration konstruierte 1974 das US-amerikanische Unternehmen Alpex Computer Corporation. Ihr Gerät Remote Access Video Entertainment oder kurz Raven basierte auf dem ebenfalls 1974 erschienenen Mikroprozessor Intel 8080. Ein Spiel wurde nun nicht mehr durch fest verlötete Transistoren sondern durch Programmanweisungen realisiert, die der Mikroprozessor aus einem Speichermedium las und abarbeitete. Auf ein- und derselben Konsole konnten damit erstmals verschiedene – auch zukünftig zu erstellende – Spiele ausgeführt werden. Ihr Austausch erforderte lediglich den Austausch des entsprechenden Speichermediums. Alpex wählte dafür robusten Festwertspeicher in Form von elektronischen EPROM-Bausteinen, die auf steckbaren und damit auswechselbaren Platinen verbaut werden konnten. Die Abmessungen und Kosten einer solchen Platine waren im Vergleich zu der in ihrer Gesamtheit auszutauschenden Konsole der ersten Generation zudem sehr viel geringer. Durch diese Wandlung von Hard- zu Software eröffneten sich für die Vermarktung von Videospielen völlig neue Möglichkeiten.[1]
Entwicklung
Auf der Suche nach finanzkräftigen Lizenznehmern stellte Alpex sein patentiertes Gerät nebst zweier Spiele Tennis und Hockey im Jahr 1975 auch dem US-amerikanischen Unternehmen Fairchild Camera and Instrument Corp. vor. Fairchild zeigte sich interessiert, bestand jedoch darauf, die Konsole mit einem Mikroprozessor aus seiner Halbleitersparte auszurüsten. Die Leitung einer entsprechenden Machbarkeitsstudie mit dem Codenamen Stratos übertrug Fairchild seinem Ingenieur Gerald A. Lawson, der bereits über Erfahrungen mit Arcadeautomaten verfügte. In Zusammenarbeit mit den Konstrukteuren von Alpex modifizierte Lawson und sein Entwicklerteam die Raven-Konsole und ersetzte Intels 8080-System durch Fairchilds Mikroprozessorchipsatz F8. Zudem entfiel die ursprünglich von Alpex vorgesehene Tastatur zugunsten eines von Lawson erdachten neuartigen Bediengeräts. Dieser 8-Wege-Joystick verfügte über wesentlich mehr Steuerungsoptionen als die bis dahin in Konsolen eingesetzten Drehregler. Eine abschließende Einschätzung der im Projekt Stratos gewonnen Erkenntnisse, die auch eine Studie zur Gehäusegestaltung von Nicholas F. Talesfore enthielt, wurde der Firmenleitung am 26. November 1975 vorgestellt. Auch angesichts der ebenfalls vorgelegten prognostizierten Verkaufszahlen beschloss Fairchild kurz darauf den Bau des Video Entertainment System.[1]
Als eine der großen Herausforderungen bei der Überführung in die Produktionsreife erwies sich die Miniaturisierung der elektronischen Komponenten. Technisches Neuland stellte auch die Anfang 1976 begonnene Konstruktion eines sicheren und bedienungsfreundlichen Wechselsystems für die Spieleplatinen dar. Als ebenso schwierig erwies sich die alltagstaugliche Umsetzung des von Lawson vorgeschlagenen Joysticks. Letzte Arbeiten schlossen die Konstrukteure im August 1976 ab und ließen sich anschließend das Gerät mit all seinen neuartigen Komponenten patentieren. Die meisten der technischen Lösungen gehen dabei auf den Maschinenbauingenieur Ronald A. Smith zurück, die Formgebung der Konsolenkomponenten auf den Industriedesigner Nicholas F. Talesfore.[1] Der Abnahmetest zur elektromagnetischen Verträglichkeit durch die US-amerikanische Federal Communications Commission (FCC) wurde im Oktober erfolgreich absolviert – eine maßgebliche Voraussetzung zur Verkaufbarkeit des Gerätes in Nordamerika.[2]
Vermarktung
Vorstellung und Lieferschwierigkeiten
Noch während der Entwicklungsarbeiten stellte Fairchild seine Konsole im Juni 1976 auf der damals weltgrößten Unterhaltungselektronikmesse, der Consumer Electronics Show, der Weltöffentlichkeit vor. Allerdings handelte es sich dabei um eine bloße Schauattrappe ohne jegliche Funktionalität, so dass das Interesse daran gering ausfiel.[1] Erstes größeres nationales Aufsehen erregte Fairchilds neues Gerät im Juli durch einen Bericht in der auflagenstarken US-Zeitung Business Week[3], die der Konsole eine Vorreiterrolle im aufkommenden Zeitalter der Mikroprozessoren zubilligte.[1] Die möglicherweise schon zuvor gestartete Vermarktungkampagne übernahm die Werbeagentur Peter Chope and Associates. Auf deren Anraten[4] änderte der Hersteller den Konsolennamen in Channel Fun oder kurz Channel F.[1] Bereits auf der Third Univ. Indiana of Pennsylvania Hi Fi/Stereo Expo, die am 18. und 19. Oktober stattfand, stellte Fairchild seine Konsole unter dem neuen Namen vor.[5] Als das Gerät schließlich November 1976 in den Handel kam, trugen aus unbekannten Gründen nur die Umverpackungen und die Spiele die Bezeichnung Channel F. Das Typenschild wies die Konsole dagegen noch als Video Entertainment System aus. Ein Umstand, der sich auch später nicht mehr ändern sollte.[4]
Eine verkaufsbegleitende Werbebroschüre von 1976 offerierte die Konsole als „wahrhaftes Unterhaltungssystem“ für alle Altersgruppen und Familienmitglieder, denn die neue Steckmodultechnik böte jedem das passende Lern- oder Spieleerlebnis. Durch den ebenfalls ankündigten monatlichen Steckmodulnachschub – bei Verkaufsstart waren lediglich drei verschiedene Spiele erhältlich[6] – würde das heimische Fernsehgerät niemals langweilig und das Fernsehzimmer „im Handumdrehen“ in eine Freizeitzentrale verwandelt werden.[7] Die von der FCC vorgeschriebenen individuellen und damit zeitaufwendigen Abnahmen jeder einzelnen Konsole und jedes einzelnen Steckmoduls[8] indes machten eine Auslieferung des Geräts in der nachgefagten Menge unmöglich. Zum Weihnachtsgeschäft 1976 gelangte daher nur ein vergleichsweise kleines Kontingent in den Handel.[6][9] Die Konsole mit mit ihren beiden fest eingebauten Spielen Tennis und Hockey kostete Ende 1976 bei der US-amerikanischen Kaufhauskette J.C. Penney 169,95 US-Dollar.[10] Die separat erhältlichen Spielmodule konnten beim selben Anbieter für 19,95 US-Dollar erworben werden.[11]
Lizenzgeschäft in Europa
Nach dem US-amerikanischen Verkaufsstart, der von einigen Publikationen auch mit August 1976 angegeben wird[12][13][9], stellte Fairchild seine neue Konsole in Europa vor. Ende November 1976 war das Fairchild-TV-Spiel beispielsweise auf der Technikmesse Electronica, die in München stattfand, zu sehen.[14]
Als einer der ersten Lizenznehmer kündigte der Schwarzwälder Rundfunkgerätehersteller SABA im April 1977 eine für den deutschen Markt bestimmte Version der Konsole an.[15] Dieser SABA Videoplay genannte Nachbau wurde zusammen mit acht Spielmodulen erstmals im August 1977 auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin einem größeren Publikum vorgestellt.[16] SABA's Produktkatalog von 1977 pries das Gerät mit seinen „Videocart-Cassetten“ als „das neue Unterhaltungssystem für die ganze Familie“ und als „ein ganz neues System für aktives Fernsehen“. Denn gegenüber „allen bereits auf dem Markt befindlichen Spielen“ hätte es den entscheidenden Vorteil, durch neue Spiele „laufend“ erweitert werden zu können.[17][18] Für die Produktwerbung bemühte SABA Printmedien wie etwa das Lifestyle-Magazin Playboy und die auf Kinder zugeschnittene Fernsehzeitschrift Siehste.[19] Das Gerät kam Ende 1977 in den Einzelhandel und kostete etwa 500 DM, die Spiele jeweils ca. 50 DM.[20]
1978 erschienen mit dem ITT Telematch Processor und dem Nordmende Color Tele Play μP zwei weitere Konsolenvarianten deutscher Lizenznehmer. In seinem Gesamtprogramm von 1978/79 betonte ITT Schaub-Lorenz in der Produktbeschreibung, dass für ein „begeisterndes und variationsreiches Lehr- und Unterhaltungsmedium“ „modernste Mikroprozessortechnik“ eingesetzt werde.[21] Der Unterhaltungselektronikhersteller Nordmende hob in seinem Produktkatalog von 1978/79 vor allem die Vielseitigkeit und den Unterhaltungswert seiner Konsole hervor: „Viel mehr als nur Spielerei: Nordmende TelePlay μP – mit einem vielseitigen Mikro-Prozessor mit dem man spielen und spielend lernen kann“ und „Wenn das Fernsehenprogramm zum Gähnen ist – TelePlay-Kassette einlegen und auf dem Bildschirm wird's spannend“.[22] Der ITT Telematch Processor kostete Anfang 1979 etwa 490 DM, Spiele waren für 48 DM erhältlich.[23]
In anderen europäischen Ländern kam Fairchilds Konsole unter den Namen Adman Grandstand Video Entertainment Computer (Großbritannien), Barco Challenger (Belgien), Dumont Videoplay (Italien), Luxor Video Entertainment (Schweden)[10] und Ingelen Tele Processor (Österreich)[24] in den Handel.
Video Game Crash 1977 und Channel F System II
Während das Lizenzgeschäft in Europa anlief, wurde der Videospielemarkt in den USA zunehmend mit Konsolen der ersten Generation überflutet.[25] Viele Hersteller mussten wegen des Überangebots ihre Geräte zu Preisen anbieten, die teilweise unterhalb der Herstellungskosten lagen.[26] Zu diesem ruinösen Preisverfall („Video Game Crash 1977“) kam Ende des Jahres mit Erscheinen des technisch überlegenen Atari VCS 2600 zudem noch ein direkter Konkurrent für Fairchilds Channel F in den Handel. Ataris neue Konsole war zwar teurer, konnte dafür aber bereits kurz nach Erscheinen mit einer wesentlich größeren Spieleauswahl auch beliebter Arkadetitel aufwarten.[1] Der Preis von Fairchilds veralteter Konsole mit seiner zudem nur kleinen Spielebibliothek verfiel zusehens.[27] Auch J.C. Penney folgte der allgemeinen Entwicklung und senkte bis zum Januar 1978 seinen Verkaufspreis schrittweise auf 99,99 US-Dollar.[28] Fairchild versuchte diesem Abwärtstrend zunächst durch das Auflegen neuer Spiele entgegenzuwirken und erweiterte seine Angebotspalette bis April 1978 auf siebzehn Titel[29].
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Channel F System II
Angesichts der sich zuspitzenden Konkurrenzsituation überarbeitete Fairchild im Laufe des Jahres 1978 seine Konsole, um besser mit dem Atari VCS 2600 mithalten zu können. Das Channel F System II erhielt ein eleganteres Gehäuse mit abnehmbaren Joysticks und kostengünstigere Elektronikbaugruppen.[1] Zudem engagierte man den bekannten US-Schaupieler Milton Berle als Markenbotschafter, um die Verkaufszahlen durch humorvolle Zeitungsanzeigen und TV-Werbespots zu steigern.[30][31] Die überholte Konsole wurde jedoch – vor allem im umsatzstarken Weihnachtsgeschäft 1978 – von den potentiellen Käufern nicht angenommen. Fairchild gab daraufhin Anfang 1979 sein Engagement im Videokonsolenbereich auf. Restbestände und sämtliches technisches Know-How übernahm das in den USA ansässige Unternehmen Zircon International. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Fairchild etwa 350.000 Konsolen verkaufen können.[1][4]
Technische Details
Im vorderen Teil des gestuften Plastikgehäuses befindet sich der Aufnahmeschacht für das Steckmodul und diverse Tasten zur Steuerung des Geräts. Die fest mit dem Gerät verbundenen Joysticks können nach Gebrauch in einer abdeckbaren Gehäusemulde verstaut werden. Das Netzteil und alle elektronischen Komponenten sind im Gehäuseinneren verbaut.

Hauptprozessor, Speicher und Systemsoftware
Die Spielkonsole basiert auf dem 8-Bit-Mikroprozessor Fairchild F8 3850. Im Allgemeinen bildet er die zentrale Komponente (CPU) eines Verbunds von weiteren aufeinander abgestimmten Beschaltungsbausteinen, des Mikroprozessorsystems F8. Allerdings sind in Fairchilds Konsole wegen ihrer gewollt einfach gehaltenen Architektur neben dem 3850 lediglich die Festwertspeicher des F8-Systems verbaut. Die CPU dieser einfachsten aller Konfiguationen kann auf einen Adressraum von 65536 Byte zugreifen, was auch die theoretisch mögliche Obergrenze des Arbeitsspeichers von 64 Kilobytes (KB) festlegt. Der Systemtakt in Fairchilds Konsole beträgt bei NTSC-Geräten 1,79 MHz, bei PAL-Geräten dagegen 2 MHz.[32]
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Fairchild F8 3850
Im Gegensatz zu anderen zeitgenössischen Mikroprozessorensystemen wie etwa denen von Intel oder von MOS basiert die Kommunikation der Bestandteile von Fairchilds F8-System auf einer besonderen Technik. Dadurch kann die CPU in ihrem 40-poligen Gehäuse Ein-/Ausgabeoperationen selbst abwickeln und sie beinhaltet zudem 64 Byte Arbeitsspeicher (scratchpad RAM), die für viele zeitgenössische Anwendungen völlig ausreichend waren. Damit entfielen zusätzliche elektronische Bausteine wie beispielsweise für die Ein- und Ausgabe, was wiederum zu einer Kosten- und Platzersparnis führte. Diese Vorteile wurden allerdings um den Preis einer vergleichsweise anspruchsvollen Programmierung des Systems erkauft.[33] Neben den 64 Byte RAM der CPU verfügt die Konsole über weitere 2 KB Video-RAM. Er dient als Framebuffer für die Bildinhalte und ist anderweitig nicht nutzbar. Sollte der von der Konsole bereitgestellte Arbeitsspeicher nicht ausreichen, läßt sich weiterer durch entsprechend konstruierte Steckmodule nachrüsten. Beispielsweise enthält das von SABA produzierte Spiel Schach 2 KB frei verwendbaren Arbeitsspeicher, um die Spieltiefe erhöhen zu können.[34]
Unmittelbar nach dem Einschalten des Geräts wird die im Festwertspeicher hinterlegte Systemsoftware (BIOS) aktiviert und die Konsole initialisiert. Ist kein Spielmodul eingesteckt, kann der Benutzer eines der beiden eingebauten Spiele Hockey oder Tennis per Tastenpult starten. Weitere Tasten erlauben in Zusammenarbeit mit dem BIOS das Pausieren oder Verlängern eines Spiels. Das Betriebssystem stellt zudem einige in Spielen häufig benötigte Unterprogramme beispielsweise zum Löschen des Bildschirms und für eine vereinfachte Speicherverwaltung bereit. Darüberhinaus sind auch Zeichenmuster für Ziffern enthalten, die von eingesteckten Spielmodulen abgerufen und auf dem Bildschirm dargestellt werden können.[35]
Grafik- und Tonerzeugung
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Darstellbare Farben
Mit der Konsole können insgesamt 64 Bildzeilen zu jeweils 128 Bildpunkten am Fernsehgerät ausgegeben werden. Allerdings ist es nicht sinnvoll, alle Bildpunkte auch zu nutzen, weil es durch die Wölbung zeitgenössischer Bildröhren zu störenden Verzerrungen in deren Randbereich kommt. Aus diesem Grund unterstützt die Systemsoftware der Konsole lediglich einen kleineren Anzeigebereich. Fairchild wählte für diesen rechteckigen Ausschnitt die Größe von 102 horizontalen und 58 vertikalen Bildpunkten. Jedem der Bildpunkte läßt sich eine der acht möglichen Farben zuordnen, wobei pro Zeile höchstens vier Farben gleichzeitig dargestellt werden können. Die grafischen Inhalte werden vom Hauptprozessor im Video-RAM hinterlegt. Das eigentliche Fernsehsignal wird durch eine Grafikbaugruppe nebst nachgeschaltetem HF-Modulator aus den Daten im VRAM erzeugt. Fairchilds Konsole verfügt über keinen hochintegrierten Grafikbaustein wie etwas Ataris Gerät mit seinem Television Interface Adapter. Vielmehr besteht die Grafikbaugruppe aus vergleichsweise einfachen elektronischen Bauelementen. Ebenso einfach umgesetzt ist die Tonerzeugung. Es sind lediglich Töne in drei verschiedenen Frequenzen über einen in der Konsole eingebauten Lautsprecher abspielbar.[36]
Joysticks
Fairchild selbst bezeichnet in seiner Patentschrift die Bedienelemente der Konsole als „hand controller“, in deren Gehäuse ein beweglich gelagerter „joy stick“ mit aufgesetzten Kontrollknauf eingelassen ist. Der Plastikstab mit dem darauf montierten Knauf kann in acht Richtungen bewegt werden, im Gegensatz zu den Drehreglern der Konsolen erster Generation. Zudem läßt er sich in zwei Richtungen etwa 90 Grad drehen und herausziehen, aber auch durch Druck versenken.[37][38] Es existieren zwei Bauarten, die sich in der Form des Knaufs und der Form des Gehäuses unterscheiden.[39]Im Laufe der Zeit hat es sich eingebürgert, den gesamten Controller und nicht nur sein bewegliches Inneres als Joystick zu bezeichnen. Im Gegensatz zu Joysticks neuerer Bauart verfügen Fairchilds Steuerknüppel über keinen Standfuß und auch keinen separaten Feuerknopf.
Spiele
Mit Erscheinen der Konsole waren neben den fest verbauten Hockey und Tennis Ende 1979 bereits drei Steckmodule erhältlich. Das Design ihrer gelben Gehäuse stammt von Nicholas F. Talesfore, die Aufkleber gestaltete der Künstler Tom Kamifuji. Jedes der von Fairchild herausgebrachten Spiele wurde deutlich sichtbar mit einer fortlaufenden Nummer versehen. Insgesamt produzierte Fairchild und die Nachfolgefirma Zircon 26 verschiedene Spiele.[1] Ausländische Lizenznehmer übernahmen einen Teil der Spiele, passten sie aber teilweise jeweiligen nationalen Erfordernissen an oder änderten die Nummerierung. Zudem kamen auch Eigenentwicklungen wie beispielsweise das von SABA hergestellte Spiel Schach auf den europäischen Markt. Von Fremdherstellern waren keine Titel erhältlich.
Auflistung der in Nordamerika und Westdeutschland erschienenen Spiele[40]
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Rezeption
Zeitgenössisch
Noch vor Erscheinen der Konsole äußerte sich die US-amerkanische Zeitschrift Popular Electronics zu Fairchilds neuem Gerät. Die Möglichkeit, Spiele als Programm zu laden und damit wechseln zu können, mache die computerbasierte Konsole einzigartig. Dieses neue Konzept werde einen neuen Trend in der Videospielebranche setzen. Es eröffne zudem völlig neue Einsatzfelder für den heimischen Fernseher beispielsweise durch Lernspiele. Die vorstellbaren Gebrauchsmöglichkeiten seien praktisch unbegrenzt.[41]
Mit dem Video Entertainment System von Fairchild sei die zweite Generation von Geräten auf den Videospielemarkt gekommen, so der Eindruck von Robert M. Bogursky in einer 1977 veröffentlichten wissenschaftlichen Studie. Er führt weiter aus, dass die mikroprozessorgesteuerte Konsole mit ihren ROM-Steckmodulen die Welt der Fernsehspiele revolutioniert habe. Es sei eine unbegrenzte Anzahl von Spielemöglichkeiten für ein- und dasselbe Gerät möglich geworden.[42] Der Buchautor Len Buckwalter schreibt ebenfalls 1977, dass das Gerät nie langweilig werden würde, so wie es noch bei den Konsolen der ersten Generetion der Fall gewesen sei.[43] Zur besseren Illustration für die damalige Leserschaft verglich er Fairchilds Konsole mit einem Plattenspieler, bei dem man je nach Geschmack und Interesse nur die Schallplatten auszutauschen brauche.[44] Neben den größtenteils positiven Eindrücken benennt Buckwalter jedoch auch Mängel: Die Bewegungsabläufe in actionslastigen Spielen seien „ruckelig“ und die Controller gewöhnungsbedürftig. Es könne mit ihnen nicht „mit dem nötigen Feingefühl“ gesteuert werden, wie man es noch von den Drehreglern der alten Konsolengeneration kenne.[45] Anfang 1978 betitelt John Butterfield im Starlog-Magazin das Fairchild Video Entertainment System als den „spektakulärsten Fernsehcomputer“, der als „Spielzeug“ verkauft werde. Man mutiere mit Fairchilds Konsole „ganz plötzlich“ zu einem „Fernsehfreak der nächsten Stufe“, denn nun sei es möglich, aktiv in das vom Fernseher gezeigte Geschehen einzugreifen. Im Vergleich mit dem kurz zuvor erschienenen Atari VCS 2600 sei Fairchilds Gerät in den Augen vieler Benutzer das komplexere und interessantere System.[46]
Retrospektiv
Nachdem Fairchild sein Engagement im Videospieleberich aufgegeben hatte, spekulierte die US-amerikanische Zeitschrift Radio Electronics bereits 1982, dass es ohne die Verzögerungen bei den FCC-Abnahmen zu einer weitaus größeren Verbreitung der Konsole hätte kommen können.[9] Auf den auch 1983 schon nur geringen Bekanntheitsgrad geht ein Bericht im Computermagazin Video Games ein, der den sprechenden Titel „Channel F: Das System, das niemand kennt“ trägt. Unbekannt zwar sei es, dennoch aber das erste Gerät seiner Art, das für einen „unendlichen Nachschub neuer Steckmodule“ ausgelegt war. Ohne diese Entwicklung wäre der neueste Stand der Videospieletechnik undenkbar. Fairchilds Spiele seien 1983 zwar audiovisuell vergleichsweise primitiv, aber einige von ihnen könnten immer noch fesseln, auch wenn die zur Steuerung benötigten Joysticks durch ihre vielen Funktionalitäten schwer zu handhaben seien.[47]

Auch Jahrzehnte später wird die Konsole übereinstimmend als erste ihrer Art eingeordnet. Sie hätte nach Meinung vieler Autoren zudem weitere Meilensteine in der Videospielgeschichte und -kultur gesetzt. Allerdings sei Fairchilds Gerät auch im Jahr 2012 noch weitestgehend unbekannt, was der Autor Zach Whalen durch die überspitzte Formulierung „Channel F for Forgotten“ prominent zum Ausdruck bringt.[48] Neben den offensichtlichen Neuerungen wie dem Mikroprozessor und den wechselbaren Steckmodulen, konnte mit der Channel F erstmals auch ein Spiel pausiert und Spieleparameter im laufenden Betrieb geändert werden. Zudem konnte ein Spieler nun erstmals gegen den Computer antreten – ein Novum in der damaligen Zeit. Die Konsolen der ersten Generation beispielsweise hätten noch einen menschlichen Gegenspieler vorausgesetzt, so der Journalist Benj Edwards im Jahr 2016.[49] Durch die bei ihrem Erscheinen völlig neuartige Technik leide die Konsole jedoch auch an Mängeln, wie Tim Miller bereits im Jahr 2002 schrieb: Die Tonausgabe über den internen Lautsprecher sei suboptimal, der Netzschalter an der schwer zugänglichen Rückseite des Gerätes angebracht und die Joysticks seien nicht von der Konsole separierbar.[50] Edwards führt im Jahr 2015 zu den Joysticks aus, dass sie trotz ihres „einmaligen Designs“ bei Spielern und Kritikern auf wenig Gegenliebe gestoßen seien, aber für die „einfachen Spiele ihrer Zeit“ völlig ausreichend gewesen wären.[1]
In Hinblick auf die wirtschaftshistorische Bedeutung von Fairchilds Konsole merkt Edwards an, dass ihr Erscheinen die Entwicklung auch anderer Konsolen der zweiten Generation wie Studio II von RCA Corporation und Ataris VCS 2600 erheblich beschleunigt hätte.[1] Den Hauptgrund für die schnell nachlassenden Verkaufserfolge von Fairchilds Gerät sieht Whalen in der gegenüber dem Atari VCS 2600 nur beschränkten Spieleauswahl.[51] Edwards unterstützt diese These und führt darüberhinaus aus, dass der Hersteller das Gerät lediglich als Mittel zum Zweck – für bessere Verkäufe seiner Halbleiterprodukte – auf den Markt gebracht hätte. Für Atari dagegen wäre stets der „Spaßfaktor“ Maxime des Handelns gewesen. Da Atari im Gegensatz zu Fairchild nicht an einen einzelnen Chiphersteller gebunden war, hätten die Preise sehr viel freier gestaltet werden können. Die Ursachen für das wirtschaftlich schlechte Abschneiden von Fairchilds System seien laut Edwards daher in erster Linie beim Hersteller selbst zu suchen.[1]
Mit der Einführung der zweiten Spielkonsolengeneration habe sich zudem eine bis heute gängige Vermarktungsstrategie etabliert, nämlich durch den Verkauf möglichst vieler Konsolen – falls nötig, auch verlustbehaftet – möglichst schnell eine hohe Marktdurchdringung zu ereichen. Der eigentliche Gewinn käme mit den sich anschließenden profitablen Verkäufen von Software, die vergleichweise günstig herstellbar und verteilbar sei, so Edwards.[1]
Fairchilds Konsole ist ständiges Ausstellungsstück in Computermuseem, darunter das Computerspielmuseum Berlin.
Weblinks
- Ausführliches Interview mit Gerald D. Lawson (englisch)
- Technische Informationen und Programmierhinweise (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o Benj Edwards: The Untold Story Of The Invention Of The Game Cartridge. Fast Company, 22. Januar 2015, abgerufen am 9. Mai 2019.
- ↑ Consumer Products Group. Fairchild Annual Report to Employees 1976, April 1977, S. 10.
- ↑ The smart machine revolution: Providing products with brainpower. Business Week, 5. Juli 1976, S. 39.
- ↑ a b c Nicholas F. Talesfore. Fndcollectables.com, abgerufen am 16. Mai 2019.
- ↑ 3rd Pa. Hi Fi Expo Solid Campus Draw. Billboard, 5. November 1977 S. 71.
- ↑ a b Jerry Eimbinder: Home Electronic Game Categories. In: Proceedings of the First Annual Gametronics Conference 18-20 Januar 1977, CMP Publications, 1977, S. 211.
- ↑ Fairchild Channel F Brochures. Fndcollectables.com, abgerufen am 16. Mai 2019.
- ↑ Benj Edwards: VC&G Interview: Jerry Lawson, Black Video Game Pioneer. Vintagecomputing.com, 24. Februar 2009, abgerufen am 16. Mai 2019.
- ↑ a b c Jerry Eimbinder und Eric Eimbinder: Videogame History. Radio Electronics, Juli 1982, S. 52.
- ↑ a b Martin Goldberg: Fairchild Channel F. Videogames Hardware Handbook, Imagine Publishing Ltd, ISBN 9781785462399, S. 21.
- ↑ J. C. Penney Werbeanzeige: It's Amazing! Oakland Tribune, 27. April 1977, S. 9.
- ↑ Zach Whalen: Channel F for Forgotten. In: Before the Crash: Early Video Game History, Hrsg. Mark J. P. Wolf, Wayne State University Press, 2012, ISBN 9780814334508, S. 63.
- ↑ Jerry Eimbinder: TV Game Background. In: Proceedings of the First Annual Gametronics Conference 18-20 Januar 1977, CMP Publications, 1977, S. 165.
- ↑ Michael Heysinger: Electronica '76. ELO, Februar 1977, S. 34 f.
- ↑ Innovationsschub im neuen Farb-Geräte Programm von Saba. Funk-Technik, Nr. 8, April 1977, S. 146-150.
- ↑ Henning Kriebel und Winfried Knobloch: Glotzen-Spiele. ELO, November 1977, S. 36 ff.
- ↑ SABA VIDEOPLAY Das neue Unterhaltungssystem für die ganze Familie. SABA Gesamtprogramm 1977, S. 7.
- ↑ SABA VIDEOPLAY Das neue Unterhaltungssystem für die ganze Familie. SABA Gesamtprogramm 1977, S. 14 f.
- ↑ Jens Brinkmann und Stephan Freundorfer: Saba Videoplay Werbung #2. Bundesrepublik Pong, 16. April 2010, abgerufen am 16. Mai 2019.
- ↑ Henning Kriebel und Winfried Knobloch: Glotzen-Spiele. ELO, November 1977, S. 36 ff.
- ↑ Die intelligenten Bildschirmspiele und der neue Tele-Match Processor. ITT Gesamtprogramm 78/79, S. 33.
- ↑ Viel mehr als nur Spielerei. Nordmende Programm-Illustrierte 78/79, S. 8.
- ↑ Videoplay. Video, Vereinigte Motor Verlage GmbH, Ausgabe 1 von 1979, S. 72 f.
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- ↑ Jason Whittaker: The Cyberspace Handbook. Routledge, 2004, ISBN 041516835X, S. 122.
- ↑ Compendium: The Video Game Crash of 1977. Gamedesignireland.ie, 21. August 2013, abgerufen am 16. Mai 2019.
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- ↑ Now! New low price. J. C. Penney, Januar 1978.
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- ↑ Kris Carrole: Roundup of TV Electronic Games. Popular Electronis, Dezember 1976, S. 36.
- ↑ Robert M. Bogursky: A Home Video Game Cartridge Connector System. In: Proceedings of the First Annual Gametronics Conference 18-20 Januar 1977, CMP Publications, 1977, S. 89.
- ↑ Len Buckwalter: Games with Brains. Video Games, Grosset & Dunlap, New York, 1977, ISBN 0448143453, S. 87.
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- ↑ John Butterfield: The Computer's Game. Starlog, Januar 1978, S. 41 f.
- ↑ Roger Dionne: Channel F: The System Nobody Knows. Video Games, März 1983, S. 73 f.
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- ↑ Benj Edwards: You wouldn’t be able to pause your video games today without Jerry Lawson. Arstechnica.com, 28. Februar 2016, abgerufen am 21. Mai 2019.
- ↑ Tim Miller: Change the Channel. Ugvm, Issue 3, 2002, S. 8.
- ↑ Zach Whalen: Channel F for Forgotten. In: Before the Crash: Early Video Game History, Hrsg. Mark J. P. Wolf, Wayne State University Press, 2012, ISBN 9780814334508, S. 63 f.