Internationales Einheitensystem
Das Internationale Einheitensystem oder SI (frz. Système international d’unités) ist das am weitesten verbreitete Einheitensystem für physikalische Größen.
Das SI ist ein metrisches Einheitensystem (d. h., eine Basiseinheit ist der Meter), es ist dezimal (d. h., die Bruchteile oder Vielfachen der einzelnen Basiseinheiten unterscheiden sich nur um ganze Zehnerpotenzen) und es ist ein kohärentes Einheitensystem (d. h., jede abgeleitete Einheit ist ein Produkt von Potenzen der Basiseinheiten ohne zusätzliche numerische Faktoren).
Durch das SI werden physikalische Einheiten zu ausgewählten Größen festgelegt. Das SI beruht auf sieben Basiseinheiten zu entsprechenden Basisgrößen. Die Auswahl der Basisgrößen und die Definition der zugehörigen Basiseinheiten erfolgte nach praktischen Gesichtspunkten.
Die Einheiten des Internationalen Einheitssystems werden als SI-Einheit bezeichnet, um sie von Einheiten anderer Einheitensysteme abzugrenzen.
Am 20. Mai 2019 trat eine neue Definition der Maßeinheiten Kilogramm, Ampere, Kelvin und Mol in Kraft.[1]
Einführung
Für internationale Regelungen über das SI ist das internationale Maß- und Gewichtsbüro (BIPM) zuständig. Als Referenz-Regelwerk gilt die vom BIPM in periodischen Abständen (üblicherweise alle paar Jahre) neu publizierte Broschüre Le Système international d’unités – deutsch kurz als „die SI-Broschüre“ bezeichnet. Dieser Artikel bezieht sich auf die 2006 erschienene 8. Auflage der SI-Broschüre.[2][3]
Für die nationale Umsetzung des SI sind meist die metrologischen Staatsinstitute zuständig.
Dies sind zum Beispiel
- in Deutschland die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) (in der DDR war es das Amt für Standardisierung, Meßwesen und Warenprüfung [ASMW]),
- in der Schweiz das Eidgenössische Institut für Metrologie (METAS),
- in Österreich das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV),
- in Großbritannien das National Physical Laboratory (NPL) und
- in den USA das National Institute of Standards and Technology (NIST).
Eine Anwendungspflicht des SI entsteht erst durch Gesetze oder Rechtsprechung einzelner Staaten.
In der EU ist die Verwendung von Einheiten unter anderem durch die EG-Richtlinie 80/181/EWG weitgehend vereinheitlicht worden. In der Europäischen Union (EU), der Schweiz und den meisten anderen Staaten ist die Benutzung des SI im amtlichen oder geschäftlichen Verkehr gesetzlich vorgeschrieben. Mit der Richtlinie 2009/3/EG[4] wurde die Verwendung von zusätzlichen Einheiten in der EU unbefristet erlaubt (durch vorhergehende Richtlinien war dies ursprünglich nur bis zum 31. Dezember 2009 möglich). Dies wird hauptsächlich damit begründet, Exporte von Waren in Drittländer nicht zu behindern. In vielen Staaten gestatten nationale Gesetze bestimmte Ausnahmen von den SI-Regelungen.
In Liberia, Myanmar und den USA wurde das SI nie offiziell eingeführt.[5] In den USA sind metrische Einheiten seit einem Parlamentsbeschluss 1866 und einem Regierungsdekret 1894 anerkannte Einheiten. In den 1970er Jahren wurden erhebliche Anstrengungen unternommen, das SI einzuführen, doch es scheiterte am fehlenden Willen der Anwender bzw. Betroffenen.[6] In vielen Bereichen wie Wissenschaft, Medizin oder Industrie wird das SI parallel oder ausschließlich genutzt. Ansonsten ist in den USA das angloamerikanische Maßsystem in der Variante der „customary units“ (die auf einer historischen Form des britischen Maßsystems beruht) gebräuchlich.
Meterkonvention, BIPM und CGPM
Wichtig für die internationale Durchsetzung des metrischen Systems war die Unterzeichnung der Meterkonvention 1875 durch 17 Staaten. Dabei wurde das Internationale Büro für Maß und Gewicht und dessen Generalkonferenz für Maß und Gewicht (CGPM) gegründet. Diese beiden Institutionen sind für die internationale Standardisierung des SI zuständig.
Geschichte
- 1790 erhielt die französische Akademie der Wissenschaften von der damaligen französischen Nationalversammlung den Auftrag, ein einheitliches System von Maßen und Gewichten zu entwerfen. Sie folgte dabei den Prinzipien, die Grundeinheiten aus naturgegebenen Größen abzuleiten, alle anderen Einheiten darauf zurückzuführen und alle, mit Ausnahme der Zeit, dezimal zu vervielfachen und zu unterteilen. Als Grundeinheiten wurden gewählt:
- 1 Meter als zehnmillionster Teil des Erdmeridianquadranten,
- 1 Gramm als Gewicht, später als Masse von 1 cm3 reinem Wasser bei 4 °C und einem Druck von 760 mm Quecksilbersäule,
- 1 Sekunde als 1/86.400ster Teil des mittleren Sonnentages.
- 1833 schlug Gauß vor, elektromagnetische Einheiten auf mm, mg und s mit gebrochenen Exponenten zurückzuführen.
- 1861–1867 beschäftigte sich ein Ausschuss der British Association for the Advancement of Science (BAAS) mit der Definition elektrischer und magnetischer Einheiten ausgehend von den Arbeiten von Gauß und Weber, jedoch mit den Basiseinheiten m, g, s. Wegen der Unhandlichkeit dabei erhaltener Einheiten wurden zusätzlich die praktischen Einheiten Ampere, Volt (ungefähre Spannung des Daniell-Elementes), Ohm (ungefährer Widerstand einer 1 m langen Quecksilbersäule von 1 mm2 Querschnitt) und das heutige Mikrofarad eingeführt und beschlossen, dass diese genaue dezimale Vielfache der Grundeinheiten sein müssen.
- 1873 wurde anstelle von m das cm als Grundeinheit definiert, was 1881 an einem internationalen Elektrikerkongress in Paris angenommen wurde, so dass sich z. B. 1 Ohm als 109 und 1 Volt als 108 elektromagnetische cgs-Einheiten ergab.
- 1889 wurden auf der ersten Tagung der CGPM die angefertigten Urmaße für das Meter und das Kilogramm anerkannt, von denen sich aber herausstellte, dass das Urmeter um etwa 0,2 mm kürzer war und das Urkilogramm um etwa 0,027 g mehr Masse hatte, als nach den ursprünglichen Definitionen. Die Urmaße wurden jedoch in dieser Form als bindend erklärt und das MKS-Einheitensystem mit den drei Basiseinheiten Meter (m), Kilogramm (kg) und Sekunde (s) begründet.
- 1901 schlug Giovanni Giorgi ein System vor, welches alle auf A, V, s beruhenden Einheiten mit denen des MKS-Systems zu einem einheitlichen System von Maßeinheiten mit ganzzahligen Exponenten der Grundeinheiten zusammenfasste, was aber zunächst wenig beachtet wurde.
- 1935 nahm in Scheveningen die Internationale elektrotechnische Kommission (IEC) einer Plenartagung folgend das Giorgi-System international an, wobei die Frage nach der vierten Grundeinheit zunächst unbeantwortet blieb.
- 1939 wurde die Erweiterung des MKS-Systems um eine vierte Basiseinheit, das Ampere (A), vorgeschlagen, wodurch der Begriff MKSA-System entstand.
- 1948 wurde die Basiseinheit Ampere (A) in der gültigen Form definiert.
- 1954 kam das Ampere auf der 10. CGPM offiziell zum MKS-System hinzu, gemeinsam mit der Basiseinheit für die thermodynamische Temperatur, die zunächst als Grad Kelvin (°K) bezeichnet wurde, sowie die Candela (cd).
- 1960 wurde auf der 11. CGPM dieses erweiterte MKS-System als (französisch) Système International d’Unités (SI) oder Internationales Einheitensystem benannt. Seitdem werden diese als SI-Einheiten bezeichnet.
- 1968 erhielt an der 13. CGPM die bis dahin als Grad Kelvin bezeichnete Basiseinheit ihren gültigen Namen Kelvin, das Einheitenzeichen wurde von °K zu K geändert.
- 1971 kam schließlich an der 14. CGPM 1971 die siebte und bislang letzte Basiseinheit, das Mol (mol) hinzu und wurde an die 6. Stelle zwischen Kelvin und Candela eingeordnet.
Verbreitung und Verwendung

Das SI ist in der ganzen Welt verbreitet. In den meisten Industrieländern ist sein Gebrauch für den amtlichen und geschäftlichen Verkehr gesetzlich vorgeschrieben, wenngleich oftmals die Verwendung bestimmter anderer Einheiten zugelassen ist. Gesetze, die die Einführung des SI regelten, traten 1970 in der Bundesrepublik Deutschland (Einheiten- und Zeitgesetz), 1973 in Österreich (Maß- und Eichgesetz), 1974 in der DDR[7] und 1978 in der Schweiz in Kraft; 1978 waren alle Übergangsregelungen betreffend Nicht-SI-Einheiten abgeschlossen.
In einigen Ländern werden neben dem SI weiterhin traditionelle Maßsysteme verwendet. Hier sind insbesondere die USA zu nennen, wo sich SI-Einheiten für Strecken, Flächen, Volumina, Geschwindigkeiten und Temperatur nur im wissenschaftlichen und technischen Kontext durchgesetzt haben. Im Vereinigten Königreich und in Irland wurden die traditionellen Einheiten aus vielen Bereichen insbesondere durch die Rechtsangleichung im Rahmen der Europäischen Union zurückgedrängt; jedoch werden sie in Großbritannien weiterhin verwendet.
In den Staaten, die das SI-System verwenden, werden zudem bestimmte Einheiten verwendet, die keine SI-Einheiten sind. Das Internationale Büro für Maß und Gewicht (BIPM) definiert eine Reihe von Einheiten, die zur Verwendung mit dem SI zugelassen sind. Darunter fallen insbesondere der Hektar, der Liter, die Minute, die Stunde, der Tag und der Grad.
In einigen Bereichen sind vom SI abweichende Einheiten gebräuchlich: In der Schiff- und Luftfahrt werden generell bestimmte nicht-SI-konforme Einheiten für Flughöhe (ft = Foot), Entfernungen (1 sm oder NM = 1 Seemeile = 1852 m) und Geschwindigkeiten (1 kn = 1 Knoten = 1 Seemeile pro Stunde[8]) verwendet.
Neben den SI-Einheiten gibt es (vor allem in der Elektrodynamik, Informatik, im Wirtschaftswesen) noch einige weitere gebräuchliche Einheiten, die nicht zum SI gehören, insbesondere das sogenannte Gauß’sche- oder cgs-System. In der theoretischen Physik sind unterschiedliche natürliche Einheitensysteme gebräuchlich.
SI-Einheiten
Im SI gibt es sieben Basiseinheiten. Alle anderen physikalischen Einheiten sind aus diesen Basiseinheiten abgeleitet. Alle physikalischen Einheiten bilden die kohärenten SI-Einheiten, sofern sie nicht zusammen mit SI-Präfixen (wie Kilo oder Milli) verwendet werden. Eine Ausnahme bildet das Kilogramm, das als Basiseinheit bereits mit dem SI-Präfix Kilo versehen ist. Durch Verwendung von SI-Präfixen werden kohärente SI-Einheiten zu nicht kohärenten SI-Einheiten. Die Gesamtheit all dieser Einheiten, also sowohl die kohärenten als auch die nicht kohärenten SI-Einheiten, bildet die Menge der „SI-Einheiten“.
- Beispiele
- Die Längeneinheit Meter (m) ist eine SI-Basiseinheit, eine kohärente SI-Einheit und eine SI-Einheit.
- Die Masse-Einheit Kilogramm (kg) ist eine SI-Basiseinheit, eine kohärente SI-Einheit und eine SI-Einheit.
- Die Kraft-Einheit Newton (N) ist eine abgeleitete SI-Einheit und eine kohärente SI-Einheit.
- Die Kraft-Einheit Kilonewton (kN) ist eine abgeleitete SI-Einheit, aber keine kohärente SI-Einheit.
Eine SI-Basiseinheit ist immer die kohärente Einheit der zugehörigen Basisgröße. Daneben kann sie noch als kohärente Einheit abgeleiteter Größen dienen.
- Beispiele
- Das Meter (m) ist die Basiseinheit der Basisgröße Länge. Daneben kann es als kohärente abgeleitete Einheit für die Niederschlagsmenge dienen, wenn sie als Volumen pro Fläche in m3/m2 = m ausgedrückt wird.
- Das Ampere ist SI-Basiseinheit der elektrischen Stromstärke und zugleich kohärente abgeleitete SI-Einheit der magnetischen Durchflutung.
Anmerkung
Die Bezeichnung „SI-Einheit“ wird oft im Sinne von „gesetzliche Einheit“ oder „empfohlene Einheit“ verwendet. Es gibt jedoch gesetzliche Einheiten, die keine SI-Einheiten sind. Solche falschen Verwendungen finden sich allerdings bei Normungsorganisationen. So heißt es im nationalen Anhang der deutschen Norm DIN ISO 8601:2006-09: „Die Schreibweise von Uhrzeiten mit den physikalischen SI-Einheiten h, min, s nach DIN 1301-1 sollte vermieden werden“. Die Verwendung solcher nicht-SI-Einheiten zusammen mit SI-Einheiten wird zwar sanktioniert – s. u. –, jedoch werden sie dadurch nicht zu SI-Einheiten.
SI-Basiseinheiten

Die Basiseinheiten des SI und die entsprechenden Basisgrößen des zu Grunde liegenden Größensystems ISQ werden nach praktischen Gesichtspunkten willkürlich durch die CGPM festgelegt. Eine SI-Basisgröße kann definitionsgemäß nicht durch andere Basisgrößen ausgedrückt werden. Analog dazu kann eine SI-Basiseinheit nicht als Produkt von Potenzen anderer Basiseinheiten ausgedrückt werden.
Die Definitionen der Basiseinheiten sind nicht endgültig, sondern werden in ständiger Arbeit mit dem fortschreitenden Stand der Messtechnik sowie nach revidierten prinzipiellen Überlegungen weitergeführt. Im internationalen Größen- und Einheitensystem werden die sieben Basisgrößen durch die Basiseinheiten Meter (m), Kilogramm (kg), Sekunde (s), Ampere (A), Kelvin (K), Mol (mol) und Candela (cd) ausgedrückt und im SI in dieser Reihenfolge definiert. Jeder Basisgröße wird eine Dimension mit demselben Namen zugeordnet. Beispielsweise heißt die Dimension der Basisgröße Länge ebenfalls Länge. Das Symbol der Größe wird mit einem kursiv geschriebenen Buchstaben „l“ bezeichnet; jenes der Dimension mit einem aufrechtstehenden, großgeschriebenen Buchstaben „L“. Die praktische Realisierung einer Dimension erfolgt durch eine entsprechende kohärente Einheit – im Falle der Länge durch das Meter.
Basisgröße und Dimensionsname |
Größen- symbol |
Dimensions- symbol |
Einheit | Einheiten- zeichen |
Definition der Einheit |
---|---|---|---|---|---|
Länge | l | L | Meter | m | Länge der Strecke, die das Licht im Vakuum während der Dauer von 1 / 299.792.458 Sekunde zurücklegt. |
Masse | m | M | Kilogramm | kg | Das Kilogramm ist gleich der Masse des Internationalen Kilogrammprototyps. |
Zeit | t | T | Sekunde | s | Das 9.192.631.770-fache der Periodendauer der dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des Caesium-Isotops 133Cs entsprechenden Strahlung. |
Stromstärke | I | I | Ampere | A | Stärke eines konstanten elektrischen Stromes, der, durch zwei parallele, geradlinige, unendlich lange und im Vakuum im Abstand von 1 Meter voneinander angeordnete Leiter von vernachlässigbar kleinem, kreisförmigem Querschnitt fließend, zwischen diesen Leitern pro Meter Leiterlänge die Kraft 2·10−7 Newton hervorrufen würde.[B 1] |
Thermodynamische Temperatur |
T | Θ | Kelvin | K | 1 / 273,16 der thermodynamischen Temperatur des Tripelpunkts von Wasser genau definierter isotopischer Zusammensetzung.[B 2] Diese Definition bezieht sich auf Wasser, dessen Isotopenzusammensetzung durch folgende Stoffmengenverhältnisse definiert ist: 0,000.155.76 Mol 2H pro Mol 1H, 0,000.379.9 Mol 17O pro Mol 16O und 0,002.005.2 Mol 18O pro Mol 16O.[B 3] |
Stoffmenge (Substanzmenge) |
n | N | Mol | mol | Die Stoffmenge eines Systems, das aus ebenso vielen Einzelteilchen besteht, wie Atome in 12 Gramm des Kohlenstoff-Nuklids 12C in ungebundenem Zustand enthalten sind. Bei Benutzung des Mol müssen die Einzelteilchen spezifiziert sein und können Atome, Moleküle, Ionen, Elektronen sowie andere Teilchen oder Gruppen solcher Teilchen genau angegebener Zusammensetzung sein. |
Lichtstärke | IV | J | Candela | cd | Die Lichtstärke in einer bestimmten Richtung einer Strahlungsquelle, die monochromatische Strahlung der Frequenz 540·1012 Hz[B 4] aussendet und deren Strahlstärke in dieser Richtung 1 / 683 Watt pro Steradiant beträgt. |
|
Nur die drei Basiseinheiten Kilogramm, Sekunde und Kelvin sind unabhängig von anderen Basiseinheiten definiert, während die Definitionen der übrigen vier Basiseinheiten Abhängigkeiten von anderen Basiseinheiten aufweisen:
- Meter von Sekunde
- Mol von Kilogramm
- Ampere sowie Candela von Meter, Kilogramm und Sekunde
Nur die Einheit Kilogramm blieb anhand eines Prototyps definiert. Alle anderen Einheiten werden über unveränderliche Naturkonstanten festgelegt, das war anfangs nicht der Fall. So gab es bis 1960 ein Urmeter als Prototyp für die Einheit Meter. Da sich die Masse des Urkilogramms aber theoretisch ändern könnte (und dies wahrscheinlich sogar tut)[9] wird die Einheit Kilogramm ebenfalls eindeutig definiert (siehe auch Neudefinition des Kilogramms) und auf Naturkonstanten bezogen werden.
Kohärente SI-Einheiten
Alle physikalischen Größen außer den oben genannten sieben Basisgrößen des ISQ sind abgeleitete Größen. Analog dazu sind alle Einheiten außer den sieben Basiseinheiten des SI abgeleitete Einheiten.
Die SI-Einheit einer beliebigen Größe Q (steht für engl. quantity) kann immer als Produkt aus einem numerischen Faktor und dem Produkt aus Potenzen (Potenzprodukt) der Basiseinheiten ausgedrückt werden:
- [Q] = 10n·mα·kgβ·sγ·Aδ·Kε·molζ·cdη
„[Q]“ stellt symbolisch den Ausdruck „die Einheit der Größe Q“ dar, in Übereinkunft der Regeln gemäß dem vom Joint Committee for Guides in Metrology herausgegebenen VIM (International Vocabulary of Metrology – Basic and General Concepts and Associated Terms).
Der numerische Faktor 10n (mit ganzzahligem n) repräsentiert das SI-Präfix wie Kilo oder Milli. Ist der numerische Faktor gleich eins (also bei n = 0), liegt eine kohärente SI-Einheit vor. Jede physikalische Größe hat nur eine einzige kohärente SI-Einheit und eine entsprechende Dimension. Eine kohärente SI-Einheit wird bei Verwendung eines SI-Präfixes zu einer nicht kohärenten SI-Einheit. Die kohärente Form obiger Einheitengleichung kann als entsprechende Dimensionsgleichung dargestellt werden:
- dim Q = Lα·Mβ·Tγ·Iδ·Θε·Nζ·Jη
Die Basis jeder Potenz ist in dieser Darstellung die Dimension einer Basisgröße. Der Exponent wird Dimensionsexponent dieser Basisgröße oder der entsprechenden Basiseinheit genannt. Jeder Dimensionsexponent α, β, γ, δ, ε, ζ und η ist entweder Null oder eine positive oder negative, im Allgemeinen ganze Zahl. Der Betrag des Exponenten ist in der Regel deutlich kleiner als 10.
Beispiele für kohärente SI-Einheiten (n = 0)
- m (α = 1; alle übrigen Dimensionsexponenten gleich 0) als Basiseinheit der Länge
- m2 (α = 2; alle übrigen Dimensionsexponenten gleich 0) als Einheit der Fläche
- m·s−1 = m/s (α = 1 und γ = −1; alle übrigen Dimensionsexponenten gleich 0) als Einheit der Geschwindigkeit
- m·kg·s−2 = m·kg/s2 = N (α = 1; β = 1 und γ = −2; alle übrigen Dimensionsexponenten gleich 0) als Einheit der Kraft
Beispiele für nicht kohärente SI-Einheiten (n ≠ 0)
- mm
Ein Vorteil der ausschließlichen Verwendung kohärenter SI-Einheiten in Gleichungen liegt darin, dass keine Umrechnungsfaktoren zwischen Einheiten benötigt werden.
Abgeleitete SI-Einheiten mit besonderem Namen
22 kohärenten abgeleiteten SI-Einheiten wurden eigene Namen und Einheitenzeichen (Symbole) zugeordnet, die selbst wieder mit allen Basis- und abgeleiteten Einheiten kombiniert werden können. So eignet sich zum Beispiel die SI-Einheit der Kraft, das Newton (= kg·m/s2), um die Einheit der Energie, das Joule als Newton mal Meter (N·m) auszudrücken. Die folgende Tabelle listet diese 22 Einheiten in derselben Reihenfolge wie Tabelle 3 der SI-Broschüre (8. Auflage).
Größe | Einheit | Einheiten- zeichen |
in anderen SI-Einheiten ausgedrückt |
in SI-Basis- Einheiten aus- gedrückt[N 1] |
---|---|---|---|---|
ebener Winkel | Radiant[N 2] | rad | m/m | 1 |
Raumwinkel | Steradiant[N 2] | sr | m2/m2 | 1 |
Frequenz | Hertz | Hz | s−1 | |
Kraft | Newton | N | J/m | m·kg·s−2 |
Druck | Pascal[N 3] | Pa | N/m2 | m−1·kg·s−2 |
Energie, Arbeit, Wärmemenge | Joule | J | N·m; W·s | m2·kg·s−2 |
Leistung | Watt | W | J/s; V·A | m2·kg·s−3 |
elektrische Ladung | Coulomb | C | s·A | |
elektrische Spannung (elektrische Potentialdifferenz) |
Volt | V | W/A; J/C | m2·kg·s−3·A−1 |
elektrische Kapazität | Farad | F | C/V | m−2·kg−1·s4·A2 |
elektrischer Widerstand | Ohm | Ω | V/A | m2·kg·s−3·A−2 |
elektrischer Leitwert | Siemens | S | 1/Ω | m−2·kg−1·s3·A2 |
magnetischer Fluss | Weber | Wb | V·s | m2·kg·s−2·A−1 |
magnetische Flussdichte, Induktion |
Tesla | T | Wb/m2 | kg·s−2·A−1 |
Induktivität | Henry | H | Wb/A | m2·kg·s−2·A−2 |
Celsius-Temperatur | Grad Celsius[N 4] | °C | K | |
Lichtstrom | Lumen | lm | cd·sr | cd |
Beleuchtungsstärke | Lux | lx | lm/m2 | m−2·cd |
Radioaktivität | Becquerel | Bq | s−1 | |
Energiedosis | Gray | Gy | J/kg | m2·s−2 |
Äquivalentdosis | Sievert | Sv | J/kg | m2·s−2 |
katalytische Aktivität | Katal | kat | s−1·mol |
- ↑ In der Reihenfolge der offiziellen Basiseinheiten-Definitionen (m, kg, s, A, K, mol, cd).
- ↑ a b Radiant (rad) und Steradiant (sr) können und werden üblicherweise statt der Einheit 1 für den ebenen Winkel bzw. den Raumwinkel verwendet, um die Bedeutung des dazugehörigen Zahlenwertes hervorzuheben. Diese beiden Einheiten wurden 1995 (von der 20. CGPM) zu abgeleiteten Einheiten erklärt; davor bildeten sie eine eigene Klasse – die „Ergänzenden Einheiten“. Nach dem Einheitenrecht der Schweiz sind Radiant und Steradiant weiterhin (Stand: Oktober 2007) keine „abgeleiteten“, sondern „ergänzende“ Einheiten.
- ↑ Neben Pascal ist laut CGPM auch die Maßeinheit Bar (Einheitenzeichen bar) erlaubt, dabei gilt: 1 bar = 100.000 Pa
- ↑ Für die Umrechnung der Celsius-Temperatur in die thermodynamische Temperatur gilt: (aus PTB: Die gesetzlichen Einheiten in Deutschland, 2015, S. 14/15). Das passt zur früheren Definition des Nullpunktes der Celsius-Skala beim Schmelzpunkt von Wasser, der etwa 0,01 K unter dem Tripelpunkt liegt. Für niedrige Temperaturen ist K üblich. Das °C darf nach deutschem Einheitenrecht keine Vorsätze für Maßeinheiten tragen.
Die Einheit Kelvin kann benutzt werden, um eine Temperaturdifferenz anzugeben. Eine Differenz zweier Celsius-Temperaturen darf in Grad Celsius angegeben werden (beides laut DIN 1301-1:2010, Anhang A, Abschnitt A.5).
Schreibweise von Größen, Zahlenwerten und Einheiten
Die ISO 1000:1992 wurde 2009 zurückgezogen, nachdem die Normenreihen ISO 80000 und IEC 80000 veröffentlicht wurden. Nationale und internationale Normen sowie EWG-Richtlinien haben das SI übernommen. In Deutschland wurden die darin festgelegten Einheiten mit dem Gesetz über die Einheiten im Messwesen (1969) (das 2008 durch Einfügung der Bestimmungen des früheren Zeitgesetzes zum Gesetz über die Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung (EinhZeitG) erweitert wurde) für den amtlichen und geschäftlichen Verkehr vorgeschrieben. Die aktuelle Ausführungsverordnung von 1985[10] nennt in einer Anlage die zulässigen Bezeichnungen und verweist im übrigen auf „die Definitionen und Beziehungen, die in Kapitel I des Anhangs der Richtlinie 80/181/EG vom 20. Dezember 1979 (ABl. L 39 vom 15.2. 1980, S. 40) in ihrer jeweils geltenden Fassung aufgeführt sind.“ Nach § 3 der Verordnung „ist die zusätzliche Verwendung anderer als der gesetzlichen Einheiten nur gestattet, wenn die Angabe in der gesetzlichen Einheit hervorgehoben ist.“ Die vorige Verordnung hatte noch etliche Nicht-SI-Einheiten ohne Zusätze erlaubt, zum Beispiel mmHg (Millimeter-Quecksilbersäule) für den Blutdruck. In der Schweiz ist die Bezeichnung mmHg für den Druck anderer Körperflüssigkeiten zulässig. Das SI-Regelwerk nennt seinerseits Nicht-SI-Einheiten, deren Verwendung zusammen mit dem SI akzeptiert ist. Die SI-Broschüre regelt nicht nur die Einheitennamen, sondern gibt auch Formatierungsregeln für die Schreibweise von Einheitenzeichen und Zahlenwerten.
Zusammenhängende Schreibweise von Größen, Zahlenwerten und Einheiten
Nach ISO sind Größensymbole (Formelzeichen) in kursiver Schrift zu schreiben, Einheitenzeichen in aufrechter Schrift. Größenangaben sollen stets mit Zahlenwert und Einheit gemacht werden; dazwischen kein Multiplikationszeichen:
- A = {A} [A]
Darin steht A als Symbol für die Größe, {A} für den Zahlenwert von A und [A] für die Einheit von A (ausgeschrieben oder als Einheitenzeichen).
Von dieser zusammenhängenden Schreibweise wird abgewichen, wenn viele gleichartige Größenangaben zu machen sind, in Tabellen oder Achsbeschriftungen. Empfohlen wird dafür die Schreibweise A/[A] = {A}, also z. B. T/K = 300, 400, 500 für T = 300 K, 400 K, 500 K. Motivation: Wird anstelle der Größe T das Produkt aus Zahlenwert und Einheit eingesetzt, so entfällt die Einheit. Um Verwirrung zu vermeiden, falls die Einheit selbst einen Bruch darstellt, wird empfohlen, negative Exponenten einzeln an die Einheitenzeichen des Nenners zu setzen, für einen Wärmewiderstand R in Kelvin pro Watt also R/K W−1. Nicht normgerecht, aber üblicher sind die Schreibweisen „R in K/W“, „R (K/W)“ und „R [K/W]“.
Name und Formelzeichen von Größen
Größensymbole (Formelzeichen) sind in kursiver Schrift zu schreiben. Die Zeichen können frei gewählt werden – allgemein übliche Formelzeichen wie l, m oder t stellen lediglich Empfehlungen dar. DIN-Normen enthalten ebenfalls Empfehlungen für Formelzeichen. Die Wahl von Namen und Symbol einer physikalischen Größe empfiehlt die SI-Broschüre ohne Assoziation zu einer bestimmten Einheit. Demnach sollen Bezeichnungen wie Literleistung vermieden werden. Die Celsius-Temperatur gehorcht dieser Empfehlung allerdings nicht. Weitere, jedoch nicht so bedeutsame Beispiele der Nicht-Einhaltung dieser Empfehlung sind der Stundenwinkel, die Gradtagzahl und der Heizgradtag.
Schreibweise der Einheitenzeichen
Die Einheitenzeichen von nicht zusammengesetzten Einheiten sind international einheitlich. Unabhängig vom Format des umgebenden Textes sind sie in aufrechter Schrift zu schreiben. Sie werden in Kleinbuchstaben geschrieben, es sei denn, sie sind nach einer Person benannt worden. Beispiel: „1 s“ bedeutet eine Sekunde, während „1 S“ das nach Werner von Siemens benannte Siemens darstellt. Eine Ausnahme dieser Regel bildet die Nicht-SI-Einheit Liter: Obwohl es nicht nach einer Person benannt ist, kann für sein Einheitenzeichen neben dem klein geschriebenen „l“ auch das groß geschriebene „L“ verwendet werden. Letzteres ist vor allem im angloamerikanischen Raum üblich, um Verwechslungen mit der Ziffer „eins“ zu vermeiden.
Ein SI-Präfix (wie Kilo oder Milli) kann für ein dezimales Vielfaches oder einen Teil unmittelbar vor das Einheitenzeichen einer kohärenten Einheit gestellt werden, um Einheiten in unterschiedlichen Größenordnungen anschaulicher darzustellen. Eine Ausnahme bildet das Kilogramm (kg), das nur vom Gramm (g) ausgehend mit SI-Präfixen verwendet werden darf. Beispielsweise muss es für 10−6 kg „mg“ und nicht „μkg“ heißen.
Einheitenzeichen folgen nach einem Leerzeichen dem Zahlenwert, das gilt auch bei Prozent und Temperaturangaben in Grad Celsius. Zur besseren Leserlichkeit und der Vermeidung von Zeilenumbrüchen sollte ein schmales Leerzeichen verwendet werden. Einzig die Einheitenzeichen °, ' und " für die Nicht-SI-Winkeleinheiten Grad, Minute und Sekunde werden direkt nach dem Zahlenwert ohne Zwischenraum gesetzt.
Hinweise auf bestimmte Sachverhalte sollen nicht an Einheitenzeichen angebracht werden (als tiefgestellte Zeichen); sie gehören dagegen zum Formelzeichen der verwendeten physikalischen Größe oder in erläuternden Text. Falsch ist Veff als „Einheit“ von Effektivwerten der elektrischen Spannung in Volt, VDC für die Angabe einer elektrischen Gleichspannung in Volt, oder %(V/V) für „Volumenprozent“.
Dimensionssymbole werden als aufrecht stehender Großbuchstabe in serifenloser Schrift geschrieben.
Sprachabhängige Schreibweise
Eine Einheit hat einen ausgeschriebenen Einheitennamen und ein Einheitenzeichen. Je nach Sprache sind unterschiedliche Schreibweisen für Einheitennamen (dt. Sekunde, engl. second, frz. seconde) vorgesehen. Die Einheitennamen unterliegen außerdem der normalen Deklination der jeweiligen Sprache.
Die Einheitenzeichen sind international einheitlich und werden nicht dekliniert. In Sprachen, die nicht das lateinische Schriftsystem verwenden, ist es allerdings teilweise üblich, die Einheitenzeichen mit Zeichen des eigenen Alphabetes zu schreiben (Transliteration). Beispielsweise wird auf Russisch üblicherweise Kilometer mit „км“ abgekürzt, und Kilogramm als „кг“.[11]
Schreibweise von Zahlen
Neudefinition der Basiseinheiten 2019
Um die Abhängigkeiten der Basiseinheiten von veränderlichen Größen oder Objekten zu beenden und die Definition von der Realisierung der Einheiten zu trennen, wurde auf der Generalkonferenz für Maß und Gewicht (Conférence Générale des Poids et Mesures, CGPM) 2014 beschlossen, bis zur nächsten Konferenz 2018 Realisierungsverfahren zu entwickeln, mit denen alle Basiseinheiten auf fundamentale physikalische Konstanten (Naturkonstanten) zurückgeführt werden können. Dazu werden diesen Naturkonstanten feste Zahlenwerte zugewiesen und die Einheit daraus abgeleitet, wie es bisher nur bei den Basiseinheiten Sekunde und Meter der Fall ist. Weil dies den Wissenschaftlern gelungen ist, wurde am 16. November 2018 auf der 26. CGPM diese große Revision beschlossen.[12][1] Die Neudefinitionen traten am 20. Mai 2019, dem Weltmetrologietag, in Kraft.[13]

Von diesem Tag an gelten folgende Zahlenwerte der Naturkonstanten:
- Frequenz des Hyperfeinstrukturübergangs des Grundzustands im Cs-133-Atom: (bereits seit 1967)
- Lichtgeschwindigkeit im Vakuum: (bereits seit 1983)
- Planck-Konstante: (neu)
- Elementarladung: (neu)
- Boltzmann-Konstante: (neu)
- Avogadro-Konstante: (neu)
- Photometrisches Strahlungsäquivalent einer monochromatischen Strahlung der Frequenz : (bereits seit 1979)
Mit diesen Festlegungen lassen sich alle bisherige Basiseinheiten daraus ableiten:[14]
Sekunde
Die Neudefinition entspricht der bisherigen Definition: Eine Sekunde ist das 9 192 631 770fache der Periodendauer der dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des Caesium-Isotops 133Cs entsprechenden Strahlung.
Meter
Die Neudefinition entspricht der bisherigen Definition. Ihre Grundlage ist die Festlegung der Lichtgeschwindigkeit: Ein Meter ist die Länge der Strecke, die das Licht im Vakuum während der Dauer von 1 / 299.792.458 Sekunde zurücklegt.
Kilogramm
Die Definition des Kilogramms ändert sich wesentlich. Dessen neue Definition basiert nicht mehr auf einem Prototyp, sondern auf dem als exakt definierten Planckschen Wirkungsquantum mit der Einheit s−1·m2·kg, was der Einheit J·s entspricht. Eine Konsequenz daraus ist, dass das Kilogramm im Gegensatz zur bisherigen Festlegung von der Definition der Sekunde und des Meters abhängig wird. Die Masse des Internationalen Kilogrammprototyps erhält dadurch (im Gegensatz zur bisher gültigen Festlegung als exaktem Wert) einen unsicherheitsbehafteten, gemessenen Wert.
Ampere
Die Festlegung des Ampere wird so geändert, dass sie messtechnisch leichter umzusetzen ist als die bisherige Definition. Die Neudefinition stützt sich auf die exakt festgelegte Elementarladung e, also nicht mehr auf Kilogramm und Meter. Durch die exakte Festlegung der Elementarladung sind die magnetische Feldkonstante , die elektrische Feldkonstante und daraus abgeleitet auch der Wellenwiderstand des Vakuums nicht mehr exakt festgelegt, sondern werden zu unsicherheitsbehafteten Messgrößen.
Kelvin
Die Neudefinition des Kelvins basiert auf der exakten Festlegung der Boltzmann-Konstante . Eine Konsequenz daraus ist, dass die Festlegung des Kelvins auf der Festlegung von Sekunde, Meter und Kilogramm basiert. Der Tripelpunkt von Wasser erhält dadurch (im Gegensatz zur bisher gültigen Festlegung als exaktem Wert) einen unsicherheitsbehafteten, gemessenen Wert.
Mol
Die Definition des Mols geht mit der Festlegung der Avogadro-Konstante NA einher. Damit besteht keine Abhängigkeit vom Kilogramm mehr.
Das Mol (Symbol mol) ist die SI-Einheit der Stoffmenge. Ein Mol enthält exakt 6,02214076×1023 Einzelteilchen. Diese Zahl wird Avogadro-Zahl genannt und entspricht der Avogadro-Konstante NA, wenn diese in der Einheit mol–1 angegeben wird. Die Stoffmenge (Symbol n) eines Systems ist ein Maß für die Anzahl an bestimmten Einzelteilchen. Einzelteilchen können Atome, Moleküle, Ionen, Elektronen, andere Partikel oder Gruppen von Partikeln sein.
Das neue SI-System basiert nicht mehr auf dem Urkilogramm.[15]

- Mit einem X-Ray-Crystal-Density-Experiment (XRCD) wird die Masse eines Siliziumatoms mit hoher Genauigkeit gemessen, indem man die Atome eines Silzium-Einkristalls zählt. Dadurch erhält man die Verknüpfung von Kilogramm mit atomarer Masse oder mit der Planck´schen Konstante. Während Massenspektrometer die Masse eines Silizumkritalls bestimmen, kann man mit Röntgenspektroskopie die Abstände zwischen den Atomen eines Siliziumkristalls messen. Wie alle Kristalle besteht eine Silizumkugel aus einer regelmäßigen dreidimensionalen Anordnung von Atomen. Wenn man die Informationen über die Abstände zwischen den Siliziumatomen und über die molare Masse der Silizumatome im Kristall mit der Masse und dem Volumen der Kugel kombiniert, können Wissenschaftler die Anzahl der einzelnen Siliziumatome in einer Kugel bestimmen. Sie lassen sich zählen. Dabei ergeben 21,5 Quadrillionen Si-28- Atome ein Kilogramm.
- Der zweite Ansatz wird durch die Kibble-Waage oder Watt-Waage ermöglicht, die elektrische mit mechanischer Leistung vergleicht. Man kann so die Masse mit der Planck´schen Konstante in Beziehung setzen.
Die Ergebnisse beider Ansätze müssen übereinstimmen. Aus ihnen ergibt sich die Definition für die Avogadrokonstante und das mol.
Candela
Die Neudefinition entspricht bis auf Änderung der Formulierung der bisherigen Definition: "Das Photometrische Strahlungsäquivalent Kcd einer monochromatischen Strahlung der Frequenz 540 · 1012 Hz ist genau gleich 683 Lumen durch Watt.
Übersicht
Im Folgenden sind seit 2019 gültigen Definitionen der SI-Basiseinheiten zusammengefasst.[16][17][1]
Phys. Größe | Basiseinheit | definierende Naturkonstante | Festlegung der Naturkonstante | Zusammensetzung der Einheit |
---|---|---|---|---|
Zeit | Sekunde | (Hyperfeinstrukturübergang) | Die Frequenz des Hyperfeinstrukturübergangs des Grundzustands des Cäsiumatoms ist exakt 9.192.631.770 Hertz (Hz). | Aus Frequenz des Hyperfeinstrukturübergangs. |
Länge | Meter | (Lichtgeschwindigkeit) | Die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum c ist exakt 299.792.458 Meter pro Sekunde (m/s). | Aus Lichtgeschwindigkeit und Sekunde. |
Masse | Kilogramm | h (Planck-Konstante) | Die Planck-Konstante h ist exakt 6,626 070 15 · 10–34 Joulesekunden (Js). | Aus Planck-Konstante, Sekunde und Meter. |
elektrische Stromstärke | Ampere | e (Elementarladung) | Die Elementarladung e ist exakt 1,602 176 634 · 10–19 Coulomb (C). | Aus Elementarladung und Sekunde. |
Temperatur | Kelvin | (Boltzmann-Konstante) | Die Boltzmann-Konstante ist exakt 1,380 649 · 10–23 Joule pro Kelvin (J/K). | Aus Boltzmann-Konstante, Sekunde, Meter und Kilogramm. |
Stoffmenge | Mol | NA (Avogadro-Konstante) | Die Avogadro-Konstante NA ist exakt 6,022 140 76 · 1023 pro Mol (1/mol). | Zählung gleichartiger Teilchen, z. B. Atome. |
Lichtstärke | Candela | KCD (photometrisches Strahlungsäquivalent) | Das photometrische Strahlungsäquivalent KCD einer monochromatischen Strahlung der Frequenz 540 · 1012 Hertz ist exakt 683 Lumen pro Watt (lm/W). | Aus Strahlungsäquivalent, Sekunde, Meter, Kilogramm und dem Raumwinkel. |
Mit dieser Umstellung ist die Unterscheidung zwischen Basiseinheiten und abgeleiteten Einheiten weitgehend aufgehoben.
Literatur
- E. Bodea: Giorgis rationales MKS-Masssystem mit Dimensionskohärenz. 2. Aufl. Birkhäuser, 1949.
- J. deBoer: Giorgi and the International System of Units. In: C. Egidi (Hrsg.): Giovanni Giorgi and his contribution to electrical metrology. Politecnico, Torino 1990, S. 33–39.
- Julian Haller, Karlheinz Banholzer, Reinhard Baumfalk: Neudefinition der Einheiten Kilogramm, Ampere, Kelvin und Mol. Wie kommt das Kilogramm in meine Laborwaage?, Chemie in unserer Zeit, (2019), 53, 84–90, DOI: 10.1002/ciuz.201800878.
Weblinks
- Neue Definitionen im Internationalen Einheitensystem (SI), Lesezeichen der PTB, Stand: Februar 2019 (PDF-Datei; 2,3 MB)
- maßstäbe 14 - Maße für alle, Zeitschrift der PTB, Stand: Februar 2019 (PDF-Datei; 15,1 MB)
- Konventionen zum Einsatz der SI-Einheiten auf nist.gov (National Institute of Standards and Technology) der USA* Metrologie in Österreich BEV
- Masseinheiten in der Schweiz, Eidgenössisches Institut für Metrologie METAS METAS
- SI-Einheiten in den USA NIST
- Das Internationale Einheitensystem, Internationales Büro für Maß und Gewicht BIPM (engl., frz.)
- United Nations Centre for Trade Facilitation and Electronic Business UN/CEFACT
Einzelnachweise
- ↑ a b c 26th CGPM (2018) - Resolutions adopted / Résolutions adoptées. (PDF; 1,2 MB) Versailles 13–16 novembre 2018. In: bipm.org. Bureau International des Poids et Mesures, 19. November 2018, S. 2–5, abgerufen am 28. April 2019 (en/fr).
- ↑ Le Système international d’unités. 8e édition, 2006, aktualisiert 2014 (die sogenannte „SI-Broschüre“, französisch und englisch).
- ↑ Das Internationale Einheitensystem (SI). Deutsche Übersetzung der BIPM-Broschüre „Le Système international d’unités/The International System of Units (8e édition, 2006)“. In: PTB-Mitteilungen. Band 117, Nr. 2, 2007 (Online [PDF; 1,4 MB]).
- ↑ Richtlinie 2009/3/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2009 zur Änderung der Richtlinie 80/181/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Einheiten im Messwesen.
- ↑ Weights and Measures. The World Factbook, abgerufen am 23. Januar 2010 (englisch).
- ↑ Einer gegen 290 Millionen NZZ Folio 02, 2005, abgerufen am 23. Januar 2010.
- ↑ Forschung zum neuen SI, PTB, abgerufen am 1. Februar 2015.
- ↑ DIN EN ISO 80000-3:2013 Größen und Einheiten – Teil 3: Raum und Zeit, Abschnitt 3-8.b
- ↑ Das Urkilogramm – Der Dinosaurier unter den Maßeinheiten, Bericht aus einer Quarks und Co-Sendung.
- ↑ Ausführungsverordnung zum Gesetz über die Einheiten im Messwesen und die Zeitbestimmung.
- ↑ Markus Kuhn: Metric System FAQ. 9. September 2009, abgerufen am 11. September 2014: „Some countries that do not use the Latin alphabet have standardized their own short symbols for SI units. The Russian standard GOST 8.417:1981, for example, specifies Cyrillic symbols м (m), кг (kg), с (s), А (A), К (K), моль (mol), кд (cd), etc.“
- ↑ Maßeinheiten sind bald in Natur gemeißelt, abgerufen am 16. November 2018.
- ↑ Jens Simon: Naturkonstanten als Hauptdarsteller - PTB.de. Generalkonferenz für Maß und Gewicht (CGPM) verabschiedet Revision des Internationalen Einheitensystems. In: PTB.de. Physikalisch-Technische Bundesanstalt, 16. November 2018, abgerufen am 28. April 2019.
- ↑ PTB: Das neue Internationale Einheitensystem (SI) [1], Stand 11.17
- ↑ Julian Haller, Karlheinz Banholzer, Reinhard Baumfalk: Neudefinition der Einheiten Kilogramm, Ampere, Kelvin und Mol. Wie kommt das Kilogramm in meine Laborwaage?, Chemie in unserer Zeit, (2019), 53, 84–90, DOI: 10.1002/ciuz.201800878.
- ↑ Ian Mills: Draft Chapter 2 for SI Brochure, following redefinitions of the base units. (PDF; 249 kB) CCU, 29. September 2010, abgerufen am 1. Januar 2011.
- ↑ R. Scharf, T. Middelmann: Paradigmenwechsel im Internationalen Einheitensystem (SI). In: PTB-Mitteilungen. Band 126, Nr. 2, Juni 2016, S. 5–15, doi:10.7795/310.20160201.