Office de Radiodiffusion Télévision Française
ORTF ist die Abkürzung für "Office de Radiodiffusion Télévision Française". Diese Rundfunkgesellschaft heißt heute "Radio France".
Um das Jahr 1960 haben Ton-Ingenieure des französischen Rundfunks (ORTF) durch eine Reihe praktischer Versuche ein Stereo-Hauptmikrofonsystem gefunden, das eine recht gleichmäßige Verteilung der Phantom-Schallquellen auf der Stereo-Lautsprecherbasis (Hörereignisrichtung)
ergibt, bei einem wirksamen Aufnahmebereich des Mikrofonsystems von 96°. Dieses System wurde empirisch mit zwei Kleinmikrofonen in Nierencharakteristik, einem Achsenwinkel von α = 110° und einer Mikrofonbasis von a = 17 cm festgelegt – in Worten: genau siebzehn Zentimeter.
Hierbei wirken frequenzunabhängige Pegeldifferenzen ∆ L und gleichsinnige Laufzeitdifferenzen ∆ t als Interchannel-Signale (Lautsprechersignale) zusammen. Die Mitwirkenden betonten, dass dabei der menschliche Ohrabstand keinesfalls irgendwie mitbestimmend war, denn es sollte ein brauchbares Mikrofonsystem für Stereo-Lautsprecherwiedergabe entwickelt werden. Diese Aufnahmetechnik wird gemischte Stereofonie oder Äquivalenz-Stereofonie genannt.
Üblicherweise muss dieses spezielle Mikrofonsystem vom Toningenieur aus zwei Einzel-Kleinmikrofonen zusammengesetzt werden. Doppelmembranmikrofone sollte man wegen der unausgeglichenen Richtcharakteristiken und der größeren Phasengänge nicht dazu verwenden.
Auch wenn es ratsam erscheint, selbst mit den beiden Parametern Achsenwinkel und Mikrofonbasis zu experimentieren, wozu es praktische Mikrofonhalterungen gibt, ist ein fest montiertes ORTF-Mikrofonsystem erhältlich.
Versehentlich ist von Michael Dickreiter in seinem Buch "Handbuch der Tonstudiotechnik" ein gegenseitiger Mikrofonabstand (Mikrofonbasis) von 17,5 cm angegeben worden. Dieser falsche "Extra-Wert von 0,5 cm" verbreitet sich seither im deutschsprachigen Raum und stößt bei Ausländern zumindest auf Verwunderung.