Zum Inhalt springen

Sonja Finck

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 18. Mai 2019 um 03:07 Uhr durch Eisbaer44 (Diskussion | Beiträge) (Weblinks: +1). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Sonja Finck (geb. 1978 in Moers) ist eine literarische Übersetzerin und gelernte Artistin.

Leben und Werk

Sonja Finck mit dem Autor Ryad Assani-Razaki im Heine Haus Düsseldorf bei einer Lesung aus Iman am 19. März 2014

Sonja Finck ließ sich zunächst an der Zirkusschule Le Lido in Toulouse zur Artistin ausbilden und finanzierte sich zwischen 1998 und 2004 als Jongleurin das Studium für literarische Übersetzung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Seit 2004 arbeitet Finck als freie Übersetzerin von Romanen, Erzählungen, Theaterstücken, Dokumentarfilmen und wissenschaftlichen Texten und überträgt aus dem Französischen, Englischen und Spanischen ins Deutsche.

Schon in ihrer Abschlussarbeit über Assia Djebar erörterte sie die Übersetzung kritisch als eine oft angestrebte „Unsichtbarkeit“ und „Transparenz“ zwischen Originaltext und Rezeption, da die Ebene des Übersetzens zumeist eher unbemerkt bleiben solle. Ohne dieses vorherrschende Prinzip völlig verwerfen zu wollen, sei es jedoch wünschenswert, dass es „zugunsten eines differenzierten Modells aufgegeben“ werde, in dem die „Vermittlungsinstanz“ der Übersetzung deutlicher als eine solche erkannt werde.[1] In diesem Sinn wiederholte Finck in einem Interview mit der Zeitung Der Freitag anlässlich der Übersetzung von Les Années von Annie Ernaux, sie versuche als Übersetzerin des Buches gewissermaßen „Annie Ernaux in der Stimme von Sonja Finck“ zu sein.[2]

Der Ansatz, das Prinzip der „Unsichtbarkeit“ der Übersetzenden selbst durch Sichtbarkeit zu differenzieren, wurde von Finck seit 2005 regelmäßig durch – sonst eher für Autoren typische – Lesungen und durch Moderationen von Podiumsdiskussionen bekräftigt, zum Beispiel auf der Frankfurter Buchmesse, dem Fest des jüdischen Buches in der Synagoge Duisburg oder dem Internationalen Literaturfestival Berlin.

Für die Übersetzung des Romans Fever von Leslie Kaplan erhielt sie im Jahr 2006 den André-Gide-Preis. In ihrer Dankesrede wies sie darauf hin, dass sie für diese Arbeit von keinem Verlag beauftragt worden sei: „Ich habe mir diesen Text selbst ausgesucht, was in unserem Métier selten vorkommt. Und ich habe feststellen können, dass man nie besser übersetzt, als wenn man zum Text echte Verwandtschaft verspürt.“[3]

Zwischen 2009 und 2013 erarbeitete Finck die Übersetzungen für Untertitel, Voiceover- und Voiceoff-Fassungen mehrerer Dokumentarfilme des Fernsehsenders Arte.

Für das Jugendbuch Der Geruch von Häusern anderer Leute wurde sie 2017 gemeinsam mit der Autorin Bonnie-Sue Hitchcock mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet.[4]

Sonja Finck lebt in Berlin und im kanadischen Gatineau. Sie ist Mitglied der Literary Translators’ Association of Canada und im Verband deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke, dessen Veranstaltungen zum Internationalen Übersetzertag (auch Hieronymustag genannt) sie mitorganisiert.[5]

Übersetzungen

aus dem Französischen

Romane

  • mit Frank Weigand: Jocelyne Saucier, Niemals ohne sie. Insel, 2019
  • Annie Ernaux: Der Platz. Suhrkamp, 2019
  • Annie Ernaux: Erinnerung eines Mädchens. Suhrkamp, 2018
  • Annie Ernaux: Die Jahre. Suhrkamp, 2017
  • Mathias Malzieu: Ich liebe das Leben viel zu sehr. carl’s books, 2017
  • Sylvain Coher: Nordnordwest. DTV, 2017
  • Jocelyne Saucier: Ein Leben mehr. Insel, 2015
  • Jean-Paul Didierlaurent: Die Sehnsucht des Vorlesers. DTV, 2015
  • Mathias Malzieu: Der kleinste Kuss der Welt. carl’s books, 2015
  • Wajdi Mouawad: Anima. DTV, 2014
  • Ryad Assani-Razaki: Iman. Wagenbach, 2014
  • Philippe Delerm: Vorsicht, der Teller ist heiß! Phrasen für alle Lebenslagen. persona verlag, 2013
  • Mathias Malzieu: Metamorphose am Rande des Himmels. carl’s books, 2013
  • Kamel Daoud: Minotaurus 504. persona, 2012
  • Maxime Chattam: Der Herr des Nebels (gemeinsam mit Maximilian Stadler), Droemer, 2012
  • Mathias Malzieu: Die Mechanik des Herzens. carl’s books, 2012
  • Pierre Grimbert: Die Magier, Die Krieger, Die Götter (13 Bände, davon einige gemeinsam mit Nadine Püschel, Andreas Jandl und Bettina Arlt). Heyne, 2008–2012
  • Frédéric Chaudière: Die Geschichte einer Stradivari. Wagenbach, 2007
  • Leslie Kaplan: Fever. Berlin Verlag, 2006
  • Régis de Sá Moreira: Joseph & Clara. Droemer Knaur, 2006

Erzählungen und Kurzgeschichten

  • Kamel Daoud: Der Araber und das weite Land O (L’arabe et le vaste Pays Ô). In: die horen, 267. 62. Jg., 2017 ISBN 978-3-8353-3121-1 S. 85–90
  • Léonora Miano: Der Preis des Traums (Le Prix du rêve). In: die horen, 267. 62. Jg., 2017 ISBN 978-3-8353-3121-1 S. 74–84
  • Ryad Assani-Razaki: Olaosanmi. In: L’amour toujours – toujours l’amour? Hrsg. Annette Wassermann. Wagenbach Verlag, 2017
  • Christine Montalbetti: Die Eskapade (L’escapade), zur Ausstellung beautifuldays von Jean-Marc Bustamente. Kunsthaus Bregenz, 2006

Theaterstücke

  • Catherine Léger: Babysitter. In: Neue französische Theaterstücke (=Scène, 20). Hrsg. Leyla-Claire Rabih, Frank Weigand.Theater der Zeit, Berlin 2017
  • Léonora Miano: Das Grab. In: Neue französische Theaterstücke (=Scène, 19). Theater der Zeit, Berlin 2016 ISBN 978-3-95749-082-7
  • Olivier Sylvestre: Das Gesetz der Schwerkraft (La loi de la gravité), für das Theaterfestival Primeur in Saarbrücken 2016, Theaterstückverlag;

aus dem Englischen

  • Chinelo Okparanta: Unter den Udala Bäumen. (zusammen mit Maria Hummitzsch) Das Wunderhorn, 2018
  • Robin Roe: Der Koffer. Königskinder, 2017
  • Bonnie-Sue Hitchcock: Der Geruch von Häusern anderer Leute. Königskinder Verlag, 2016
  • John Boyne: Die Geschichte der Einsamkeit. Piper, 2015
  • John Boyne: Haus der Geister. Piper, 2014
  • Gayatri Chakravorty Spivak: Righting Wrongs – Unrecht richten (zusammen mit Janet Keim), Diaphanes, 2008
  • David Edmonds, John Eidinow: Rousseaus Hund. Zwei Philosophen, ein Streit und das Ende aller Vernunft. DVA, 2008* Anne Seale: Heißes Erbe. Argument mit Ariadne, 2007
  • Katherine V. Forrest: Vollrausch. Argument mit Ariadne, 2005
  • Val McDermid: Die Geiselnahme. Argument mit Ariadne, 2003

aus dem Spanischen

  • Ramón Trigo: Casa vacía – Das leere Haus. Internationales Literaturfestival Berlin 2010
  • Ramón Trigo: Las bombillas que se encienden y se apagan – Glühbirnen. Internationales Literaturfestival Berlin 2010
  • Ana Maria Machado: Niña bonita – Schönes schwarzes Mädchen. Internationales Literaturfestival Berlin 2009
  • Susana Guzner: Unberechenbare Geometrie der Liebe. Daphne Verlag, 2005

Dokumentarfilme (Untertitel, Voice-over und Voice-off)

  • Serge Bromberg und Eric Long: Charlie Chaplin, wie alles begann. Ein Tramp erobert die Welt. Frankreich 2013, 60 Min.
  • Sylvain Bergere: Ungarn erzählt von … Péter Esterházy und Péter Nádas. Frankreich 2013, 53 Min.
  • Jean-Jacques Lebel, Yavier Villet: Beat Generation / Jack Kerouac – Allen Ginsberg – William S. Burroughs. Frankreich 2013, 55 Min.
  • Reiner Holzemer: Alles kommt aus dem Schwarz und verliert sich im Weiß. Deutschland 2012, 54 Min.
  • Stephanie Lamorre: L.A. – Gang de femmes / Die Mädchenbanden von L.A. Frankreich 2012, 84 Min.
  • Patric Jean: La domination masculine – die männliche Herrschaft. Frankreich 2009, 103 Min.
  • Reiner Holzemer: Juergen Teller. Deutschland 2011, 43 Min.
  • Delphine Dhilly: Les Gars et les Filles – Les Lovers / Jungs und Mädels – Die Lover. Frankreich 2011, 49 Min.
  • Pascal Vasselin: Prochain Arrêt: Montréal / Nächster Halt: Montreal (fünf Episoden). Frankreich 2011, 5 × 26 Min.
  • Béatrice Bakhti: Romans d’ados – Jugendgeschichten (in vier Teilen). Schweiz 2010, 1. Teil 97 Min., 2. Teil 104 Min., 3. und 4. Teil 98 Min.
  • Rémy Huberdeau: Transforming Family / Familie transformieren. Kanada 2012, 10 Min. (in Französisch auf Vimeo)
  • Marie-Pierre Grenier: Je les aime encore / I still love them. Kanada 2010, 13 Min. (zusammen mit Isabelle Mercier)

Auszeichnungen

Einzelnachweise

  1. Sonja Finck: (Un-)Sichtbarkeit in der literarischen Übersetzung anhand von Assia Djebars L’Amour, la fantasia. Diplomarbeit, Düsseldorf 2004, S. 6.
  2. Beate Tröger: „Vom Tod her denken“. Interview. Annie Ernaux’ „Die Jahre“ war Inspiration für Didier Eribon. Wir haben mit ihrer deutschen Übersetzerin gesprochen. In: Der Freitag. 46/2017, abgerufen am 17. Februar 2019.
  3. Im Original: « Ce n’est pas une maison d’edition qui m’a proposé de traduire Fever. J’ai choisi moi-même ce texte – ce qui est rarement le cas dans notre métier. Et j’ai ainsi pu constater que l’on ne traduit jamais mieux quand on éprouve une vraie affinité envers le texte. » Aus Sonja Fincks Rede bei der Verleihung des André-Gide-Preises an sie: La traduction – un amalgame, une chimère, un mouvement infini (französisch, zu Deutsch: „Die Übersetzung – ein Amalgam, eine Chimäre, eine unabgeschlossene Bewegung“).
  4. (Von dpa): Auszeichnung. Jugendliteraturpreis auf der Buchmesse vergeben (Memento vom 14. Oktober 2017 im Internet Archive). In: Stuttgarter Nachrichten. 14. Oktober 2017, abgerufen am 14. März 2019.
  5. Internationaler Übersetzertag. In: literaturuebersetzer.de. Verband deutschsprachiger Übersetzer, abgerufen am 12. März 2019 (Veranstaltungsankündigung des Hieronymustages 2018).
  6. Dabei Rede Fincks: La traduction. Un amalgame, une chimère, un mouvement infini (französisch; „Die Übersetzung. Ein Amalgam, eine Chimäre, eine unabgeschlossene Bewegung“; zur Translatologie in der Praxis).