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Remmo-Clan

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Der Remmo-Clan (auch: Rammo-Clan) ist eine arabische[1] Großfamilie mit über 500 Angehörigen, die teilweise der organisierten Kriminalität zugerechnet werden und vor allem in Berlin ansässig sind.[2][3] Behörden bringen den kriminellen Teil der Familie mit Delikten wie schweren Gewalt- bzw. Körperverletzungsdelikten, Schutzgelderpressung, Raub, Drogengeschäften, Hehlerei, Diebstahl, illegalen Waffenbesitzes und Mord in Verbindung.[1][4][5] Neun Familienmitglieder gelten als Intensivtäter.[6] Clanmitglieder machten jüngst als Vertraute von Gangsta-Rappern wie Massiv und Bushido auf sich aufmerksam.[7]

Herkunft

Die Großfamilie Remmo stammt ursprünglich aus dem südlichen Anatolien in der heutigen Türkei. Von dort wanderten die Remmos zunächst in den Libanon aus, wo sie jedoch nur geduldet waren. Während des libanesischen Bürgerkrieges migrierte die Familie in den 1980er-Jahren schließlich nach Deutschland.[8]

Geschäftsbeziehungen zu Rappern

Der Remmo-Clan unterhält geschäftliche Beziehungen zu Rappern. So agierte das Familienmitglied Ashraf Remmo längere Zeit als Manager des Rap-Künstlers Massiv.[8] Inzwischen gilt er auch als Geschäftspartner von Bushido, der den ihn zuvor unterstützenden Abou-Chaker-Clan im Streit verließ.[7] Ein Schusswaffen-Angriff auf den Imbiss des Oberhaupts des Abou-Chaker-Clans wird von Beobachtern in Zusammenhang mit diesem Streit gebracht.[9]

Aufsehenerregende Straftaten

Mord im Jahr 1992

Zwei Familienmitglieder erschossen im Jahr 1992 in Schöneberg einen jugoslawischen Gastronomen. Einen anderen Mann verletzten sie schwer. Daraufhin durchsuchten Beamte die Wohnung und fanden Heroin und libanesische Blanko-Geburtsurkunden.[8]

Tödlicher Verkehrsunfall mit Fahrerflucht 2008

Im Oktober 2008 überfuhr ein damals als Intensivtäter geltender 19-jähriger Clan-Angehöriger am Potsdamer Platz bei Verstoß gegen mehrere Verkehrsregeln einen Passanten, verletzte ihn tödlich und beging anschließend Fahrerflucht.[10] Zwei Monate später brach er im Dezember 2008 mit seinem Bruder in eine Drogerie ein. Bei der anschließenden Flucht vor der Polizei prallte das Duo mit einem nicht auf sie angemeldeten Pkw gegen einen Baum und verstarb hierbei.[11] Die beiden wurden anschließend unter großer Anteilnahme auf dem muslimischen Friedhof neben der Berliner Sehitlik-Moschee beigesetzt. Das Grab verfügt über große Marmorplatten, wird bis heute gepflegt und fungiert durch aufgestellte Stühle als Treffpunkt für Familienangehörige.[8]

Mariendorfer Sparkasse

Im Oktober 2014 brach ein Familienmitglied zusammen mit mehreren Komplizen in eine Sparkasse in Berlin-Mariendorf ein. Um etwaige Beweismittel zu beseitigen, setzten die Einbrecher die Filiale in Brand. Dadurch kam es zu einer Explosion, wobei sich das Clan-Mitglied verletzte und seine DNA-Spuren am Tatort gesichert werden konnten. Mittlerweile international per Haftbefehl gesucht, konnte er im Januar 2015 in Rom festgenommen und nach Deutschland überstellt werden. Noch im selben Jahr wurde er zu acht Jahren Haft verurteilt. Seit Dezember 2017 ist er im offenen Vollzug. Die bei dem Einbruch beteiligten Komplizen als auch die gestohlenen Wertsachen im Wert von 9,16 Millionen Euro konnten bisher nicht ermittelt werden.[12][13]

Geldwäsche

Nach Ermittlung des Landeskriminalamtes Berlin verfügt der Clan über ein Netzwerk von Strohmännern in Beirut, Tripoli und Berlin, um auf professionelle Weise seine kriminellen Einkünfte in sauberen Geschäften zu waschen.[12]

Einbruchsdiebstahl im Bode-Museum

Wegen Einbruchs in das Bode-Museum wurde im Oktober 2018 von der Jugendkammer des Berliner Landgerichts Anklage gegen drei Clan-Mitglieder erhoben. Sie werden angeklagt, am 27. März 2017 eine 100 Kilo schwere Goldmünze („Big Maple Leaf“) im Wert von 3,75 Millionen Euro gestohlen zu haben. Im Zuge des Ermittlungsverfahren wurden Telefone der Verdächtigen abgehört sowie ein Durchsuchungsbefehl vollzogen, bei denen u. a. scharfe Schusswaffen sichergestellt wurden. Als vierter Täter wurde ein Informant angeklagt, der als Wachmann für das dort tätige Sicherheitsunternehmen eingesetzt worden war.[14] Die drei Remmo-Brüder sind wegen verschiedener Delikte vorbelastet, unter anderem wegen Diebstahls, Hausfriedensbruchs und Betrugs.[15]

Handgranatenangriff auf das „Fish House“

Am 22. Oktober 2018 um 4.30 Uhr wurde in Berlin die Scheibe des Restaurants „Fish House“ eingeschlagen und eine Handgranate ins Gebäudeinnere geworfen. Das Restaurant gehört einer mit dem Remmo-Clan verfeindeten Großfamilie. Wegen des dringenden Verdachts der Tatbegehung wurden zwei Angehörige des Remmo-Clans in Untersuchungshaft genommen.

Familien-Union 2011

Im Februar 2011 stellten jeweils ein Angehöriger des Miri-Clans und Al-Zein-Clans gegenüber dem Tagesspiegel eine Familien-Union vor, die geschätzte 70 % der Mitglieder arabischer Großfamilien erreiche. Die Familien-Union habe zum Ziel, vor allem junge Familienmitglieder davon zu überzeugen, dass der Bildungsweg aussichtsreicher sei als eine kriminelle Laufbahn. So will die Familien-Union eigene Freizeiteinrichtungen in den Berliner Ortsteilen Neukölln, Wedding und Spandau eröffnen. Zugleich betonte die Union im Interview eine Kooperationsbereitschaft mit der Polizei. Unter den Mitgliedern befinden sich auch Angehörige der Remmo-Großfamilie.[16]

Razzien und Beschlagnahme von Vermögenswerten 2018

Am 13. Juli 2018 durchsuchten 40 Polizeibeamte an 13 Orten in Berlin und Brandenburg 77 Immobilien. Vorläufig beschlagnahmt wurden Grundschuldbriefe und Grundstücke im Wert von über 9,3 Millionen Euro, darunter eine 6 km² große Kleingartenanlage, die Angehörigen der Familie Remmo gehören.[17][18][19][20][21]

Am 27. August 2018 fand eine weitere Razzia wegen des dringenden Verdachts des organisierten Drogenhandels in Kooperation mit der Al-Zein Großfamilie statt. Dabei wurden neben der Durchsuchung von fünf Immobilien Haftbefehle gegen zwei Brüder aus dem Clan vollstreckt. Vorläufig beschlagnahmt wurden ein Mercedes AMG, ein Porsche Panamera, ein KIA-SUV, zwei Kilogramm Cannabis sowie Munition.[12][22]

Filme

  • Die Immobiliengeschäfte arabischer Clans. Dokumentarfilm, Deutschland, 2018, 27:34 Min., Buch und Regie: Thomas Heise und Claas Meyer-Heuer, Produktion: Spiegel TV, Internetpublikation: 24. September 2018, Inhaltsangabe und online-Video von Spiegel TV.
  • Innenansichten einer arabischen Großfamilie. Die Familie Rammo ist eine der mächtigsten arabischen Großfamilien Berlins. Dokumentarfilm, Deutschland, 2018, 27:33 Min., Buch und Regie: Thomas Heise und Claas Meyer-Heuer, Produktion: Spiegel TV, Internetpublikation: 17. September 2018, Inhaltsangabe und online-Video von Spiegel TV.
  • Arabische Clans in Berlin. Dokumentarfilm, Deutschland, 2016, 53:20 Min., Buch und Regie: Thomas Heise und Claas Meyer-Heuer, Produktion: Spiegel TV, Reihe: Magazin, Internetpublikation: 11. Dezember 2016, Inhaltsangabe und online-Video von Spiegel TV.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b Laura Backes, Jürgen Dahlkamp, Jörg Diehl, Lukas Eberle, Thomas Heise, Claas Meyer-Heuer, Andreas Ulrich: So herrschen die Clans in Deutschland. In: Der Spiegel, Heft 8/2019, 15. Februar 2019, abgerufen am 14. Mai 2019.
  2. Klaus Wolschner: „Ich will in Frieden leben.“ In: taz, Bremen, 26. Juli 2018, Interview mit Houssam Remmo u. a. über seinen Austritt aus der SPD.
  3. Julia Huber: Bushido und die Berliner Clans. In: Süddeutsche.de, 27. September 2018.
  4. Michael Verfürden: Wie die Polizei einem kriminellen Clan auf die Schliche kam. In: Handelsblatt, 20. Juli 2018.
  5. Katja Demirci, Sebastian Leber, Hannes Heine, Werner van Bebber: Der Staat greift nach dem Geld von Berlins kriminellstem Clan. In: Der Tagesspiegel, 20. Juli 2018.
  6. Oliver Hollenstein, Yassin Musharbash, Holger Stark, Tobias Timm, Fritz Zimmermann: Familienbande. In: Die Zeit, Nr. 28/2018, 5. Juli 2018, bei Zeit Online editiert am 5. Oktober 2018, abgerufen am 14. Mai 2019.
  7. a b sah: Streit auf Instagram. Streit zwischen Clan-Bossen eskaliert. In: Focus, 5. August 2018.
  8. a b c d Hannes Heine, Sebastian Leber: Großfamilie R. – die Berliner Blutsbande. In: Der Tagesspiegel, 15. August 2018.
  9. Matthias Becker & Peter Rossberg: Razzia nach Schüssen auf den Abou-Chaker-Imbiss. In: B.Z., 3. August 2018.
  10. Tanja Buntrock: Rekonstruktion einer Todesfahrt. In: Der Tagesspiegel, 4. Dezember 2008.
  11. Tanja Buntrock: Mutmaßlicher Todesfahrer vom Potsdamer Platz raste selbst in den Tod. In: Der Tagesspiegel, 24. Dezember 2008.
  12. a b c Axel Spilcker: Rauschgifttaxis, Einbrüche, Mord: Wie ein Araber-Clan die Berliner Justiz in Atem hält. In: Focus Online, 27. September 2018.
  13. Kerstin Gehrke: Angeklagter verweigert Aussage zu Banküberfall. In: Der Tagesspiegel, 13. Oktober 2015.
  14. Goldmünzen-Raub: Drei Remmo-Sprösslinge angeklagt. In: B.Z., 17. Oktober 2018.
  15. Thomas Heise, Claas Meyer-Heuer, Jens Witte: Prozess um Goldmünzen-Diebstahl: Der dreiste Coup im Bode-Museum. In: Spiegel Online. 9. Januar 2019 (spiegel.de [abgerufen am 9. Januar 2019]).
  16. Claudia Keller: Die Clanchefs bitten zum Tee. In: Der Tagesspiegel, 26. Februar 2011.
  17. Maren Wittge, Jörg Bergmann, Matthias Becker, Anne Losensky und Julien Wilkens: Immobilien mit Geld aus Straftaten gekauft? Das sagt der Berliner Clan-Chef zu den Vorwürfen. In: B.Z., 20. Juli 2018.
  18. dpa: Razzia in Berlin: 77 Immobilien eines Clans beschlagnahmt. In: Zeit online, 19. Juli 2018.
  19. Claas Meyer-Heuer: Organisierte Kriminalität: Polizei beschlagnahmt Dutzende Immobilien von Großfamilie. In: Spiegel Online, 18. Juli 2018.
  20. Peter Carstens (Berlin): Razzia in Berlin: Münzraub, Bankraub, Geldwäsche. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19. Juli 2018.
  21. Andreas Kopietz: Kokain-Razzia: Hier zeigt die Polizei ihr feines Näschen. In: Berliner Kurier, 27. August 2018.
  22. Matthias Lukaschewitsch, Peter Rossberg, Timo Beurich und Jörg Bergmann: Nächster Schlag gegen Clans. Das steckt hinter der Razzia gegen arabische Großfamilien. In: B.Z., 27. August 2018.