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Sprachen in Israel

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Viersprachiges Schild eines Ministeriums in Haifa

Zu den Sprachen im Staat Israel gehören über 33 Sprachen aus mehreren Sprachfamilien.[1] Modernes Hebräisch ist seit Verabschiedung des Nationalstaatsgesetzes am 19. Juli 2018 alleinige Amtssprache Israels.

Allgemein

Die israelische Bevölkerung bildet eine kulturell vielfältige Gesellschaft, in der mehrere Sprachen gesprochen werden. Nach Angaben des Israelischen Zentralbüros für Statistik gibt es in Israel 33 Sprachen und Dialekte. Die am häufigsten verwendeten Sprachen ist die Amtssprache Hebräisch, danach Arabisch, Russisch, Französisch und Englisch. Dabei ist Hebräisch das allgemein übliche Verständigungsmittel zwischen allen Sprachgemeinschaften, Verwaltungssprache, Gerichtssprache und Unterrichtssprache an fast allen jüdischen Schulen. In arabischen Wohngebieten übernimmt diese Rolle zum großen Teil das Arabische. Englisch ist die Sprache von Einwanderern aus den angelsächsischen Ländern und dient darüber hinaus als Kommunikationsmittel im Umgang mit Ausländern, bei öffentlichen Belangen gegenüber dem Ausland und ausländischen Institutionen und Besuchern. Die anderen Sprachen dienen hauptsächlich den Angehörigen der betreffenden Sprachgemeinschaft in der informellen Kommunikation untereinander. Das gilt auch für die Weltsprache Französisch, die in Israel stark vertreten ist, aber kaum die Rolle eines interkulturellen Kommunikationsmittels innerhalb Israels übernimmt. Die meisten Minderheitensprachen sind nicht Schulfach und auf den informellen und privaten Bereich beschränkt. An den Schulen werden vor allem Hebräisch (als Erstsprache in jüdischen Schulen oder erste Fremdsprache in arabischen Schulen), Arabisch (als Erstsprache in arabischen Schulen oder zweite Fremdsprache nach Englisch in jüdischen Schulen), Englisch (als erste bzw. zweite Fremdsprache) und Französisch (als zweite Fremdsprache) gelehrt. Unterrichtssprache an den Hochschulen ist Hebräisch; daneben gibt es Summer- und Winterschools für ausländische Studierende vor allem auf Englisch, Spanisch und Französisch.

Laut einer Studie des Israelischen Zentralbüros für Statistik aus dem Jahr 2011 sprachen von den über 20 Jahre alten Israelis 49 % Hebräisch, 18 % Arabisch und 15 % Russisch als Muttersprache, aber nur 2 % Jiddisch, 2 % Englisch und 1,6 % Spanisch.[2]

Hebräisch

Im Jahr 1922 wurde Hebräisch auf Initiative hochrangiger zionistischer Vertreter zu einer der drei Amtssprachen des britischen Völkerbundsmandates für Palästina. Dies war ein großer Erfolg für jene in der zionistischen Bewegung, die das Hebräische wieder zur Sprache des jüdischen Volkes machen und den Gebrauch der Sprachen der Diaspora, darunter auch Jiddisch, zurückdrängen wollten. Hebräisch war die historische Sprache des gesamten Judentums, während Jiddisch, Polnisch oder Deutsch nur als Sprachen des mittel- und osteuropäischen Judentums gelten konnten.[3]

Die Wiederbelebung der hebräischen Sprache in Israel geht auf Eliezer Ben-Jehuda zurück. Er wanderte 1881 aus dem russischen Zarenreich nach Palästina ein, das damals Teil des Osmanischen Reiches war, und gründete mit Gleichgesinnten in den 1880er Jahren mehrere hebräische Schulen, gab hebräische Zeitungen heraus und unternahm große Anstrengungen, Hebräisch als gesprochene Sprache wiederzubeleben. Bereits um 1905, noch unter osmanischer Herrschaft, wurde Hebräisch als Sprache der jüdischen Gemeinde in Palästina anerkannt. Daneben sprachen die Juden des so genannten alten Jischuw, also jene, die bereits vor den zionistischen Einwanderungswellen im Land gelebt hatten, zum großen Teil Arabisch und Djudeo-Espanyol als Erstsprachen.

Bei der Gründung des Staates Israel 1948 wurden Hebräisch und Arabisch die Amtssprachen des neuen Staates. Die meisten Einwanderer lernten Hebräisch, und viele von ihnen nahmen hebräische Namen an.[4]

Heute ist Hebräisch die wichtigste Sprache des Landes und auf fast allen Ebenen des öffentlichen Lebens vertreten. Hebräisch ist an arabischsprachigen Schulen Israels von der dritten Klasse an ein Pflichtfach, und hebräische Aufnahmeprüfungen sind für Schüler beim Eintritt an israelischen Schulen und Universitäten vorgeschrieben.

Arabisch

Mit der Verabschiedung des Nationalstaatsgesetzes am 18. Juli 2018 verlor die arabische Sprache den Status einer Amtssprache und hat nun den Status einer besonderen Sprache. Sie wird hauptsächlich von den israelischen Arabern und den Drusen benutzt in ihren levantinischen Dialekten. Orientalische Juden die selbst aus dem arabischen Raum nach Israel eingewandert sind, benutzen auch noch häufig Arabisch als Alltagssprache.[5] Die Sprecherzahl im israelischen Kernland ohne die besetzten Gebiete beläuft sich auf schätzungsweise 2 bis 2,5 Millionen.

Im Straßenraum und öffentlichen Gebäuden gibt es zweisprachige Schilder, auch die Etikettierung von Handelsprodukten wird oft in beiden Sprachen vorgenommen; Bekanntmachungen der Regierung werden ins Arabische übersetzt. In jüdischen Schulen ist Arabisch ein Wahlpflichtfach.[6][7]

Hebräisch ist dennoch die häufiger benutzte Sprache, da sie die dominierende Sprache nicht nur innerhalb der jüdischen Gesellschaft im Staat Israel, sondern auch im Umgang zwischen Arabisch- und Hebräischsprechern ist. Hebräischkenntnisse sind in der arabischen Bevölkerung verbreiteter als Arabischkenntnisse in der jüdischen.

Andere

Die Minderheitensprachen sind einem raschen Schwund ausgesetzt; ihre Sprecherzahl wächst nur in Perioden, in denen wie im Fall des Russischen, Französischen oder Amharischen (siehe unten) größere Einwanderergruppen aus den entsprechenden Ländern nach Israel kommen. In der Regel führt der Assimilationsdruck dazu, dass Einwanderer im Laufe ihres Lebens sukzessive, immer öfter und in immer mehr Bereichen des Alltags, die Landessprache verwenden und ihre Ursprungssprache vernachlässigen oder aufgeben; Kenntnisse der Herkunftssprache der Großeltern sind selten, so dass nicht von stabilen Sprachgemeinschaften mit auf Dauer gesonderter Identität gesprochen werden kann. Kaum eine der im Folgenden aufgeführten Minderheitensprachen ist reguläres Schulfach in Israel, so dass unter den in Israel aufgewachsenen Sprechern schriftsprachliche Kenntnisse nur in geringem Umfang vermutet werden können. Ausnahmen bilden insbesondere Englisch und Französisch sowie Arabisch; zu Letzterem siehe oben.

  • Russisch ist mit rund 1,23 Millionen[8] Sprechern die drittgrößte Sprache Israels nach dem Hebräischen und dem vor allem von der muslimisch- und christlich-arabischen Minderheit der israelischen Staatsbürger gesprochenen Arabisch. Russisch sprechen vor allem Einwanderer aus Gebieten der ehemaligen Sowjetunion, insbesondere aus Russland und der Ukraine.
  • Französisch wird von etwa einer Million Israelis gesprochen. Die meisten sind französische Juden oder Juden aus den ehemaligen französischen Kolonien Marokko, Algerien und Tunesien.[9] Letztere wanderten vor allem nach der Gründung des Staates Israel in den 1950er und 60er Jahren ein; die Einwanderung aus Frankreich hingegen ist vor allem in den letzten Jahren angestiegen. Französisch wird in den weiterführenden jüdischen Schulen neben Arabisch als zweite zu erlernende Fremdsprache nach Englisch angeboten. Vielen Einwanderern aus dem Mittelmeerraum und dem Orient diente es in ihren Herkunftsländern (Türkei, Ägypten u. a.) als Bildungssprache, die neben ihrer Muttersprache (Djudeo-Espanyol, Arabisch, etc.) und der Volkssprache des Landes gesprochen wurde.
  • Jiddisch wird von einer Minderheit der aschkenasischen Juden des Landes, darunter vielen Haredim gesprochen. Es spielt als originär jüdische Sprache eine besondere Rolle in der aschkenasischen Kultur.[10] 1986 sprachen über 250.000 Israelis (etwa 6 % der damaligen Gesamtbevölkerung) Jiddisch.[11] Trotzdem wurde dem Jiddischen schon in der Sprachenpolitik der zionistischen Exekutive in der britischen Mandatszeit und so auch später im Staat Israel kein offizieller Status zugebilligt; es wurde bewusst nicht zum Schulfach erhoben. Die Bevölkerung sollte die Diasporasprachen (die originär jüdischen wie Jiddisch und Judenspanisch ebenso wie die Sprachen der christlichen oder muslimischen Völker, die auch von Juden gesprochen wurden) zugunsten der neuen Nationalsprache Hebräisch aufgeben, deren größte Konkurrentin in den ersten Jahrzehnten des zionistischen Siedlungsprojekts in Palästina tatsächlich das Jiddische darstellte, da es im Gegensatz zum Hebräischen Muttersprache Hunderttausender Einwanderer war. Belebende Impulse kommen heute vor allem aus den relativ großen jiddischsprachigen Gemeinschaften Nordamerikas; dies unterscheidet die Überlebenschancen des Jiddischen von denen des Djudeo-Espanyol (siehe unten).
  • Persisch wird von den meisten der etwa 200.000 iranischen Juden in Israel gesprochen.
  • Englisch gilt als die am fünfthäufigsten gesprochene Sprache des Landes und hat seit 1999 einen Sonderstatus.[12] Dabei ist jedoch davon auszugehen, dass es für die meisten Sprecher nicht Muttersprache, sondern erste Fremdsprache ist. Englisch ist im Gegensatz zu Französisch, das über einen wesentlich höheren Anteil Muttersprachler in Israel verfügt (siehe oben), für alle israelischen Schüler verpflichtendes Schulfach.
  • Amharisch wird meist von äthiopischen Juden gesprochen. Die Sprache hat etwa 130.000 Sprecher in Israel, die seit den 1980er Jahren einwanderten.
  • Deutsch wird von rund 100.000 Israelis gesprochen und von vielen von ihnen als Kultursprache geschätzt, auch wenn sich die Stellung des Deutschen nach dem Holocaust erst in den letzten Jahrzehnten zu verbessern beginnt. Inzwischen kann Deutsch an einigen Schulen als Fremdsprache gelernt und Germanistik an israelischen Hochschulen studiert werden.[16]
  • Ungarisch wird von den meisten der etwa 32.000 ungarischen Juden und ihren Nachkommen im Land gesprochen. Es handelt sich um etwa 70.000 Sprecher.[17]
  • Djudeo-Espanyol wird nach pessimistischen Schätzungen noch von ca. 20.000 Menschen und nach optimistischeren Schätzungen von ca. 100.000 Menschen in Israel gesprochen, die aus Ländern des früheren Osmanischen Reiches (z. B. Türkei, Griechenland, Bulgarien, Nordafrika) stammen. Da Israel das einzige Land mit einer verhältnismäßig bedeutenden Sprecherzahl ist, die Sprache hier aber keinen offiziellen Status besitzt und nicht als Unterrichtssprache etabliert ist, droht Djudeo-Espanyol auszusterben. Es findet so gut wie keine Zuwanderung von Sprechern des Djudeo-Espanyol mehr statt, die die Sprechergruppe in Israel stärken könnte. Außerhalb Israels leben nur noch rund 5.000 bis 10.000 Sprecher. Noch in den 1960er Jahren wurde von rund 300.000 Sprechern in Israel ausgegangen; der Schwund resultiert aus der Assimilation an die israelischen Lebensumstände, in denen die Minderheitensprachen, selbst die originär jüdischen wie Djudeo-Espanyol und Jiddisch (zu Letzterem siehe oben) wenig Wertschätzung genießen.
  • Ukrainisch wird von Einwanderern aus der Ukraine gesprochen und hat etwa 20.000 bis 40.000 Sprecher.
  • Griechisch wird von etwa 35.000 Einwohnern gesprochen. Es ist insbesondere die Sprache mehrerer christlich-orthodoxer Kirchen im Land.
  • Bucharisch: Von Einwanderern aus Usbekistan, Tadschikistan, Kirgisistan, vereinzelt auch aus Russland, Kasachstan, Turkmenistan und Afghanistan gesprochene Varietäten des Tadschikischen bzw. Persischen.
  • Neuaramäisch: Ca. 6.000–7.000 Sprecher der jüdisch-aramäischen Mundarten Lishanid noshan (Sprache unserer Leute) und Lishana didan (Unsere Sprache). Es handelt sich um Einwanderer aus dem Nordirak, der Südosttürkei und dem iranischen Aserbaidschan, insbesondere aus den Kurdengebieten (z. B. um Erbil), wo sich meist christliche, aber auch jüdische aramäischsprachige Minderheiten bis ins 20. Jahrhundert gehalten haben. Fast alle jüdischen Aramäischsprecher leben heute in Israel; viele sind älter als 40 Jahre, so dass das jüdische Neuaramäisch in einigen Jahrzehnten auszusterben droht.

Siehe auch

Literatur

  • Sergio DellaPergola: Demography in Israel/Palestine: Trends, Prospects, Policy Implications. The Avraham Harman Institute of Contemporary Jewry, 2001 (archive-iussp.org [PDF; abgerufen am 5. April 2013]).
  • Calvin Goldscheider: Israel’s Changing Society: Population, Ethnicity & Development. Westview Press, 2002, ISBN 978-0-8133-3917-7.

Einzelnachweise

  1. Israel, pagina Ethnologue. Abgerufen am 8. Oktober 2014.
  2. Israel Central Bureau of Statistics: Selected Data from the 2011 Social Survey on Mastery of the Hebrew Language and Usage of Languages (Hebrew Only). Abgerufen am 12. Oktober 2013 
  3. Max Weinreich: History of the Yiddish Language. Bd. 1, Yale University Press, 2008, S. 311, ISBN 0-300-10960-1
  4. So beschrieb es der jiddischsprachige Schauspieler Nathan Wolfowicz in der israelisch-jiddischen Zeitung Letzte Naies am 20. Juli 1951. Eine hebräische Übersetzung dieses Artikels durch Rachel Rozhenski erschien in Haaretz am 3.1 März 2004.
  5. Dr. Sarah Ozacky-Lazar, Relations between Jews and Arabs during Israel’s first decade (in Hebrew).
  6. Knesset Hawks Move To Strip Arabic of Official Status in Israel. In: The Forward. Abgerufen am 4. Mai 2012.
  7. Shahar Ilan: MKs: Make Hebrew the only official language. In: Haaretz. 17. Februar 2012, abgerufen am 4. Mai 2012.
  8. http://www.jewishvirtuallibrary.org/jsource/Immigration/immigration_by_country2.html
  9. also aus einst französischsprachigen Ländern
  10. Emanuel Goldsmith: Modern Yiddish culture: the story of the Yiddish language movement. Fordham University Press, 1997, ISBN 0-8232-1695-0, S. 58 („Der sprachliche Dualismus zwischen Hebräisch und Jiddisch ähnelte demjenigen zwischen Hebräisch und Aramäisch in früheren Generationen.“)
  11. Yiddish, Eastern
  12. High Court of Justice, case 4112/99, paragraphs 11–12
  13. Statistical Abstract of Israel 2013 – No. 64 Subject 2.
  14. „Growing Demand for Italian Language Courses in Israel“, Notizie Italiane, No. 23, May 2003 (Memento vom 10. März 2012 im Internet Archive)
  15. Allgemeine Information über Sprachkurse bei Technion (bezüglich italienischer Sprachkurse).
  16. Evelyne Bartolmai: German Language Slowly Losing Taboo Status in Israel (Archive (Memento vom 11. Juni 2015 auf WebCite)). Deutsche Welle. 18. Juni 2006. Aufgerufen am 11. Juni 2015.
  17. Sergio DellaPergola: „World Jewish Population, 2010“ (Memento vom 22. Juni 2011 im Internet Archive)