STS-121
Space Shuttle | |
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Missionsemblem | |
Datei:Sts121 crewpatch.jpg | |
Missionsdaten | |
Mission: | STS-121 |
Shuttle-Name: | Discovery (OV-103) |
Startplatz: | Kennedy Space Center, Pad 39-B |
Start am: | 4. Juli 2006 18:37:55 UTC |
Landung am: | 17. Juli 2006 13:07 UTC (geplant) |
Landeplatz: | Kennedy Space Center (geplant) |
Dauer: | 12d 18h 29m (geplant) |
Bahnhöhe: | 340 km |
Bahnneigung: | 51,6 Grad |
Erdumkreisungen: | 205 (geplant) |
zurückgelegte Strecke: | -- km |
Mannschaftsfoto | |
![]() v.l.n.r. Stephanie D. Wilson, Michael E. Fossum, Steven W. Lindsey, Piers J. Sellers, Mark E. Kelly, Thomas Reiter, Lisa M. Nowak | |
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STS-121 (engl. Space Transportation System) ist die Missionsbezeichnung für einen Flug des US-amerikanischen Space Shuttle Discovery. Der Start erfolgte am 4. Juli 2006. Es ist die 115. Space-Shuttle-Mission, der 32. Flug der Raumfähre Discovery und der 18. Flug eines Shuttles zur Internationalen Raumstation (ISS).
Mannschaft
- Steven W. Lindsey (4. Flug), Kommandant
- Mark E. Kelly (2. Flug), Pilot
- Michael E. Fossum (1. Flug), Missionsspezialist
- Piers J. Sellers (2. Flug), Missionsspezialist
- Lisa M. Nowak (1. Flug), Missionsspezialistin
- Stephanie D. Wilson (1. Flug), Missionsspezialistin
ISS-Crew Hinflug
- Thomas Reiter (2. Flug), Bordingenieur (ESA/Deutschland)
Ersatzmannschaft
- Léopold Eyharts (2. Flug), Bordingenieur (ESA/Frankreich) für Thomas Reiter
Vorbereitungen
Ursprüngliche Planungen
Bei STS-121 handelt es sich um einen eingeschobenen Flug, der von der NASA im Jahr 2003 ins Programm genommen wurde, als sich herausstellte, dass die Aufgaben, die STS-114 nach der durch den Columbia-Absturz verursachten Zwangspause zu bewältigen hatte, für eine Mission zu umfangreich sein würden. Für die NASA sind deshalb STS-114 und STS-121 miteinander verbunden und sie sieht beide Missionen als Testflüge an, die die Wiederaufnahme der Shuttle-Flüge unter der Bezeichnung „Return to Flight“ dokumentieren sollen. (Noch zu Beginn des Jahres 2003 sah die Planung der NASA vor, dass die Columbia unter der Bezeichnung STS-121 im April 2004 das Hubble-Weltraumteleskop anfliegen sollte, um es zu warten. Kurz vor dem Start von STS-107 war die Hubble-Mission (jetzt STS-124) auf den Februar 2005 verschoben worden und STS-121 hatte jetzt den Auftrag, die Internationale Raumstation (ISS) im Sommer 2004 mit der Discovery anzufliegen.)
Die ersten Planungen sahen einen Start im November 2004 vor, als die NASA-Leitung im Herbst 2003 davon ausging, STS-114 im September 2004 durchführen zu können. Mit der Verschiebung von STS-114 sollte sich auch der Beginn von STS-121 verzögern. Als die Discovery schließlich Ende Juli 2005 zur ISS aufbrach, sollte die Raumfähre Atlantis zwei Monate später folgen. Während des Starts von STS-114 lösten sich jedoch wieder Teile der Schaumstoffisolierung des Außentanks, und so setzte die US-Raumfahrtbehörde, noch bevor die Discovery zur Erde zurückgekehrt war, alle weiteren Flüge aus. Zunächst sollte endlich geklärt werden, warum immer wieder Teile der Isolierung abplatzten, und dafür eine Lösung gefunden werden.
Mit einem Start sei frühestens im November 2005 zu rechnen, erklärte William Gerstenmaier, der Leiter des ISS-Programms und mit der Untersuchung der sich lösenden Isolierung Beauftragte, kurz nach der Landung von STS-114. Nur eine Woche darauf musste Gerstenmaier einräumen, dass man viel mehr Zeit benötige – mindestens ein halbes Jahr. Alle drei bereits ausgelieferten Außentanks würden zur Überarbeitung an den Hersteller, die Michoud Assembly Facility (MAF) in Louisiana, zurückgeschickt werden, erklärte er. Außerdem hätte man sich für einen Tausch des Orbiters entschieden. Wie bei STS-114 werde die Discovery mit der Durchführung von STS-121 beauftragt, um die Atlantis für die Mission STS-115 verwenden zu können, bei der schwere Komponenten zur ISS geflogen werden müssten. Diese Entscheidung wurde getroffen, weil die Atlantis leichter ist als die Discovery und deshalb mehr Nutzlast tragen kann.
In der Folge gab es eine ganze Reihe von Zwischenfällen und weiteren Problemen, sowohl am Orbiter als auch am Außentank, die das Programm weiter verzögerten.
Probleme am Außentank
Da der Hurrikan Katrina Ende August 2005 die MAF, die sich östlich von New Orleans befindet, schwer beschädigt hatte, sah sich die NASA gezwungen, den Start auf Mai 2006 zu verschieben. Die MAF-Anlage stand unter Wasser, es gab keinen Strom und zeitweise wurde sie vom US-Militär als Basis für Hilfsaktionen genutzt. Außerdem hatten die Arbeiter genug eigene Probleme, denn mehr als die Hälfte war obdachlos geworden. Erst Anfang November nahm die MAF die Arbeit wieder auf.
Als mögliche Ursache für die Probleme mit der Schaumstoffisolierung wurden die sogenannten PAL-Schwellen erkannt. Diese Schwellen decken die außen am Tank verlaufenden Treibstoffleitungen zum Orbiter mit Schaum ab, um sie gegen Luftverwirbelungen zu schützen. Diese Isolierung ist jedoch sehr exponiert und platzt leicht ab. Im Dezember 2005 entschloss sich die NASA deshalb, zumindest bei diesem Flug auf die PAL-Schwellen zu verzichten. Ein entsprechend umgebautes Modell traf Anfang März 2006 im Kennedy Space Center (KSC) ein.

Ein weiteres Problem waren die Treibstoffsensoren im Außentank, die bereits Startverzögerungen von STS-114 verursacht hatten. Die sogenannten Engine-Cutoff-Sensoren (ECOs), die die Füllstände messen, hatten bei Tests Unregelmäßigkeiten gezeigt. Sie sollen die Haupttriebwerke rechtzeitig abschalten, wenn der Tank vorzeitig einen zu niedrigen Füllstand aufweist. So wird verhindert, dass die Turbopumpen leerlaufen, durchdrehen und explodieren, was den Orbiter schwer beschädigen würde. Mitte März kündigte Wayne Hale, der Manager des Shuttle-Programms der NASA an, dass die Sensoren vorsorglich ausgetauscht würden. Ein Starttermin im Mai sei deshalb nicht zu halten.
Gleichzeitig mit dem Auswechseln der ECO-Sensoren wurde an der Spitze des Außentanks das Überdruckventil ausgewechselt, das den Druck in den beiden Treibstoffbehältern reguliert. Beim Umstellen einer Halogenlampe, die den Bereich des Ventils ausleuchtete, fiel diese gegen die Wand des Tanks. Dabei wurden einige Schrammen in den rostbraunen Isolierschaum geschlagen, von denen die größte 18 Zentimeter lang war. Das abgeplatzte Material wurde in der ersten Aprilwoche wieder aufgetragen.
Anfang April zeigten sich neue Probleme mit dem Außentank. Bei Windkanaltests mit einem originalgetreuen Modell des Tanks, die die NASA von der US-Luftwaffe in deren riesiger Anlage in der Nähe von Tullahoma (Tennessee) durchführen ließ, waren erneut Teile der Isolierung abgeplatzt. Diesmal im Bereich der sogenannten Vereisungsschwellen (sieben dieser „Ice/Frost-Ramps“, von denen jede etwa 30 Zentimeter lang ist, befinden sich am Wasserstoff- und zwei am Sauerstoffbereich). Sie sorgen dafür, dass sich beim Einfüllen des eiskalten Treibstoffes kein Eis an den Leitungen außen am Tank bildet. Die Schwellen waren neu konzipiert worden, um die Menge des aufgetragenen Isoliermaterials zu verringern.
Der Tank wurde Mitte April im VAB auf der Startplattform mit den beiden bereits fertig aufgebauten Feststoffraketen verbunden. Zuvor hatte die NASA entschieden, diese Mission nach den missglückten Windkanaltests nun doch mit den alten Frost-Schwellen zu fliegen. Diese Entscheidung sorgte innerhalb der NASA und vor allem zwischen den NASA-Managern und Lockheed-Martin, dem Hersteller des Außentanks, für große Differenzen. Einige Ingenieure waren dafür, mit dem Start so lange zu warten, bis man eine sicherere Konfiguration gefunden hätte. Andere, unter ihnen auch Shuttle-Manager Wayne Hale, waren jedoch dagegen, weil sie neben dem Entfernen der PAL-Schwellen keine zweite schwergewichtige Änderung machen wollten.
Am 4. Mai hatten die Verantwortlichen entschieden, keinen Betankungstest durchzuführen. Es hatte Überlegungen gegeben, wegen der Problematik mit den ECO-Sensoren, eventuell Anfang Juni den Außentank zu befüllen, um das Verhalten der Sensoren unter realen Bedingungen zu testen. Man befürchtete jedoch, dass ein mehrmaliges Befüllen zu Rissen im Isolationsmaterial führen könnte. Diese würden die Gefahr abplatzender Teile vergrößern, weil sich so Luftturbulenzen bilden könnten.
Einen Monat später, am 7. Juni, wurde der Tank endgültig für flugtauglich erklärt, was zehn Tage später während der Flugbereitschaftsabnahme nochmals bestätigt wurde.
Probleme am Orbiter

Während der Startvorbereitungen kam es Anfang März in der Wartungshalle (Orbiter Processing Facility) des Orbiters am KSC zu einem folgenschweren Unfall. Eine Lampe zerbrach und Glasscherben fielen in die geöffnete Nutzlastbucht. Techniker entfernten die Scherben mit teleskopartigen Hebebühnen. Dabei wurde die Isolierung des Robotarms (RMS) durch einen drei Zentimeter langen, nicht sichtbaren Riss beschädigt. Zwecks Ausbesserung und weiterer Inspektion wurde der beschädigte Teil des RMS zum Hersteller nach Kanada geschickt. Ende März traf das reparierte Stück wieder am KSC ein. Nachdem der Arm wieder zusammengesetzt und seine Funktionsfähigkeit überprüft worden war, wurde er kurz vor Ostern in den Orbiter eingebaut.

Der RMS wurde speziell für diesen Flug präpariert. Während des Fluges werden der RMS- und der OBSS-Arm miteinander verbunden und zwei Astronauten werden sich erstmals am Ende des OBSS als „Ballast“ befinden. Die Belastungen, die dabei auf das RMS/OBSS-System wirken, sollen mit besonderen Sensoren ermittelt werden.
Ende April wurde eines der drei Haupttriebwerke ausgetauscht, weil die Treibstoffleitungen bei Dichtigkeitstests kleine Lecks gezeigt hatten. Damit waren die Arbeiten am Orbiter abgeschlossen und er wurde am 12. Mai in das VAB überführt. Dort wurde die Discovery mit dem Außentank sowie den beiden Feststoffraketen verbunden und auf eine Startplattform gesetzt. Genau eine Woche später rollte die Fähre dann zur Startrampe.
Am 17. Juni wurden während der traditionellen Flugbereitschaftsabnahme, dem so genannten Flight Readiness Review, sämtliche Systeme der Discovery besprochen und für startbereit erklärt. Das vorläufige Startdatum 1. Juli wurde bestätigt.
Ersatzorbiter
Wie beim letzten Flug (STS-114) wird die NASA einen zweiten Orbiter für den Fall bereithalten, dass es während des Starts zu Schäden an der Discovery kommt. Die Atlantis kann falls erforderlich frühestens am 21. August starten und die STS-121-Crew sicher zur Erde bringen, der Flug würde die Bezeichnung STS-300 tragen. Bis dahin müsste die Mannschaft auf der ISS einquartiert bleiben. Die ISS ist in der Lage, die Besatzung von STS-121 maximal 84 Tage zu beherbergen, bevor die Vorräte an Nahrung und Sauerstoff zur Neige gehen.
Flugverlauf
(Alle Uhrzeiten in UTC = MESZ − 2 Stunden)
Die 115. Space-Shuttle-Mission (die 90. seit der Challenger-Katastrophe) begann am 4. Juli um 18:38 UTC, nachdem die ersten beiden Startversuche – 1. Juli (19:49 UTC) und 2. Juli (19:26 UTC) – wegen ungünstiger Wetterverhältnisse abgebrochen werden mussten.
1. Startversuch, 1. Juli 2006
Der Countdown begann am 28. Juni 2006 um 21:00 UTC bei der T-43-Stunden-Marke. Einen Tag vorher kam die Besatzung, die bisher in Houston (Texas) trainiert hatte, im KSC an. Die Meteorologen gingen zu Beginn des Countdowns von einer Wahrscheinlichkeit von 40 Prozent aus, dass der Start wie vorgesehen stattfinden könne. Es wurde befürchtet, dass Sommergewitter auftreten können. Diese Angst war nicht unbegründet, denn schon am 27. Juni hatte ein Blitz in eine Verteileranlage nahe der Startrampe eingeschlagen.
Am 1. Juli gegen 13:00 UTC war die dreistündige Befüllung des Außentanks mit Flüssigsauerstoff und -wasserstoff abgeschlossen. Auch ein Funktionstest der ausgetauschten ECO-Sensoren, die beim letzten Flug Probleme gezeigt hatten, verlief einwandfrei. Inzwischen hatte sich auch die Wettervorhersage gebessert und lag bei einer Wahrscheinlichkeit von 60 Prozent, dass der Start doch stattfinden könne. Während der Betankung trat ein technisches Problem auf, das daraufhin von den Verantwortlichen diskutiert wurde: Ein Heizelement für eine Steuerungsdüse am Orbiter arbeitete nicht. Es wurde beraten, ob man mit der defekten Düse starten oder sie austauschen solle. Eine Stunde vor dem geplanten Start entschied die NASA, keine Reparatur anzuordnen (würde 12 Tage dauern) und nicht abzubrechen.
Die Besatzung wurde kurz nach 9:00 UTC geweckt, frühstückte und legte ihre orangefarbenen ACES-Start- und Landeanzüge (Advanced Crew Escape Suit) an. Gegen 16:00 UTC verließen alle Astronauten das Crewquartier, fuhren in Richtung Startrampe und stiegen dann in die Raumfähre ein.
Trotz Schauern am Nachmittag wurde der Countdown nicht abgebrochen. Erst um 19:41 UTC, also acht Minuten vor dem geplanten Abheben, wurde die Countdown-Uhr angehalten und der Start um 24 Stunden verschoben. Gewitterwolken hatten sich bis auf 35 Kilometer dem KSC genähert, die Sicherheitsvorschriften verlangen aber eine Mindestentfernung von 55 Kilometern. Mögliche Blitzschläge hätten so eine eventuelle Notlandung des Orbiters am Startplatz verhindert.
2. Startversuch, 2. Juli 2006
Der zweite Startversuch war für Sonntag, den 2. Juli um 19:26 UTC (21:26 MESZ) geplant. Bezüglich der Wetterlage sah es für den zweiten Startversuch sogar noch schlechter aus als einen Tag zuvor: die Wahrscheinlichkeit, den Start wegen schlechten Wetters erneut verschieben zu müssen, lag bei 70 Prozent, Grund waren wieder Schauer und Gewitterwolken. Am Nachmittag zog auch tatsächlich ein Gewitter über das Startgelände.
Ausschlaggebend für den Start ist nicht nur das Wetter in Florida. Gleichzeitig müssen auch auf den Notlandeplätzen gute Witterungsverhältnisse gegeben sein. Für diesen Flug stehen zwei Plätze in Spanien (Saragossa und Moron) sowie Istres in Südfrankreich als Ausweichflugplätze zur Verfügung. Für den zweiten Startversuch war nur das Wetter in Moron annehmbar. Auf den beiden anderen Plätzen war das Wetter ähnlich dem am KSC.
Um 17:14 UTC, als die Mannschaft bereits eingestiegen und angeschnallt war, brach die NASA den Start erneut wegen der unsicheren Wetterlage ab. Er wurde auf den 4. Juli (Dienstag) verschoben. Die 48-stündige Verschiebung wurde benötigt, um die Tanks für flüssigen Sauerstoff und flüssigen Wasserstoff in der Nutzlastbucht des Shuttles wieder aufzufüllen. Damit werden die Brennstoffzellen betrieben, die die Bordelektrik versorgen. Sie wurden am 1. Juli um 4:00 UTC gestartet und sollten erst nach erfolgter Landung abgeschaltet werden. Würden die Tanks nicht aufgefüllt, müsste die Discovery eine verkürzte Mission fliegen, weil nicht genügend Energie vorhanden wäre. Hierbei geht es um den 13. (optionalen) Missionstag. Ein Auffüllen wäre auch bei einem Start am 3. Juli erforderlich, um den zusätzlichen Flugtag nutzen zu können, wäre aber unter Zeitdruck geschehen.
Bereits am 1. Juli wurde seitens der NASA ins Gespräch gebracht, bei einem weiteren Abbruch gleich auf den 4. Juli zu verschieben. Bei dieser Gelegenheit wurde auch die zusätzliche Belastung der Techniker und der Astronauten angesprochen.
Zwei Experimente, darunter ein mikrobiologisches, wurden bis zum dritten Startversuch ebenfalls ausgebaut und neu aufbereitet.
3. Startversuch und Start, 4. Juli 2006

Beim dritten Versuch am 4. Juli gelang der Start. Pünktlich zum festgesetzten Zeitpunkt um 18:37:55 UTC (20:37:55 MESZ) hob die Discovery von der Startrampe ab. Diesmal gab es auch von Seiten der Meteorologen keine Einwände: es war ein sonniger Tag mit 30 Grad Celsius Lufttemperatur und leichter Bewölkung.
Am Vortag war ein 13 Zentimeter langer Riss in der Schaumstoffisolierung an einer Strebe der Sauerstoffzuleitung vom Außentank entdeckt worden. Außerdem fand man auf der Startplattform ein 8 Zentimeter großes und einen halben Zentimeter dickes Schaumstoffstück, das sich von dieser Stelle gelöst hatte. Durch sein Gewicht von 2,5 Gramm hätte dieses Stück Schaum allerdings keine Gefahr für den Orbiter dargestellt, wenn es während des Starts vom Tank abgefallen wäre und den Orbiter getroffen hätte.
Es kamen jedoch Bedenken auf, ob noch eine ausreichende thermische Isolation sichergestellt sei und ob sich durch das Einfüllen von flüssigem Wasserstoff und flüssigem Sauerstoff nicht zuviel Eis bilden würde. Die Verantwortlichen entschieden jedoch noch am Montag, dass beides keinerlei Sicherheitsrisiko darstelle. Als wahrscheinlichste Ursache für das Abplatzen wurde die Bildung von Eis in einer Ritze genannt, welche sich aufgrund der Entleerung und der folgenden Erwärmung und Ausdehnung des Tanks gebildet haben soll.[1]
1. Missionstag, 4. Juli 2006

Während des Starts fielen erneut einige kleine Teile vom Außentank ab. Nach Angaben der NASA lösten sich drei oder vier Stücke knapp drei Minuten nach dem Verlassen der Rampe, ein weiteres Stück zwei Minuten später. Ob es sich dabei um Eis oder Teile der Isolation gehandelt habe, könne man nicht sagen. Die Astronauten Fossum und Wilson hatten die Aufgabe, die Trennung des Tanks zu filmen. Fossum meldete, er könne etwas erkennen, das wie ein Stück Stoff aussehe und zwischen Orbiter und Tank schwebe. Es sei etwa anderthalb bis vielleicht zweieinhalb Meter groß. Er vermutete, dass es sich dabei um ein Stück des Hitzschildes handelte. Bildauswertungen ergaben, dass es eine große Eisplatte war.
Shuttle-Programmmanager Wayne Hale erklärte auf einer ersten Pressekonferenz, dass der Tank „sehr, sehr gut“ gearbeitet habe. Man habe nichts entdeckt, was zu Besorgnis Anlass gäbe.
Eineinhalb Stunden nach dem Start wurden die Tore der Nutzlastbucht geöffnet und die Kommunikations- und Bordsysteme überprüft.
2. Missionstag, 5. Juli 2006
Am zweiten Flugtag wurde die Mannschaft um 9:08 UTC geweckt. Sie durfte eine halbe Stunde länger schlafen als geplant. Ziel des ersten ganzen Tages im Orbit war das Überprüfen des Hitzeschildes der Raumfähre auf eventuelle Beschädigungen. Dabei wurden über den Tag verteilt – insgesamt sechseinhalb Stunden lang – die Wärmeschutzkacheln mit dem neuen OBSS-Inspektionsarm (Orbital Boom Sensor System) untersucht, der erstmals vor einem Jahr auf STS-114 zum Einsatz kam.
Zentimeterweise wurden mit hoch auflösenden Kameras und Laser-Sensoren die Orbiter-Nase sowie die rechte Tragfläche inspiziert. Diese Bereiche sind nach dem Andocken an die Station nicht mehr mit dem Roboterarm zugänglich. Dabei arbeitet das OBSS-Verfahren größtenteils automatisch: die abzutastenden Sektionen wurden programmiert. Die Astronauten greifen nur im Ausnahmefall ein, oder wenn zu einem anderen Gebiet geschwenkt wird. Die Astronauten Wilson, Nowak und Fossum wechselten sich dabei immer wieder ab, da es sehr ermüdend ist, lange Zeit die gefilmten Gebiete auf dem Monitor konzentriert zu beobachten. So ist man in der Lage, auch kleinste Schäden an der lebenswichtigen Isolation aufzuspüren.
Eine erste Auswertung der Überprüfungsaktion des Hitzeschildes ergab, dass es beim Start keine größeren Schäden davon trug. Flugdirektor Tony Ceccacci erklärte, dass es noch zu früh sei, um das endgültig sagen zu können. Die abschließende Analyse würde erst in etwa zwei Tagen vorliegen. Lediglich am rechten Flügel wurde ein Füllstreifen entdeckt, der zwischen zwei Hitzeschutzkacheln hervorsteht. Dieser befindet sich jedoch nicht an einer kritischen Stelle und muss nicht unbedingt entfernt werden. Zudem wurden ebenfalls an der rechten Tragfläche drei weiße Kleckse gefunden, bei denen es sich laut Flugdirektor Ceccacci mit größter Wahrscheinlichkeit um Vogelkot handelt. Die Ingenieure würden die Bilder aber noch weiter untersuchen, um sicher zu sein.
Während die Missionsspezialisten sich bei der aufwändigen Inspektion am Roboterarm ablösten, brachten Kommandant Lindsey und Pilot Kelly die Raumfähre durch mehrmaliges Einschalten der Manöveriertriebwerke immer näher an die ISS. Außerdem überprüfte man die Raumanzüge auf ihre Funktionstüchtigkeit.
3. Missionstag, 6. Juli 2006
Der dritte Flugtag stand ganz im Zeichen der Internationalen Raumstation (ISS). Nachdem die Besatzung gegen 7:40 UTC mit einem Song für Thomas Reiter geweckt worden war, bereitete man sich auf die Kopplung vor. Als der Orbiter die Station erreicht hatte, stoppte er in 180 Meter Entfernung. Wie bereits bei STS-114 wurde die Discovery vom Kommandanten Steven Lindsey genau eine Stunde vor der Kopplung langsam um 360° über die Nickachse gedreht, damit die ISS-Crew hochauflösende Fotos von der Unterseite der Fähre anfertigen konnte. 350 Aufnahmen wurden innerhalb von neun Minuten gemacht und umgehend zum Kontrollzentrum gesendet. Die Auswertung ergab, dass das Hitzeschild völlig intakt ist. Es wurden nur zwei Füllstreifen entdeckt, die etwa einen Zentimeter hervorstehen, aber keine Gefahr darstellen sollen.
Genau nach Zeitplan dockte die Discovery um 14:52 UTC an die Raumstation an. Nach den notwendigen Dichtigkeitstests wurden die Luken geöffnet. Die Erlaubnis dazu kam 20 Minuten früher als vorgesehen um 16:30 UTC. Die siebenköpfige Mannschaft der Discovery wurden herzlich von den beiden ISS-Hausherren begrüßt. Für Winogradow und Williams ist es der erste Besuch seit sie die Station Anfang April übernahmen.
Nach einer kurzen Sicherheitseinweisung wurde der Schalensitz von Reiter in der russischen Sojus-Kapsel installiert. Damit gehört er offiziell zur Besatzung der Raumstation.
In Vorbereitung auf die Weltraumausstiege der nächsten Tage wurden die Raumanzüge der Missionsspezialisten Fossum und Sellers an Bord der ISS gebracht.
4. Missionstag, 7. Juli 2006
Mit dem Robotarm der Raumstation wurde am vierten Flugtag das in Italien gefertigte Logistikmodul Leonardo aus dem Frachtraum der Discovery gehievt und mit der ISS verbunden. Eineinhalb Stunden später als im Flugplan vorgesehen wurde Leonardo um 12:15 UTC am Modul Unity angekoppelt. Es beinhaltet über drei Tonnen Güter, Ausrüstungsteile und Experimente, die von der 13. Stammbesatzung der ISS dringend gebraucht werden. Dazu gehört die erste der drei von der ESA entwickelten Gefriereinrichtungen MELFI (Minus Eighty degree Laboratory Freezer for the International Space Station), die für die Langzeitlagerung von biologischen Proben und Forschungsergebnissen bei minus 80 Grad Celsius konzipiert wurde. Weiter zählen die Pflanzenzuchtvorrichtung EMCS (European Modular Cultivation System) dazu und der perkutane Muskelstimulator PEMS (Percutaneous Electrical Muscle Stimulator) für humanphysiologische Experimente.
Später begannen die Astronauten mit dem Entladen des Containers. Reiter kam dabei eine besondere Verantwortung zu, denn er leitete als „Lademeister“ das Umpacken. Dieser Frachttransfer wird mehrere Tage dauern.
Im weiteren Verlauf des Tages widmeten sich die Missionsspezialistinnen Nowak und Wilson zusammen mit Pilot Mark Kelly einer weiteren vierstündigen Überprüfung der Hitzeschutzkacheln. Auf dem Programm standen ausgewählte Gebiete, die beim ersten Scan aufgefallen sind – darunter die Flügelvorderkanten und die hervorstehenden Füllstreifen. Beim letzten Flug vor einem Jahr hatte sich die NASA entschieden, einen Ausstieg (EVA) anzuordnen, um die Kunststoffstreifen zu entfernen, die sich gelöst hatten.
Flugdirektor Tony Ceccacci gab bekannt, dass ein zusätzlicher Flugtag genehmigt sei. Dies bedeute, dass eine dritte EVA der beiden Astronauten Fossum und Sellers durchgeführt werde. Falls erforderlich, würden dabei die beiden Füllstreifen entfernt. Eine dritte EVA war ursprünglich geplant, wurde jedoch lange vor dem Start wieder gestrichen, weil das Arbeitspensum für die Mannschaft zu umfangreich sei.
5. Missionstag, 8. Juli 2006
Für den 8. Juli stand der erste von insgesamt drei Außenbordeinsätzen (EVAs) auf dem Programm. EVA-1 begann um 13:17 UTC als der ausstiegserprobte Missionsspezialist Piers Sellers und der Neuling Mike Fossum ihre Raumanzüge auf interne Stromversorgung umschalteten. Kurz darauf verließen sie die Raumstation durch die Luftschleuse Quest.

Ein Ziel der EVA war, ein beschädigtes Kabel des Mobilen Transporters zu ersetzen. Außerdem wurde der Robotarm (RMS) des Orbiters mit dem Inspektionsarm (OBSS) verbunden – wie bereits zur Überprüfung des Kachelzustands geschehen. Die NASA will so erfahren, ob das 30 Meter lange RMS/OBSS-System stabil genug ist, um Astronauten tragen zu können und im Fall einer Kachelreparatur als Arbeitsplattform zu dienen. Gesteuert von Lisa Nowak und Stephanie Wilson aus dem Shuttle-Cockpit, stieg erst Sellers auf die Plattform am Ende des OBSS. Später kam Fossum dazu, der zunächst alles aus der Nutzlastbucht beobachtet hatte. Die ersten Eindrücke deuten darauf hin, dass die Bewegungen sehr schnell gedämpft werden. Die Plattform scheint also stabil genug für Arbeiten zu sein. Nach 7 Stunden und 31 Minuten endete der erste Außeneinsatz um 20:48 UTC.
Im Innern der Station waren die übrigen Astronauten mit dem Entladen des Logistikmoduls Leonardo beschäftigt.
John Shannon, Vorsitzender der Flugleitung, gab bekannt, dass die Auswertung der Daten über den Zustand der Hitzeschutzkacheln abgeschlossen sei. Bis auf eine Stelle befände sich der Hitzeschild in bestem Zustand. Die Techniker müssten noch die Aufzeichnungen über einen der hervorstehenden Füllstreifen an der Unterseite der Discovery analysieren.
6. Missionstag, 9. Juli 2006
Hauptpunkt der Aktivitäten vom 9. Juli waren das weitere Entladen von Leonardo. Nach Angaben der NASA waren zu Beginn dieses Arbeitstages erst 20 Prozent aller Güter aus Discovery und Leonardo in die Raumstation gebracht worden.
Gegen 16:00 UTC gaben alle neun Raumfahrer im Modul Destiny eine ausführliche Pressekonferenz. Angesprochen auf seinen ein Jahrzehnt zurückliegenden Flug zur Raumstation Mir und einen Vergleich zur jetzigen Mission, erwiderte Reiter, dass die ISS bereits im Augenblick mehr Platz biete, als die voll ausgebaute russische Station. Es sei alles viel großzügiger dimensioniert. Zur Zeit sei ein volles Pensum zu absolvieren, so dass wenig Zeit für Anderes bleibe. Wenn die Raumfähre abgedockt habe, würde er sofort mit seinem Fitnessprogramm beginnen, um die körperlichen Strapazen des bevorstehenden Außenbordeinsatzes Anfang August problemlos meistern zu können. Auf die EVA mit seinem US-Kollegen freue er sich.
Unmittelbar bevor für die Raumfahrer der Tag zu Ende ging, wurden sie von der Bodenkontrolle mit guten Nachrichten versorgt: die NASA-Ingenieure hätten alle Daten und Aufnahmen des Hitzeschildes sorgfältig geprüft und es sei „hundertprozentig klar zum Wiedereintritt“. Die Discovery-Crew nahm die Meldung mit Erleichterung auf.
7. Missionstag, 10. Juli 2006
Die Besatzung der Discovery wurde um 6:08 UTC mit dem Lied „Clocks“ der Gruppe Coldplay geweckt. Seine Familie hatte es für Piers Sellers ausgesucht, der im weiteren Verlauf des Tages seinen insgesamt fünften Außenbordeinsatz (EVA) durchführen sollte. Die Mannschaft der Raumstation wurde eine halbe Stunde später mit dem Standardton geweckt.
Eine halbe Stunde früher als vorgesehen verließen Sellers und Mike Fossum um 12:14 UTC die Schleuse Quest und begannen die zweite EVA dieser Mission. Zunächst hoben die beiden eine Ammoniakpumpe (sie wird für das Kühlsystem der Raumstation benötigt) aus dem Frachtraum der Raumfähre und verstauten sie im „Ersatzteillager“ der ISS. Hauptaufgabe war jedoch das Auswechseln eines Fernseh- und Datenkabels, das für die Funktion des Transportwagens – kurz MT genannt für Mobile Transporter – wichtig ist. Er wird verwendet, um den Robotarm der Station an seine Einsatzorte zu bringen. Der Wagen war vor genau sieben Monaten ausgefallen, als eine Trennvorrichtung im MT eines der beiden Datenkabel durchschnitt. Fossum und Sellers konnten alle gestellten Aufgaben der EVA erfüllen, die nach 6 Stunden und 47 Minuten endete.
Während des Ausstiegs gab es etwas Aufregung, als sich das kleine Rettungsgerät (SAFER) von Sellers Raumanzug löste. Er war zwar nicht in Gefahr, weil er durch eine Sicherungsleine immer noch mit dem „Raketenrucksack“ verbunden war, trotzdem kam ihm Fossum zu Hilfe.
8. Missionstag, 11. Juli 2006 (geplant)
Am 8. Tag stehen wieder Wartungsarbeiten an den Raumanzügen auf dem Programm.
9. Missionstag, 12. Juli 2006 (geplant)
Für heute ist die dritte EVA geplant. Sie wird gegen 15:15 UTC beginnen.
10. Missionstag, 13. Juli 2006 (geplant)
Der Crew stehen volle sechs Stunden Freizeit zur Verfügung. Diese können für private Gespräche mit der Familie und Freunden genutzt werden. Zudem stehen offizielle Interviews und TV-Übertragungen auf dem Programm.
11. Missionstag, 14. Juli 2006 (geplant)
Leonardo wird wieder in der Nutzlastbucht verstaut und nimmt nicht mehr benötigte Teile wieder zur Erde, dient also als Müllcontainer. Zudem steht eine letzte OBSS-Inspektion an.
12. Missionstag, 15. Juli 2006 (geplant)
Heute wird sich die Discovery um 10:08 UTC von der ISS trennen. Sie kehrt mit einem Mann weniger heim, denn der Deutsche Thomas Reiter bleibt als Verstärkung der 13. Langzeitbesatzung zurück. Damit wird an Bord der Station erstmals seit genau drei Jahren wieder eine dreiköpfige Stammbesatzung arbeiten.
13. Missionstag, 16. Juli 2006 (geplant)
Im Shuttle werden die Vorbereitungen für die Heimkehr getroffen.
14. Missionstag, 17. Juli 2006 (geplant)
Wenn es zu keinen wetterbedingten Verzögerungen kommt, wird der Flug nach 13 Tagen um 13:07 UTC zu Ende gehen.
Siehe auch
- Liste der Space-Shuttle-Missionen
- Liste der bemannten Raumfahrtmissionen
- Liste der Raumfahrer
- Space Shuttle
- Internationale Raumstation
- Bemannte Raumfahrt
Weblinks
- NASA-Missionsseite zu STS-121 (englisch)
- Statusberichte des Kontrollzentrums (englisch)
- NASA-Fotogalerie der Mission
- Statusberichte des Space Science Journal
- ausführliche Vorschau auf den Flug mit viel Hintergundinfos von SpaceflightNow.com (englisch)
- NASA: Livestream vom Start der Raumfähre
Quellen
- ↑ NASA: http://www.nasa.gov/mission_pages/shuttle/multimedia/foam_gallery.html. 4. Juli 2006