Rudi Carrell
Rudi Carrell (* 19. Dezember 1934 in Alkmaar, Niederlande als Rudolf Wijbrand Kesselaar; † 7. Juli 2006 in Bremen) war ein niederländischer Showmaster, der vor allem in Deutschland gearbeitet hat.
Leben
Sowohl Rudi Carrells Vater als auch sein Großvater waren im Showgeschäft tätig – er selbst sprang mit siebzehn Jahren in einem Gastspiel für seinen Vater ein.
In den Niederlanden wurde er mit der Rudi Carrell Show, die 1959 startete, sehr schnell populär. Er gewann 1964 die silberne Rose von Montreux.
Beim Eurovision Song Contest 1960 erreichte er (unter seinem bürgerlichen Namen) den 12. und damit den vorletzten Platz.
1965 lief die Rudi Carrell Show bei Radio Bremen zum ersten Mal im deutschen Fernsehen. Seither prägte und beeinflusste er die deutsche Fernsehunterhaltung und stand neben Kollegen wie Peter Frankenfeld und Hans-Joachim Kulenkampff für die „Große Samstagabendshow“. 1974 wurde die Rudi Carrell Show durch die Sendung Am laufenden Band ersetzt, bei der am Schluss der Gewinner diejenigen Gewinne mit nach Hause nehmen durfte, an die er sich noch erinnern konnte, nachdem sie auf einem Förderband an ihm vorbei transportiert worden waren.
In den 1970ern war Carrell ein guter Nachbar von Sänger-Gitarrist Bobbejaan Schoepen. Er spielte zwei Jahre lang in seiner Show im Varieté des Freizeitparks Bobbejaanland.
Rudi Carrell trat Anfang der siebziger Jahre zusammen mit dem damals 18-jährigen Ilja Richter in verschiedenen deutschen „Schlager- und Schnulzenfilmchen“ wie z. B. Tante Trude aus Buxtehude, Wenn die tollen Tanten kommen, auf. Carrell und Richter bildeten damals ein recht erfolgreiches Komikerduo, dessen Fortführung sich in den Achtzigern z.B. mit Thomas Gottschalk und Mike Krüger fand.
Auch als Sänger war Carrell erfolgreich. In vielen seiner Shows sang er Titel und hatte mit „Wann wird's mal wieder richtig Sommer?“ 1975 (nach der Melodie von „The City of New Orleans“ von Arlo Guthrie) und „Goethe war gut“ 1978 zwei Single-Hits in Deutschland, anschließend noch den nachdenklich-komischen Nachfolgehit „Der Herr gab allen Tieren ihren Namen“. Daneben schuf Carrell mit „Du bist mein Hauptgewinn“ auch das (erfolglose) Lied der ARD-Fernsehlotterie 1977.
1979 erschien seine Autobiografie Gib mir mein Fahrrad wieder. 1981 sendete der WDR Rudi kann's nicht lassen, im Herbst des gleichen Jahres startete Rudis Tagesshow, eine bei Radio Bremen produzierte Persiflage auf die Tagesschau der ARD. Einen Skandal mit internationalem Ausmaß und Morddrohungen handelte er sich ein, als er in der Sendung vom 15. Februar 1987 Ayatollah Khomeini im Gegenschnitt in Damenunterwäsche wühlen ließ.
Ab 1984 lief Die verflixte Sieben, eine Show, die an den Erfolg vom laufenden Band anknüpfen sollte. Jeder Kandidat erhielt und tauschte während der Sendung sieben symbolische Gegenstände. Jeder Gegenstand stand verschlüsselt für einen Gewinn oder eine Niete. Ziel war es, am Schluss das zurückbehaltene, vermeintlich wertvollste Symbol gegen einen Gewinn - der eben auch eine Niete sein konnte - einzutauschen. Zum geflügelten Wort entwickelte sich dabei der in jeder Folge mehrfach vorkommende Ausspruch: „Das wäre Ihr Preis gewesen!“
Eine weitere, mittlerweile mancherorts bereits als „Kult“ bezeichnete Sendung startete 1987 mit der Verkupplungs-Show Herzblatt. Die Sendung lief bis Mitte 2006 und wurde zuletzt von Alexander Mazza, dem siebten Moderator, präsentiert.
1988 bis 1992 moderierte Rudi Carrell eine wiederum als Rudi-Carrell-Show „Lass dich überraschen“ bezeichnete Sendung in der ARD (24 Folgen), in der den Kandidaten überraschend ihre Herzenswünsche erfüllt wurden und Imitatoren von Musikstars auftraten.
Zur Einführung der neuen fünfstelligen deutschen Postleitzahlen 1993 moderierte er auf RTL eine neue Show („Die Post geht ab!“), die diese Änderung den Bürgern näher bringen sollte. Bald wurde das Format eingestellt, u.a. auch weil es zu sehr an seine frühere Sendung Am laufenden Band erinnerte.
Seit 1996 produzierte und moderierte er die Show 7 Tage, 7 Köpfe, die vom Privatsender RTL ausgestrahlt wurde. Ende 2002 zog er sich vom aktiven Dienst vor der Kamera zurück und arbeitete seitdem – von Gastauftritten abgesehen – nur noch hinter den Kulissen.
In einem Interview im November 2005 bestätigte der Showmaster gegenüber der Zeitschrift Bunte, dass er an Lungenkrebs erkrankt sei. Krank fühle er sich aber trotzdem nicht: „Krank sein heißt Fieber, Schmerzen, Übelkeit“, so Carrell in dem Gespräch. Ihm seien „all diese typischen Krankheitssymptome bisher Gott sei Dank erspart“ geblieben, aber er habe sich nach 51 Jahren mit bis zu drei Packungen Zigaretten pro Tag endlich das Rauchen abgewöhnt.
Bei der Aufzeichnung der letzten Folge 7 Tage, 7 Köpfe hat Carrell noch einmal selbst mitgewirkt. Stumm tritt er auf und gibt noch einmal den Running Gag der Show zum Besten: Er schüttet mit Hilfe eines Seiles ein Glas Wasser über die Hose von Harald Schmidt und verschwindet wortlos. Die Sendung wurde am 30. Dezember 2005 ausgestrahlt. In einem Interview scherzte Carrell: „Gags, die wir für ,7 Tage – 7 Köpfe‘ nicht gebrauchen können, hebe ich auf. Und wenn ich in den Himmel komme, werde ich damit etwas nebenbei verdienen.“
Am 2. Februar 2006 freute sich der schwer erkrankte Rudi Carrell sichtlich über die Ehrung für sein Lebenswerk mit der Goldenen Kamera in Berlin. Ihm war seine Krankheit anzusehen, auch seine Stimme klang schwach und heiser. Dennoch konnte er sein Scherzen nicht lassen und sagte: „Die Tatsache, dass ich hier heute Abend sein kann, verdanke ich vor allem meiner Krankenkasse, dem Klinikum Bremen-Ost und der deutschen Pharmaindustrie.“ Und er fügte hinzu: „Mit so einer Stimme kann man in Deutschland noch Superstar werden.“
Am 17. März 2006 erschien im Magazin der Süddeutschen Zeitung ein längeres Interview, in dem Rudi Carrell sehr offen über den Tod redete.
Rudi Carrell starb am 7. Juli 2006 gegen Mittag im Alter von 71 Jahren an Lungenkrebs. Er lebte zum Schluss zurückgezogen auf seinem Gutshof in Syke-Wachendorf bei Bremen. Die Beisetzung fand auf Wunsch des Verstorbenen am 9. Juli 2006 im engsten Familienkreis statt.
Zitate
„Als ich nach Deutschland kam, sprach ich nur Englisch - aber weil die deutsche Sprache inzwischen so viele englische Wörter hat, spreche ich jetzt fließend Deutsch!“
„Deutschland hat mir zehn Mal mehr gegeben, als ich mir je erhofft habe. Ich verdanke diesem wunderbaren Land mein Leben.“
„Ich werde noch lange als Wiederholung weiterleben.“
„Witze kann man nur dann aus dem Ärmel schütteln, wenn man sie vorher hineingesteckt hat.“
„Nachrichtensprecher fangen stets mit ‚Guten Abend‘ an und brauchen dann 15 Minuten, um zu erklären, dass es kein guter Abend ist.“
„In 22 Toiletten im Bundestag wurde Koks gefunden. Die Putzfrau ist sofort zurückgetreten.“
„Durch die hohen Benzinpreise ändert sich so manches. Jetzt kann man Frauen nicht mehr mit dem Satz beeindrucken: Ich habe einen Ferrari, sondern mit: Ich habe meinen Ferrari vollgetankt.“
„Im STERN stand ‚Rudi Carrell: Ich glaube, ich bin einmalig.‘ Dieses habe ich nie behauptet, aber statistisch stimmt es.“
„Wenn ich mich an jemandem rächen will, dann nehme ich ihm die Radkappe ab und tue ein Steinchen hinein.“
„Mit dieser Stimme kann man in Deutschland immer noch Superstar werden.” (Bei seinem letzten Auftritt vor großem Publikum Anfang Februar 2006 anläßlich der Verleihung der Goldenen Kamera für sein Lebenswerk, seine Stimme war zu dem Zeitpunkt bereits sehr geschwächt)
Auszeichnungen
- 1964 - Rose von Montreux Silberne Rose für „Die Rudi Carrell-Show“
- 1974 - Goldene Kamera Publikumspreis Bester Quizmaster
- 1975 - Löwe von Radio Luxemburg Ehrenlöwe
- 1975 - Bambi
- 1979 - Bambi
- 1980 - Bambi
- 1982 - Goldene Kamera
- 1984 - Preis für den besten europäischen Show-Moderator
- 1985 - Bundesverdienstkreuz für die deutsch-holländische Verständigung
- 1988 - Karl-Valentin-Orden
- 1991 - Goldene Kamera Publikumspreis Bester Show-Gastgeber für „Die Rudi Carrell Show“
- 1998 - Bambi Beste TV-Comedy für 7 Tage, 7 Köpfe
- 1998 - Goldener Löwe von RTL Beste TV-Comedy für 7 Tage, 7 Köpfe
- 1998 - Bambi Leserpreis Beliebteste Comedy-Sendung
- 1999 - Goldener Gong Beste TV-Comedy für 7 Tage, 7 Köpfe
- 2001 - Deutscher Comedypreis Ehrenpreis für sein Lebenswerk
- 2001 - Rose von Montreux Ehrenrose
- 2001 - Ridder in de Orde van de Nederlandse Leeuw königliche Auszeichnung der Niederlande
- 2001 - Alexander-Graham-Bell- Medaille:Wird von der Fördergemeinschaft Gutes Hören und dem Forum Besser Hören gemeinsam vergeben, weil sich Rudi Carrell nach Angaben der Jury aktiv für die Akzeptanz von Hörgeräten für die tägliche Kommunikation eingesetzt hat.
- 2003 - deutscher Fernsehpreis Ehrenpreis der Stifter
- 2003 - Platin Romy für sein Lebenswerk
- 2004 - Deutscher Comedypreis Sonderpreis für Ausdauer und Popularität für 7 Tage, 7 Köpfe
- 2005 - Münchhausen-Preis
- 2006 - Goldene Kamera für sein Lebenswerk
Literatur
- Rudi Carrell: Gib mir mein Fahrrad wieder. Wien/München/Zürich/Innsbruck 1979
- Ingo Schiweck (Hrsg.): „Laß dich überraschen ...“ Niederländische Unterhaltungskünstler in Deutschland nach 1945. Münster 2005
- Susanne Schult: Rudi Carrell. Das Image eines Stars in der Geschichte des deutschen Fernsehens. Osnabrück 2000
Filmographie
- 1970 Wenn die tollen Tanten kommen
- 1971 Tante Trude aus Buxtehude
- 1971 Glückspilze
- 1971 Die tollen Tanten schlagen zu
- 1971 Rudi, benimm dich
- 1971 Hochwürden drückt ein Auge zu
- 1973 Crazy - Total verrückt
- 1979 Himmel, Scheich und Wolkenbruch
- 1988 Starke Zeiten
- 1999 Ritas Welt - Die Wasserschlacht
- 2002 Das Amt, Die Akte Carrell
Weblinks
- Vorlage:PND
- Vorlage:IMDb Name
- Info-Seite anlässlich des 70. Geburtstages Rudi Carrells
- Interview bei SZ-Magazin
- Inoffizielle Fanseite über Rudi Carrell
Personendaten | |
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NAME | Carrell, Rudi |
ALTERNATIVNAMEN | Kesselaar, Rudolf Wijbrand (bürgerlicher Name) |
KURZBESCHREIBUNG | niederländischer Showmaster, der vor allem in Deutschland sehr bekannt war |
GEBURTSDATUM | 19. Dezember 1934 |
GEBURTSORT | Alkmaar (Niederlande) |
STERBEDATUM | 7. Juli 2006 |
STERBEORT | Bremen |