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Philipp II. (Makedonien)

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Philipp II.

Philipp II. (griechisch Vorlage:Polytonisch; * um 382 v. Chr., † 336 v. Chr. in Aigai) war König von Makedonien und der Vater Alexanders des Großen. Seine Regierungszeit dauerte von 359 bis 336 v. Chr.

Philipp II. war mehrfach verheiratet und hatte mehrere Kinder, aber mit Alexander nur einen geistig gesunden und erbberechtigten Sohn. Die militärischen Leistungen des makedonischen Heeres unter Alexander beruhen zu einem großen Teil auf der Militärreform Philipps II., der auch die Vormachtstellung Makedoniens begründete.

Makedonien vor Philipp II.

Um die Politik Philipps II. und seine Erfolge richtig einordnen zu können, muss man die Situation Makedoniens vor Philipp kennen und beachten. Das antike Makedonien war ein weitgehend agrarisch geprägter Staat am Nordrand der griechischen Staatenwelt. Schon in der Antike war es umstritten, ob und inwiefern die Makedonen mit den Griechen verwandt waren – ein Streit, der noch heute für reichlich Konfliktstoff sorgt.[1] Vor allem aber wurde Makedonien, das so gut wie keine städtische Kultur besaß – für die Griechen eines der Hauptmerkmale „zivilisierten Lebens“ –, dessen Regierungsform das Königtum war, das in Griechenland fast völlig verschwunden war, und dessen Bevölkerung an geradezu archaischen Sitten festhielt, von den Griechen als „halbbarbarisch“ betrachtet. Allerdings wurde das Königshaus als griechisch angesehen – wenn man sich auch noch gut an Alexander I. erinnerte, der während der Perserkriege mit den Persern kollaboriert hatte.

Vor allem aufgrund innerer Strukturprobleme hatte Makedonien, abgesehen von Peloponnesischen Krieg (431 bis 404 v. Chr.), in dessen Verlauf die Makedonen mehrmals die Seiten gewechselt hatten, vor der Regierungszeit Philipps II. kaum eine Rolle in den griechischen Machtkämpfen gespielt. Der einflussreiche Adel, der in regionale Cliquen des Hoch- und Tieflandes gespalten war, achtete streng auf seine Autonomie, sodass sich der Einfluss des Königs oft genug nur über einen geringen Teil des eigentlichen Königreichs erstreckte. Viele Regierungswechsel in Aigai (oder später in Pella) verliefen höchst blutig, der König selbst konnte jedoch, wenn er genug politischen Instinkt besaß, relativ uneingeschränkt herrschen, da er formal nur auf die makedonische Heeresversammlung Rücksicht nehmen musste. Doch kam erschwerend die geostrategische Lage Makedoniens hinzu, das sich einer ständigen Bedrohung durch die Illyrer und anderer Völkerschaften aus dem Balkanraum ausgesetzt war.

Denn Makedonien verfügte zwar über eine schlagkräftige Reiterei, jedoch nur über eine unzureichende Infanterie, da es keine städtische Schicht gab, welche die Kosten für Waffen und Rüstungen hätte tragen können. Philipp II. jedoch erkannte sehr scharfsinnig, dass, wenn es ihm ersteinmal gelingen würde, den Adel stärker an den König zu binden und durch eine Heeresreform die Armee zu reorganisieren, Makedonien durchaus ernsthaft im „Spiel um Hellas“ würde mitspielen können und Nutzen aus den zerstrittenen Staadtstaaten würde ziehen können.

Leben

Die frühen Jahre

Griechenland zur Zeit der Hegemonie Thebens, 371–362 v. Chr.

Philipp II. wurde als Sohn des Königs Amyntas III. und der Eurydike geboren. In seiner Jugend lebte er als Geisel im griechischen Stadtstaat Theben im Haus des Feldherrn Pammenes. Während der Regentschaft des Ptolemaios von Aloros, dem Gebliebten der Eurydike, der den Thron faktisch usurpiert hatte, war er als Sicherheit für die Einhaltung des Bündnisses zwischen Theben und Ptolemaios dorthin gebracht worden. Erst als sein älterer Bruder Perdikkas III. König wurde, kehrte Philipp aus Theben zurück, wo er die Fähigkeiten des durch Epaminondas neuorganisierten und gedrillten thebanischen Heeres bewundern konnte, das 371 v. Chr. die Spartaner, die bis dahin in offener Feldschlacht als unbesiegbar galten, vernichtend hatte schlagen können und damit die thebanische Hegemonie begründet hatte. Philipp sollte sich der in Theben erworbenen Erfahrungen später zu Nutze machen.

Er übernahm für seinen unmündigen Neffen Amyntas (IV.) 359 v. Chr. (nach Ansicht mancher Historiker bereits Ende 360) die Regentschaft, da sein älterer Bruder Perdikkas in der Schlacht gegen die Illyrer gefallen war, und wurde offenbar recht bald an Stelle des jungen Amyntas König. Im Gegensatz zu früheren Fällen der makedonischen Geschichte, in denen „Vormünder“ ihre Schutzbefohlenen ermordeten, ließ Philipp seinen Neffen am Leben. Amyntas (IV.) lebte an seinem Hofe bis zu Philipps Tod 336 v. Chr.; erst dann ließ ihn Alexander der Große beseitigen.

Makedonien war vom Zusammenbruch bedroht, die Illyrer anscheinend kurz davor, große Teile des Reiches dauerhaft zu besetzen. Andere Nachbarn wie die Paioner und die Thraker oder auch Athen verfolgten Eigeninteressen auf Kosten des geschwächten Staates. Philipp schaffte durch eine Vielzahl von Zusagen, Tributen, Bestechungen und militärischen Aktionen, das Königreich vor dem Zusammenbruch zu bewahren, und konnte in den folgenden Jahren seinen Machtbereich sogar ausweiten. Der mächtige Adel stand offenbar in den Krisenjahren nach 359 v. Chr. geschlossen hinter Philipp. In den ersten Jahren seiner Regentschaft muss es Philipp auch schon gelungen sein, die obermakedonischen Königreiche wie Lynkestis oder Elimiotis unter seiner Führung zu vereinen und in sein Herrschaftssystem zu integrieren. Dies war zuletzt Alexander I. über ein Jahrhundert früher gelungen, der sie aber im Gegensatz zu Philipp II. nicht fest an sich binden konnte.

Heeresreform und erste Erfolge

Die zusätzlichen Truppen aus Obermakedonien machten aber nur einen Teil des kommenden militärischen Erfolgs aus. Für den Erfolg der makedonischen Armee waren vielmehr die von Philipp durchgeführten Reformen der Armee als Ganzem, ihrer Ausrüstung (Stichwort Sarissa, einer gut 6 m langen Lanze) und der Koordination der Waffengattungen ausschlaggebend. Das makedonische Heer wurde zur schlagkräftigsten Armee, welche die Antike bis dahin erlebt hatte und das vorher unbedeutende Makedonien damit zu einem ernsthaften Machtfaktor. Dabei konnte sich Philipp auch auf fähige Helfer stützen, wobei sein bester General Parmenion war, der Philipp bereits seit dessen Amtsantritt unterstützt hatte und erfolgreich gegen die Illyrer Krieg geführt hatte. Vor allem aber war diese Armee dem König verpflichtet und ihm, nicht den Adligen, gegenüber loyal. So vergab Philipp Land an Männer, deren Söhne nun in der Elitereiterei – hetairoi, gegenüber den „Gefährten zu Fuß“ (pezhetairoi) – dienten. Daneben dienten im Heer zahlreiche leichtbewaffnete Fußtruppen, die Im Kampf die Flanken deckten oder Unterstützung leisteten. Daneben wurden auch Pioniertruppen für Belagerungen eingesetzt.

In den ersten Jahren seiner Regentschaft ließ er nichts unversucht, um sein Reich zu stabilisieren. In den ersten zwei Jahren besiegte er die Illyrer und Paionen und begann dann schon 357 v. Chr. zu expandieren. Die makedonische Armee belagerte erst die ehemals von Athen gegründete Stadt Amphipolis, dann Pydna. Beide Male kollidierte er mit athenischen Interessen, mit Pydna eroberte er sogar eine mit Athen verbündete Stadt. Als Seestädte waren sie aber auch für Makedonien von großem Wert, und Athen war mit interenen Problemen zu sehr beschäftigt, um sich um die nordägäischen Probleme zu kümmern. 356 v. Chr. ergriff er die Chance, die Stadt Krenides unter seine Kontrolle zu bringen. Von dort wurde er gegen einen thrakischen Fürsten zu hilfe gerufen. Krenides wurde in Philippi umbenannt. Die Stadt und das Umland erlaubten ihm nun, die Minen des Pangaiongebirges auszubeuten. Die jährlichen Gewinne der Minen – etwa 1000 Talente (dies war mehr Gold als Athen auf dem Höhepunkt der Macht aus dem Seebundsgebiet erhielt) – nutzte Philipp II., um seinen Einfluss auszudehnen. Teils um Söldner anzuwerben, teils um Politikern und Gesandten anderer Städte große Geschenke zu machen und sie auf seine Seite zu holen. Zudem ließ er eine neue Münze mit seinem Namen prägen.

Im Inneren blieb der makedonische Staat relativ schwach ausgebildet. Mittelpunkt aller staatlicher Handlungen war der König. Philipp beließ in den eroberten griechischen Städten in der Regel Garnisonen, ihre Selbstverwaltung wurde aber kaum angetastet, wenn auch Philipp „Beauftragte“ einsetzte, die ihn über die internen Vorgänge informieren sollten. Es bleibt dabei festzuhalten, dass vor allem die Städte in der Küstenregion, die nun und in der Folgezeit an Makedonien fielen, eine wichtige Rolle im neuen Staat spielten.

Kampf um die Hegemonie

Bis 355 v. Chr. war wie beschrieben die an Makedonien angrenzende Küstenregion in Philipps Hand. Seine Expansion richtete sich auch nach Süden, nach Thessalien. Thessalische Fürstenhäuser stritten um die Vorherrschaft, darunter auch die Aleuaden von Larissa, mit denen das makedonische Fürstenhaus seit Jahrzehnten befreundet war. Die Aleuaden riefen Philipp II. zu Hilfe, nachdem auf Seiten ihrer Gegner aus Pherai die Phoker helfend engagierten. Thessalien war zu dieser Zeit Nebenschauplatz des 3. Heiligen Krieges, in den Makedonien so verwickelt wurde (346 v. Chr.): Die Phoker reklamierten die Einkünfte des berühmten Orakels von Delphi für sich, woraufhin die delphische Amphyktionie – das für Delphi zuständige Kultbündnis – Philipp um Hilfe bat. Dieser nahm die Gelegenheit gerne wahr und verlegte Truppen nach Zentralgriechenland. Gleichzeitig belagerte Philipp II. Methone, die letzte athenische große Bündnisstadt Athens an der nördlichen Ägäis. Die Makedonen stürmten nach langer Belagerung die Stadt, nachdem die Verteidiger erkennen mussten, dass Athen trotz Hilfszusagen nicht im Stande war, den versprochenen Entsatz zu bringen.

Datei:DemosthenesRGM.jpg
Büste des Demosthenes

Mit der Eroberung wichtiger Silber- und Goldvorkommen am Pangaion (s.o.) verschaffte sich Philipp genügend Spielraum für seine weiteren Pläne, die auf eine Hegemonie über ganz Griechenland hinausliefen. Ihm wurde er für sein Engagement im oben beschriebenen 3. Heiligen Krieg gegen die Phoker von den Thessalern als Archon (und damit Führer) ihres Bundes anerkannt. Der Friede des Philokrates im Jahr 346 v. Chr. hatte bereits die makedonische Vormachtstellung über weite Teile Griechenlands anerkannt. 343 schloß Philipp mit dem damaligen persischen Großkönig Artaxerxes III., dem letzten bedeutenden Achämeniden, einen Nichtangriffspakt – wohl wissend, dass er ansonsten den Zorn des Großkönigs zu einem für Philipp ungünstigen Zeitpunkt riskierte, zumal Philipp aufständische persische Statthalter teils heimlich, teils offen, unterstützt hatte. Bis 340 v. Chr. war Thrakien in makedonischer Hand, während Philipp Byzanz belagerte. Damit aber wurde Athens Versorgung mit Getreide gefährdet, welches nun unter dem Einfluss des athenischen Redners und Politikers Demosthenes Philipp II. den Krieg erklärte.

Anfang August 338 v. Chr. vernichtete Philipp II. jedoch das athenische und thebanische Heer durch den massiven Kavallerieeinsatz, der von seinem Sohn Alexander geleitet wurde, in der Schlacht von Chaironeia. Es war das Ende des letzten ernsthaften Aufbäumens der restlichen Griechen gegen Philipp und, wenn dies den Zeitgenossen auch noch nicht klar war, das Ende der traditionellen Poliswelt. Philipp begründete 337 v. Chr. den so genannten Korinthischen Bund, dem alle griechischen Stadtstaaten außer Sparta angehörten, dessen Hegemon und bevollmächtigter Stratege er wurde und somit den Bund de facto kontrollierte. Er rief einen Allgemeinen Frieden (κοινή ειρήνη / koiné eiréne) aus – eine langgehegte Hoffnung vieler Griechen, die der ständigen Kriege überdrüssig waren –, und erreichte die Zustimmung des Bundes für einen Feldzug gegen das Perserreich. Die Begründung war Rache zu nehmen für die Zerstörungen während des Feldzugs des Xerxes; in Wirklichkeit aber ging es wohl darum, die Kräfte der stets unruhigen Stadtstaaten auf ein gemeinsames Ziel zu richten und von antimakedonischen Aktionen abzulenken. Gleichzeitig versprach der Feldzug reiche Beute und eine Ausdehnung des makedonischen Einflusses.[2]

Philipp hatte mehrere Ehefrauen, teils auch mehr als eine gleichzeitig. Der antike Schriftsteller Satyros von Kallatis nennt sieben:

  • Phila aus dem herrschenden Haus des obermakedonischen Elimeia;
  • Audata, wohl Verwandte des illyrischen Königs Bardylis I.;
  • Olympias von Epirus, Nichte des molossischen Königs von Epirus, spätere Mutter von Alexander III.;
  • Nikesipolis von Pherai, Thessalien;
  • Philinna von Larissa, Thessalien;
  • Meda, Tochter des getischen Königs;
  • Kleopatra, Nichte des makedonischen Generals Attalos.

Wenigstens Kleopatra und Olympias, vielleicht dazu auch noch Meda, waren gleichzeitig Ehefrauen Philipps, während über die anderen keine Lebensdaten vorliegen. Philipps Heiraten waren Teil seiner Bündnispolitik, in der Allianzen mit der Verbindung der königlichen Häuser besiegelt wurden. Dabei unterhielt Philipp, was jedoch nicht ungewöhnlich war, auch sexuelle Kontakte zu Männern.

Soweit bekannt, hatte Philipp II. insgesamt nur fünf Kinder von seinen oben genannten Frauen. Von Nikesipolis hatte er eine Tochter namens Thessalonike, von Philinna einen Sohn namens Arrhidaios, von Olympias Alexander und Kleopatra und von seiner letzten Frau Kleopatra eine Tochter namens Europa.

Philipp und Alexander

Datei:Alexander the great 1.jpg
Büste Alexanders des Großen

Das Verhältnis zu seinem Sohn Alexander war oft sehr angespannt, wobei Alexander wohl bestrebt war, die Leistungen seines Vaters noch zu übertreffen. Aus Alexanders Kindheit ist eine Episode überliefert, die ebenso den glühenden Ehrgeiz Alexanders wie aber auch den Stolz Philipps auf dessen Leistungen deutlich macht: Als eines Tages das Pferd Bukephalos Philipp angeboten wurde, wies er es zurück, da es scheinbar nicht zu bändigen war. Alexander jedoch erklärte, dass er es schaffen könnte, was ihm auch gelang. Daraufhin habe Philipp stolz erklärt:

Geh, mein Sohn, suche dir ein eigenes Königreich, das deiner würdig ist. Makedonien ist nicht groß genug für dich.[3]

Offenbar wollte Philipp jedoch verhindern, dass Olympias zu großen Einfluss auf seinen Sohn nahm; andererseits war auch Philipps Verhalten teils zwiespältig: Er erwartete wohl die bedingungslose Loyalität seines Sohnes, auch wenn dessen Stellung als sein Nachfolger nicht gesichert war. Gleiches galt für seine Mutter Olympias, die keinen speziellen Rang unter den vielen Frauen Philipps hatte und deren Einfluss nur daher rührte, Mutter des wahrscheinlich nächsten makedonischen Königs zu sein. Andere Kinder Philipps – wie Alexanders Halbbruder Arrhidaios – oder zukünftige männliche Nachkommen Philipps stellten eine Gefahr für Alexanders Stellung im makedonischen Reich dar. Auf diese Konkurrenz zwischen Philipps Söhnen weist die Pixodarus Affäre hin, in deren Zusammenhang mehrere Freunde Alexanders ins Exil geschickt wurden. 337 v. Chr. nahm sich Philipp mit Kleopatra eine weitere Frau. Sie war die Nichte des makedonischen Generals Attalos. Dies führte zu erheblichen Spannungen zwischen Philipp und Alexander; es ist auch gemutmaßt worden, dass Philipp, aus welchen Gründen auch immer, Alexander nach dessen Erfolg bei Chaironeia nicht mehr recht vertraute.[4]

Bei einer Feier beleidigte Attalos Alexander, indem er ihn indirekt als illegitimen Thronfolger bezeichnete, einem durchaus üblichen Mittel im politischen Kampf am makedonischen Königshof. Nach diesem Eklat, bei dem Philipp selbst sogar Partei für Attalos ergriff und mit einem Schwert auf Alexander losgehen wollte, was ihm aufgrund seines alkoholisierten Zustandes aber nicht gelang, machte sich Alexander über seinen Vater lustig und ging zusammen mit seiner Mutter ins Exil nach Epirus.[5] Ein halbes Jahr später kehrte Alexander aber nach Pella zurück, auch wenn die Spannungen weiter bestehen blieben. Dennoch erwies sich Alexander ansonsten den Anforderungen seines Vaters (was beispielsweise militärische Angelegenheiten betraf) als gewachsen; er sollte auch am Feldzug gegen Persien teilnehmen.[6]

Das Ende

Datei:Philip II Macedonia.png
Makedonien zum Zeitpunkt von Philipps Tod

Bevor Philipp jedoch zum Feldzug aufbrechen konnte (eine Heeresabteilung unter dem Befehl Parmenions stand bereits in Kleinasien), wurde Philipp während der Hochzeit seiner Tochter Kleopatra mit dem Molosserfürsten Alexander von Epeiros, einem Bruder der Olympias, von seinem Leibwächter Pausanias im Sommer 336 v. Chr. ermordet, wobei in den Quellen verschiedene Motive angeführt werden, so unter anderem, dass Pausanias von Attalos zutiefst gedemütigt worden war und von Philipp keine Genugtuung erhielt. Die Mitwisserschaft seiner Ehefrau Olympias (oder auch Alexander) wurde in der Vergangenheit häufig von Historikern vermutet, die einfach deren charakterliche Einschätzung aus Plutarchs Alexandervita übernahmen, bei denen Olympias sehr schlecht beurteilt wird. An seinem Tod hatten aber viele Mächte Interesse: Die von ihm unterworfenen Stadtstaaten Griechenlands, die persischen Herrscher Kleinasiens, die Ziel des damals bevorstehenden Feldzugs geworden wären, oder auch Einzelpersonen oder Machtgruppen des makedonischen Hofes. Aus den bekannten Quellen ist diese Frage nicht abschließend zu klären, obwohl wenigstens die Beteiligung der Olympias an dem Komplott recht wahrscheinlich ist.[7]

1977 entdeckte Manolis Andronikos bei der heutigen Stadt Vergina angeblich das völlig unversehrte Hügelgrab Philipps. Obwohl dort ein Mitglied der makedonischen Königsfamilie bestattet wurde, ist die Identifizierung mit Philipp II. unsicher. Eine vollständige Publikation des Grabes und der Funde steht noch aus.

Alexander sollte auf den Erfolgen Philipps aufbauen und mit seinem Alexanderzug geradezu märchenhafte Erfolge feiern. Doch hätte Alexander ohne das von Philipp neuorganisierte Heer und dessen erreichter Machtstellung, und nicht zuletzt den von Philipp herangezogenen fähigen makedonischen Generälen, wohl niemals derart viel erreichen können. Auch wenn Alexander Philipp wohl an militärischem Talent übertraf, schmälert das die Leistungen Philipps in keinster Weise. Dessen war sich wohl auch Alexander bewusst, denn während des Persienfeldzugs soll er Folgendes zu seinen Truppen, als diese aufsässig wurden, gesagt haben:

Philipp übernahm euch als Stromer und Arme; viele von euch weideten, in Felle gekleidet, ihre wenigen Schafe in den Bergen und kämpften ohne viel Erfolg gegen die Illyrer, Triballer und ihre Nachbarn, die Thraker. Er hat euch anstatt der Felle Mäntel gegeben, euch aus den rauhen Bergen in die Ebenen hinabgeführt, hat euch den benachbarten Barbaren im Kampf ebenbürtig gemacht, so daß ihr auf die Festigkeit von Forts nicht mehr vertrautet als auf eure eigene Tapferkeit und euch behaupten konntet. Er hat eich zu Bauherrn von Städten gemacht und euch gute Gesetze und Sitten gebracht.[8]

Literatur

  • Hermann Bengtson: Philipp und Alexander der Große. Die Begründer der hellenistischen Welt. Diederichs, München 1997, ISBN 3-424-01358-7 (teils überholt).
  • J. R. Ellis: Macedon and north-west Greece und Macedonian hegemony created. In: The Cambridge Ancient History, Bd. 6, Cambridge 1994, S. 723ff. (gut lesbarer Überblick).
  • Johannes Engels: Philipp II. und Alexander der Große. Darmstadt 2006 (aktueller Überblick).
  • Volker Fadinger: Das Attentat auf König Philipp II. von Makedonien in Aigai 336 v. Chr.. In: P. Neukam (Hg.): Vermächtnis und Herausforderung, Dialog Schule und Wissenschaft. München 1997, S. 101–145 (Klassische Sprachen und Literaturen, Bd. 31).
  • Nicholas G. L. Hammond, G. T. Griffith: A History of Macedonia II. Clarendon Press, Oxford 1979, ISBN 0-19-814814-3.
  • Nicholas G. L. Hammond: Philip of Macedon. London 1994.
  • Waldemar Heckel: Who’s Who In The Age Of Alexander The Great: Prosopography of Alexander’s Empire. Oxford 2006, S. 208–211 (knapper Überblick mit Quellenhinweisen).
  • Gerhard Wirth: Philipp II. Stuttgart 1985 (Standardwerk).

Anmerkungen

  1. Eugene N. Borza, Greeks and Macedonians in the Age of Alexander. The Source Traditions, in: Transitions to Empire. Essays in Greco-Roman History, 360–146 BC, in honor of E. Badian, Univ. of Oklahoma Press, Norman 1996, S. 122–139, ISBN 0-8061-2863-1, ist bezüglich einer Verwandtschaft mehr als skeptisch. Dagegen vgl. die diversen Ausführungen von Hammond, etwa: Nicholas G.L. Hammond, Literary evidence for Macedonian speech, in: Historia 43/2 (1994), S. 131–142. Im Folgenden wird mit „Makedone(n)“ nur die Herkunft aus dem antiken Makedonien ausgedrückt.
  2. Siehe unter anderem E. F. Bloedow, Why did Philip and Alexander Launch a War against the Persian Empire?, in: L' Antiquité classique. Revue semestrielle, Bd. 72, Bruxelles 2003, S. 261–274.
  3. Überliefert bei Plutarch, Alexander, 6.
  4. Vgl. Peter Green, Alexander of Macedon, Berekeley u.a. 1991 (ND), S. 90ff.
  5. Plutarch, Alexander, 9.
  6. Selbst nach Philipps Tod sollte der Vater-Sohn Konflikt nicht ohne Folgen bleiben: Während Alexanders Feldzug kam es 328 v. Chr. in Marakanda zu einem Konflikt zwischen Alexander und Kleitos, einem seiner engsten Freunde, der Alexander zuvor auch das Leben gerettet hatte. Kleitos fühlte sich durch seine Versetzung hinter die Frontlinien zurückgesetzt und erklärte, Alexander verleugne seinen Vater Philipp, da er sich nun als Sohn des Zeus-Ammon fühle. Daraufhin geriet Alexander derart in Wut, dass er Kleitos tötete, was er nachher aber zutiefst bereut haben soll: vgl. u.a. Arrian, Anabasis, 4,8 oder Plutarch, Alexander, 50.
  7. Zum Mord vgl. unter anderem J. R. Ellis: The Assassination of Philip II, in: Ancient Macedonian Studies in honor of Charles F Edson, hrsg. von H. J. Dell, Thessaloniki 1981. S. 99–137.
  8. Arrian, Anabasis, 7,9,2; Übersetzung aus: Frank W. Walbank, Die hellenistische Welt, 4. Aufl., München 1994, S. 28.


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