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Hisbollah

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Die Hisbollah (arabisch حزب الله Hizb Allāh, DMG Ḥizb Allāh ‚Partei Gottes‘), oft auch Hizbullah oder Hezbollah geschrieben, ist eine schiitische, pro-iranische libanesische Partei, die 1982 zur Bekämpfung der israelischen Besatzung gegründet wurde. Während sie in der arabischen Welt grosses Ansehen geniesst und im Libanon legale Partei ist, wird sie vom U.S. State Department auf der Liste der Terrororganisationen geführt.

Überblick

Im Jahr 1982, kurz nach dem israelischen Einmarsch in den Südlibanon, formierte sich die Hisbollah aus der Amal-Bewegung und mehreren kleineren Gruppen. Die Gründung fand in der iranischen Botschaft statt. Sie gliedert sich in einen „politischen“ und in einen „militärischen“ Arm. Die Hisbollah rechnet sich den im Jahr 2000 stattgefundenen Rückzug Israels aus dem Libanon als Erfolg an.

Die Miliz unterhält soziale Einrichtungen, Krankenhäuser, Schulen und Waisenhäuser. Finanziert wird sie zum einen durch Spendengelder, zum anderen durch den Iran, von dem bis zu 50 Mio.€ monatlich an die Hisbollah gehen. Mit „Al-Manar-TV“ betreibt die Hisbollah einen eigenen Fernsehsender.

Die Hisbollah beruft sich auf den iranischen Revolutionsführer Ayatollah Khomeini und bezeichnet sich selbst als antizionistisch.

Am 29. Januar 2004 konnte nach mehrjährigen Verhandlungen zwischen Israel und der Hisbollah unter Vermittlung deutscher Geheimdienstangehöriger ein Gefangenenaustausch erzielt werden, bei dem auch die sterblichen Überreste dreier Zahal-Angehöriger übergeben werden konnten. Teile der Übergabe fanden am Flughafen Köln/Bonn statt.

Die Organisation ist besonders im Süden und der Bekaa-Ebene des Libanon sowie in Südbeirut stark. Den Süden kontrolliert sie gemeinsam mit der Libanesischen Armee nach dem israelischen Rückzug. Seit dem israelischen Abzug aus dem Libanon kommt es wiederholt zu Angriffen der Hisbollah auf israelische militärische Stützpunkte in Nordisrael und in von Israel noch immer besetzten Gebieten wie den Golanhöhen und den Shebaa-Farmen

Ferner hat sich ihre politische Agitation erweitert und ihre Zustimmung in der Bevölkerung vergrößert, so dass sie ein fester Bestandteil der libanesischen Parteienlandschaft geworden ist. Die Unterstützung und Solidarität für die Palästinenser sind seit der Gründung dieser Organisation ein wichtiger Bestandteil ihres Programms.

Die Hisbollah wird derzeit von Sayid Hassan Nasrallah geführt.

Größe der Organisation

Nach CIA-Angaben hat die Organisation mehrere tausend Mitglieder, von denen ca. 1000 bewaffnet sind, sowie 300-400 Kämpfer. Außerdem stehen etwa 70 iranische Militärberater bereit. Die Hisbollah ist die einzige von den USA bezeichnete Terrororganisation, die schwere, konventionelle Waffen besitzt, u. a. Katjuscha-Raketen Schützenpanzer und Kurzstreckenraketen.

Führer

Die Hisbollah wird von religiösen Gelehrten und lokalen Führern angeführt.

  • Muhammad Hussein Fadlallah, religiöser Führer der Hisbollah, geboren 1935, ohne offizielle Funktion, beansprucht oberste geistliche Autorität für sich.
  • Sayid Hassan Nasrallah, Generalsekretär der Hisbollah seit 1992, Gründungsmitglied, geboren 1960, erkennt iranischen Revolutionsführer Khamenei als oberste geistliche Autorität an.
  • Ibrahim al-Amin, Vorsitzender des Politbüros, offizieller Sprecher der Hisbollah-Fraktion im Parlament.
  • Naim Qassem, Stellvertreter Nasrallahs.
  • Abbas al-Musawi Vorgänger Nasrallahs, Chef des militärischen Flügels, bei einem israelischen Hubschrauberangriff im Südlibanon am 16. Februar 1992 mit seiner Frau, seinem Sohn und vier weiteren Personen ermordet. Offenbar als Reaktion auf die "gezielte Tötung" fand am 17. März 1992 ein Bombenanschlag auf die israelische Botschaft in Buenos Aires statt, bei dem 29 Personen getötet und rund 240 verletzt wurden.
  • Raghib Harb, Hisbollah-Führer im Süden, getötet am 16. Februar 1984.
  • Subhi at-Tufaili, ehemaliger Hisbollah-Führer in der Beka-Ebene, ehemaliger Generalsekretär, soll sich vom moderateren Flügel unter Nasrallah abgespalten haben und führte 1997 eine Kampagne zum zivilen Ungehorsam gegen die Regierung durch, 1998 bewaffnete Auseinandersetzungen mit der libanesischen Armee und der Hisbollah.

Struktur

Einerseits ist die Hisbollah eine politische Partei (Hizb Allah bedeutet Partei Gottes), andererseits eine Widerstandsorganisation (gegen die israelische Besatzung; als solche im Libanon und weiten Teilen der arabischen Welt gesehen) oder terroristische Organisation (Bezeichnung va. durch die USA und Israel). Die Hisbollah besteht aus dem Majlis ash-Shura (höchster nationaler Konsultationsrat) mit 7 Unterkomitees. Vorsitzender des Majlis ist Imam Fadlallah. Außerdem existiert seit 1989 noch ein Politbüro und ein ausführender Rat mit Generalsekretär Nasrallah, was ein Zugeständnis an die verstärkte Präsenz im parlamentarischen Bereich ist. Das militärische Kommando wird von zwölf religiösen Gelehrten geführt.

Einfluss

Auf die libanesische Institutionenpolitik

Die Partei sitzt seit 1992 im libanesischen Parlament, derzeit mit 14 Sitzen. Noch vor der Amal-Bewegung ist sie die stärkste Kraft im Südlibanon und in zahlreichen Lokalverwaltungen vertreten. Vergleichbar mit der Amal Partei hat die Hisbollah noch einen eigenen militärischen Arm.

Auf das libanesische Volk

Durch die Befreiung des Südlibanons und auch durch zahllose soziale Einrichtungen und eigenfinanzierter Infrastrukturprojekte ist die Hisbollah auch bei der christlichen und sunnitischen Bevölkerung des Libanons sehr populär. Die Finanzierungen beziehen sich vor allem auf Projekte, die ärmeren Schichten der Bevölkerung zugute kommen.

Auf die Medien

Da sie als politische Partei und Befreiungsarmee etabliert ist, wird sie regelmäßig zitiert. Die Organisation hat außerdem einen ihr nahestehenden Fernsehsender namens Al-Manar.

Ziele

Die Hisbollah definiert sich als islamische Bewegung in einem libanesischen, arabischen und islamischen Kontext. Ziel ist die Zurückgewinnung aller besetzten Gebiete von Zionisten, unter anderem die Schebaa-Farmen, vorrangig im Libanon. Ideelles Ziel ist auch die Rückeroberung Jerusalems/Palästina.

11. September

Die Opfer der Anschläge vom 11. September werden bedauert, der geistige Führer spricht sich gegen das Töten sämtlicher Unschuldiger aus. So seien die „Angriffe auf Amerika nicht mit der Scharia vereinbar“ (Fadlallah im Spiegel 42/01). Gleichzeitig wird aber davor gewarnt, die Anschläge und die Hysterie in Amerika als Vorwand für ungehinderte US-Militärschläge in der Welt zu benutzen. Jegliches militärisches Eingreifen in Afghanistan wird abgelehnt. Hingewiesen wird auf das israelische Vorgehen gegen Palästinenser und gegen Libanesen, die nach Auffassung der Hisbollah auch unter die Rubrik „Terror“ fallen. Außerdem wird die Rhetorik George Bushs („Kreuzzug“) verurteilt, was ein Hinweis dafür ist, dass dies kein Krieg der Religionen ist.

Aktionen

Die Hisbollah ist verantwortlich für viele Attentate , u. a. durch mit Sprengstoff gefüllte Autos auf die US-Botschaft in Beirut 1983 und weitere US- bzw. französische Einrichtungen im Libanon in den 1980er Jahren. Außerdem betrieb sie Entführungen von israelischen Soldaten, Geiselnahmen, Mörser-Angriffe auf vom israelischen Militär besetztes Territorium bzw. Stellungen während deren Besatzung des Südlibanon und Terroranschläge auf Zivilisten.

Islam

Die Hisbollah vertritt die Schiiten im Libanon. Es besteht eine starke ideologische und religiöse Bindung an den Iran. Die Organisation setzt sich für einen „zivilisierten“ Islam ein. Ein aufgeklärter Islam ist als Staatsform gewünscht. Außerdem ist der Islam als Religion für die Mehrheit gewünscht, ansonsten wird aber eine Koexistenz der verschiedenen Religionen akzeptiert.

Deutschland

In Deutschland gibt es eine Anhängerschaft unter schiitischen Libanesen und Iranern, die aus ca. 800 Mitgliedern besteht und deren Zentrum das Islamische Zentrum Münster ist. Im Juni 2002 wurde ein Jugend-Zentrum in Berlin eröffnet.

Siehe auch: Politischer Islam

Literatur

  • Ahmad Nizar Hamzeh: In the path of Hizbullah. Syracuse, New York 2004.
  • Judith Palmer Harik: Hezbollah. The Changing Face of Terrorism, London 2004.
  • Stephan Rosiny: Islamismus bei den Schiiten im Libanon, Berlin 1996.
  • Englische Website des Fernsehsenders der Partei, al-Manar [1]
  • Westcott, Kathryn, Who are Hezbollah?, BBC News Online (englisch)
  • Eigene Homepage: [2]
  • Homepage des militärischen Flügels: [3]
  • Bemerkungen des Verfassungsschutzes: [4]