Knöllchenbakterien
Knöllchenbakterien | ||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Vorlage:Taxonomy | ||||||||||||
| ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Rhizobiaceae | ||||||||||||
Als Knöllchenbakterien oder Rhizobien werden Bakterien aus der Familie der Rhizobiaceae bezeichnet. Sie sind beweglich, gramnegativ und gehören zur Klasse der Alphaproteobacteria.
Rhizobien kommen in großer Zahl im Boden vor. Ihre Bedeutung liegt in ihrer Fähigkeit, mit Pflanzen aus der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae oder Leguminosae) eine mutualistische Symbiose einzugehen. Diese Lebensgemeinschaft ist sehr eng und führt bei den Rhizobien zu drastischen morphologischen und physiologischen Veränderungen, bei den Pflanzen zur Ausbildung spezieller Organe.
Rhizobien besitzen die Fähigkeit, molekularen Luftstickstoff zu binden und damit biologisch verfügbar zu machen. Dies ist jedoch nur in der Symbiose mit Pflanzen möglich. Unter natürlichen Bedingungen können weder Leguminosen noch Rhizobien allein Stickstoff fixieren. Diese Symbiose hat enorme wirtschaftliche und biologische Bedeutung.
Etablierung der Symbiose
Pflanzenwurzeln geben verschiedene Stoffe ab. Diese Exsudate dienen unter anderem der Herausbildung einer speziellen Mikroflora aus Bakterien und Pilzen in der Rhizosphäre, also der unmittelbaren Umgebung der Wurzel. Auch Rhizobien werden durch Wurzelexsudate angelockt. Sie sind jedoch in der Lage, unter bestimmten Voraussetzungen in die Wurzel einzudringen.
Zunächst heften sich die Rhizobien an ein Wurzelhaar. Die Erkennung und Anheftung erfolgt durch spezielle Proteine auf der Oberfläche der Bakterienzelle. Das wichtigste Protein ist Rhicadhesin, das an Calciumverbindungen auf der Pflanzenzelle bindet, aber auch Lektine spielen eine Rolle. Nach der Anheftung dringen die Rhizobien in die Wurzelhaarzelle ein. Die Penetration erfolgt immer an der Spitze des Wurzelhaares. Die Abgabe sogenannter nod-Faktoren (nod steht für nodulation – Knötchenbildung) durch die Bakterien bewirkt eine charakteristische Einkrümmung des Wurzelhaares.

Die Bakterien veranlassen die Wurzelhaarzelle, Cellulose zu bilden und induzieren einen Infektionskanal in Richtung Wurzelmitte. Entlang dieses Kanales werden anschließend benachbarte Zellen der Wurzelrinde infiziert. Die verstärkte Ausschüttung der bakteriellen nod-Faktoren veranlasst diese Zellen, sich zu teilen. Dies führt zur Bildung knötchenartiger Wurzelverdickungen, der „Wurzelknöllchen“, in denen sich die Rhizobien befinden. Die schlanken, stäbchenförmigen Bakterien vermehren sich hier zunächst. Anschließend beginnen die meisten, sich in verdickte, unförmige und verzweigte Zellen, so genannte Bacteroide zu verwandeln. Diese werden von der infizierten Pflanzenzelle in Membranen eingehüllt und von nun an als Symbiosom bezeichnet. Die Bacteroide sind nicht mehr in der Lage, sich zu vermehren oder sich in die ursprünglichen, vermehrungsfähigen Zellen zurück zu verwandeln.
Stickstoff-Fixierung
Enzyme zur Stickstoff-Fixierung besitzen nur die Rhizobien, nicht die Pflanze. Das wichtigste Enzym, die molybdänhaltige Nitrogenase, ist jedoch in hohem Maße sauerstoffempfindlich. Bereits geringe Sauerstoffkonzentrationen inaktivieren das Enzym irreversibel. Andererseits sind die Bacteroide nicht in der Lage, völlig ohne Sauerstoff zu leben. Die Sauerstoffkonzentration muss für die erfolgreiche Stickstoff-Fixierung in den Wurzelknöllchen also genau ausbalanciert sein. Diese Funktion übernimmt die Pflanze, indem sie ein eisenhaltiges Protein in den Knöllchen bildet. Dieses Leghämoglobin bindet überschüssigen Sauerstoff und hält dessen Niveau konstant niedrig. Das Leghämoglobin ähnelt in seinem Aufbau dem gleichfalls sauerstoffbindenden Bluthämoglobin und färbt die Wurzelknöllchen ebenfalls rötlich.
Stoffaustausch
Die Bacteroide sind ernährungsphysiologisch völlig von der Pflanze abhängig. Die Pflanze stellt zur Deckung des enormen Energiebedarfs für die Stickstoff-Fixierung Kohlenstoffverbindungen wie Succinat, Malat und Fumarat, also Zwischenprodukte des Citratzyklus zur Verfügung. Diese Stoffe stammen ursprünglich aus der Photosynthese der Pflanze. Durch den Abbau der Verbindungen gewinnen die Bacteroide Energie in Form von ATP und Reduktionsäquivalente (zum Beispiel NADH, in diesem Falle aber Pyruvat) zur Spaltung des Stickstoffmoleküls. Die Bacteroide liefern im Gegenzug hauptsächlich Ammoniak als erstes stabiles Produkt der Stickstoff-Fixierung. In den Pflanzenzellen wird dieser zur Synthese von Glutamin und anderen stickstoffhaltigen Verbindungen weiterverwendet.
Genetik und Kompatibilitätsgruppen
Die bakteriellen Gene für die Etablierung der Symbiose und auch für die Stickstoff-Fixierung befinden sich in der Regel auf einem Plasmid, dem sym-Plasmid.
Die Gene, die für die Knöllchenbildung notwendig sind und vorrangig auf die Pflanzenzellen wirken, werden als nod-Gene bezeichnet (nod bedeutet Nodulation – Knötchenbildung). Die Gene für die Stickstoff-Fixierung werden nif-Gene genannt (nif steht für nitrogen fixation – Stickstoff-Fixierung).
Daneben sind Gene vorhanden, die für die hoch spezifische Erkennung zwischen Bakterien- und Pflanzenzelle notwendig sind: Rhizobien gehören immer einer speziellen Kompatibilitätsgruppe an. Ein bestimmter Bakterienstamm kann unter natürlichen Bedingungen meist nur mit einer bestimmten Pflanzenart eine Symbiose eingehen. Bakterien, die sich zum Beispiel auf Klee (Trifolium sp.) spezialisiert haben, können mit anderen Leguminosen keine erfolgreiche Symbiose etablieren. Man spricht in diesem Falle von “Biovaren”: Rhizobium leguminosarum biovar trifolii ist ein Stamm, den man nur an Klee findet. Überträgt man jedoch die entsprechenden Kompatibilitätsgene, können auch andere Pflanzen als Symbionten dienen.
Ökologie
Stickstoff ist für alle Organismen essentiell. Er ist wesentlicher Bestandteil von Aminosäuren und damit von Proteinen, aber auch von Nucleinsäuren, also DNA und RNA.
Ungebundener Stickstoff (N2) bildet zwar 78 Volumenprozent der Luft, ist in dieser Form aber für Tiere, Pflanzen, Pilze und die meisten Mikroorganismen nicht nutzbar. Unterschiedlich stark reduzierte Stickstoffverbindungen kommen als Nitrat, Harnstoff oder Ammonium in Gewässern und Böden vor. Diese Verbindungen können durch Pflanzen und viele Mikroorganismen assimiliert und für die Synthese von Aminosäuren verwendet werden, während Tiere meist auf die Aufnahme kompletter Aminosäuren als Stickstoffquelle angewiesen sind.
Reduzierte (und damit biologisch verfügbare) Stickstoffverbindungen sind in Mineralien selten zu finden und unter natürlichen Bedingungen meist knapp und limitierend für das Wachstum von Pflanzen und Mikroorganismen. Nur einige Bakterien und Archaeen verfügen über die Enzyme, mit deren Hilfe molekularer Luftstickstoff reduziert und in eine Form umgewandelt werden kann, die für andere Organismen nutzbar ist. Die bakterielle Stickstoff-Fixierung ist damit von grundlegender Bedeutung für das Leben und den globalen Stickstoffkreislauf.
Durch die Symbiose mit Rhizobien wird für die Pflanzen indirekt der molekulare Luftstickstoff verfügbar. Leguminosen haben deshalb auf stickstoffarmen Böden einen klaren Selektionsvorteil. Viele Schmetterlingsblütler spielen außerdem eine wichtige Rolle als Pionierpflanzen auf Sand und Schutt, Halden und Kahlschlägen.
Bedeutung der Symbiose
Man schätzt die Menge des jährlich fixierten Stickstoffs auf über 120 Millionen Tonnen. Das ist enorm. Pflanzen, die auf diese Weise auf weniger wertvollen Böden gedeihen, haben großen Anteil an der Landwirtschaft und unserer Nahrungsgrundlage. Leguminosen und deren Früchte sind häufig proteinreich, was sicher auf die gute Versorgung mit Stickstoff zurück zu führen ist. Daneben werden Leguminosen als „Gründüngung“ zur natürlichen Anreicherung des Bodens mit Stickstoff kultiviert.
Beispiele für Pflanzengattungen, die eine Symbiose mit Rhizobien eingehen können:
Nutzpflanzen (Auswahl) | ||||
---|---|---|---|---|
Soja (Glycine sp.) Erbse (Pisum sp.) Linse (Lens sp.) Kichererbse (Cicer sp.) Bohne (Phaseolus sp.) Ackerbohne (Vicia faba) Klee (Trifolium sp. ) Erdnuss (Arachis sp.) Luzerne (Medicago sp.) |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
Wild-, Heil- und Zierpflanzen | ||||
Wicke (Vicia sp.) Wundklee (Anthyllis sp.) Hornklee (Lotus sp.) Platterbse (Lathyrus sp.) Goldregen (Laburnum sp.) Ginster (Genista sp., Cytisus sp.) Robinie (Robinia sp.) Lupine (Lupinus sp.) |
![]() |
![]() |
![]() |
und andere, auch viele tropisch verbreitete Gattungen.
Die bekanntesten Pflanzenarten, die mit Rhizobien in Symbiose leben, gehören zu den Schmetterlingsblütlern (Faboideae), aber auch innerhalb der mit diesen eng verwandten Johannisbrotgewächsen (Caesalpinioideae) und Mimosengewächsen (Mimosoideae) findet man Symbiosen mit Rhizobien.
Wichtige Rhizobien-Arten sind Rhizobium leguminosarum, R. tropici, R. loti, R. trifolii, R. meliloti, R. fredii, Bradyrhizobium japonicum, B. elkanii, Azorhizobium caulinodans (tropisch, bildet Stängelknöllchen).
Die Symbiose zwischen Pflanzen und Stickstoff fixierenden Bakterien ist aber nicht auf Leguminosen und Rhizobien beschränkt. Ähnliche (wenn auch nicht so enge) Lebensgemeinschaften findet man zum Beispiel zwischen Erlen und Aktinomyzeten der Gattung Frankia oder dem tropischen Schwimmfarn Azolla und Cyanobakterien der Gattung Anabaena.
Es existieren auch frei lebende Bakterien, die - ohne eine Symbiose einzugehen - Sickstoff quasi "für den Eigenbedarf" fixieren. Diese Art der Stickstoff-Fixierung ist aufgrund des hohen Energiebedarfes jedoch streng reguliert und findet nur statt, wenn keine andere Stickstoffquelle verfügbar ist.