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Pritschenwagen (Automobil)

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Pritschenwagen
Pritschenwagen mit Doppelkabine


Ein Pritschenwagen ist ein Fahrzeug mit offener Ladefläche (Pritsche). Er ist meist von einem Kleintransporter oder Kleinbus abgeleitet. Pritschenwagen, die von Pkw abgeleitet sind, nennt man Pickup oder Pick-up (aus dem engl. pick up = aufnehmen, mitnehmen). Pickups sind Kraftwagen mit Personenwagenkriterien, die im Vergleich zu Lkw auch gut zur Beförderung von Kleinlasten geeignet sind. In Australien, dem eigentlichen Herkunftsland dieser Autoart (und in Neuseeland) heißen sie Utes (abgeleitet aus dem engl. utility).

Geschichte

VW Caddy (Pritschenwagen)
Barkas B1000 Pritschenwagen

Diese Art von Fahrzeug wurde im Jahre 1934 im südaustralischen Geelong erfunden. Der Wagen wurde für einen Auftrag eines Bauern hergestellt. Seine Frau schrieb an die Ford Australia und bat um dem Bau eines mehrfunktionellen Wagens. Der Legende nach wollte sie ein Auto, das die Familie sonntags zur Kirche bringt, während ihr Mann samstags die Schweine zum Markt fahren wollte. Der Kompromiss bestand für die Ford Werke darin, den ersten sogenannten Pritschenwagen zu produzieren. Diesen Wagen nannte Henry Ford Kangaroo Chaser (Känguruh-Jäger).

Seit Erfindung des Ute hat er sich für Australien zu einem nationalen Symbol entwickelt. In Australien findet man meistens nur zwei deutlich unterscheidbare Formen. Eine sieht im wesentlichen so aus wie ein normaler Kraftwagen, bloß mit der Ladefläche hinten. Ein Beispiel dafür ist der Holden Commodore SS Ute. Die andere ist viel höher und hauptsächlich als geländegängiger Lastwagen geeignet. Sie werden mit Allradantrieb und Zweiradantrieb hergestellt. Ein Beispiel dafür ist der Holden Rodeo.

Bereits in den sechziger Jahren experimentierte man auch im Osten Deutschlands mit den Pickups. 1985 wurden sogar in einer Klerinstserie 10 Sattelschlepper montiert:

Die Idee, Schlossern einen Lieferwagen zur Verfügung zu stellen, mit welchem auch Langmaterial problemlos transportiert werden konnte war hier wohl die ursprüngliche Antriebskraft.

Bauformen

Internationaler Einsatz

Die Doppelkabine, abgekürzt auch DoKa oder international als Double cab bezeichnet, bietet in der Regel zwei Sitzreihen für Fahrer und Mitfahrer, ist meist mit vier Türen ausgestattet (gelegentlich nur drei, wie bei der VW-Bus-Ableitung) und besitzt eine offene, im Vergleich zum Zweisitzer kürzere Ladefläche für Material und Werkzeug. Dieser Fahrzeugtyp wird in Mitteleuropa gerne von Handwerkern und Gartenbaubetrieben eingesetzt.

In Entwicklungs- und Schwellenländern mit schlecht ausgebautem Straßennetz sind geländegängige Pritschenwagen (meist als Doppelkabine) gebräuchlicher als konventionelle Pkw, weil dort vermehrt in unwegsamem Gelände gefahren wird. Es ist dort teilweise auch üblich, beliebt und oftmals nicht verboten, dass Personen auf der Ladefläche stehend mitfahren. In Thailand werden diese – umgebauten – Fahrzeuge Songthaew genannt.

Griechenland ist das Land Europas, wo Pritschenwagen, schon lange bevor sie zur Modeerscheinung wurden, sehr beliebt waren, und zwar damals eher in leichterer, PKW-ähnlicher Ausführung und nicht unbedingt mit Allradantrieb.

In Südostasien sind Pritschenwagen am häufigsten verbreitet.

In den USA sind Pritschenwagen auch mit einer Sattelschlepper-Vorrichtung und entsprechenden Groß-Wohnwagen gebräuchlich, die man als fifth wheel trailer bezeichnet.

Dodge Ram 1500 Pickup-Truck, einer der am stärksten motorisierten Pritschenwagen der Welt
Isuzu D-Max, der meistverkaufte Pickup in Asien

Minilaster mit offener Ladefläche werden seit je her in Deutschland sowohl in gewerblichen Diensten eingesetzt, vorzugsweise von Handwerks- und Dienstleistungsunternehmen, als auch von öffentlichen Institutionen und kommunalen Behörden, bei deren Arbeit der Außenbereich vorherrscht. Zwischenzeitlich gibt es eine wachsende Zahl privater Interessenten. Dazu trägt auch das wachsende Interesse an einer weiteren individuellen Nutzung bei: die Wohnkabine.

In Deutschland findet der Pickup zunehmend private und privatwirtschaftlich orientierte Individualisten, die sich den "Charme des Andersseins" etwas kosten lassen. Die für den deutschen Markt entwickelten Wagentypen haben nichts mit der Lastwagenatmosphäre ihrer Vorgänger zu tun.

Neben den schon in den 1950er Jahre lieferbaren Pritschen-Versionen des VW-Bus (Langpritsche als Zwei- und Dreisitzer, Kurzpritsche als Doppelkabine mit fünf ooder sechs Sitzplätzen) gab es von VW bereits Ende der 1970er Jahre eine aus dem VW Golf abgeleitete Version mit zwei Sitzen und längerem Radstand: den VW Caddy. Dieser wurde "zielgebietsnah" (zu Jugoslawien und Griechenland) im damals jugoslawischen VW-Werk in Sarajewo hergestellt. Beide Fahrzeugtypen waren lange Jahre nicht als Allrad-Fahrzeuge erhältlich; erst in den 1980er Jahren führte VW den VW-Bus Synchro ein, von dem auch Pritschenversionen zu bekommen waren. Vom Caddy wurden sehr früh auch "lifestyle"-orientierte Umbauten bekannt: breite Reifen, Aluminiumräder, optisches, Fahrwerks- und Motortuning. Hier wurde eine teilweise Trend-Abkehr vom reinen Nutzfahrzeug, bzw. die private "Umnutzung" eines Nutzfahrzeugs zur optischen Unterscheidung vom automobilen Alltag erstmals in Deutschland erkennbar.

Der modern gestylte Pritschenwagen löst einen Trend ab: Galt es in den 1980er Jahren als „schick", einen Jeep (Geländewagen) allein aus Repräsentationsgründen zu fahren, so tritt nun der Pickup an seine Stelle. Beiden gemeinsam hingegen ist aufgrund großer Frontflächen, schlechter Aerodynoamik und hohem Gewicht ein unzeitgemäßer Spritverbrauch, verglichen mit der Beförderungsleistung.

Obwohl die in Mitteleuropa angebotenen Geländewagen vielfach nur optisch als solche anzusehen waren, ohne wirklich geländetauglich zu sein, war ihr Beliebtheitsgrad hoch. Indem die seinerzeitigen Besitzer dieser Autokategorie schnell die Nachteile des „Mode"-Jeeps (insbesondere die unzureichende Ladekapazität) registrierten, steigt ein Teil dieser Zielgruppe heute auf die vermehrt angebotenen Pickups mit kurzer oder langer Ladefläche um. Dem vermuteten Wachstumspotential dieses Wagentyps entsprechend haben zahlreiche, insbesondere asiatische, Anbieter die in Europa offerierten Modelle für den europäischen Bedarf angepasst.

So kann man das Gesamtspektrum grundsätzlich in transportleistungsorientierte Nutzfahrzeuge und in komfortable Kombinationsnutzfahrzeuge unterteilen.

Verstärkt lastentaugliche Pickups sind herstellerseitig von den einsatzgebietbezogenen Geländewagentyp-Varianten der Fahrzeuge abgeleitete Modelle. Dagegen stehen für den schwerpunktmäßigen Personentransport komfortable PKW-Vorläufer Pate, deren Heck zur offenen Transportfläche umkonstruiert wurde. Letztere bieten doppelreihig Platz im Fahrgastraum für bis zu fünf Personen, wobei der Sitzkomfort in der hinteren Reihe stark eingeschränkt ist. In jedem Fall lautet die Konstruktionsformel: je länger die Pritsche, desto kleiner der Innenraum für die Insassen, ohne Veränderung des Abstands der Achsen zueinander – allein um die pickup-typische Wendigkeit (im Vergleich zum Lkw) zu erhalten, und um die Produktionskosten im Griff zu behalten.

Wie beim Geländewagen ist die Ausrichtung der Austattungsmerkmale eines Pickups entscheidend für dessen Tauglichkeit und ob er die Erwartungen im vorgesehenen Einsatz erfüllt. Die Angebotspalette ist breit und reicht von der umkonstruierten Luxuslimousine von Mercedes bis hin zum legendären Rover Military Jog.

In Deutschland und in den Beneluxländern setzt sich der komfortable Pickup langsam, aber kontinuierlich durch. Zu dieser Entwicklung tragen unter anderem auch die mittlerweile differenzierten Besteuerungsgrundlagen bei.