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Digitale Rechteverwaltung

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Digitale Rechteverwaltung bzw. Digital Rights Management (DRM) ist ein Verfahren, mit dem Urheber- und Vermarktungsrechte an geistigem Eigentum in digitaler Form geschützt werden können. Vor allem bei digital vorliegenden Film- und Tonaufnahmen, aber auch bei Software oder elektronischen Büchern findet Digitale Rechteverwaltung Verwendung und ermöglicht den Rechteinhabern prinzipiell neue Abrechnungsmöglichkeiten für Lizenzen und Rechte, sowie Kontrollmechanismen über die Nutzung ihrer Inhalte.

Hintergrund

Das Kernproblem digitaler Inhalte ohne digitale Rechteverwaltung ist für kommerzielle Verwerter die beliebige Kopierbarkeit, die ohne jeden Qualitätsverlust und ohne nennenswerten Aufwand („Mausklick genügt“) und zu marginalen Kosten erfolgen kann. Ein DRM-System (DRMS) soll dieser theoretisch unbegrenzt möglichen Vervielfältigung Schranken setzen, die von den Rechteinhabern definiert werden. Sie behalten dadurch auch nach dem Verkauf noch einen gewissen Grad der Kontrolle über die Verwendungsmöglichkeiten ihres Produkts.

Mechanismen der digitalen Rechteverwaltung sind allgemein jedoch stark umstritten. Befürworter sehen in Systemen der digitalen Rechteverwaltung hauptsächlich die Eröffnung neuer Geschäftsmodelle mit bedarfsgerechterer Abrechnung ("Pay Per View"), sowie den potentiellen Wegfall von Pauschalabgaben auf Leermedien wie CD-Rohlinge und der damit einhergehenden Entlastung der Verbraucher. Kritiker warnen vor allem vor Datenschutzproblemen und möglichen Einschränkungen bei der Benutzerfreundlichkeit, Archivierung und fairen Nutzung.

Zu einem ernsten Problem wurde die beliebige Kopierbarkeit von digitalen Inhalten erstmals Mitte der 1990er Jahre für die Musikindustrie, als CD-Brenner für Endverbraucher erschwinglich wurden. Ende der 90er Jahre erfuhren außerdem die so genannten Internet-Tauschbörsen immer stärkeren Zulauf, da Internet-Benutzer dort prinzipiell kostenlos Dateien von der Festplatte anderer Benutzer kopieren können. Meist handelt es sich dabei um urheberrechtlich geschützte Musik, Filme oder Software. Dies führte laut Angaben der Medienindustrie zu teils erheblichen Umsatzrückgängen. Die durch das Internet ermöglichten neuen digitalen Vertriebswege wurden aber aufgrund der unbegrenzten Vervielfältigungsmöglichkeiten lange Zeit nicht von den Medienunternehmen genutzt. Durch die wachsende Bedeutung des Internet wurden die Firmen jedoch zunehmend in Handlungszwang gebracht, der sich in der Entwicklung von DRM-Systemen niederschlug. Erst im Jahr 2003 gewann schließlich mit der Eröffnung des iTunes Music Store ein Vertriebsweg mit integrierter digitaler Rechteverwaltung an kommerzieller Bedeutung.

Digital-Rights-Management-Systeme

Es existiert derzeit keine einheitliche Definition zu Digital-Rights-Management-Systemen (DRMS). Im Allgemeinen bezeichnet man eine Bandbreite von Technologien mit dem Begriff „Digital Rights Management“. Hauptanreiz für die Entwicklung von Digital-Rights-Management-Systemen war der Schutz der Urheberrechte am geistigen Eigentum (s.o.) an Bild-, Ton- und Videoaufnahmen. Mittlerweile finden DRMS aber auch in vielen anderen Bereichen Anwendung, z.B. in Unternehmen, um Dokumente zu schützen.

Die Vielzahl der Definitionen lassen sich in weitumfassende und engere Definitionen unterteilen. Hier seien zwei vorgestellt:

Weitumfassende Definition

DRMS stellen eine technische Sicherheitsmaßnahme dar, um einem Rechteinhaber von Informationsgütern die Möglichkeit zu geben, die Art der Nutzung seines Eigentums durch Nutzer auf Basis einer zuvor getroffenen Nutzungsvereinbarung technisch zu erzwingen. Zu DRMS gehören im Allgemeinen auch Watermarking-Technologien. Allerdings bieten diese nur eingeschränkte Möglichkeiten zur Nutzungskontrolle (z.B. Einsatz von fragilen Wasserzeichen, welche die Darstellung oder das Abspielen von kopierten Inhalten in besonderen Abspielgeräten verhindern).

Engere Definition

Die elektronischen Schutzmechanismen für digitale Informationen nennt man DRMS. Sie ermöglichen die Verwertung von digitalen Inhalten über eine reine Pauschalvergütung hinaus und erlauben zusätzlich die individuelle Lizenzierung/Abrechnung nach Häufigkeit, Dauer oder Umfang der Nutzung. Damit wird einerseits die unbegrenzte Nutzung einschränkbar, andererseits werden On-Demand-Geschäftsmodelle ermöglicht, die vorher kaum zu realisieren waren.

Beispiele für DRMS

Enterprise Rights Management Systeme:

  • Adobe Lifecycle Policy Server
  • Authentica Active Rights Management
  • Microsoft Rights Management Server
  • SafeNet RMS
  • SafeNet Sentinel Hardwarekeys

Multimedia Rights Management Systeme:

  • CoreMedia DRM
  • Real Media Helix
  • DMD Secure
  • VCAS Verimatrix Content Authority System
  • FairPlay (Apple iTunes)

Für 3D-Darstellungen:

  • Navisware FileLine

Mobile Endgeräte:

  • CoreMedia DRM
  • DMD Secure
  • OMA DRM 1.0 und 2.0 - Spezifikationen für mobile Endgeräte, teils geeignet für alle IT-Plattformen (implementiert in zahlreichen Handys)


Antipiracy

  • Mediasentry

Anwendungen

DRM wird derzeit hauptsächlich bei digitalen Inhalten wie Filmen oder Musik eingesetzt. Am weitesten verbreitet sind die DRMS „Windows Media DRM“ von Microsoft, das OMA DRM der Open Mobile Alliance und „iTunes“ von Apple. Diese ermöglichen eine genaue Einstellung der Berechtigungen und können für verschiedene Audio- und Videodateien verwendet werden. Die meisten Onlineshops wie Napster und Musicload, aber auch „Video-on-Demand“-Dienste verwenden vornehmlich das DRM-System von Microsoft. Das OMA DRM wird in fast jedem Mobiltelefon für Klingeltöne, Bilder aber auch für mobile Musik- und Fernsehübertragungen (mobile TV) z.B. von Vodafone oder T-Mobile eingesetzt. Häufig werden die Systeme des OMA DRM und des Windows Media DRM kombiniert um eine Interoperabilität zwischen Mobiltelefonen und PCs zu ermöglichen. Beispiele sind hier Musicload und Vodafone. Für Musik existieren weitere Verfahren, etwa das in iTunes verwendete FairPlay von Apple für AAC-Dateien sowie Ansätze von RealAudio / Helix. In Zukunft werden DRMS aber auch in vielen anderen Bereichen, wie im Automobilbereich (Softwareschutz, Online-Navigation) oder im Bereich eingebetteter Systeme, eine große Rolle spielen.

Technische Umsetzung

Architektur eines DRMS

DRM-Systeme verwirklichen die Idee der Zugriffskontrolle digitaler Inhalte mit Hilfe von kryptografischen Verfahren. Realisiert wird dies, indem ein beliebiger digitaler Inhalt durch Verschlüsselung eindeutig an eine Lizenz gebunden wird. Ohne die zum digitalen Inhalt gehörige gültige Lizenz kann der Benutzer zwar das Gerät oder den Datenträger erwerben, nicht jedoch auf den Inhalt zugreifen.

Der Inhalteserver verwaltet die zu schützenden digitalen Inhalte und verschlüsselt diese mit Hilfe des DRM-Verpackers zur Verwendung in einem DRMS, wodurch die Inhalte vorerst unlesbar werden. Der Lizenzserver erzeugt auf Anforderung die erforderlichen Lizenzen zusammen mit den zugehörigen Schlüsseln für die Benutzerauthentifizierung und Inhalteentschlüsselung, welche aus den entsprechenden Kennungen (Benutzer- oder Gerätkennung, Inhaltekennung) und den Beschreibungen der Rechte berechnet werden. Möchte der Benutzer auf einen per DRM geschützten Inhalt zugreifen, fordert die DRM-Steuerung vom Lizenzserver die zur Wiedergabe notwendige Lizenz an. Werden Authentizität und Integrität des Wiedergabeprogramms verifiziert, werden die Inhalte mit dem in der Lizenz enthaltenen Schlüssel entschlüsselt, auf diese Weise wieder lesbar gemacht und an das Wiedergabeprogramm weitergegeben.

In Zukunft können Techniken des Trusted Computing verwendet werden, um die Einhaltung der Rechte zu gewährleisten.

Rechtlicher Rahmen

Die Wirksamkeit solcher Systeme wird häufig durch nationale Gesetze erweitert. In den USA wurde zu diesem Zweck der Digital Millennium Copyright Act (DMCA) verabschiedet. Dieses Gesetz verbietet dort die Umgehung solcher Systeme unter Androhung von Geldstrafen und/oder Freiheitsentzug je festgestellten Einzelfall.

Auch in Deutschland (1. und 2. Korb der Urheberrechtsnovelle) und der EU (Informationsrichtlinie) wurde die Rechtsgrundlage in diesem Sinne verschärft, so dass nun die Umgehung von Schutzmechanismen unter Strafe gestellt werden kann. Gemäß § 108b UrhG ist das Umgehen einer Kopiersperre strafbar, jedoch nicht im privaten Rahmen. In Deutschland wurde die höchst umstrittene Regelung eingeführt, dass das Umgehen von Schutzmechanismen zwar (zivilrechtlich) verboten ist, der Besitz entsprechender Dateien jedoch nicht. Dies steht im Widerspruch zur Schrankenbestimmung, welche das Recht einräumt, Privatkopien zu erstellen.

Kritik

Um DRM Systeme herrscht eine intensive Diskussion zwischen Befürwortern und Gegnern. Unterstützer sind weitestgehend im Bereich der Medien-produzierenden Firmen zu finden, während sich ein Großteil der Kritiker aus Verbraucher- und Datenschützern zusammensetzt.

Kritiker interpretieren die Abkürzung DRM gern als „Digital Restrictions Management“ (digitale Beschränkungsverwaltung) oder auch „Digitale Rechte-Minimierung“, da die Rechte der Benutzer erheblich eingeschränkt werden können, ohne dass für den Benutzer ein direkter Nutzen daraus entsteht.

Mögliche Szenarien sind:

  • Verkomplizierung der Benutzung
    Es könnten Schwierigkeiten beim Abspielen neuerer oder inkompatibler Formate auftreten. Dies betrifft grundsätzlich auch das Anfertigen von Privatkopien bzw. Kopien für wissenschaftliche und Ausbildungszwecke.
  • Kundenbindung vs. Freier Markt
    Der Käufer von z. B. Festplatten-Musikabspielern könnte wegen DRM-Restriktionen nicht frei wählen, wo er seine Musik einkauft, wenn sein Player nicht eine der DRMS unterstützt, die vom Hersteller freigegeben wurden. So wäre es für einen Marktführer im Online-Musikhandel, der gleichzeitig auch Marktführer für Festplatten-Musikabspielgeräte ist, möglich, seine Kunden an sein System zu binden. DRM gewänne so in der Praxis mehr Bedeutung als künstliche "Konsum-Leitplanke" denn als Mittel, um die Rechte von Künstlern zu wahren.
  • Datenschutz
    Aus der Verknüpfung von Technik und Anwendungsebene resultieren bei DRM-Systemen eine große Anzahl an noch offenen Fragen: So lassen sich Benutzerprofile erstellen, wenn Schlüssel und eindeutige Geräte-IDs zentral verwaltet werden. Es gibt beispielsweise DRM-Systeme, die bei jeder Benutzung des Mediums bei einer zentralen Stelle anfragen, ob der betreffende Benutzer überhaupt zur Benutzung berechtigt ist (DIVX in den USA, ein DVD-Miet-System).
  • Information könnte verloren gehen
    Zusätzlich betonen Kritiker, dass durch kritische Veränderungen des Inhalteanbietermarktes (Firmenübernahmen, -aufgaben, Insolvenz) bei DRM-Systemen nicht gesichert ist, dass sich DRM-geschützte Medien auch in Zukunft abspielen lassen, ähnlich der fehlenden Unterstützung von Software heute nicht mehr existierender Hersteller. Bei einer hohen Marktdurchdringung von DRM-Systemen könnte der Fortbestand der mit Hilfe dieser Technik gespeicherten Information ungewiss sein.
  • DRM wirft Fragen bei "Fair Use" auf
    In vielen Ländern geht jedes urheberrechtlich geschützte Werk nach einer bestimmten Frist in den Public Domain über. Das heißt, nach Ablauf dieser Frist darf jedermann Werke frei kopieren und sie verkaufen (Auf dieser rechtlichen Tatsache basiert auch die 1911er Ausgabe der Encyclopædia Britannica, die in Wikipedia enthalten ist). Doch bislang erlaubt kein einziges DRM-System eine solche Freigabe von bisher urheberrechtlich geschützten Werken (Schweiz: [1], Art. 29-33).

Literatur