Zum Inhalt springen

Raumfahrtnation

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 26. März 2019 um 08:34 Uhr durch Girus (Diskussion | Beiträge) (Tippfehler entfernt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Staaten, die über eigene, raumfahrttaugliche Trägerraketen verfügen oder daran forschen

Als Raumfahrtnation oder raumfahrenden Staat bezeichnet man ein Land, das in der Lage ist, mit eigenen Trägerraketen eigene Satelliten in den Weltraum zu befördern.

Bemannte Raumfahrt betrieben bzw. betreiben bislang nur die USA, die Sowjetunion, Russland und China. Zudem plant Indien für die frühen 2020er Jahre[veraltet] den Start eines eigenen bemannten Raumschiffs.

Siehe auch: Übersicht heutiger Trägerraketen, geordnet nach Staaten

Aktive Raumfahrtnationen

China

Seit längerem fördert die Volksrepublik China die Raumfahrt in verstärktem Maße. Am 15. Oktober 2003 hat es den ersten Taikonauten mit einem Shenzhou-Raumschiff in die Erdumlaufbahn geschickt. Neben Russland und den USA ist China somit als drittes Land in der Lage, bemannte Raumflüge durchzuführen. Der Schwerpunkt des Landes liegt momentan auf der weiteren Entwicklung des Shenzhou-Programms. Geplant sind auch eine eigene Raumstation (Tiangong 1), eine unbemannte Mondlandemission im Jahr 2019 (Chang'e 5) und eine bemannte Landemission bis zum Jahr 2030. Der erste Start einer unbemannten Mondsonde mit dem Namen Chang’e-1 fand am 24. Oktober 2007 statt.

China verfügt heute über die weltweit zweitgrößte Auswahl an Trägerraketen und war 2018 das Land mit den meisten orbitalen Starts. Seit 2014 fördert die chinesische Regierung die Gründung privater Raumfahrtunternehmen

Europäische Staaten im Verbund der ESA

Europa hat mit der Ariane-Rakete eine marktbeherrschende Stellung beim Transport von kommerziellen Satelliten in den Weltraum eingenommen, nachdem zuvor in den 1960er und 1970er Jahren die Entwicklung einer eigenen Trägerrakete Europa erfolglos blieb. Allerdings brachten in den 1960er und 1970er Jahren mehrere französische Raketen vom Typ Diamant und 1971 eine britische Rakete des Typs Black Arrow erfolgreich Satelliten in eine Erdumlaufbahn. Nachdem die ESA in den 1980er Jahren sehr eng mit den USA zusammenarbeitete, beispielsweise mit dem Spacelab-Projekt, ergaben sich nach dem Fall des Eisernen Vorhangs auch andere Kooperationsmöglichkeiten. Erste Schritte wurden durch den Besuch von europäischen Astronauten auf der Raumstation Mir vollzogen. Am Bau und Betrieb der Internationalen Raumstation (ISS) nimmt Europa mit eigens dafür entwickelten Elementen teil. Das Columbus-Modul ist ein Wissenschaftslabor, das am 11. Februar 2008 an der ISS montiert wurde. Das Automated Transfer Vehicle (ATV) diente einige Jahre lang als Versorgungsraumschiff für die ISS.

Indien

Auch Indien verstärkt seine Raumfahrtaktivitäten und kann bereits auf mehrere im eigenen Land gebaute Satelliten und Trägerraketen (ASLV, PSLV, GSLV) verweisen. Den ersten erfolgreichen Satellitenstart führte Indien am 18. Juli 1980 aus, die erste Mondsonde Chandrayaan-1 wurde am 22. Oktober 2008 auf den Weg gebracht. Triebfeder der Entwicklung war der ehemalige Staatspräsident A. P. J. Abdul Kalam, der früher für die Entwicklung des Raketen- und Raumfahrtprogramms des Landes zuständig war und neben Vikram Sarabhai als Vater der indischen Raumfahrt gilt. Langfristig verfolgt die indische Raumfahrtbehörde das Ziel eines bemannten Raumflugs.

Iran

Am 2. Februar 2009 ist es dem Iran zum ersten Mal gelungen, einen Satelliten (Omid) ins Weltall zu befördern. Der Satellit umrundete iranischen Angaben zufolge 15 Mal täglich die Erde und nahm nicht näher spezifizierte Messungen vor.[1]

Israel

Israel hat 1988 den ersten erfolgreichen Start seiner Trägerrakete Shavit durchgeführt. Seitdem erfolgten weitere Starts, meist mit mehreren Jahren Abstand. Die Nutzlast bestand aus militärischen Satelliten vom Typ Ofeq. Die Starts vom Startplatz Palmachim erfolgen ungewöhnlicherweise in westlicher Richtung, um in der Startphase nicht die östlichen Nachbarländer überfliegen zu müssen.

Japan

In Japan werden ebenfalls eigene Trägerraketen, Satelliten und Raumsonden entwickelt. Daneben beteiligt sich Japan mit dem Kibō-Modul auch an der ISS. Die sehr visionär ausgerichtete Weltraumpolitik konnte aber bisher nicht vollständig in die Praxis umgesetzt werden. Immer wieder führten Rückschläge und Finanzprobleme zu Verzögerungen, obwohl die Bevölkerung im Gegensatz zu den Europäern den Projekten aufgeschlossener gegenübersteht.

Neuseeland

Die in Neuseeland gegründete Firma Rocket Lab (Hauptsitz heute in den USA) entwickelt die leichte Trägerrakete Electron, die vom Rocket Lab Launch Complex 1 auf der neuseeländischen Halbinsel Mahia startet. Beim Erstflug am 25. Mai 2017 erreichte die Rakete den Weltraum, aber nicht die Erdumlaufbahn. Seitdem fanden mehrere erfolgreiche Satellitenstarts statt.

Nordkorea

Das Raumfahrtprogramm von Nordkorea stützt sich auf die Interkontinentalrakete Taepodong-2 und steht somit in Spannung zur Resolution 1718 des UN-Sicherheitsrates von 2006, die Nordkorea den Start von ballistischen Raketen untersagt. Nordkorea beruft sich jedoch auf das Recht der Weltraumerforschung gemäß dem Weltraumvertrag.

Ein Start dieser Rakete fand am 5. April 2009 statt. Nordkorea behauptet, der Satellit Kwangmyŏngsŏng-2 habe die Umlaufbahn planmäßig erreicht, doch US-Radarstationen, die den Start verfolgten, meldeten, dass die Rakete die Umlaufbahn nicht erreicht habe und in den Pazifischen Ozean gestürzt sei.[2] Erfolgreich war dagegen ein Start am 12. Dezember 2012, bei dem ein Satellit in eine Erdumlaufbahn gebracht wurde.[3]

Russland und Ukraine

Der sowjetischen Raumfahrt gelangen Ende der 1950er und Anfang der 1960er Jahre viele Erstleistungen, vor allem der Start des ersten künstlichen Satelliten (Sputnik 1, 1957) und der erste bemannte Raumflug (Wostok 1, 1961). Das sowjetische bemannte Mondprogramm scheiterte jedoch, und nach der US-amerikanischen Mondlandung konzentrierte sich die sowjetische Raumfahrt auf Raumstationen in der Erdumlaufbahn und auf Langzeitflüge. Mit Buran sollte ein eigener Raumgleiter entwickelt werden, das Programm wurde aber nach nur einem unbemannten Testflug eingestellt.

Auch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion gehört Russland zu den führenden Raumfahrtnationen. Zur Besatzung der Internationalen Raumstation (ISS) gehört immer mindestens ein russischer Raumfahrer, und die Sojus-Raumschiffe sind unverzichtbarer Teil des Betriebs, ebenso wie die unbemannten Progress-Transporter. Auch in der unbemannten Raumfahrt spielt Russland eine starke Rolle. Bis 2015 wurden die meisten Satellitenstarts mit russischen Raketen durchgeführt, vor allem mit den Typen Sojus und Proton.

In jüngster Zeit verlor Russland die Marktführerschaft für Satellitenstarts an das hochinnovative US-amerikanische Unternehmen SpaceX. Dazu trugen Verzögerungen bei der Einführung neuer russischer Trägerraketen wie der Angara und der Sojus-5 bei. Auch für die Versorgung der ISS entstanden US-amerikanische Alternativen. Zudem gingen durch den Konflikt mit der Ukraine Know-how, Zulieferer und Raketenmodelle wie die Dnepr und die Zyklon verloren, die zuvor in Russland gestartet waren.

Die Ukraine sucht seit dem Zerfall der Sowjetunion Kooperationen mit westlichen Unternehmen. So fanden gemeinsam mit der Schweizer Sea Launch Starts der ukrainischen Rakete Zenit statt, und ein neuer Zyklon-Startplatz in Kanada ist in Vorbereitung.[veraltet] Die US-amerikanische Firefly Aerospace hat ukrainische Eigentümer lässt Teile ihre Raketen in der Ukraine entwickeln.

Südkorea

Seit 2002 plante Südkorea auf der Basis der eigenständig entwickelten Höhenforschungsrakete KSR eine eigene Trägerrakete mit der Bezeichnung „KSLV-I“ zu bauen, um kleine bis zu 100 Kilogramm wiegende Satelliten in den Weltraum transportieren zu können. Doch schon bald entschied die südkoreanische Regierung, dass Südkorea bis 2015 zu den zehn führenden Raumfahrtnationen gehören soll. Um die ehrgeizigen Pläne zu verwirklichen, war das ursprüngliche KSLV-Programm zu limitiert. Daraufhin wurde Ende 2004 russischen Raumfahrtunternehmen GKNPZ Chrunitschew mit der Entwicklung der ersten Stufe des KSLV-I beauftragt, die nun auf der weitaus größeren Angara basieren soll. Südkorea will die Entwicklung weiterführen, um dann die stärkeren Nachfolgemodelle „KSLV-2“ und „KSLV-3“ zu bauen.

Nach zwei Fehlstarts 2009 und 2010 glückte der dritte Start der KSLV-1 vom Naro Space Center am 30. Januar 2013. Da der Satellit STSAT-2C planmäßig die Erdumlaufbahn erreichte, gehört Südkorea somit auch zu den raumfahrenden Staaten.

USA

Die Geschichte der Raumfahrt in den Vereinigten Staaten begann offiziell mit dem am 29. Juli 1958 von Präsident Eisenhower unterzeichneten National Aeronautics and Space Act, der die Schaffung der NASA vorsah. Die neue Behörde nahm am 1. Oktober 1958 ihre Arbeit auf. Damals bestand sie aus vier Laboratorien und rund 8000 Mitarbeitern, die aus dem schon 43 Jahre alten National Advisory Committee for Aeronautics (NACA) stammten. Gut elf Jahre später feierte die NASA mit der ersten bemannten Mondlandung ihren spektakulärsten Erfolg. Weitere Meilensteine waren der Erstflug des Space Shuttle im April 1981 – es blieb 30 Jahre lang in Betrieb – und die erfolgreiche Einführung wiederverwendbarer Raketenstufen durch das US-Unternehmen SpaceX im Jahr 2017.

Die USA verfügen heute über das breiteste Spektrum an Trägerraketen und Startplätzen und sind ständig mit mindestens zwei Astronauten an Bord der ISS präsent.

Staaten mit eigenen Raketen-Entwicklungsprojekten

Diese Staaten planten oder planen den Betrieb eigener Trägerakten.

Argentinien

Die argentinische Weltraumbehörde CONAE entwickelt die zweistufige Trägerrakete Tronador 2. Sie soll einen Satelliten von 200 kg in die Erdumlaufbahn befördern können und im Jahr 2019[veraltet] das erste Mal starten.[4]

Brasilien

Auch Brasilien versucht im Weltraum Fuß zu fassen, bisher jedoch mit wenig Erfolg. 1997 stürzte die erste brasilianische Trägerrakete VLS-1 kurz nach dem Start in den Atlantik. 1999 musste eine Rakete kurz nach dem Abschuss zerstört werden und am 23. August 2003 forderte eine Explosion der Rakete VLS-1 auf dem Stützpunkt Alcântara im Bundesstaat Maranhão 21 Menschenleben. Ein Projekt zum Start der ukrainischen Rakete Zyklon in Alcântara wurde 2015 aufgegeben.

Seit 2018 bemüht sich Brasilien, US-Raketenhersteller für die Nutzung des Alcântara-Startplatzes zu gewinnen.[5][6]

Taiwan

Taiwan plante bereits in den 2000er Jahren die Entwicklung einer Trägerrakete für Kleinsatelliten.[7] Anfang 2018 fiel die Entscheidung, die taiwanesische Mittelstreckenrakete Yun Feng zu einer orbitalen Trägerrakete weiterzuentwickeln.[8]

Staaten mit privaten Raketenprojekten

In diesen Staaten entwickeln Privatunternehmen neue Trägerraketen, die privat betrieben werden sollen.

Australien

In Australien startete in den 1960er Jahren die in den USA gebaute Trägerrakete Sparta und in den 1970ern die britische Black Arrow. Heute entwickelt die australisch-singapurische Firma Gilmour Space Technologies zwei neue Raketen für den Start von Kleinsatelliten, die Eris-100 und die Eris-400. Zur Förderung der lokalen Raumfahrtaktivitäten wurde 2018 die Australian Space Agency gegründet.

Deutschland

Die bayerischen Unternehmen MT Aerospace und ISAR Aerospace haben Konzepte für die Entwicklung orbitaler Kleinrakten vorgelegt.[9][10] Mit der ISAR-Rakete Spectrum soll im Rahmen des bayerischen Raumfahrtprogramms Bavaria One bis 2026 ein bayerischer Forschungssatellit starten.[11]

Großbritannien

Das Vereinigtes Königreich ist bekannt als der einzige Staat, der erfolgreich eine eigene Trägerrakete – die Black Arrow – entwickelte und sein Raumfahrtprogramm wieder aufgab.

Heute entwickelt das in Schottland ansässige Unternehmen Orbex eine neue Rakete für den Start von Kleinsatelliten.[veraltet] Auch ein Startplatz in Schottland ist in Planung.

Singapur

In Singapur entwickelt seit 2017 das Start-Up-Unternehmen Equatorial Space Industries die kleine Trägerrakete Volans. Ihr Erststart ist für 2021 geplant.[12] Zudem wurde der heute in Australien ansässige Raketenentwickler Gilmour Space Technology in Singapur gegründet und hat dort weiterhin einen zweiten Standort.

Spanien

In Spanien entwickelt das Unternehmen PLD Space eine kleine, teilweise wiederverwendbare Trägerrakete. Ein weiteres spanisches Raketenprojekt ist der Bloostar von Zero 2 Infinity. Beide Projekte werden von der ESA gefördert, sollen aber privat betrieben werden.

Einzelnachweise

  1. Erster Satellit des Iran im All. Der Standard, 3. Februar 2009, abgerufen am 11. Januar 2013.
  2. NORAD and USNORTHCOM monitor North Korean launch. United States Northern Command, 5. April 2009, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 17. Oktober 2012; abgerufen am 6. Januar 2011 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.northcom.mil
  3. Nordkoreanische Rakete bringt «Objekt» ins All. Basler Zeitung, 12. Dezember 2012, abgerufen am 12. Dezember 2012.
  4. Gunter Dirk Krebs: Tronador-2. 16. Januar 2016, abgerufen am 8. Februar 2016 (englisch).
  5. Aiuri Rebello: Brasil tenta parceria com SpaceX e Boeing para lançar foguetes no Maranhão. In: URL. 22. Februar 2018, abgerufen am 22. März 2019 (spanisch).
  6. Jeff Foust: U.S.-Brazil agreement goes beyond launch. In: Spacenews. 25. März 2019 (englisch).
  7. 台“太空计划”决定发展微卫星火箭发射载具. China Daily, 21. Oktober 2013.
  8. Taiwan's upgraded 'Cloud Peak' missiles could reach Beijing. In: Taiwan News. 25. Januar 2018, abgerufen am 14. März 2019.
  9. Microlauncher: Neue Wege in den Weltraum. ESA, 20. November 2018, abgerufen am 14. März 2019.
  10. Isar Aerospace Technologies – Spectrum. Aerospace Technologies, abgerufen am 14. März 2019.
  11. Bayern will eine Rakete ins All schicken. In: FAZ. 19. Januar 2019, abgerufen am 14. März 2019.
  12. Website von Equatorial Space