Berlin-Tiergarten
Tiergarten ist ein anderes Wort für Zoo (Zoologischer Garten oder Tierpark). Häufiger ist mit Tiergarten jedoch ein Ortsteil im Bezirk Berlin-Mitte gemeint oder Berlins größter Park, aus dem dieser Ortsteil überwiegend besteht. Diesen Park nennt man auch den Großen Tiergarten, während man als Kleinen Tiergarten den Park zwischen Turmstraße und Alt-Moabit bezeichnet. Der Artikel befasst sich mit diesem Ortsteil und dem Park.
Der Tiergarten war bis zum Jahr 2000 ein selbständiger Verwaltungsbezirk im Westteil von Berlin und wurde im Zuge der Berliner Verwaltungsreform im Jahre 2001 mit den Bezirken Wedding und Mitte zu dem neuen Verwaltungsbezirk Berlin-Mitte fusioniert.
Die Besonderheit ist hierbei, dass zwei Bezirke aus dem ehemaligen Westteil der Stadt (Tiergarten und Wedding) mit einem Bezirk aus dem ehemaligen Ostteil zusammengelegt wurden. Diese Konstellation ergab sich noch einmal bei der Fusion von Friedrichshain und Kreuzberg.
Zahlen, Daten, Fakten
Der ehemalige Bezirk und heutige Ortsteil Tiergarten hat eine Fläche von 1.337 Hektar. Wesentlich gebräuchlicher als Tiergarten ist im Volksmund Moabit, womit allerdings nur derjenige überwiegende Teil gemeint ist, der sich nördlich des Großen Tiergartens befindet.
Der Ortsteil Tiergarten bzw. Moabit ist nicht nur Wohnviertel, sondern beherbergt auch Wirtschaftsbetriebe, die sehr kontrastreich zum einen teilweise denkmalgeschützte Betriebe beinhalten wie den Westhafen und die Turbinenhalle des ehemaligen Unternehmens KWU (Heute Siemens), und zum anderen Firmenneugründungen am Rande der IT-Branche. Er beherbergt auch einen Gebäudekomplex der Justiz, bestehend aus dem Oberlandesgericht und der Untersuchungshaftanstalt Moabit, in der so bekannte Personen wie Fritz Teufel und Erich Honecker inhaftiert gewesen waren.
Die 89.000 Einwohner des Teilbezirkes setzten sich zum größten Teil aus Menschen der unteren sozialen Mittelschicht und der oberen sozialen Unterschicht zusammen (siehe auch Soziale Klassen).
Das Haushalts-Nettoeinkommen (pro Monat) beträgt ca. 1.300 € in Tiergarten und liegt damit am unteren Rand der Berliner Einkommensskala zwischen den Bezirken Kreuzberg mit 1.230 €. und dem Bezirk Zehlendorf mit ca. 2.200 €.
Verglichen mit anderen Großstädten sind die Lebenshaltungskosten in Berlin generell relativ gering. Aufgrund der niedrigen Kaufkraftrate in Tiergarten, sind die Wohnungsmieten zum Teil erstaunlich günstig. Es gibt jedoch auch eine Vielzahl von privaten Wohneinheiten auf dem Mietwohnungsmarkt, die nicht den heutigen Mindestanforderungen an den öffentlichen sozialen Wohnungsbau entsprechen.
Das Haushaltsvolumen des Großbezirkes Mitte liegt zwischen geplanten 650 Millionen Euro und möglichen 718 Millionen Euro pro Jahr.
Die Bevölkerung des Bezirks stammt aus vielen verschiedenen Ländern. Die Kriminalitätsrate ist für Berliner Verhältnisse durchschnittlich. Einpersonenhaushalte und Mehrpersonenhaushalte halten sich in etwa die Waage.
- Durchschnittsalter - 38,9 J.
- Lebenserwartung Männer - 70,33
- Lebenserwartung Frauen - 78,47
- Sozialhilfeempfänger - 11,2 %
- Ausländeranteil ca. 28 %
- Türken davon ca. 37 %
- EU-Länder davon ca. 12 %
- Jugoslawen davon ca. 5 %
- Polen davon ca. 5 %
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Es gibt aufgrund der ethnischen Zusammensetzung ein reichhaltiges kulturelles Leben mit multikulturellen Einflüssen, das die Bewohner nutzen können. Im Großen Tiergarten längs der Straße des 17. Juni findet, neben einer Vielzahl kleinerer Veranstaltungen und nationaler Ereignisse, auch einmal jährlich die größte Techno-Party der Welt, die Love-Parade, statt, sowie jedes Jahr zu Silvester ein professionelles Feuerwerk.
Touristische Anlaufpunkte:
- Regierungsviertel mit
- Bundeskanzleramt und
- Reichstag
- Botschaftsviertel
- Großer Tiergarten (größte innerstädtische Grünfläche Berlins) mit
- Berliner Siegessäule
- Kongresshalle (beherbergt das Haus der Kulturen der Welt)
- Carillon an der Kongresshalle
- Hansaviertel (Internationale Bauausstellung von 1957)
- Potsdamer Platz mit
- Sony-Center
- Potsdamer-Platz-Arkaden
- Kulturforum mit
- Gemäldegalerie Berlin
- Kupferstichkabinett
- Musikinstrumentenmuseum Berlin
- Neue Nationalgalerie
- Philharmonie und Kammermusiksaal ("Kleine Philharmonie")
- Moabit mit
Geschichte des Tiergartens
1527 wurde in dem Wald westlich der Cöllner Stadtmauer, ein Tiergarten, der als Jagdrevier diente, angelegt.
Die Hugenotten, die anfangs des 18. Jahrhunderts nach Berlin kamen, züchteten Seidenraupen und legten Maulbeerplantagen an. Auf dem Gelände des späteren Lehrter Stadtbahnhofs wurde 1717 die so genannte Pulvermühle errichtet: hier wurde für das Heer Schießpulver hergestellt. Der Tiergarten wurde zu dieser Zeit militärisch gebraucht. In der Invalidenstraße lag die Ulanen-Kaserne, es gab Exerzierplätze, ein Artilleriedepot mit einem Pulverlaboratorium an der Kruppstraße. König Friedrich II. jagte nicht gerne, er ließ Knobelsdorff 1742 den Tiergarten in einen Lustpark umwandeln. An dessen Ostgrenze wurde 1788 bis 91 von Carl Gotthard Langhans das Brandenburger Tor errichtet.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts begannen die Bauarbeiten für die Kolonie Neu-Moabit. Die definitive Umgestaltung des Tiergartens in einen Park erfolgte 1833 bis 40 nach dem Plan von Peter Joseph Lennés.
1745 hatten Esaias Dortu und Martin Thomassin begonnen, neben der neu entstandenen Fasanerie – der Ursprung des Zoologischen Gartens – Zelte aufzustellen und Erfrischung zu verkaufen. Dort entstand die Straße In den Zelten. Der Berliner Zoo eröffnete 1844.
Bei der März-Revolution wurde auch der Berliner Tiergarten einbezogen. Die Revolutionäre forderten hier In den Zelten bei ihrer ersten Versammlung am 6. März 1848 die Abschaffung der Zensur. Die staatliche Justitia habe aber bereits rechtzeitig für zukünftige Unruhen vorgesorgt und 1847 das später berühmt-berüchtigte Gefängnis Moabit eröffnet. Der Ursprung des Ortsnamens Moabit liegt vermutlich im französischen: terre de moab, eingeführt durch die Hugenotten – nach dem alttestamentarischen Moabiter-Land: bei ihrem Auszug aus Ägypten gewährte das Moabiter Land den Israeliten Asyl.
Während des Zweiten Weltkriegs und in der Zeit der Berliner Blockade haben die frierenden und hungernden Berliner auch dem Tiergarten zugesetzt, die Bäume und Sträucher wurden verheizt, die Berliner bauten auf der Fläche auch ihr Gemüse an, verwilderte Hauskaninchen waren die wichtigsten Tiere des einstigen Tiergartens und willkommene Speise für diejenigen, die sie zu fangen verstanden. Ab 1950 wurde wieder aufgeforstet, aus der noch jungen Bundesrepublik kamen Tausende von gespendeten Jungbäumen in die ehemalige Hauptstadt. Die naturnahe Parklandschaft mit zahlreichen Wiesen und kleinen Wasserteichen war in den Jahren der Trennung und Isolation für die eingeschlossenen Großstadtbewohner ein wichtiges Naherholungsgebiet. Auf dem Platz der Republik vor dem Reichstag war es damals eine Selbstverständlichkeit, dass vor allem türkischstämmige Berliner sich dort sonntags im Grünen niederließen, um zu grillten, oder Fußball spielten.
Die Kongresshalle, die heute das Haus der Kulturen der Welt beherbergt, war 1957 ein Geschenk aus den USA an die West-Berliner. Die Berliner haben sie liebevoll in Schwangere Auster umgetauft. Als 1980 das Meisterwerk der US-amerikanischen Baukunst in sich zusammenstürzte und einen Journalisten erschlug, bauten sie es mit einer verbesserten Statik wieder auf.
Das Tempodrom neben der Kongresshalle, ein Zirkuszelt worin Rock-Konzerte veranstaltet wurden, war unter Federführung unter anderem von Nina Hagen als kulturelle Folge der Hausbesetzer-Szene entstanden und in Berlins Kulturlandschaft jahrzehntelang eine Institution. Es musste dem Kanzleramt weichen.
Der Bahnhof Berlin Zoologischer Garten (Bahnhof Zoo) war für West-Berlin lange Jahrzehnte, wie die Flughäfen Tegel und Tempelhof, ein Symbol für die wichtige Verbindung mit der Bundesrepublik. Obwohl im Westteil der Stadt gelegen wurde er, wie auch die S-Bahn West-Berlins, vor dem Mauerfall von der Reichsbahn der DDR betrieben.
Südlich des Großen Tiergartens, am südlichen Rand des ehemaligen Bezirks, befindet sich die Kurfürstenstraße, die zusammen mit dem Bahnhof Zoo als verfilmte Geschichte über die Heroinszene eine schaurig-dramatische Berühmtheit erlangt hat – Christiane Felscherinow: Wir Kinder vom Bahnhof Zoo. Die Szene hielt sich tagsüber vor dem Bahnhof Zoo auf und wechselte abends zur Kurfürstenstraße, wo am gleichnamigen U-Bahnhof nicht nur Prostitution, sondern auch intensiver Heroinhandel auf der Straße und in nahegelegenen Wohnungen noch Jahrzehnte nach diesem Film weiterhin stattfand.
Quellen
- Statistisches Landesamt Berlin
- Entscheider-Studie, Berliner Zeitung 2001
Weblink
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