Zum Inhalt springen

Reederei Zerssen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 9. Februar 2019 um 19:55 Uhr durch Dr. Karl-Heinz Hochhaus (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Anzeige der Reederei Zerssen & Co

Die Reederei Zerssen & Co wurde 1839 von Johann Christian von Zerssen und Johann Paap in Rendsburg an der Schleuse am alten Eiderkanal gegründet.

Geschichte

1839 wurde die Firma Zerssen & Co als Spedtionsgeschäft in Rendsburg gegründet und entwickelte sich anfamgs ohne eigene Schiffe zu einer bedeutenden Rendsburger Parten- und Korrespondentreederei. Von Zerssen war als Korrespondentreeder gegenüber Dritten befugt, alle Geschäfte und Rechtshandlungen der Reedereien vorzunehmen und vertrat diese sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich. Johann Christian von Zerssen wurde 1842 zum belgischen und 1853 zum niederländischen Konsul ernannt und gründete 1859 den auf Gegenseitigkeit beruhenden „Schiffer-Assecuranz–Verein“ im Bereich der Eider. Etwa ein Fünftel der den Eiderkanal durchfahrenden Schiffe waren um 1850 niederländische Schiffe und bedeuteten Arbeit für den Konsul.

Der Eiderkanal hieß ursprünglich Schleswig-Holsteinischen Kanal, vomdänischen König Christian VII. von 1777 bis 1784 gebaut, begann in Kiel und mündete bei Rendsburg in die Eider, die bei Tönning in die Nordsee fließt. Doch die Durchahrt durch den Kanal, die Eider und das Wattenmeer dauerte damals noch mehrere Tage.

Von Zerssen gab kleineren Reedern aus Rendsburg und Umgebung Zuschüsse (1/6 bis 9/16 des Preises) zum Bau und Erwerb von Schiffen, anfangs kleine Segelschiff wie Schoner, Briggs, Kuffs und Galiote und 1884 auch für einen Dampfer und agierten damit als Partenreederei. Diese Rolle spielte die Reederei auch bei Hamburg und Rostocker Reederen und teilweise sogar bei ausländischen Reedereien. Andererseits hatte auch andere Firmen Parten an Zerssens Schiffe.

Nach seinem Tod 1865 wurde die Firma von seinem Erben, Thomas Johann Gottfried Hollesen, weitergeführt. Hollesen eröffnete in Tönning, dem Endpunkt des Eiderkanals, eine Zweigniederlassung und engagierte sich in der Kommission, die den Bau des Nord-Ostsee-Kanals vorbereitete. Er war Vorsitzender der Rendsburger Schiffergilde und nahm in verschiedenen Verwaltungsräten Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt und fungierte als belgischer und niederländischer Konsul. 1895 beteiligte Hollesen Konsul Jeß aus Tönning sowie dem Rendsburger Christian Rheder an seinem Unternehmen. Hollesen starb am 28. April 1898 in Rendsburg.

Sein 1859 geborener Schwiegersohn, Paul Entz stieg nach dem Tod von Hollesen als dritter Teilhaber neben Konsul Jeß und Christian Rheder in die Reederei ein. Nach demr Eröffnung des Kaiser-Wilhelm-Kanals 1895 gründete er eine Niederlassung in Brunsbüttelkoog und die Zweigniederlassung in Tönning, Endpunkt des Eiderkanals, wurde aufgegeben. 1899 wurde auch Paul Entz zum niederländischen Konsul ernannt und 1905 wurde er Mitglied der Baltic and White Sea Conference. Die Niederlassung in Brunsbüttelkoog, die inzwischen zur Kohlen- und Bunkerstation ausgebaut wurde, fiel der Verbreiterung des Kaiser-Wilhelm-Kanals zum Opfer. Der Betrieb wurde später in Kiel-Holtenau wieder aufgebaut und 1922 um den Geschäftsbereich Schiffsausrüstung erweitert. Paul Entz starb am 27. September 1936 in Rendsburg.

Rantum im Nord-Ostsee Kanal

Einige frühe Schiffe der Reederei Zerssen & Co

1884 wurde u. a. der 680-BRT-Dampfer Christian gebaut, der in der Nord- und Ostsee fuhr. Die Bark Marie lief 1892 in Tönnig vom Stapel und segelte vorwiegend in westindischen Gewässern und in der Südsee. Ab 1890 wurden die Zerssenschiffe deutlich größer wie z. B. die Heinrich Cruse und die Minna mit jeweils rund 1000 BRT. Die 1906 gebaute Rendsburg mit 2058 BRT war dann für die kommenden 30 Jahre das größte Schiff der Reederei. Die gesamte Flotte wurde vor dem Ersten Weltkrieg verkauft und die Reederei Zerssen agierte wieder vorwiegend als Korrespondentreederei.

Der Tanker Elisabeth Entz

Thomas Johann Gottfried Entz gründete die Nordfriesische Reederei

1936, nach dem Tod von Paul Entz, übernahm sein 1899 in Rendsburg geborener Sohn, Thomas Johann Gottfried Entz, den Betrieb. Er hatte eine kaufmännische Ausbildung bei der Reederei Schulte & Bruns in Emden absolviert und arbeitete anderthalb Jahre in Göteborg als Direktor einer kleinen Spedition. Nach einem Jahr im schottischen Leith studierte er zwei Semester an der Handelshochschule München und arbeitete ab 1924 in der Reederei Zerssen & Co., die auch einige eigene Schiffe bereederte. Thomas Johann Gottfried Entz kaufte mit der Glückauf (1575 tdw) seinen ersten Frachtdampfer. Bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs erwarb er drei weitere Schiffe, 1935 die spätere Keitum (Arnis) 1936 kam der Neubau Morsum ex Ulsis zur Zerssen-Flotte und 1937 die Hörnum (Holnis). Die Keitum mußte er nach Kriegsende an Rußland und die Morsum an Norwegen abgeben.

Archsum(4185 BRT Bj. 1957) der Nordfriesischen Reederei

Während des Krieges wurde von Thomas Johann Gottfried Entz 1943 die Nordfriesische Reederei gegründet, die Schiffe erhielten Namen von Sylter Dörfern. 1949 nahm die Deutsche Orient-Linie von H. Schuldt (Hamburg) wieder ihren Dienst auf und die inzwischen bei den Lübecker Flender Werken von Kriegsschäden reparierte Hörnum (2350 BRT) wurde hier als erstes Schiff eingesetzt. Ende 1949 wurden vier Neubauten mit 3400 tdw bei den Kieler Howaldtswerken und der Deutschen Werft bestellt(Blidum, Keitum, Morsum, Lystum). Sie wurden noch unter den Beschränkungen desPotsdamer Abkommens gebaut und 1950 abgeliefert. Inzwischen galt das großzügigere Petersberger Abkommen. Daher wurde die Blidum gleich nach der Ablieferung wieder aufgeslipt, aufgeschnitten und um 9 m verlängert. Damit erhöhte sich die Tragfähigkeit von 2850 auf 3400 tdw. Die andern drei Schiffe wurden von vornherein nach dem Petersberger Abkommen gebaut und auch sie fuhren für die Deutsche Orient-Linie. 1951 erwarb Zerssen aus Dänemark die Hedda Dan mit 1700 tdw, die als Tinnum in der Nord- und Ostsee in der Trampfahrt unterwegs war. 1952 wurde der Frachter Archsum (ex Gertrud Schliewen, 3800 tdw) von H. Schuldt übernommen und für die Deutsche Orient-Linie eingesetzt. 1959 wurde als letzter Neubau von Howaldt Kiel die Syllum abgeliefert, die als Volldecker eine Tragfähigkeit von 8000 tdw hatte.

Gründung der Frisia Reederei

1953 erfolgte in Rendsburg die Gründung der Frisia Reederei, die bei der Werft Nobiskrug einen Neubau in Auftrag gab, der als Rantum abgeliefert wurde. Er hatte als Volldecker 5930 t Ladefähigkeit und als Schutzdecker 4500 t Ladefähigkeit. Der 3600 PS Hauptmotor wurde von Borsig in Berlin Tegel in Fiat-Lizenz gebaut und war einer der ersten Schwerölmotoren in Deutschland. Zum Probelauf im Berliner Werk war neben Thomas Entz mit Ehefrau der Berliner Bürgermeister Ernst Reuter anwesend, da dieser Motor der erste große Auftrag nach der Berlin Blockade war.

Bereedereung der Pamir und Passat

Die Hamburger Zweigniederlassung von Zerssen wurde in Bürogemeinschaft mit der Firma H. Schuldt betrieben und beschäftigte sich vor dem Krieg überwiegend mit der Befrachtung der Zerssen-Schiffe. Nach dem Krieg wurden auch Heuerdienstleistungen besonders für den griechischen Reeder Stavros Niarchus betrieben. Rund 10 Jahre lang wurden viele tausend deutsche Seeleute an- und abgemustert. Bis zum Untergang der Pamir wurde im Auftrag der "Stiftung Pamir und Passat" die Bereedereung dieser beiden Schulschiffe Pamir und Passat durchgeführt. Nach dem tragischen Pamiruntergang wurde diese Ausbildungsart beendet und die Passat verholte zum festen Liegeplatz zur Schiffsjungen-Schule Priwall nach Travemünde.

Konsul und Reeder Thomas Johann Gottfried Entz (4.v.l.) bei der 1964 erfolgten Inbetriebnahme der neuen Nordmolde im Kieler Scheerhafen

Thomas Entz Tanker GmbH

1950 wurde die Thomas Entz Tanker GmbH gegründet und die Elisabeth Entz, ex Mostun aus Norwegen (9630 BRT) bildete 1950 den Anfang. Sie wurde zehn Jahre später durch den Neubau Elisabeth Entz mit 24450 BRT ersetzt, die 1960 in Japan abgewrackt wurde. 1952 kam der Motortanker Margot Entz (ex Laurelwood) mit 11235 BRT) aus England, die 1958 in Hamburg abgewrackt wurde.

Das Erz-Ölschiff Bertha Entz [1] mit 15910 BRT wurde 1955, und das Erz-Ölschiff Helma Entz [2] mit 12430 BRT wurden 1958 von den Kieler Howaldtswerken als Erz-Ölschiff an die Tanker-Reederei abgeliefert. Es war das erste Erz-Ölschiff, das in Deutschland gebaut wurde. Es war unverseller einsetzbar als ein Tanker oder ein Erzfrachter, erregte in vielen Häfen Aufsehen und es wurde darpber vielfach berichtet. Als weiteres Erz-Ölschiff wurde die Elisabeth Entz 1961 mit 24460 BRT als Neubau von der AG Weser übernommen. 1970/71 trennte sich Zerssen & Co von seiner Tankerflotte.[3]

Zum 125-jährigen Jubiläums von Zerssen & Co. konnte Thomas Johann Gottfried Entz auf Wunsch der Familie von Zerssen den Namenszusatz „von Zerssen“ tragen. Thomas Johann Gottfried Entz von Zerssen starb am 4. April 1970.

Quellen

  • 100 Jahre Schiffahrt, Schiffbau, Häfen; 1964 Hamburg, Schiffahrtsverlag Hansa
  • Zerssen & Co 1839 1964, 1964; Heinrich Möller Söhne, Rendsburg

Einzelnachweise

  1. https://www.seefahrtsfreunde.de/?ngp=w7e071e08312b00c9f20815662420472 Bilder vom Schiff und Leben auf der Berta Entz
  2. https://www.seefahrtsfreunde.de/?ngp=w7e071e08312b7a1d520815662420472, Bilder vom Schiff und Leben auf der Helma Entz
  3. Keine Leerfahrt dank Tanker. Schleswig-Holsteinische Landeszeitung, 25. Januar 2015, abgerufen am 24. Januar 2019.