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Metropol-Theater (Hannover)

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Das Nordstädter Gesellschaftshaus des Gastwirtes Gustav Fischer mit Durchgang am linken Ende der Hausfassaden der Oberstraße 7 und 8;
mehrfarbige Lithographie, Verlag Willy Hoehl, um 1898

Das Metropol-Theater in Hannover zählte zu den bedeutendsten Lichtspielhäusern in der Geschichte der Stadt Hannover. Als Premierenkino[1] UFA Oberstraße mit seinen zeitweilig 1.400 Sitzplätzen[2] zählte das Ufa-Theater Oberstraße,[3] später auch Metropol-Lichtspiele genannt,[4] zu den größten Beteiligungstheatern der UFA.[3]

Geschichte

Blattvergoldete Lyra über dem Durchgang zu den Hintergebäuden Oberstraße 8a als Symbol der Dichter und Denker im Nordstädter Gesellschaftshaus
„Hannover unter Wasser. Zur Erinnerung an die 25. Aufführung“, Grußkarte vom Metropol in der Oberstraße 7 mit dem „Biertunnel zur Baumannhöhle“;
sogenannte „Künstlerkarte“, Verlag Mannheim & Co., Berlin, um 1903
Vereinigte Theater Lichtspiele (VT), „Deutschlands größte und vornehmste Lichtspiele“; Annonce, 1920er Jahre

Im ältesten Besiedlungskern der heutigen Nordstadt ging auf dem Gelände der Oberstraße 7[2] in der späten Gründerzeit des Deutschen Kaiserreichs das Grundstücks-Eigentum durch Eintrag in das Grundbuch an einen anfangs ungenannten Besitzer über: Das Adreßbuch, Stadt- und Geschäftshandbuch der Königlichen Residenzstadt Hannover und der Stadt Linden für 1895 verzeichnete zwar noch kein Vorderhaus Oberstraße 7, doch für das bereits errichtete Hinterhaus Nummer 7a als Mieter den Flaschenbierhändler Ludwig Meier im Parterre sowie den Wäscher Wenger im Ersten Stockwerk des Hinterhauses. Allerdings war das Vorderhaus von Nummer 8 bereits erbaut, das am 2. Februar 1894 in das Eigentum von Marie Fischer, geborene Grimme übergegangen war. Das Adressbuch bezeichnete ihren Beruf im Sprachgebrauch der damaligen Zeit als Restaurator-Ehefrau. Sie bewohnte 1895 das zweite Stockwerk des Hinterhauses Oberstraße 8a.[5]

Noch laut dem Adressbuch für das Jahr 1899 zählte zu den Vergnügungsorten Hannovers - an erster Stelle das Königliche Schauspielhaus - in der Unterrubrik „Konzert- und andere Säle“ das Nordstädter Gesellschaftshaus in der Oberstraße 8,[6] mit Gustav Fischer als Gastwirt.[7]

Am 1. Oktober 1899 wurde schließlich das Metropol-Theater eröffnet. Für die Spielzeit vom 30. Juni 1910 bis 15. Juni 1911 konnte das Haus 1500 Personen Platz bieten. Seinerzeitiger Eigentümer war „A. Müller“; die Direktion sowie die Oberregie in der Oberstraße 7a führte Emil Graf.[8] Am 4. April führte das Emsemble das Stück Prinz und Bettlerin auf, ein in einer Szene für eine Ansichtskarte der Zeit fotografisch festgehaltenes Militärschauspiel in acht Aufzügen des britischen Dramatikers Walter Howard in der Übersetzung von Siegfried V. Lutz.[9]

Ebenfalls 1911 wurde in der Oberstraße 7 eines von zeitweilig vier Ufa-Filmtheatern in Hannover gegründet. Betreiber war die Firma Vereinigte Theater Hagen & Sander, Filmtheaterbetriebe, Hannover am Aegidientorplatz 2. Die zum UFA-Konzern gehörende Firma[10] der aus Bremen stammenden Unternehmer Hagen und Sander[11] dirigierte neben dem Ufa-Theater Oberstraße 7 bald auch die Ufa-Lichtspiele in der Hildesheimer Straße 11, das Ufa-Theater „Vahrenwalderstr. 87/87“ und das Ufa-Theater Weltspiel in der Georgstraße 12.[10]

Während des Ersten Weltkrieges löste der Brand einer Filmrolle in der Oberstraße 7 zwar eine Panik unter den Zuschauern aus, das Publikum blieb jedoch unverletzt.[11]

Die hannoverschen Häuser von Hagen & Sander[11] brachten während der Weimarer Republik teilweise gleichzeitig die gleichen Filme zur Aufführung, so etwa vom 7. bis 13. Februar 1930 in den Ufa-Theatern in der Oberstraße und der Vahrenwalder Straße den vom Reichsausschuss für Sachwerterhaltung herausgegebenen Werbefilm Die schützende Hand.[12]

Nachdem im Zweiten Weltkrieg während der Luftangriffe auf Hannover das Konzerthaus an der Goethebrücke im Jahr 1943 zerstört worden war, spielte das Niedersächsische Symphonie-Orchester das letzte von mehr als 400 „Schlosskonzerten“ im Ufa-Kino in der Oberstraße. Die Konzertreihe hatte der Kapellmeister Otto Ebel von Sosen bereits 1932 ins Leben gerufen. Die Übertragung des Konzertes aus der Oberstraße durch den NORAG-Nebensender Hannover blieb bis in die Nachkriegszeit die letzte Rundfunksendung aus Hannover überhaupt.[13] Noch 1943 wurde auch das Metropol von Fliegerbomben getroffen.[4]

In der Nachkriegszeit ließ der zuvor in Bergen-Belsen tätige Filmkaufmann Georg Hugo Will, der Schwager der Filmschauspielerin Marlene Dietrich, Anfang der 1950er Jahre das Kino am Engelbosteler Damm in der Nordstadt von Hannover sanieren und übernahm ab 1951 die Leitung der Metropol-Lichtspiele.[4] Nach anderen Angaben soll die Metropol-Lichtspieltheater G.m.b.H. die Räumlichkeiten zur Filmvorführung am Engelbosteler Damm 5 „wieder“ aufgebaut haben, nun mit 550 Plätzen vor einer acht Meter breiten Leinwand, während der Saal mit einer Stereo-Tonanlage mit Klangfilmverstärker ausgerüstet wurde.[14]

Nachts beleuchtete Fassade der Firma Bumke am Engelbosteler Damm 5;
Aufnahme von April 2011

Im Juni 1959 gelang der Elektro- und Sanitärgroßhandlung Hermann Albert Bumke unter ihrem Inhaber Eduard Bergmann der Kauf des an das Firmengelände am Engelbosteler Damm angrenzenden Immobilie Oberstraße 7.[15] Im selben Jahr begann Georg Hugo Will sein Engagement im Kurbetrieb in Bad Münder.[4] Bumke aber richtete auf dem hinzuerworbenen 3300 qm großen Grundstück an der Oberstraße 7 in der Folge ein Büro- und ein Lagergebäude ein.[15]

Nach dem Tod der Inhaberin Inge Bergmann[16] wurden die Immobilien inklusive dem rund 8.200 qm großen Gewerbeareal der Firma Bumke, die den Standort Nordstadt aufgeben will, bereits Ende 2017 an das Theo Gerlach Wohnungsbau-Unternehmen verkauft, das auf dem Gelände ein neues Wohnquartier entwickeln will. Nachdem die Landeshauptstadt Hannover eine Änderung des Bebauungsplanes eingeleitete hatte, kündigte der Investor Gerlach Anfang Februar 2019 eine öffentliche Diskussions-Veranstaltung unter Bürgerbeteiligung an, um gemeinsam Ideen für die Projektentwicklung zu finden. Bei einem ersten Treffen im Nordstädter Stadtteilzentrum Bürgerschule war der Andrang jedoch so groß, dass die Veranstaltung abgesagt werden mußte, um zunächst einen größeren Versammlungsraum für die angekündigte Diskussion zu finden.[17]

Literatur

  • Hans-Peter Wiechers: Lichtspielhaus mit bewegter Geschichte / Lange war ein Stück hannoverscher Theatergeschichte in Vergessenheit geraten; jetzt erinnern sich HAZ-Leser an das Metropol-Theater in der Oberstraße, das 1911 zum Kino umgebaut wurde, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) vom 3. September 2008
Commons: Metropol-Theater (Hannover) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hugo Thielen: Filmgeschichte (Kinos), in: Stadtlexikon Hannover, S. 178; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  2. a b Claudia Gröschel, Ingo Bultmann: Zarte Versuchung, Kultur vor der Haustür. Nordstadt, in Ingo Bultmann, Thomas Neumann, Jutta Schiecke (Hrsg.): Hannover zu Fuß. 18 Stadtteilrundgänge durch Geschichte und Gegenwart, Hamburg: VSA-Verlag, 1989, ISBN 978-3-87975-471-7 und ISBN 3-87975-471-3, S. 140–160; hier Abschnitt Oberstr. 7, S. 143f.
  3. a b Bogusław Drewniak: Der deutsche Film 1938 - 1945. Ein Gesamtüberblick, Düsseldorf: Droste, 1987, ISBN 978-3-7700-0731-8 und ISBN 3-7700-0731-X, S. 616; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  4. a b c d Heinrich Thies: Fesche Lola, brave Liesel. Marlene Dietrich und ihre verleugnete Schwester. Hoffmann und Campe, 2017 ISBN 978-3-455-00161-7, passim; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  5. Vergleiche das Adreßbuch, Stadt- und Geschäftshandbuch der Königlichen Residenzstadt Hannover und der Stadt Linden (ABH) für das Jahr 1895, Abteilung I, 2: Straßen- und Häuserverzeichniß in alphabetischer Ordnung der Straßennamen mit Angabe der Haus-Eigenthümer und Bewohner, S. 336; Digitalisat der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek (GWLB)
  6. ABH für 1899, Abteilung II, 15: Vergnügungsorte, S. 180–183; hier: S. 181; Digitalisat der GWLB
  7. ABH für 1899, 1. Abteilung, 3: Alphabetisches Verzeichniß der Einwohner und Handelsfirmen, S. 655; Digitalisat
  8. Neuer Theater-Almanach. Theatergeschichtliches Jahr- und Adressenbuch / Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger' für das Jahr 1911, Berlin: F. A.Günther, S. 458; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  9. Bernd Sperlich: Bild 6 von 7 aus Beitrag: Wo amüsierte sich Hannover am 4. April 1911?' auf der Seite myheimat.de vom 4. April 2011
  10. a b Reichs-Kino-Adreßbuch, nach amtlichem Material bearbeitet, Band 18, Berlin: Verlag der Lichtbildbühne, 1919, S. 62, 66, 319; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  11. a b c Karl-Heinz Grotjahn (Verfasser): Stahl und Steckrüben. Beiträge und Quellen zur Geschichte Niedersachsens im Ersten Weltkrieg (1914 - 1918) ( = Veröffentlichungen der Niedersächsischen Landesbibliothek Hannover, Band 12), Band 2, Hameln: CW Niemeyer Verlag, 1993, ISBN 978-3-87585-462-6 und ISBN 3-87585-462-4, S. 291; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  12. Farben-Zeitung. Fachblatt der Lack-, Farben- und Leimindustrie. Zentralorgan für die gesamte Farben-, Lack-, Firnis- und Leimfabrikation, sowie alle Hilfs- und Neben-Industrien und den Handel in Farben, Farbwaren, Lacken etc., Band 35, Teil 1, Berlin: Union Deutsche Verlagsgesellschaft, 1929, S. 956; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  13. Thomas Grabe, Reimar Hollmann, Klaus Mlynek, Michael Radtke: Thierfelders heroischer Beethoven, in dies.: Unter der Wolke des Todes leben ... Hannover im 2. Weltkrieg, Hamburg: Ernst Kabel Verlag, ISBN 978-3-921909-17-1, S. 178–181; hier: S. 178; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  14. o.V.: Das Großkino in der Nordstadt / 1961 war hier Schluss fürs Metropol-Theater, Artikel [ohne Datum] auf der Seite hannover.de, zuletzt abgerufen am 3. Februar 2019
  15. a b Inge Bergmann: Hermann Albert Bumke. Elektro- und Sanitär-Großhandlung, in Franz B. Döpper, Ursula Döpper, M. von der Au (Red.): Hannover und seine alten Firmen. Pro Historica, Gesellschaft für Deutsche Wirtschaftsgeschichte, Hamburg 1985, ISBN 3-89146-002-3, S. 220f.
  16. Zwei Traueranzeigen in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) vom 23. Juli 2016, S. 18
  17. bil: Zu viele Bürger wollen mitreden / Diskussion über Nordstadt-Quartier, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 2. Februar 2019, S. 20

Koordinaten: 52° 22′ 54,6″ N, 9° 43′ 26,8″ O