Freie Demokratische Partei
Die Freie Demokratische Partei (FDP bzw. 1968-2001 F.D.P.) ist eine politische Partei in Deutschland.
Geschichte
Wurzeln des Liberalismus
Die liberale Bewegung setzte sich im Anfang des 19. Jahrhunderts im Zuge der Aufklärung für mehr Rechte der unteren Schichten und die nationale Einigung ein. Die Deutsche Fortschrittspartei, die sich 1861 gründete, war die erste Programmpartei im heutigen Sinne. Ihre Nachfolger waren die Nationalliberale Partei und die Deutsche Volkspartei im Kaiserreich. Ihnen folgten die Deutsche Demokratische Partei/Deutsche Staatspartei und Deutsche Volkspartei in der Weimarer Republik, deren Mitglieder maßgeblich an der Gründung der liberalen Parteien der Nachkriegszeit beteiligt waren.
Nach 1945
Im Juli 1945 forcierte die Sowjetunion die Gründung der LDP in der Ostzone. Im September 1945 gründete sich die Hamburger "Partei Freier Demokraten" (PFD) als erste liberale Partei in den Westzonen. Bei den ersten Bürgerschaftswahlen in Hamburg erreichte die nunmehr FDP genannte Partei am 13. Oktober 1946 18,2%. Ebenfalls im September 1945 wurde im Südwesten die DVP gegründet, die bei den Landtagswahlen in Württemberg-Baden im November 1946 ähnlich stark abschnitt. Neugründungen liberaler Parteien erfolgten in allen Bundesländern. In Hessen erhielt die FDP 1950 aufgrund einer Kooperation mit den Vertriebenen, die noch nicht selbständig kandidieren durften, mit 31,8% das beste Landtagswahlergebnis ihrer Geschichte. Während im Südwesten (heutiges Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz) und den Hansestädten das kaufmännisch-linksliberale Element dominierte, stand in anderen Bundesländern die kleinbäuerlich-nationalliberale (zB. Hessen und Niedersachsen) bzw großindustriell-konservative (zB. Nordrhein-Westfalen) Richtung im Vordergrund. Gemeinsam war ihnen das Bekenntnis zur Marktwirtschaft, der Ablehnung sozialistischer Tendenzen, sowie eine anti-klerikale Grundhaltung.
Am 17. März 1947 wurde in Rothenburg ob der Tauber die "Demokratischen Partei Deutschlands" (DPD) als erste und einzige gesamtdeutsche Partei gegründet. Vorsitzende waren Theodor Heuss und Wilhelm Külz. Aufgrund des Kalten Krieges wurde die Partei allerdings nach Külz' Tod bereits 1948 wieder aufgelöst.
Die FDP wurde am 11. Dezember 1948 in Heppenheim an der Bergstraße als ein Zusammenschluss aller liberalen Parteien der westlichen Besatzungszone gegründet. Der Name "Liberaldemokratische Partei (LDP)" konnte sich dabei nicht durchsetzen. Der Ort der Parteigründung wurde mit Bedacht gewählt, denn am 10. Oktober 1847 hatten sich in Heppenheim die gemäßigten Liberalen getroffen. Ihr erster Vorsitzender war Theodor Heuss.
Bei der Schaffung des Grundgesetzes 1948/49 und dessen Ausgestaltung hatte die FDP stets mehr Anteil als ihre Wahlergebnisse vermuten ließen. So war sie die Hüterin der persönlichen Freiheitsrechte, des parlamentarischen Systems und der sozialen Marktwirtschaft (während alle anderen am Grundgesetz wirkenden Parteien eine eher staatsgelenkte Wirtschaft bevorzugten). Auch war die FDP die Partei, die mit insgesamt 41 Jahren am längsten an der Bundesregierung beteiligt sein sollte.
Bis in die fünfziger Jahre hinein standen einige Landesverbände der FDP rechts von der CDU/CSU. Mit nationalistischen Parolen wurde um Stimmen ehemaliger NSDAP-Mitglieder geworben, und die Verbände selbst waren von ehemaligenNationalsozialisten durchsetzt. In Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen wollten die Abgeordneten der FDP im Parlament rechts von der CDU sitzen. Dagegen saßen die Liberalen in Württemberg-Baden, Hamburg und Bremen zwischen CDU und SPD.
Bei den ersten freien Wahlen zum Bundestag 1949 errang die FDP einen Stimmenanteil von 11,9 % (bei 12 Direktmandaten) und erhielt somit 52 von 402 Sitzen. Im September des selben Jahres wurde der FDP-Vorsitzende Theodor Heuss auf Vorschlag des CDU-Vorsitzenden Konrad Adenauer zum ersten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt.
Die FDP stimmte (zusammen mit der DP) im Bundestag gegen das von CDU und SPD Ende 1950 eingebrachte Entnazifizierungsverfahren. Auf ihrem Bundesparteitag 1951 in München verlangte sie die Freilassung aller "sogenannten Kriegsverbrecher" und begrüßte die Gründung des "Verbands Deutscher Soldaten" aus ehemaligen Wehrmachts- und SS-Angehörigen, um die Integration der nationalistischen Kräfte in die Demokratie voranzubringen. Die Naumann-Affäre (1953) kennzeichnet den Versuch alter Nationalsozialisten, die Partei zu unterwandern. Daraufhin wurden parteiintern Nazi-Seilschaften aufgedeckt und der Naumann-Kreis wurde aus der Partei ausgeschlossen. Nachdem die Bundes-FDP stets fern rechter Ideologie stand, mussten nun auch die letzten Landesverbände Abstand davon nehmen. Nach der Bundestagswahl 1953 erhielt die FDP 9,5 % der Stimmen (bei 14 Direktmandaten) und 48 von 487 Mandaten.
In der zweiten Legislaturperiode des Bundestages gewannen liberalere Kräfte in der Partei an Einfluss. Mit Thomas Dehler übernahm ein Vertreter eines liberalen Gedankenguts den Partei- und Fraktionsvorsitz.
Als einzige der kleineren Nachkriegsparteien überlebte die FDP trotz vieler Probleme. 1957 erreichte sie nur noch 7,7% der Stimmen und ein einziges (bis 1990 letztes) Direktmandat, womit sie im Bundestag 41 von 497 Sitzen innehatte. Im folgenden setzte sich die FDP beispielweise für eine atomwaffenfreie Zone in Mitteleuropa ein. Nach der Bundestagswahl 1961 (bei der sie mit 12,8% ihr bisher bestes bundesweites Ergebnis erzielte) beteiligt sich die FDP wiederum an einer Koalition mit der CDU. Nach der Bundestagswahl 1965 erlangte die FDP 9,5%. Die Koalition mit der CDU zerbrach 1966 an Fragen der Steuererhöhungen. Es folgte eine Große Koalition zwischen CDU und SPD.
Am 21. Oktober 1969 beginnt nach der Bundestagswahl die Periode einer Sozialliberalen Koalition mit der SPD und dem Bundeskanzler Willy Brandt. Walter Scheel war es, der die außenpolitische Wende einleitete. Trotz einer sehr knappen Mehrheit, leiteten er und Willy Brandt die neue umstrittene Ostpolitik ein. Die außenpolitische sowie die gesellschaftspolitisch Wende wurde dann durch die Freiburger Thesen noch einmal intellektuell untermauert.
Für kurze Zeit war Walter Scheel die Personifikation der bundesrepublikanischen Politik. Er war Außenminister, Vizekanzler, danach für wenige Tage Bundeskanzler (zwischen dem Rücktritt Brandts und der Ernennung Schmidts), um dann Bundespräsident zu werden. Er war damit der zweite liberale Bundespräsident.
Die FDP war 1982 bis 1998 an der Regierung Helmut Kohls beteiligt. Zuvor war sie Koalitionspartner der SPD. Von 1969 bis 1974 stützte sie Bundeskanzler Willy Brandt, danach regierte sie an der Seite Helmut Schmidts, dessen Sturz sie herbeiführte, indem sie das konstruktive Misstrauensvotum Kohls am 1.10.1982 unterstützte. Das Ende der sozialliberalen Koalition kam durch große Differenzen in der Wirtschaftspolitik und Rüstungspolitik zwischen FDP und dem sehr starken Gewerkschaftsflügel zustande. In der Zeit der Wiedervereinigung verfolgte die FDP das Ziel eines Sonderwirtschaftsgebiets in der Ex-DDR, konnte sich jedoch gegen die CDU/CSU nicht durchsetzen, da diese eventuelle Stimmenverluste in den fünf neuen Bundesländern bei der Bundestagswahl 1990 verhindern wollte. Seit 1998 ist sie bundespolitisch in der Opposition.
Mitglieder und Parteiarbeit
Mitglieder und Anhänger der FDP lassen sich in eher links-liberale, und eher wirtschafts-liberale aufteilen. Die Linksliberalen treten vor allem für Bürgerrechte ein, während die Wirtschaftsliberalen sich besonders für die Belange der Wirtschaft stark machen (Neoliberalismus). Verbindendes Element ist dabei der Gedanke der Freiheit des einzelnen. Nationalliberale, die bis Ende der 1960er Jahre großen Einfluß auf die Partei hatten, sind heute nicht mehr in nennenswertem Umfang in der FDP vertreten.
Alle Anhänger eint eine kritische Einstellung zum Staat. Nach dem Motto "So viel Staat wie nötig, so wenig Staat wie möglich!" kämpfen sie für den Abbau von Bürokratie und versuchen die Eingriffe des Staates in das Leben des einzelnen so weit wie möglich zu beschränken. Allerdings hat sich der Schwerpunkt des von der FDP vertretenen liberalen Gedankens seit den 1980er Jahren immer stärker auf die Idee des Freihandels konzentriert (Wirtschaftsliberalismus), ohne die Idee der bürgerlichen Freiheiten (im Sinne der Freiheitsgarantien des Grundgesetzes) aus dem Blickfeld der Partei geraten zu lassen.
Der oftmals hervorgebrachte Vorwurf, die FDP sei eine reine Mehrheitsbeschafferin für andere Parteien (wobei dieser Vorwurf auf jede andere Partei auch zuträfe), hat im Bundestagswahlkampf 2002 zum "Projekt 18" geführt. Die FDP wollte damit ein eigenständiges Profil auf gleicher Augenhöhe zu den beiden großen Volksparteien schaffen und durch unkonventionellen Wahlkampf auch jüngere Wähler ansprechen. Die Umfragewerte von 10-13% vor der Wahl konnten jedoch nicht in Stimmen umgesetzt werden, da unter anderem die Möllemann-Affäre viele Wähler abschreckte sowie die fehlende Koalitionsaussage viele Zweitstimmen kostete. Das Erststimmenergebnis war eines der besten der letzten Bundestagswahlen mit 5,8% und damit höher als das der Grünen, aber die Zweitstimmen konnten lediglich um ein Fünftel gesteigert werden auf 7,4%. Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament 2004 errang die FDP mit 6,1% ihr bestes Europawahlergebnis überhaupt und zog mit der Spitzenkandidatin Silvana Koch-Mehrin nach 10 Jahren Abstinenz wieder in das Brüsseler Parlament ein.
Die FDP stellte mit Walter Scheel, Hans-Dietrich Genscher und Klaus Kinkel drei bundesrepublikanische Außenminister. Die Außenpolitik der FDP steht ganz in der Tradition der Außenpolitiken Walter Rathenaus und Gustav Stresemanns.
Die Farben der FDP sind Gelb und Blau.
Die gegenwärtigen Leitlinien der FDP sind in den Wiesbadener Grundsätzen nachzulesen.
Die FDP stellte mit Theodor Heuss (1949-1959) und Walter Scheel (1974-1979) zwei Bundespräsidenten.
Die FDP ist Mitglied der Europäischen Liberal-Demokratischen und Reform-Partei ELDR und der Liberalen Internationalen.
Die Vorsitzenden der FDP seit 1948
- 1948-1949: Prof. Dr. Theodor Heuss
- 1949-1954: Franz Blücher
- 1954-1957: Dr. Thomas Dehler
- 1957-1960: Reinhold Maier
- 1960-1968: Dr. Erich Mende
- 1968-1974: Walter Scheel
- 1974-1985: Hans-Dietrich Genscher
- 1985-1988: Dr. Martin Bangemann
- 1988-1993: Dr. Otto Graf Lambsdorff
- 1993-1995: Dr. Klaus Kinkel
- 1995-2001: Dr. Wolfgang Gerhardt
- 2001-heute: Dr. Guido Westerwelle
Die Fraktionsvorsitzenden der FDP im Deutschen Bundestag seit 1949
- 1949: Prof Dr. Theodor Heuss
- 1949-1951: Hermann Schäfer
- 1951-1952: August-Martin Euler
- 1952-1953: Hermann Schäfer
- 1953-1957: Dr. Thomas Dehler
- 1957: Max Becker
- 1957-1963: Dr. Erich Mende
- 1963-1968: Knut Freiherr von Kühlmann-Stumm
- 1968-1990: Wolfgang Mischnick
- 1990-1998: Hermann Otto Solms
- 1998-heute: Dr. Wolfgang Gerhardt
Sonstige bekannte Mitglieder oder ehem. Mitglieder
- Rudolf Augstein, MdB, langjähriger Chefredakteur und Herausgeber des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel"
- Ignatz Bubis, ehem. Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland (1995-1999)
- Gerhart Rudolf Baum, MdB, Bundesminister a.D. (1978-1982)
- Rainer Brüderle, MdB, Landesminister a.D.
- Hans A. Engelhard, MdB, Bundesminister der Justiz (1982-1991)
- Karl-Hermann Flach, MdB, Generalsekretär (1971-1973), Initiator der Freiburger Thesen und ehemaliger stellvertretender Chefredakteur der Frankfurter Rundschau
- Hans Friderichs, MdB, Bundesminister für Wirtschaft (1972-1977)
- Dr. Hildegard Hamm-Brücher, MdB, Staatsminister a.D.
- Burkhard Hirsch, MdB, Landesminister a.D.
- Prof. Dr. Hermann Höpker-Aschoff, MdB, erster Präsident des Bundesverfassungsgerichtes
- Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, MdB, Bundesminister a.D. (1992-1995)
- Prof. Dr. Werner Maihofer, MdB, Bundesminister a.D.
- Jürgen W. Möllemann, MdB, Bundesminister a.D. (1987-1993)
Wahlergebnisse auf Bundesebene
Wahlen zum Deutschen Bundestag
- 1949 11,9% - 52 Sitze
- 1953 9,5% - 48 Sitze
- 1957 7,7% - 41 Sitze
- 1961 12,8% - 67 Sitze
- 1965 9,5% - 49 Sitze
- 1969 5,8% - 30 Sitze
- 1972 8,4% - 41 Sitze
- 1976 7,9% - 39 Sitze
- 1980 10,6% - 53 Sitze
- 1983 7,0% - 34 Sitze
- 1987 9,1% - 46 Sitze
- 1990 11,0% - 79 Sitze
- 1994 6,9% - 47 Sitze
- 1998 6,2% - 43 Sitze
- 2002 7,4% - 47 Sitze
Wahlen zum Europäischen Parlament
Parteinahe Organisationen
Stiftungen
- Friedrich-Naumann-Stiftung (Bundesebene)
- Dr.-Emilie-Kiep-Altenloh-Stiftung (Hamburg)
- Karl-Hermann-Flach-Stiftung (Hessen)
- Thomas-Dehler-Stiftung (Bayern)
- Reinhold-Maier-Stiftung (Baden-Württemberg)
- Karl-Hamann-Stiftung (Brandenburg)
- Arno-Esch-Stiftung (Mecklenburg-Vorpommern)
- Rudolf-von-Benningsen-Stiftung (Niedersachsen)
- Wolfgang-Döring-Stiftung (Nordrhein-Westfalen)
- Wilhelm-Külz-Stiftung (Sachsen)
- Erhard-Hübener-Stiftung (Sachsen-Anhalt)
Vorfeldorganisationen
- Junge Liberale
- Liberale Hochschulgruppe
- Verband Liberaler Akademiker
- Liberale Frauen
- Liberale Schüler
- Verband liberaler Kommunalpolitiker
- Liberale Senioren
- Deutsche Gruppe der Liberalen Internationale
- Bundesvereinigung Liberaler Mittelstand
- Liberal-Türkische Vereinigung
Literatur
- Daniel Elfendahl, Richtungskämpfe im parteipolitischen Liberalismus: Die FDP zwischen 1948 und 1972 (Ruhr-Universität Bochum 2003)
- Neuland. Die Zukunft des deutschen Liberalismus, ECON München 1999, ISBN 3-612-26658-6
- Graf Lambsdorff (Hrsg), Freiheit und soziale Verantwortung. Grundsätze liberaler Sozialpolitik, FAZ Verlag, Frankfurt 2001, ISBN 3898430413
Siehe auch
Querverweise
- Portal Liberal
- Die Geschichte der FDP von Udo Leuschner (politisch gefärbte Darstellung)
- Stiftung Bundespräsident Theodor Heuss Haus
- Auslandsgruppe der FDP Frankreich
- Liberales Netzwerk
- Landesverband Net
- European Liberal Democrat and Reform Party
- Liberale Internationale
- International Federation of Liberal Youth