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Harry Giese

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Harry Giese (* 2. März 1903; † 1990 oder 1991) war Sprecher der NS-Wochenschau und Synchronsprecher

Harry Giese beginnt mit 18 Jahren seine Laufbahn als Theaterschauspieler. Über die Stationen Meiningen, Magdeburg, Aachen und Hamburg kommt Giese in den 1930er Jahren nach Berlin. Hier spielt er am Theater am Nollendorf-Platz und am Komödienhaus. Giese wirkt auch an den ersten, noch sorgfältig ausgearbeiteten Synchronisationen ausländischer Filme dieser Jahre mit. Er ist die deutsche Stimme von John Boles,Franchot Tone, Robert Montgomery, Douglas Fairbanks jr. oder auch John Loder.

Bei der Tobis-Wochenschau begründet er in den dreißiger Jahren seine Karriere als Sprecher von Nachrichten- und Dokumentarfilmen. 1940 werden die deutschen Wochenschauen vereinheitlicht zur Deutschen Wochenschau, Harry Giese avanciert zum „Großdeutschen Sprecher“ und wird die Stimme dieser Wochenschau. Neben dieser Tätigkeit synchronisiert er auch Tendenzfilme wie LAH im Einsatz (=Leibstandarte SS Adolf Hitler; 1941) oder den berühmt-berüchtigten Propagandafilm Der ewige Jude (1940). Die Deutsche Wochenschau wird mit der Nr. 755 im März 1945 eingestellt. Es ist unklar, ob Giese nach 1945 aufgrund seiner Sprechertätigkeit vorübergehend mit einem Berufsverbot belegt wird. Bereits Ende 1947 arbeitet er wieder als Synchronsprecher in West-Berlin.

In den 1950er und 1960er Jahren ist Giese dann immer wieder in Synchronisationen zu hören. In Die Wendeltreppe, 1948 synchronisiert, spricht er George Brent und in Top Hat - Ich tanz mich in Dein Herz hinein, 1950 synchronisiert, spricht er Fred Astaire - wobei er sehr gute Arbeit abliefert. Gieses Tätigkeit für den Trailer zum Anti-Nazi-Film Sein oder Nichtsein (die dt. Fassung von 1960) muss hingegen als makabre Ironie gelten. Der Regisseur Ernst Lubitsch wird in Der ewige Jude diffamiert, indem die Bezeichnung als "deutscher Regisseur" bei der Begrüßung seiner Ankunft in den USA (im Dezember 1922) verhöhnt wird.

Erfolglos bemüht sich Harry Giese, 1950 auch Sprecher der Neuen Deutschen Wochenschau zu werden. Dafür wirkt er weiter an vielen Werbefilmen und Dokumentationen mit, so ist er z. B. in Der goldene Garten (von Hans Domnick, 1953) und Wir sahen mit unseren Augen: Rußland heute (von Gerd Nickstadt, 1957) zu hören. Überdies fungiert Giese in einem halbstündigen Lehrfilm über den Brandschutz aus den frühen 60er Jahren als Sprecher, wobei ihm die Vertonung aktionsgeladener Szenen von heldenhaften Feuerwehrleuten, die brennende Objekte angreifen, stürmen und schließlich besiegen, besonders packend gelingt.

Der zuletzt völlig zurückgezogen lebende Harry Giese stirbt Anfang der 1990er Jahre, ohne dass die Öffentlichkeit davon Notiz nimmt. Lediglich das Mitteilungsblatt einer Orchideengesellschaft, bei der sich Giese ehrenamtlich engagiert, widmet ihm einen Nachruf.