Dieter Rams
Dieter Rams (* 20. Mai 1932 in Wiesbaden) ist ein deutscher Industriedesigner der Moderne. Ziel seiner Entwürfe ist die Klarheit der Form, Materialgerechtigkeit und einfache Bedienbarkeit. Er steht gestalterisch der Hochschule für Gestaltung Ulm nahe.
Leben und Wirken
Nach dem Zweiten Weltkrieg studierte Rams bis 1953 Architektur und Innenarchitektur an der Werkkunstschule Wiesbaden, unterbrochen von einer Ausbildung zum Tischler. Von 1953 bis 1955 arbeitete Rams unter anderem im Architekturbüro von Otto Apel. Seit 1955 war Rams für den Elektrogeräte-Hersteller Braun tätig, zuerst als Architekt und Innenarchitekt, von 1961 bis 1995 als Leiter der Formgebung.[1]
Einer der ersten Entwürfe für Braun war 1956, gemeinsam mit Hans Gugelot, die Radio-Plattenspieler-Kombination SK 4 („Schneewittchensarg“). Das radikal reduzierte Design aus weiß lackiertem Blechkorpus mit einer Abdeckhaube aus Acrylglas und Wangen aus hellem Holz wurde zum Klassiker und Vorbild. Rams und sein Designteam um unter anderem Gerd Alfred Müller, Reinhold Weiss, Dietrich Lubs, Roland Ullmann und Florian Seiffert prägte in den Folgejahren bis in die 1980er Jahre das typische, klare Erscheinungsbild der Produkte des Braun-Konzerns. Viele der entstandenen Produkte gelten mittlerweile als Designklassiker wie der Weltempfänger T 1000, der elektrostatische Lautsprecher LE1, die Hi-Fi-Komponenten Regie und Atelier, die Taschen- bzw. Tischfeuerzeuge Linear und cylindric oder der Taschenrechner ET 66, den er zusammen mit Dietrich Lubs entwarf. Zusammen mit Jürgen Greubel entwarf er 1972 die Zitruspresse MPZ 21.[2]
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SK 61[3]
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Regalsystem 606, 1960
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Tonarmwaage, 1962
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T 1000, 1963
T 1000 CD, 1968 -
audio 310, 1971
Rams arbeitete auch als Möbeldesigner, ab 1957 für die Firma Otto Zapf, die kurz darauf erst in Vitsoe + Zapf umbenannt wurde. Seit 1969 heißt die Firma einfach Vitsoe. Verschiedene mehrfach ausgezeichnete Möbelsysteme wurden von ihm entworfen. Zu den bekanntesten gehören das Regalsystem 606 (1960) und das Sesselprogramm 620 (1962). Neuere Entwürfe sind das Garderobenprogramm 030 (2003) und das Satztischprogramm 010 (2001). Im Jahr 1964 wurden Arbeiten von ihm auf der documenta III in Kassel in der Abteilung Industrial Design gezeigt. Ende der 1960er Jahre wirkte Rams an der Vorplanung zur modernen Bungalowsiedlung am Roten Hang[4] in Kronberg/Taunus mit. Das Projekt wurde schließlich um 1970 vom Königsteiner Architekten Rudolf Kramer und dem Frankfurter Bauträger Polensky und Zöller umgesetzt.
Von 1981 bis zur Emeritierung im Jahr 1997 lehrte Dieter Rams als Professor für Industriedesign an der Hochschule für bildende Künste Hamburg. Von 1987 bis 1997 war er Präsident des Rates für Formgebung. Seit 2003 ist Rams Berater der Design-Zeitschrift Form. Heute finden sich zum Beispiel in den Produkten von Apple Zitate seiner Designformen.[5][6]
Rams hatte international zahlreiche Ausstellungen und wurde weltweit geehrt. 1991 verlieh ihm das Royal College of Art in London die Ehrendoktorwürde. Mehrere von ihm entworfene Geräte und Möbel gehören zum Bestand des Museum of Modern Art in New York. Dieter Rams ist TUM Distinguished Affiliated Professor an der Fakultät für Architektur der Technischen Universität München.[7]
Zum achtzigsten Geburtstag wünschte sich Dieter Rams eine Dauerleihgabe wesentlicher Design-Objekte aus der Braun Collection des Herstellers an das Frankfurter Museum für Angewandte Kunst. 243 Exponate, darunter „sämtliche erhaltenen Modelle aus der Rams-Ära“, sollen die Basis für die geplante neue Dauerausstellung des Museums werden.[8]
Zu Apple sagt Rams: „Die Firmen, die Design wirklich ernst nehmen, können Sie an zehn Fingern abzählen. Apple gehört dazu.“[9] Es ist belegt, dass Steve Jobs die Entwürfe von Dieter Rams besonders schätzte.[10] Jonathan Ive, Chief Design Officer bei Apple, wurde bei seinen Entwürfen für Apple maßgeblich durch Rams' Arbeiten und Prinzipien beeinflusst.[11]
Zehn Thesen für gutes Design
Bereits ab Mitte der 1970er Jahre begann Rams seine Ideen zum Design in Regeln zu verdichten, die er im Laufe der Jahre weiterentwickelte und zu Thesen ausformulierte. Rams begreift die Thesen seiner Biografin Lovell zufolge als „nützlich zur Orientierung und zum Verständnis“. Zugleich sagt Rams, „gutes Design befinde sich in ständiger Weiterentwicklung – genau wie Technologie und Kultur.“
- Gutes Design ist innovativ.
- Gutes Design macht ein Produkt brauchbar.
- Gutes Design ist ästhetisch.
- Gutes Design macht ein Produkt verständlich.
- Gutes Design ist unaufdringlich.
- Gutes Design ist ehrlich.
- Gutes Design ist langlebig.
- Gutes Design ist konsequent bis ins letzte Detail.
- Gutes Design ist umweltfreundlich.
- Gutes Design ist so wenig Design wie möglich.[12]
Auszeichnungen
- 1965: Berliner Kunstpreis – Bildende Kunst, Förderungspreis (Preis der jungen Generation)
- 1989: red dot design award – Design team of the year mit dem Braun-Design-Team
- 1997: Hessischer Verdienstorden
- 2002: Großes Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland
- 2004: Ehrenmitgliedschaft des Deutschen Designer Clubs[13]
- 2007: Lucky Strike Designer Award
- 2010: Kölner Klopfer, Designpreis der KISD-Studierenden
- 2011: Hessischer Kulturpreis
- 2016: Das von ihm mitentworfene Haus in der Siedlung Roter Hang wird unter Denkmalschutz gestellt
Ehrung
Mit dem Erstausgabetag 12. Juli 2018 gab die Deutsche Post AG in der Serie Design aus Deutschland ein Postwertzeichen im Nennwert von 3,45 € heraus, das den Weltempfänger T 1000 zeigt. Der Entwurf stammt von den Grafikern Sibylle Haase und Fritz Haase aus Bremen.
Ausstellungen
- 2016: Modular World. Vitra Design Museum
- 2010: Less and More. Das Designethos von Dieter Rams. Museum für Angewandte Kunst Frankfurt (weitere Stationen Osaka, London, Tokio)
- 2006: Art of Reason. Moss Gallery, New York
- 2005: Dieter Rams/Less but Better. Kenninji Temple, Kyoto
- 2003: Dieter Rams Design – Die Faszination des Einfachen. Design Center Bremen
- 2001: Dieter Rams Haus. Centro Cultural de Belém, Experimetadesign 2001, Lissabon
- 1990: Mehr oder weniger: Braun-Design im Vergleich. Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
- 1980: Dieter Rams &. Internationales Design Zentrum, Berlin
Literatur
- Dieter Rams (Hrsg.): Weniger, aber besser. Less but better. 1994, ISBN 978-3-9803485-1-5.
- Dieter Rams: Die leise Ordnung der Dinge. Konzeption und Redaktion: Uta Brandes. 1994, ISBN 978-3-88243-167-4.
- Dieter Rams: HiFi: Die letzte Edition. Kronberg 1990.
- Dieter Rams & Roland Ullmann: Gute Form ist nie vollendet. In: Form – Zeitschrift für Gestaltung 108–109/1984–1985.
- Ansichten von und zu Dieter Rams. Heine/Lenz/Zizka und Modus, 2002.
- François Burkhardt & Inez Franksen, (Hrsg.): Design: Dieter Rams &. 1981, ISBN 3-920372-34-4.
- Ina Grätz & Sabine Schulze: Apple Design. Hrsg.: Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2011, ISBN 978-3-7757-3011-2.
- Jo Klatt & Günter Staeffler (Hrsg.): Braun+Design Collection. 40 Jahre Braun Design – 1955 bis 1995. ISBN 3-9803485-3-9.
- Harald Klinke: Apple-Design: Die Kunst der Produktgestaltung zwischen Userzentrierung und Ästhetik. In: kunsttexte.de. Nr. 1, 2010 (PDF; 2,9 MB)
- Sophie Lovell: Dieter Rams: As Little Design as Possible. 2011, ISBN 978-0-7148-4918-8.
- Bernd Polster: Braun: 50 Jahre Produktinnovationen. Dumont, Köln 2005, ISBN 978-3-8321-7364-7.
- Regine Scourtelis, Achim Deimling-Ostrinsky (Fotos): Manche mögen’s pur. In: ZEITmagazin. Nr. 42, 1990, S. 80–88 (PDF; 885 kB)
- Keiko Ueki-Polet & Klaus Klemp (Hrsg.): Less and More. The Design Ethos of Dieter Rams. Berlin 2009, ISBN 978-3-89955-277-5.
- Miki Shimokawa: Katalog zur Ausstellung „Dieter Rams / Less but better – Weniger aber besser – Die Faszination des Einfachen“.
- Hans Wichmann: Mut zum Aufbruch, Erwin Braun 1921–1992. 1998, ISBN 3-7913-2023-8. (darin umfassende Darstellung der Entstehung des Braun-Design und seiner Protagonisten)
Weblinks
- Literatur von und über Dieter Rams im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- sammlung-design.de Übersicht über das Braun-Design 1950–2008
- Dieter Rams Design: Bilder auf designwissen
- Übersicht der erhaltenen Auszeichnungen und Preise
- Dieter Rams im Designmuseum London
- Illustration zur Design-Entwicklung von Braun-Geräten
- Porträt 1: Dieter Rams (englisch)
- Porträt 2: Dieter Rams ( vom 26. September 2006 im Internet Archive) (englisch)
- Interview mit Rams. In: Die Zeit, 27. März 2008
- Einblicke - Frühes Hi-Fi-Design von Braun
- Interview mit Dieter Rams zum Einfluss auf das Apple-Design. In: Stern; Im Manager-Magazin; Galerie zum Produktvergleich zwischen Braun und Apple auf Gizmodo.
- Interview mit Dieter Rams zum Einfluss auf das Apple-Design zusammen mit Prof. Dr. Klaus Klemp bei youtube, 2009
- Vorlage:Documenta Archiv
- Dieter Rams, Interview in der Süddeutschen Zeitung, SZ.de, 4. November 2016
Film über Dieter Rams
- "Wer ist Mr. Braun?" – Der Designer Dieter Rams. Buch und Regie: Susanne Mayer-Hagmann. Produktion: WDR 1996, 45 min
Einzelnachweise
- ↑ Polster, Bernd: Braun : 50 Jahre Produktinnovationen. DuMont Literatur und Kunst Verlag, Köln 2005, ISBN 3-8321-7364-1.
- ↑ Mirko Borsche, Unter Strom, in: Zeit-Magazin, 5. November 2015, S. 77.
- ↑ Dieter Rams und Hans Gugelot, 1956
- ↑ Vgl. Karin Berkemann (Bearb.): “Und wieder hatte ich Glück …”. Zu Hause beim Braun-Designer Dieter Rams, in: moderneREGIONAL 1, 2014 [1].
- ↑ Land der Erfinder – Rams und Apple
- ↑ Mirjam Hecking: Dieter Rams: Der Apple-Inspirator. In: Manager Magazin. 22. Oktober 2007 (Interview)
- ↑ TUM Distinguished Affiliated Professor ( des vom 7. August 2012 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Design-Objekte von Dieter Rams bald im Museum für Angewandte Kunst. In: Frankfurter Neue Presse. 3. Juli 2012
- ↑ Thiemo Heeg: Designer Dieter Rams im Gespräch: „Braun hat Apple angeregt – ein Kompliment“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 27. Mai 2010, abgerufen am 26. Mai 2013.
- ↑ Walter Isaacson: Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers. Aus dem Englischen übertragen von Antoinette Gittinger, Oliver Grasmück, Dagmar Mallet, Elfi Martin, Andrea Stumpf und Gabriele Werbeck. 1. Auflage. C. Bertelsmann Verlag, München 2011, ISBN 978-3-570-10124-7, hier S. 155.
- ↑ Walter Isaacson: Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers. Aus dem Englischen übertragen von Antoinette Gittinger, Oliver Grasmück, Dagmar Mallet, Elfi Martin, Andrea Stumpf und Gabriele Werbeck. 1. Auflage. C. Bertelsmann Verlag, München 2011, ISBN 978-3-570-10124-7, hier S. 402.
- ↑ Zehn Thesen für gutes Design
- ↑ Deutscher Designer Club: Ehrenmitglieder ( des vom 11. August 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , abgerufen am 10. Februar 2014
Personendaten | |
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NAME | Rams, Dieter |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Industriedesigner |
GEBURTSDATUM | 20. Mai 1932 |
GEBURTSORT | Wiesbaden |
- Architekt (Deutschland)
- Designer
- Industriedesigner
- Designtheoretiker
- Künstler (documenta)
- Hochschullehrer (HFBK Hamburg)
- Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes
- Träger des Hessischen Verdienstordens
- Ehrendoktor des Royal College of Art
- Träger des Hessischen Kulturpreises
- Mitglied der Akademie der Künste (Berlin)
- Deutscher
- Geboren 1932
- Mann