Wolf
Dieser Artikel befasst sich mit dem Wildhund namens Wolf. Weiteres siehe:Wolf (Begriffsklärung)
Wolf | ||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
| ||||||||||
|
Der Wolf (Canis lupus) ist eine Hundeart in der Gattung Canis.
Merkmale
Die Maße und Gewichte von Wölfen unterliegen aufgrund des ausgedehnten Verbreitungsgebietes starken Schwankungen:
- Die größten Wölfe (Verbreitung in Waldzonen Lettlands, Belorußlands, Alaskas und Kanadas) erreichen eine Kopfrumpflänge von bis zu 160 cm, der Schwanz ist zusätzlich bis zu 52 cm lang. Bis zur Schulter steht er etwa 80 cm hoch, sein Gewicht beträgt bis zu 80 kg.
- Die kleinsten Wölfe leben im Vorderen Orient und auf der Arabischen Halbinsel; ihre Körperlänge beträgt etwa 80 cm bei einem Gewicht von rund 20 kg und einer Schwanzlänge von etwa 29 cm.
Die Gesamtkörperlänge der Weibchen beträgt durchschnittlich 87-98% der von Rüden, das Durchschnittsgewicht 80-85%.
Die Färbung ist sehr variabel. Der in Nordamerika verbreitete Name "Gray Wolf" weist darauf hin, dass diese Wölfe ein graues Fell haben, doch obwohl das Beigegrau (sog. graue Phase) die häufigste Fellfarbe ist, gibt es eine Vielzahl weiterer. Im arktischen Norden gibt es vollkommen weiße Wölfe (sog. weiße Phase), und ebenfalls nicht selten sind vollkommen schwarze Wölfe (sog. schwarze Phase).
Lebensraum
Der Wolf war bis zur Entwicklung von Land- und Herdenwirtschaft das am weitesten verbreitete und erfolgreichste Raubtier der Erde. Er war in ganz Europa und Asien bis nach Nordafrika sowie in Nordamerika verbreitet. In Osteuropa, auf dem Balkan, in Kanada, Sibirien, der Mongolei, und zu einem geringeren Grade dem Iran gibt es größere zusammenhängende Populationen. Ansonsten ist der Wolf heute nur in isolierten Beständen (manche weniger als 100 Tieren) anzutreffen. Diese Populationen werden in verschiedene Unterarten eingeteilt.
Wölfe bewohnen eine Vielzahl von Habitaten. Ihre hohe Anpassungsfähigkeit lässt sie in den Eiswüsten der Arktis ebenso leben wie in den Wüsten Nordamerikas und Zentralasiens. Die meisten Wölfe bewohnen Grasländer und Wälder. Dass sie vor allem als Waldtiere bekannt wurden, liegt daran, dass der Mensch sie frühzeitig aus offeneren Landschaften vertrieben hatte.
Taxonomische Struktur der Art
Nach Bibikow ist die Unterartgliederung bis heute unbefriedigend; seit 1985 gibt es Versuche einer genetischen Revision der Unterarten des Wolfes (Mitochondrial DNA Method).
Zur Untersystematik zählen u.a.:
- Polar- oder Tundrawolf (Canis lupus albus)
- Sibirischer Wald- oder Taigawolf (Canis lupus lups und Canis lupus altaicus)
- Kasachischer Wolf (Canis lupus desertorum, Canis lupus campestris)
- Südlicher Wolf (Sammelgruppe aus Canis lupus lupus, Canis lupus desertorum, Canis lupus campestris und Canis lupus cubanensis)
Lebensweise
Verhalten und soziale Organisation
Obwohl man auch einzelne Wölfe in der Wildnis antrifft, ist die normale Sozialordnung des Wolfes das Rudel, besonders in den Wintermonaten. Das Wolfsrudel wird von einem Alpha-Paar geleitet, das in der Regel die Nachkommen des Rudels zeugt. Neben der Gruppe nachgeordneter Tiere findet sich oft ein schwaches Tier in der Rolle des "Prügelknaben" oder Omega-Wolfs. Diese Tiere wandern in der Wildnis meistens auf der Suche nach Partnern ab, schließen sich später aber gegebenenfalls dem Rudel wieder an. So sind Omega-Wölfe hauptsächlich bei in Gefangenenschaft lebenden Rudeln zu beobachten, da hier keine natürliche Abwanderung möglich ist. Wolfspaare bleiben gewöhnlich zusammen und sind bekannt für die Fürsorge, die sie den Welpen zukommen lassen. Die Tragzeit liegt bei etwa sechzig Tagen, und in einem Wurf befinden sich in der Regel zwischen drei und sieben (manchmal 1-14) Welpen. Mit zwei bis drei Jahren sind Wölfe geschlechtsreif.
Ernährung
Der Wolf ist ein aktives Raubtier an der Spitze der Nahrungspyramide; seine Grundnahrung bilden Huftiere, Schalenwild und Aas, daneben fressen Wölfe auch pflanzliche Nahrung. Der Wolf spezialisiert sich in seinen Nahrungsbindungen auf die im jeweiligen Lebensraum am leichtesten erreichbaren Nahrungsmittel.
Wölfe jagen in ihren nördlichen Verbreitungsgebieten in Zusammenarbeit des Rudels Elche, Hirsche, Rentiere oder Rehe. Sie scheuen sich auch nicht, andere Raubtiere wie z. B. Luchse oder Bären von ihrer Beute zu vertreiben; manchmal jagen und fressen sie auch Füchse. Weiterhin leben sie von kleineren Tieren wie Hasen, Kaninchen und Kleinsäugetiere wie Wühlmäse und Lemminge, die sie alleine jagen. In der Nähe von Menschen schlagen sie auch Schafe oder junge Rinder, teilweise auch Haushunde und Hauskatzen.
In nahrungsarmen Zeiten frisst der Wolf sowohl Aas als auch Abfälle; diese können frisch gerissene Beute gewichtsmäßig erheblich übertreffen.
Vitamine und Spurenelemente nimmt der Wolf nicht nur über den Verzehr pflanzenfressender Beutetiere auf, sondern er frisst auch selbst pflanzliche Nahrung. Zur vollwertigen Nahrung für Wölfe zählen auch Heidelbeeren, Preißelbeeren, Brombeeren, Wildobst sowie Blätter von Seggen und Gräsern.
Die sprichwörtliche Gefräßigkeit des Wolfes gehört ins Reich der Märchen und Legenden; nach aktuellen Forschungen liegt der jährliche Nahrungsbedarf des Wolfes zwischen 500 und 800 kg pro Individuum; der Wolf frisst täglich im Durchschnitt 2 kg, dabei sind aber auch längere Hungerperioden zu berücksichtigen, in denen keine Beute gemacht wird. In Ausnahmefällen kann ein Wolf bis zu 10 kg Fleich auf einmal verzehren, ein Teil davon wird jedoch wieder ausgewürgt und an anderen Stellen als Vorrat verscharrt.
Einzeltiere nehmen die geringsten Nahrungsmengen zu sich; ihre Tagesration liegt etwa bei einem Viertel dessen, was Rudeltiere durchschnittlich zu sich nehmen. Das Nahrungsdefizit wird überwiegend durch kleinere Tiere, Aas oder Haushunde gedeckt.
Jungwölfe verzehren auch verschiedene Insekten, insbesondere Käfer.
Domestizierung
Heute weiß man, dass der Haushund direkt vom Wolf abstammt. Hunderassen wie der Husky oder der Deutsche Schäferhund zeigen eine große Ähnlichkeit zum Wolf, sind aber mit ihm nicht näher verwandt als andere Rassen.
Eine gängige Annahme ist, dass sich vor etwa 14.000 Jahren Wölfe dem Menschen anschlossen, um seine Nahrungsreste zu vertilgen. Mit der Zeit wurden sie zutraulicher, und der Mensch erkannte ihren Nutzen. Eine andere Theorie ist, dass Wölfe zunächst als Fleischlieferanten dienten, ehe man herausfand, dass sie als Haustier anderen Nutzen haben konnten.
Über den Umweg des Haushunds stammt auch der australische Dingo vom Wolf ab.
Volkskunde
In der Mythologie der Römer werden Romulus und Remus von einer Wölfin gesäugt. In der germanischen Mythologie gibt es den Fenriswolf.
Er spielt beim Menschen zwei gegensätzliche Rollen:
Viele Völker, die von der Jagd lebten (Nordeuropa, Nordamerika), sahen im Wolf einen ihnen ebenbürtigen oder überlegenen Konkurrenten, dessen Ausdauer und Geschick bewundert und begehrt waren. Vornamen wie Wolf, Wolfgang oder Wolfhard erinnern an diese Sichtweise.
Dagegen wird der Wolf bei vielen sesshaften Völkern der Feind, der die Nutztiere raubt. (Hütet euch vor den Wölfen im Schafspelz!). So erwirbt er sich den Fabelnamen als blutrünstiger Isegrim. Im Mittelalter wird der Wolf dann dämonisiert, und seitdem wird er auch systematisch verfolgt.
Literarisch tritt der Wolf in vielen Tierfabeln (z. B. des Äsop) und in Märchen auf.
Bekannte moderne Wolfsliteratur stammt von Rudyard Kipling (Die Dschungelbücher) oder Jack London (Ruf der Wildnis, White Fang), siehe auch den einzelgängerischen, allerdings menschlichen Steppenwolf Hermann Hesses.
Forschung
Die wissenschaftliche Beobachtung des Wolfes, die über das Ausmessen gefangener Exemplare, kurzzeitige Beobachtungen und Vermutungen hinausgeht, begann erst Mitte des 20. Jahrhunderts. Sie fanden vorwiegend in Nordamerika statt, da es dort noch große, naturbelassene Gebiete mit gesunden Wolfspopulationen gibt, und da durch populäre Romane und Berichte (etwa Farley Mowats Never Cry Wolf oder Lois Crislers Arctic Wild und Captive Wild) das Bild vom Wolf als dem Untier schon relativiert worden war.
Als eine der wichtigsten frühen Arbeiten gelten heute die von L. David Mech auf der Isle Royale im Lake Superior gemachten Langzeitbeobachtungen. Weitere wichtige Beiträge stammen beispielsweise von Adolph Murie (The Wolves of Mt. McKInley) und Henry S. Sharpe (Wolf and Man: Evolution in Parallel).
Schutz
In vielen Teilen der Welt, wo der Wolf heute (noch) vorkommt, wird er aktiv verfolgt. Allerdings findet man vermehrt die Erkenntnis, dass der Wolf dem Menschen weniger gefährlich ist als allgemein angenommen, und dass der Wolf aus Naturschutzgründen ein willkommener Bestandteil der Fauna sein kann.
In Europa ist der Wolf gleich durch drei Richtlinien geschützt. Dem Washingtoner Artenschutzabkommen (CITES, Convention on International Trade in Endangered Species of the Wild Fauna and Flora) vom 3. März 1973 gehören 152 Staaten an. Es stellt Richtlinien für den Handel mit geschützten Tieren und deren Erzeugnisse auf und schränkt die Ein- und Ausfuhr der Tiere oder Teile dessen (Felle, Schädel, Knochen...) ein. Der Wolf ist hier in Anhang II (gefährdete Tierart) gelistet, einige Subpopulationen sind vom Aussterben bedroht und in Anhang I gelistet.
In der Berner Konvention haben sich 45 Staaten auf die Erhaltung und den Schutz wildlebender Pflanzen und Tiere und ihrer Lebensräume verständigt. Der Wolf ist in Anhang II der Konvention gelistet.
Die FFH-Richtlinien (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, 92/43/EWG) wurde 1992 von der EU in Kraft gesetzt und soll europaweit die Ausweisung und Erhaltung von Lebensräumen und Wildtieren regeln. Der Wolf ist hier in Anhang IV gelistet, sein Lebensraum in Anhang II. Diese Richtlinie ist von allen EU-Mitgliedsstaaten in nationales Recht umzusetzen.
In Deutschland wurde der letzte frei lebende Wolf am 27. Februar 1904 in der Lausitz erschossen. Er war mit 1,60 m Länge und einem Widerrist 80 cm sowie 41 kg Lebendgewicht ein sehr großer Wolf. Da es in der Gegend lange Zeit keinen Wolf mehr gegeben hatte, vermutete man erst hinter dem gerissenen Wild ein ausgebrochenes Zirkustier, weshalb er den Spitznamen "Tiger von Sabrodt" (Ort des ersten Auftauchens) erhielt.
Seit den 1990er Jahren sind immer wieder Wölfe über die polnische Grenze nach Deutschland eingewandert und hielten sich bevorzugt auf Truppenübungsplätzen auf. Obwohl sie streng geschützt sind, wurden sie immer wieder von Jägern geschossen - angeblich wegen Verwechslungen mit wildernden Hunden. Trotzdem sind die ersten Wölfe in Sachsen schon heimisch geworden. Sie sind noch extrem bedrohte Seltenheiten, doch es scheint inzwischen möglich, dass der Wolf in Deutschland wieder heimisch wird. Insgesamt ist der Wolf wieder in vielen europäischen Ländern auf dem Vormarsch z.B in: Italien, Frankreich, Österreich, Spanien, Slowenien, Kroatien, Schweiz.
Die im Juli 2002 aus einem Wolfsgehege bei Klingenthal in Sachsen entwischte Wölfin "Bärbel" wurde am 19. Januar 2003 in Niedersachsen erlegt und löste zahlreiche Diskussionen aus.
Sonstiges
Dicht verwandt mit dem Wolf sind der Rotwolf (Canis rufus) aus Nordamerika (der vielleicht eine Hybride aus Wolf und Kojote darstellt), der Kojote (Canis latrans) und der Äthiopische Wolf (Canis simensis). Um den eigentlichen Wolf von diesen zu unterscheiden, wird er manchmal auch als Grauwolf bezeichnet - diese Bezeichnung ist allerdings im englischen Sprachraum ("Gray Wolf") verbreiteter als in der deutschen Sprache.
Der Mähnenwolf (Chrysocyon brachyurus) sowie der im frühen 20. Jahrhundert ausgestorbene australische Beutelwolf (Thylacinus cynocephalus) sind keine echten Wölfe.
Der Wolf ist Tier des Jahres 2003.
Siehe auch
Literatur
- Dimitrij I. Bibikow: Der Wolf (Die neue Brehm-Bücherei ; 587 ; 3. Aufl.) Westarp Wissenschaften, Hohenwarsleben: 2003. ISBN 3-89432-380-9
Weblinks
- Deutsche Wolfsgemeinschaft
- Gesellschaft zum Schutz der Wölfe
- International Wolf Center (auf Englisch)
- "Wolfpark" in Battle Ground, Indiana, USA (auf Englisch)