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Äon (Theologie)

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Der aus dem Griechischen stammende Begriff Äon (gr. Aion) wird sowohl in der Geologie als auch in der Theologie verwendet:

Geologie

Ein Äon ist die gröbste Zeiteinteilung, die Geologen in der historischen Geologie vornehmen.

Je nach Autor werden verschieden viele Äonen unterschieden, das jüngste Äon, das Phanerozoikum, ist dabei am wenigsten umstritten.

Gliederung

Äonen und Ären

siehe auch geologische Zeitskala


Theologie

Ursprungsbedeutung

Im klassischen Griechisch hat αιων die Bedeutungen Zeitalter bzw. Lebenszeit.

In semiprofessionellen Wörterbüchern, wie dem "Langenscheidt Großwörterbuch Altgriechisch-Deutsch (Menge-Güthling)", wird außerdem die inhaltlich entgegengesetzte Zusatzbedeutung "Ewigkeit" (Zeitlosigkeit, Überzeit) angegeben. Trotz dieser angegeblichen Doppelbedeutung des Substantivs haben αιων abgeleiteten Adjektiva αιωνιος und αιδιος angabegemäß ausschließlich die Bedeutung "ewig". Diese Deutung ist fraglich, da ein Begriff, der zwei entgegengesetzte Bedeutung haben darf, nie für sich selbst eine klare inhaltlich Aussage machen kann, sondern genauso gut das Gegenteil ausdrücken könnte - es wäre ein in der Geschichte der Sprache einmaliger Fall. Die alleinige Festlegung der Bedeutung des Adjektivs auf die weniger gebräuchliche und kaum gesicherte Variante "Ewigkeit" des Subjektivs erscheint ebenfalls obskur.

Im "Liddell-Scott", dem heute meist benutzten griechischen Wörterbuch mit wissenschaftlichem Anspruch, wird dann auch bestätigt, dass "aion" ursprünglich nur im Sinne eines Zeitraums verwendet wurde.

In der Septuaginta wurde mit "eis aiona aionos" übersetzt, was in lateinischen Übersetzungen mit "per saecula saeculorum" übertragen wurde. Unbestritten ist, dass "saecula" ein Zeitraum und keine Endlosigkeit ausdrückt. Die Übersetzer haben sich die Zeit also als eine Abfolge einzelner Zeitabschnitte (Äonen) vorgestellt.

Ins Deutsche ist diese Vorstellung durch die Verwendung des Plurals eingegangen (Es kann die Spur von meinen Erdentagen nicht in Äonen untergehen - Goethe: Faust II).

Übersetzung in diskordanten Bibelübersetzungen

Der Begriff αιων wird im griechischen Grundtext des Neuen Testaments rund 100-mal verwendet, das Adjektiv αιωνιος rund 70 Mal, das Adjektiv αιδιος zwei Mal.

Diskordante Bibelübersetzungen übersetzen αιων teils im Sinne eines begrenzten Zeitraums (beispielsweise "Welt" oder "Zeitalter" in der Übersetzung nach Martin Luther in Mat. 12:32; Mrk. 10:30; Luk. 18:30; Röm. 16:25; 1.Kor. 10:11, Eph. 1:21; 3:21; Kol 1:26; 1.Tim. 1:17, 2.Tim. 1:9; Heb. 9:26) wie auch mit Ewigkeit.

Beim Vergleich solcher Übersetzungen mit den Auslegungen griechischsprachiger Kirchenväter (zum Beispiel Johannes Chrysostomos) ist ersichtlich, dass die Unterscheidung Zeitalter und Ewigkeit in beiden Fällen übereinstimmt, gleichwohl keine objektive Regel zur Entscheidung zwischen den angeblichen Varianten erkennbar ist. Die Geschichte der Bibelübersetzung zeigt aber auch ganz andere, unterschiedliche Handhabungen, z.B. von Hieronymus und später Wycliff.

Die ursprünglich dem Begriff Aion nicht innewohnende Zusatzbedeutung wurde nach Meinung von Kritikern nur an bestimmten Stellen verwendet, um vorher festgelegt theologische und philosophische Überzeugungen (zum Beispiel "ewige" Qual in einer Hölle der katholischen Kirche z.B. nach dem Edikt contra Origenes oder die Theorie des "ewigen" Lebens der Seele nach Platon) mit freien Bibelübersetzungen begründen zu können. Kritiker meinen, dass durch eine derartig willkürliche Übersetzung wesentliche Aussagen der Bibel ohne ausreichende Basis ins Gegenteil verkehrt wurden.

Übersetzung in konkordanten Bibelübersetzungen

Konkordante Bibelübersetzungen verwenden möglichst gleiche Übersetzungen für gleiche Ursprungsbegriffe. Auch die grundtextgetreue Elberfelder Übersetzung übersetzt so, bzw. weist in den Fussnoten darauf hin.

Die logisch zwingende Verwendung von Aion in der Bibel als begrenzter Zeitraum wird in konkordanten Übersetzungen auch auf unklarere Stellen bezogen und daher überall so definiert. Die angebliche Wortbedeutung "Endlosigkeit" ergibt sich für sie nirgends aus der Verwendung des Begriffs in der Bibel. "Äonisch" meint dann in der Sicht konkordanter Übersetzer logischerweise auch ausschließlich "auf Äonen bezogen", also auf begrenzte Zeiträume.

Kritiker konkordanter Bibelübersetzungen weisen darauf hin, dass sie nicht die Übersetzung als Äon bzw. äonisch als falsch ansehen, dass aber in ihrer Sicht die willkürliche Festlegung von einer einzigen möglichen Definition von Äon dem Griechischen nicht entspricht und so zu Lehren führt, die dem allgemeinen christlichen Konsensus widersprechen.

Für Vertreter der konkordanten Methode ist das Kriterium für die Richtigkeit einer Bibelübersetzung nicht die Übereinstimmung mit Kirchendogmen, die vor der Übersetzung schon feststanden.

Dispensationalismus

Im Dispensationalismus, wie er beispielsweise von John Nelson Darby (Mitautor der Elberfelder Übersetzung) entwickelt wurde, haben sich einige christliche Gemeinschaften auf bestimmte Zeiträume der Heilsgeschichte festgelegt, die auch weitere feinere Unterteilungen enthalten. Diese Zeiträume, englisch dispensations, werden im Deutschen als Haushaltungen (griechisch: "oikonomia") bezeichnet. Mehrere Haushaltungen bilden dabei ein Äon.

Äonenplan, angelehnt an Darby

Ein neuer Äon beginnt in der Bibel mit der völligen Auflösung alter Ordnungen (Äon wird mit Welt, gr. kosmos = "Geordnetes" gleichgesetzt, Eph. 2:2), wie beispielsweise mit der Flut oder dem Beginn des 1000-jährigen Reichs.

In der Bibel gibt es:

  • einen Zustand "vor den Äonen" (1. Kor. 2:7; 2. Tim. 1:9; Tit. 1:2) und
  • nach dem jetzigen Äon noch weitere kommende Äonen (Eph. 2:7)

Folgende Einteilung wird oft gesehen:

  • 1. Äon: Die ehemalige Welt (2. Petrus 2:5, 3:6) Ende: Flut (1. Mose 7,8; 2. Petrus 2:5, 3:6)
  • 2. Äon: Der nunmehrige Äon (1. Tim. 6:17; 2. Tim. 4:10; Tit. 2:12), dieser Äon (2. Kor. 4:4; Eph. 2:2; Gal. 1:4), diese Welt (1. Kor. 7:3; Joh. 8:23; Eph. 2:2) Ende: Tag des Zorns (Off. 4-19; Mat. 24; 2. Thess. 1:7-10)
  • 3. Äon: Der zukünftige oder kommende Äon (Eph. 1:21; Heb. 6:5; Luk. 18:30; Mrk. 10:30; Mat. 12:32), das 1000-jährige Königreich Christi auf Erden (Off. 11:15; 20:1-6) Ende: Großer weißer Thron (Offb. 20:11-15), Letzter Tag (Joh. 12:47-50), Himmel und Erde im Feuergericht (2. Petrus 3: 7-12)
  • 4. Äon: Neue Himmel und eine neue Erde (2. Petrus 3:13; Offb. 21:1; Jes. 65:17; 2. Kor. 12:2); Der Abschluss der Äonen (Heb. 9:26; 1. Kor. 10:11), Die Vervollständigung der Fristen (Eph. 1:10), Der Äon der Äonen (Eph. 3:21),

Der Äon des Äons (Heb. 1:8; Psalm 10:16) Ende: Alle Menschen leben (1. Kor. 15:28; Römer 11:36)

Somit sind also drei Äonen gesichert, oft werden aber auch fünf oder noch mehr gesehen.