Rollei 35
Die Rollei 35 wurde 1966 von der Firma Rollei als damals kleinste Kleinbildkamera der Welt vorgestellt. Kaum größer als eine Zigarettenschachtel (Höhe 9,7 cm * Breite 6 cm * Tiefe 3,2 cm, ca. 375 g) war sie eine Revolution zu ihrer Zeit. Bis heute ist sie die kleinste vollmechanische Kamera für handelsübliche Kleinbild-Filmpatronen. In etwa 30 Produktionsjahren wurden – alle Modelle zusammengenommen – ca. 3 Mio Exemplare hergestellt.
Prototyp
Erste Überlegungen
Als um 1960 Kleinstbildkameras für 16 mm-Film aufkamen, befand Heinz Waaske, der Chefkonstrukteur des Kameraherstellers Wirgin, dass sich die Kunden zwar eine solch kleine Kamera, nicht aber das Kleinstbildformat wünschten. Waaske hatte eine so winzig wie irgend möglich konstruierte Kamera für das volle Kleinbildformat vor Augen, also weder für 16-mm-Schmalfilm, noch für das Halbformat, wie beispielsweise bei bei der weitverbreiteten Olympus Pen. Das Gehäsuevolumen sollte bei etwa einem Drittel einer Kleinbildkamera der 1960er Jahre liegen. Die Vorteile einer derartigen Konstruktion:
- Der Kleinbildfilm war im Gegensatz zu speziellen 16 mm-Patronen weltweit problemlos verfügbar. Diese Situation änderte sich erst nach 1972 mit dem extrem erfolgreichen Pocketfilm.
- Dias einer 35 mm-Kompaktkamera ließen sich gemeinsam mit jenen einer Kleinbild-Spiegelreflexkamera vorführen. Das machte sie zur idealen Zweitkamera für Fotoamateure.
- Klein- war dem Kleinstbildformat durch die größere Fläche in der Qualität überlegen.
- Bei raffinierter, allerdings technisch anspruchsvoller Konstruktion würde eine Kleinbild- kaum größer als eine 16 mm-Kamera ausfallen.
Entwicklung
Waaske begann 1962 in seinem Wohnzimmer, die Teile für solch eine Kamera zu zeichnen, um sie dann im Wirgin-Modellbau fertigen zu lassen. Das Objektiv gestaltete er mit einem Gleittubus komplett versenkbar, wobei er von der schon seit der Urleica üblichen 50 mm Brennweite abwich, um ein dünneres Gehäuse zu bekommen. Er wählte 40 mm, also ein leichtes Weitwinkel, was bis dahin vollkommen unüblich war, dann aber auch bei vielen anderen Sucherkameras vorkam. Da Waaske für eine Privatkonstruktion nicht die finanziellen Möglichkeiten hatte, eine Objektivrechnung in Auftrag zu geben, wählte er das dreilinsige Cessar f/3,5, 40 mm der Firma Steinheil & Söhne aus München. Da es sich um einen Zulieferer von Wirgin handelte, konnte er problemlos Muster davon bekommen. Das Cessar war das einzige käufliche Objektiv für das Format 24 x 36 mit ausreichend kleinen Abmessungen.
Das versenkbare Objektiv ließ keinen herkömmlichen Verschluss zu, da diese einen viel zu großen Durchmesser aufwiesen. So erfand Waaske einen geteilten Verschluss: Die Lamellen befanden sich Objektiv, waren also verschiebbar, während sich die Antriebsmechanik fest im Kameragehäuse befand. Die Verbindung zwischen den beiden Teilen übernahmen Wellen, wobei das Objektiv nur mit gespannten Verschluss eingefahren werden konnte und die Lammellen dann auskuppelten. Für diese Konstruktion erhielt Waaske ein Patent. Darüber hinaus wich auch die besonders platzsparende Filmführung von den gängigen Konstruktionen ab.
Als Belichtungsmesser baute Waaske ein Modell mit Selenzelle von Metrawatt ein, wobei es sich ebenfalls um ein Wirgin-Zulieferer handelte. Die Belichtungssteuerung geschah per Nachführmessung, auch alle verbesserten Modelle verzichteten auf eine Belichtungsautomatik. Die kompakte Filmführung führte dazu, das der Aufzugshebel an der linken und die Rückspulkurbel an der rechten Gehäuseunterseite lag (anstatt Aufzugshebel oben rechts und Kurbel oben links). Der Filmwechsel geschah nicht durch Öffnen einer Klappe, sondern durch Entfernen des kompletten Rückteils, wozu es sich nach unten abziehen ließ.
Vermarktung
Dem Ergebnis maß bei Wirgin allerdings keinerlei Bedeutung bei, da man die Fotogeräteproduktion einstellen und die Firma schließen wollte. Auch bei Leitz und Kodak zeigte man sich desinteressiert. Waaske wechselte aufgrund des bevorstehenden Firmenendes zu Rollei nach Braunschweig. Dort begann er im Januar 1965, er präsentierte seinen Prototypen aufgrund der schlechten Erfahrungen erst im März, woraufhin der Geschäftsführer Dr. Peesel die sofortige Serienentwicklung anordnete, mit dem Ziel, das fertige Produkt auf der Photokina 1966 vorzustellen. Peesel hatte vor seiner Zeit bei Rollei schon mit verschiedenen Leicas fotografiert, wodurch ihm die Vorzüge des Kleinbildfilms geläufig waren.
Serienmodell
Entwicklung
In Braunschweig musste die Kamera zuerst auf Teile der Rollei-Lieferanten umgebaut werden, mit Metrawatt und Steinheil unterhielt man keine Geschäftsbeziehungen. Als Objektiv sollte nun ein hochwertiges Vierlinser eingesetzt werden, wozu Zeiss den Auftrag für eine Rechnung erhielt. Lieferant des Belichtungsmessers wurde Gossen, auch hierbei stand eine hochwertigere Lösung zur Diskussion: Im August erörterte man über die Frage, ob ein Selen oder ein Cadmiumsulfid (Cds) Belichtungsmesser zum Einsatz kommt. Für die Cds-Lösung sprach das die modernere Aussehen eines kleinen Lichtsensors, das robustere Messwerk und das werbewirksam zu verwendene „Cds“. Eine Selenlösung war hingegen etwa 3,50 DM billiger, mangels Einschalter weniger störanfällig und kam ohne Batterie aus. Gossen gab für beide Lösungen den gleichen Messbereich an. Schließlich entschied man sich für die moderne Lösung.
An der Formgestaltung brauchte nur wenig geändert werden, da Waaske mit der Anordnung des Zeit- und Blendenrades rechts und links vom Objektiv unwissentlich bereits das Aussehen der zweiäugigen Rollei aufgegriffen hatte. Der Rollei-Designer Ernst Moeckl überarbeitete aber noch das Gehäuse und änderte insbesondere den Kantenradius, damit die Kamera kleiner erschien. Im Inneren musste Platz für eine Batterie vom Typ PX 13 geschaffen werden, außerdem ging man vom Rückspulknopf auf eine Kurbel über und man versah den Zubehörschuh mit einem Mittelkontakt für Elektronenblitze. Dieser Schuh fand seinen Platz an der Bodenplatte. An der Oberseite ließ er sich wegen des darunterliegenden Belichtungsmessers und Getriebes nicht stabil befestigen, wodurch der Gehäusedeckel bei den damals noch schweren Blitzgeräten hätte Schaden nehmen können. Als Namen hat man zunächst an Rollei Privat gedacht und auch die ersten Entwürfe so graviert, erst im März 1966 entschied Dr. Peesel, alle Kameras nach ihrem Filmformat zu benennen, woraufhin sich die Bezeichnung 'Rollei 35' ergab.
Die Produktion lief im Juli 1966 mit der Nullserie an, die ersten Prospekte zeigten aber noch Kameras mit Auslöseverriegelung und Batterieprüftaste. Erstere erwies sich als überflüssig, da bei eingefahrenen Objektiv sowieso nicht ausgelöst werden konnte, letztere ließ man aus Gründen der Zuverlässigkeit - elektrische Kontakte konnten leicht versagen - entfallen. Es hatte sich gezeigt, dass die Batteriespannung am Lebensende rapide abfiel und dadurch kaum Fehlbelichtungen zustande kamen. Ebenso entfiel der Schalter für den Belichtungsmesser. Der Belichtungsmesser ist immer - auch bei eingefahrenem Objektiv - eingeschaltet. Bei Aufbewahrung der Kamera in der Bereitschaftstasche wird der Sensor durch die Tasche abgedunkelt, es fließt kein Strom und die Batterie hält viele Jahre.
Produktion
Der Nullserie von 50 Stück folgten 200 Kameras als Verkaufsmuster und für Testzwecke. Ende 1966 konnten 900 reguläre Modelle gebaut werden, 1967 lief die Produktion dann mit einer Stückzahl von 1.000 monatlich. Noch bis August trug die Rollei 35 den ungewöhnlichen Schriftzug Made in Germany by Rollei - Compur- Gossen - Zeiss, fortan nur noch Made in Germany by Rollei. Weitere Änderungen des ersten Jahres waren Kunststoff-Aufwickelspule und Rückwickellager, v-förmiger Griff an der Rückwand und Verdrehsicherung für die Filmpatrone. Im September 1968 verhinderte ein spezieller Linsenkitt die bisherige UV-Durchlässigkeit des Tessars.
Singapur
Nach Gründung von Rollei Singapur ist unverzüglich die Verlagerung der Rollei-35-Produktion vorbereitet worden. Da es in Singapur keinerlei Infrastruktur gab, mussten dort möglichst sämtliche Teile gefertigt werden, Zulieferungen waren nur aus Japan oder eben Europa möglich. Die Kameras sind mit Made in Singapore graviert worden. Nun kamen Lizenzfertigungen („Made by Rollei“) anstatt der originalen Zeiss Objektive, sowie Nissei-Belichtungsmesser und Copal-Verschlüsse (beides japanische Hersteller) zum Einsatz. Der Verkaufspreis sank durch die günstigen Lohnkosten kontinuierlich. Dies fiel allerdings nicht weiter auf, da andere Kameras ebenfalls günstiger wurden, allerdings im Gegensatz zur Rollei durch zunehmende Elektronik.
Entfernungsmessung
Die Entfernung musste bei allen Rollei 35 geschätzt werden, man konnte allenfalls einen externen Entferungsmesser verwenden, im Rollei-Zubehörprogramm gab es dergleichen aber nicht. Dies erschien grundsätzlich nicht ungewöhnlich, verhielt es sich doch bei den allermeisten Sucherkameras ebenso. Wollte man aber im Bereich bis etwa 5 m das besonders scharf abbildende Objektiv voll ausnutzen, empfahl sich allerdings eine präzise Einstellung. Aus diesem Grund dachte man schon um 1970 bei Rollei an eine eingebaute Messeinrichtung, jedoch konnte man im Gehäuse selber keine zusätzlichen Teile mehr unterbringen. Deswegen entsann man sich an den Drehkeil-Entfernungsmesser, der in der Vorkriegszeit häufiger vorkam. Dabei handelte es sich um eine am Objektiv befindliche Einrichtung. Es blieb aber bei Prototypen, die Produktionsverlagerung nach Asien ließ keine Kapazitäten für eine Serieneinführung frei und dann geriet das Vorhaben wieder in Vergessenheit.
Konkurrenzmodelle
Obwohl Heinz Waaske schon 1962 mit den ersten Zeichnungen begann, kam ihm kein anderer Hersteller mit einer vergleichbaren Konstruktion zuvor. Sogar nach Erscheinen der Rollei 35 dauerte es noch lange Zeit, bis ein Konkurrenzprodukt erschien. 1974 brachte Minox mit der Minox 35 EL eine nochmals geringfügig kleinere Kamera heraus, ebenfalls mit versenkbarem Objektiv. Minox erreichte die erneute Verkleinerung durch die fortgeschrittene Technik, sowohl beim Kunststoffgehäuse, wie auch bei der elektronischen Verschlusssteuerung. Minox hatte aber große Probleme mit der Zuverlässigkeit, was sich erst mit der nachfolgenden GL besserte, und setzte zudem ausschießlich ein vierlinsiges Objektiv Minotar (siehe Tessar) mit f/2,8 ein. Demgegenüber bot Rollei mit fünf Linsen bei f/2,8, aber auch schon mit vier Linsen bei nur f/3,5 eine bessere Abbildungsleistung. Diese beiden Punkte führten dazu, dass die Rollei 35 während der gesamten 1970er Jahre treue Anhänger hatte, obwohl die Minox 35 Modelle spürbar leichter waren. Erst 1979 kam mit der Olympus XA ein überlegener Konkurrent heraus. Die XA lag mit ihrer Größe zwischen Minox 35 und Rollei 35, besaß eine Zeitautomatik und einen Entfernungsmesser. Ihr sechslinsiges Objektiv lieferte eine ebenso einwandfreie Qualität, wie jenes der Rollei.
Weiterentwicklungen
Rollei 35 S


Aufgrund des großen Erfolgs plante man bereits Ende 1967, ein Luxus- und ein Einsteigermodell der Rollei 35 zu schaffen. Wegen der Produktionsverlagerung nach Singapur (siehe Singapur) kam man aber erst 1971 dazu, Zeiss mit der Berechnung eines Fünflinsers zu beauftragen. Dieses Sonnar f/2,8, 40 mm sollte zum einfachen Einbau in den verschiebbaren Tubus ebenfalls eine Frontlinsen-Entfernungseinstellung aufweisen. Es sollten sich beim Fokussieren nur die beiden vorderen Linsen bewegen. Das fertige Objektiv bildete im Nahbereich aber nicht akzeptabel scharf ab, wodurch sie die Serienfertigung um ein ganzes Jahr verzögerte. Man stoppte das Projekt und Zeiss konstruierte ein neues Objektiv mit Gesamtverstellung. Der Entwicklungsleiter Reinhold Weiß sagte dazu: Wir sind durch diese Maßnahme in eine prekäre Situation mit starken Verlusten gekommen. Für die Mitarbeiter der Entwicklung entsteht die Lehre, künftig auch von Carl Zeiss kommende Objektive rechtzeitig mit größerer Skepsis zu prüfen. Die Werkzeuge für den neuen Verschluss baute Prontor in Calmbach. Diese Zeiss-Tochter hatte auch die Fertigung des bisherigen Verschlusses von Compur (ebenfalls Zeisss-Tochter) übernommen.
Rollei 35 T
Mit der 35 S (für Sonnar) erhielt die bisherige 35 die Bezeichnung 35 T (für Tessar), ohne das sich sonst etwas an ihr änderte. Diese Kamera hat man auch mit dunkelgrünen Leder beklebt, wofür sich aber keine Abnehmer fanden. Eine Jeans-Ausführung mit entsprechender Tasche verwarf man hingegen, da der Stoff stark ausfranste.
Rollei B 35 und C 35
Das Einsteigermodell mit dreilinsigen Objektiv Triotar gelangte bereits im Oktober 1969 in den Handel, ihm gingen zwei Konzepte voraus. Zunächst fragte man bei Compur nach einem Verschluss mit dem eingeschränkten Zeiten von 1/30 s bis 1/125s, der aber nicht billig genug war. Daraufhin kam es zu einem ersten Entwurf mit feststehenden Tubus. Der lichtdichte Gleittubus musste nämlich aufwendig gedreht werden und gehörte damit zu den teuersten Teilen der ganzen Kamera. Ein weiterer Entwurf behielt den Gleittubus bei und beschränkte sich auf einen Selen-Belichtungsmesser. Hierzu gab man schon Anfang 1968 einen flachen Aufsteck-Belichtungsmesser bei Gossen in Auftrag, schließlich baute man ihn doch in die Kamera ein. Diese nannte sich B 35, das Pendant ohne Belichtungsmesser hieß C 35, wobei das B für Belichtungsmesser und das C für Compaktkamera stand. Selbstverständlich hat man auch das Innenleben unter Verwendung von mehr Kunststoffteilen für den Filmtransport einfacher gehalten. So gab es auch nicht die Einstellräder am Gehäuse: Die Blende war, wie von anderen Kameras gewohnt, direkt am Objektiv zu wählen. Für die Belichtungszeit gab es ein direkt am Gehäuse montiertes Rad, welches ebenfalls am Tubus lag. Dadurch stand das eingezogene Objektiv etwas weiter hervor, als bei der 35 T. Das bisherige Zubehör konnte verwendet werden, es handelte sich um Deckel, Gegenlichtblende mit Steckfassung, Tasche und die Filter mit Gewinde M 25 x 0,5. Kleine Mengen dieser Kameras sind auch mit grobgenarbter Kunststoffbelederung in den Farben rot, orange, braun, blau und weiß entstanden, diese Ausführungen fanden aber so gut wie kein Interesse. Die Rollei B 35 ist zum Januar 1976 in 35 B umbenannt worden, um der einheitlichen Rollei-Bezeichnung zu folgen.
Rollei 35 LED
Rollei Singapur, dort gab es keine eigene Entwicklungsabteilung, hatte in Deutschland die Genehmigung für eine geänderte 35 B eingeholt. Da in Braunschweig der Grundsatz propagiert wurde, die asiatischen Mitarbeiter zu achten, ließ man sie gewähren. So schuf man dort die Rollei 35 LED, bei welcher eine inzwischen kostengünstig verfügbare Elektronik den Selenbelichtungsmesser ersetzte. Die Modellbezeichnung LED resultiert aus den drei Leuchtdioden im Sucher, welche Über- korrekte und Unterbelichtung anzeigten. Im Oktober 1977 erschien das erste Datenblatt und im Januar 1978 lief die Nullserie an. Nachteilig an dieser Kamera war, dass die Elektronik bei verpolt eingesetzer Batterie Schaden nahm und das der Belichtungsmeser mit einem Schalter dauerhaft aktiviert wurde. Vergaß man das Abschalten, dann hatte dies eine leere Batterie zufolge, da die 10 mA Stromaufnahme nur eine Batterielebensdauer von 15 h ergab – an dieser Stelle war man in Braunschweig zu unachtsam. Erst im August kam ein verbessertes Modell mit Belichtungsmessung durch Antippen des Auslösers.
Rollei 35 TE und 35 SE
Bei der ursprünglichen Konstruktion ließ sich die Belichtung nicht im Sucher kontrollieren, man musste die Kamera vom Auge nehmen und das Messwerk auf ihrer Oberseite betrachten. Dies war zwar nicht wirklich hinderlich, da auch die Entfernungseinstellung (mangels Entfernungsmesser) in dieser Haltung von statten ging; dennoch gab es bei Rollei schon früh Überlegungen zu einer Belichtungsanzeige im Sucher. Eine Zeigerdarstellung verwarf man aus Platzgründen aber rasch wieder und an eine Darstellung mit Leuchtdioden war zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich. So erschienen erst im Sommer 1979 die beiden Modelle 35 TE und SE, wobei das E für Elektronik stand. Diese Elektonik benötigte mehr Strom und somit eine größere Batterie. Der Typ PX 27 mit 5,6 V fand dort Platz, wo bisher das Messwerk lag, die Leiterplatte mit der Elektronik baute man im ehemaligen Batterieraum ein. Ein zweistufiger Auslöser aktivierte bei leichtem Drücken den Auslöser, dann bildeten die drei Leuchtdioden im Sucher eine Leuchtwaage, mit der man die passende Kombination aus Blende und Zeit finden konnte. Dieses System funktionierte einwandfrei, dennoch sind früheren Modelle heute gefragter.
Rollei 35 SA und 35 System (Prototypen, die nicht mehr in Serie gingen)
Im Herbst 1979 begannen umfangreiche Umkonstruktionen: Die Rollei 35 sollte nun entsprechend der Konkurrenz eine automatische Belichtungssteuerung erhalten. Hierzu sah man eine Blendenautomatik vor, das bisherige Zeiteinstellrad erhielt deswegen nur noch die Positionen Automatik, Belichtungskorrektur (in mehreren Stufen) und Blitzsynchronzeit. Dafür konnte der vollmechanische Verschluss nicht mehr verwendet werden, weswegen eine Konstruktion mit Haltemagnet folgte, welche auch die Belichtungszeit von 0,5 s auf 2 s ausdehnte. Da es für eine konventionelle Elektronik nicht genügend Platz bereit stand, ließ man einen maskenprogrammiertes IC entwerfen, das sämtliche Funktionen steuerte. Für einen Mischbildentfernungsmesser im Sucher reichte der durch die entfallende Mechanik neu gewonnene Platz gerade so eben aus, er musste aber sehr präzise gefertigt werden. Schließlich sah sich Singapur dazu doch nicht in der Lage, woraufhin er wieder entfiel. Im Blitzschuh gab es einen der beiden Steuerkontakte des Beta 5 F vom SL-35-System. Damit konnte die Blitzbereitschaft im Sucher angezeigt werden. Ursprünglich erwog man sogar, einen eigenes Blitzsystem für die Rollei 35 zu entwickeln.
Am 10. April 1982 stoppte Dr. Otto Stemmer (siehe Rollei) das Projekt. Nachdem er aber von den zahlreichen bereits erstellten Werkzeugen für die neue Kamera erfuhr, ging die Entwicklung am 21. April weiter. Nun sollten aber nur noch weitere Werkzeuge für die Funktionsteile geschaffen werden: Obwohl die Absprachen nur gemeinsame Entscheidungen vorsahen, entschied Dr. Stemmer im Alleingang ein neues Gehäuse. Hierfür bat er die Designerin Vivian Grey, mit der er schon bei Agfa zusammengearbeitet hatte, um ein zeitgemäßes Erscheinungsbild. So kam es zu einem Kunststoffgehäuse mit großen Verrundungen, das viel mehr den Eindruck einer billigen Einfachkamera vermittelte, denn feinmechanischer Präzision. Dr. Stemmer gab am 15. Mai 1982 die Designmodelle frei und verlegte die Markteinführung von April auf Januar 1982 vor, obwohl 7 Monate für Konstruktion, Werkzeugfertigung und Produktionsanlauf keinesfalls ausreichten. Auch blieb die Finanzierung der zusätzlichen Kosten für das neue Gehäuse ungewiss. Das Vergleichsverfahren beendete dann alle Arbeiten für eine neue Rollei 35.
Parallel zur 35-SA-Entwicklung schuf man auch Pläne für ein Rollei 35 System, es handelte sich um eine neue Rollei 35 im Kunststoffgehäuse mit wertvoller Anmutung, an die sich ein Motorantrieb, eine Datenrückwand und zwei verschieden große Systemblitzgeräte ansetzen ließen. Um auf einen Motor und eine größere Batterie verzichten zu können, fuhr das Objektiv unverändert manuell aus, allerdings ähnlich der Minox 35 mit Bewegen einer – hier allerdings zweigeteilten – Schutzklappe. Die Belichtungsdaten zeigte ein LCD-Display mitsamt der Entfernungseinstellung im Sucher an.
Erneute deutsche Produktion
Rollei 35 Special Edition
Der Neubeginn am 1. Januar 1982 mit der Rollei Fototechnik sah nur eine Profi-Linie vor, dennoch hat man die Unterlagen über die Rollei 35 nicht vernichtet. Norbert Platt, der Geschäftsführer von 1982 bis 1987 konnte sich sehr für die kleine Kamera begeistern und nahm sie dann auch wieder ins Programm auf. Zunächst legte man eine Special Edition mit platinbeschichten Kappen auf, deren 444 Exemplare aus noch im Lager vorhandenen Teilen entstanden. Den Alleinvertrieb dieser Kameras übernahm das Kölner Fotogeschäft Hansa-Foto.
Rollei 35 Classic
Für eine erneute Produktion konnte man die aus Singapur zurückgekehrten Werkzeuge günstig kaufen – die Rollei 35 bestand aus 580 Teilen, von denen 185 den Verschluss betrafen. Der Konkursverwalter hat zunächst versucht, sie an andere Firmen abzugeben, es bestand aber nirgends Interesse, so dass sie an einen Schrotthändler gingen. Von diesem gelangten sie dann in den Besitz der Rollei Fototechnik. Es handelte sich allerdings um die Werkzeuge für die Kameras mit Leuchtdiodenanzeige im Sucher. Da diese Anzeige weniger beliebt war, konstruierte man wieder eine Kamera mit Zeigerinstrument. Eine weitere Neuerung war der Blitzschuh oben auf dem Gehäuse. Den Verschluss fertigte die Schneider Feinwerktechnik in Dresden. Es sollte sich dabei von vornherein um eine Kleinserie zu einem hohen Preis handeln, was auch der Name 35 Classic ausdrückte. Die ersten Modellen lag eine Tasche mit dem Muster Relief Noir des Münchner Modeherstellers MCM bei, da das steife Material aber größer geschnitten werden musste, gab man dies wieder auf.
Rollei 35 Metric
Für das Metric-System (siehe Rollei) ist im Frühjahr 1991 auch eine Rollei 35 erschienen, die passend für den Anwendungszweck in einer größeren und wasserdichten Kunststoff-Box geliefert wurde. In ihr befand sich unmittelbar vor der FIlmebene eine Gitterscheibe, die 5 Zeilen mit je 7 Gitterkreuzen auf den Film abbildete, welche für die spätere Auswertung dienten. Die 35 Metric ist im Werk speziell kalibriert worden, wobei man die Entfernungseinstellung auf unendlich fixierte, da diese natürlich einen Einfluss auf die Maßgenauigkeit nimmt, auch konnte man das Objektiv nicht einschieben. Den Kameras lag ein Prüfprotokoll bei, das die radialsymetrische Verzeichnung aufführte.
Rollei 35 heute
Die Modelle mit CdS-Belichtungsmesser ohne LED-Anzeige (35, 35 T, 35 S) benötigten eine Quecksilberhaltige Batterie vom Typ PX 625. Diese wird aus Umweltschutzgründen heute nicht mehr hergestellt, es gibt aber kompatible Ersatztypen und die Möglichkeit, die Kamera auf quecksilberfreie Batterietypen umrüsten zu lassen.
Modelle
Reguläre Modelle
Rollei 35 Urmodell
- Produktion bis August 1974
- Objektiv: Tessar f/3,5, 40 mm, Juli72 bis April 73 auch mit S-Xenar der Firma Schneider (nicht im deutschen Katalog angeboten)
- Verkaufspreis zu Beginn: 487 DM, schwarz eloxiert 537 DM
- Verkaufspreis der Singapur-Modelle: 460 DM, schwarz eloxiert 520 DM
- Stückzahl (Made in Germany): 312.000
- Stückzahl (Made in Singapore): 185.000 zzg. 30.000 mit S-Xenar
Rollei 35 S
- Objektiv: Sonnar f/2,8, 40 mm
- Verkaufspreis im Jahr 1976: 470 DM, schwarz eloxiert 496 DM
- Stückzahl: 260.000
Rollei 35 T
- Produktionszeitraum: September 1974 bis Februar 1980
- zur besseren Unterscheidung von der 35 S umbenanntes Urmodell
- Objektiv: Tessar f/3,5, 40 mm
- Stückzahl: 440.000
Rollei 35 TE / SE
- Produktionszeitraum: November 1979 bis September 1981
- neue Modelle mit Tessar bzw. Sonnar Objektiv
- Belichtungsmessung: mit LED Anzeige im Sucher
- Anderer Batterietyp: PX27, Batteriefach von außen zugänglich
- Verkaufspreis zu Produktionsbeginn: 298 DM / 398 DM
- Verkaufspreis Mitte 1982: 248 DM / 298 DM (Abverkauf)
- Verkaufspreis Ende 1983: 198 DM (Abverkauf)
- Stückzahl: 120.000 / 150.000
Rollei B 35 / 35 B
- Produktionszeitraum: Oktober 1969 bis Anfang 1978
- Objektiv: Triotar f/3,5, 40 mm
- Belichtungsmesser: mit Selenzelle
- Verkaufspreis zu Produktionsbeginn: 255,30 DM
- Stückzahl (Made in Germany): 78.000 (stets silber)
- Stückzahl (Made in Singapore): 95.000 (silber), 118.000 (schwarz)
Rollei C 35
- Produktionszeitraum: Oktober 1969 bis Anfang 1971
- Objektiv: Triotar f/3,5, 40 mm
- Belichtungsmesser: ohne
- Verkaufspreis: 222,90 DM
- Stückzahl: 9.200 (nur in Deutschland produziert)
Rollei 35 LED
- Produktionszeitraum: Januar 1978 bis Ende 1980
- Objektiv: Triotar f/3,5, 40 mm
- Verkaufspreis zu Produktionsbeginn: 229 DM
- Belichtungsmesser: Siliziumzelle, Anzeige mit 3 Leuchtdioden (LED)
- Stückzahl: 157.500
Sondermodelle
Rollei 35 Gold
- Produktionszeitraum: November 1970 bis Ende 1971
- Objektiv: Tessar f/3,5, 40 mm
- Belederung: helles Eidesleder
- Gehäusekappen: 24-karätige Goldauflage
- Stückzahl: 1.500
- Verkaufspreis: 1100 DM
- Anlass: 50 Jahre Rollei-Werke Franke & Heidecke GmbH
Rollei 35 S Silber
- Erscheinungsjahr: 1978
- Objektiv: Sonnar f/2,8, 40 mm
- Belederung: silberfarben
- Gehäusekappen: silberfarben
- weitere Besonderheiten: Gravurplättchen für den Besitzernamen, USA-Modelle zusätzlich mit Lorbeerkranz
- Stückzahl: 3.000 zuzüglich 1.500 für die USA
- Anlass: 1 Mio Rollei 35
Rollei 35 S Gold
- Erscheinungsjahr: 1980
- Objektiv: Sonnar f/2,8, 40 mm
- Belederung: Krokolederbezug
- Gehäusekappen: 24-karätige Goldauflage
- weitere Besonderheiten: krokolederner Bereitschaftsbeutel
- Stückzahl: 1.500
- Anlass: 60 jähriges Bestehen der Firma Rollei
Rollei 35 Platin Special Edition
- Produktionszeitraum: September 1986 bis April 1987
- Objektiv: Sonnar f/2,8, 40 mm
- Belederung: Eidechsleder
- Gehäusekappen: platinbeschichtet
- Stückzahl: 444
- Verkaufspreis: 2400 DM
- Anlass: 20 Jahre Rollei 35
Classic-Modelle
Rollei 35 Classic Titan
- Produktionszeitraum: Oktober 1990 bis Ende 1996
- Gehäuse: platinierte Bleche (anstatt der Belederung)
- Gehäusekappen: platinbeschichtet
- Stückzahl: 6.480
- Verkaufspreis: 1.998 DM (2.197 DM im Set mit Blitzgerät)
Rollei 35 Classic Platin und Schwarzmetallic
- Produktionszeitraum: Mai 1992 bis Ende 1995 (schwarz) bzw. 1997 (Platin)
- Objektiv: Sonnar f/2,8, 40 mm
- Gehäuse: platinierte Bleche (anstatt der Belederung)
- Gehäusekappen: platinbeschichtet bzw. schwarz
- Stückzahl: 1.120 (silber), 1.620 (schwarz)
- Verkaufspreis im Set mit Blitzgerät: 2998 DM (silber), 3.600 (schwarz)
Rollei 35 Metric
- Produktionszeitraum: seit April 1991
- speziell kallibriertes Modell für das Metric-System (siehe Rollei)
- Verkaufspreis: 5180 DM
Rollei 35 Classic Gold
- Produktionszeitraum: September 1992 bis Oktober 1993
- Objektiv: Sonnar f/2,8, 40 mm
- Gehäuse: vergoldete Bleche (anstatt der Belederung)
- Gehäusekappen: vergoldet
- Stückzahl: 500
- Verkaufspreis im Set mit Blitzgerät: 4.598 DM
Rollei 35 Classic Jubiläumsausgabe 75 Jahre Rollei
- Produktionszeitraum: Januar bis Dezember 1995
- Objektiv: Sonnar f/2,8, 40 mm
- Gehäuse: mattgelbvergoldete Bleche (anstatt der Belederung)
- Gehäusekappen: gelbvergoldete Bleche
- Stückzahl: 900
- Verkaufspreis im Set mit Blitzgerät und Jubiläumsbuch von Claus Prochnow: 6.500 DM
Rollei 35 Royal
- Produktionszeitraum: Januar 1997 bis Dezember 1998
- Objektiv: Sonnar f/2,8, 40 mm
- Gehäuse: Bleche mit blauglänzender Urushi-Lackierung (anstatt der Belederung), viele vergoldete Teile
- Gehäusekappen: blauglänzende Urushi-Lackierung
- Stückzahl: 200
- Verkaufspreis im Set mit Blitzgerät: 9.950 DM
Patente
- DE 1522254A „Photografische Rollfilmkamera mit ausziehbaren Objektivtubus“ (Anmeldetag: 30. August 1966)
- DE 1522254A „Photografische Rollfilmkamera“ (Anmeldetag: 4. Juni 1965)
Literatur
- Kameras für Millionen, Heinz Waaske: Konstrukteur. Jorgen Eikmann,Ulrich Voigt Wittig Fachbuch 1997 (ISBN 393035956-1)
- Claus Prochnow; Rollei 35 - Eine Kamerageschichte; Appelhans Verlag, ISBN 3-930292-10-6