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Alte Synagoge (Heilbronn)

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Die Heilbronner Synagoge der zentralen Synagogengemeinde der Stadt Heilbronn im Jahr 1894

Die Gedenkstätte Synagoge Heilbronn, mit "Kuppel" (1993) [1] der Künstlerin Bettina Bürkle und Gedenkstein (9. November 1966) [2] soll an die von den Nationalsozialisten am frühen Morgen des 10. November 1938 zerstörte Synagoge in Heilbronn erinnern.

Geschichte

Mittelalter

Haggada (הגדה) (auch Aggada; hebräisch, „Verkündung/Erzählung“)

Um das Jahr 1050 wird urkundlich auch eine bedeutende Judensiedlung in der Judengasse (heute: Lohtorstraße) genannt. In diesem Bereich wurden auch unterirdische Grabanlagen aus dieser Zeit, so genannte Ossuarien, gefunden. Rituelle Bäder sind nachweisbar an der Stelle des Hauses Kieselmarkt 1, zu dem eine unterirdische Verbindung zum Haus der (zweiten) Synagoge in der Lohtorstraße 22 bestand, und in dem früheren Eckhaus Lammgasse/Lohtorstraße 33. Da sich das erstgenannte Bad nahe dem ersten jüdischen Friedhof am Kieselmarkt befand, könnte es sich dabei zuerst um einen Totenwaschraum gehandelt haben, der nach Stilllegung des Friedhofes 1415 in ein rituelles Bad umgewandelt wurde. Dort wurde auch ein Stein mit der Inschrift "Nathan ha parnass" gefunden[1]. Dieser Stein soll aus dem 12. oder 13. Jahrhundert stammen. Ein oberirdischer Judenfriedhof wurde im 13. Jahrhundert unmittelbar am Rathaus angelegt. Im Jahr 1298 werden beim so genannten Rintfleisch-Pogrom 143 Juden ermordet. 1348 kommt es im Zuge der Pest-Epidemie in Europa erneut zu Ausschreitungen gegen die Heilbronner Juden, die Synagoge wird niedergebrannt. Die zweite Synagoge stand an der Stelle des Hauses Lohtorstraße 22. Mit ihrem Bau wurde im Monat Adar (Februar/März) des Jahres 1357 durch Mose, Sohn des Eljakim, begonnen. Sie ersetzte die 1349 verbrannte Synagoge. Nach der Vertreibung der Juden aus Heilbronn kaufte die Stadt 1490 von Kaiser Friedrich die Synagoge und den jüdischen Friedhof für 250 Gulden. Diese Synagoge wird als „einen ganzen Stock aus Stein“ beschrieben. Später soll sie als Färbhaus gedient haben.

Das Stadtrecht unter Karl IV. von 1361 gemahnt den Stadtrat, Juden in der Stadt aufzunehmen. 1371 verleiht Karl IV. Heilbronn die reichsstädtische Verfassung, die auch als paritätische Verfassung gilt. Im Jahr 1415 wurde der Judenfriedhof am Rathaus stillgelegt und von der Stadt sukzessive aufgekauft und überbaut. Als Ersatz entstand ein neuer Judenfriedhof außerhalb der Stadtmauern im Bereich des heutigen Stadthafens. Bereits in der Mitte des 15. Jahrhunderts herrscht in Heilbronn jedoch wieder Missgunst gegen Juden, die ab 1438 Stadtverbot erhielten und aus der Stadt vertrieben wurden. 1469 wurde dieser Beschluss vom Rat der Stadt erneuert und erhielt 1490 auch die Zustimmung Kaiser Friedrichs III. Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde das Stadtverbot für Juden aufrecht erhalten.

Emanzipation und Glaubensfreiheit

Blütezeit

Zentrale Synagogengemeinde der Stadt Heilbronn
Haggada (הגדה) (auch Aggada; hebräisch, „Verkündung/Erzählung“)

Abschnittsweise konnte sich die Heilbronner jüdische Gemeinde emanzipieren: Im Jahre 1830, nach dem Emanzipationsgesetz der Königlich Württembergischen Regierung von 1828, zog der erste jüdische Neubürger namens Veit wieder in die Stadt Heilbronn. Mit den Emanzipationsgesetzen wurden jüdische Bürger rechtlich andersgläubigen Bürgern gleichgestellt und 1868 wurde der heute noch bestehende Judenfriedhof unterhalb des Wartbergs eröffnet, wo im September 1920 eine Gedenktafel für 26 im Krieg gefallene jüdische Mitbürger angebracht wurde. Um 1877 erbaute die inzwischen zu einer blühenden Gemeinde angewachsene jüdische Bevölkerung an der Allee eine eindrucksvolle Synagoge, ähnlich den Synagogen von Nürnberg, Berlin oder Pforzheim, die am 8. Juni 1877 eingeweiht wurde. Das Gebäude war im maurischem Stil mit einer großen Zentralkuppel und vier kleinen Seitenkuppeln erbaut worden. Zwei turmartige Anbauten, Laternen, die das Portal flankierten, wurden ebenso von Zierkuppeln geschmückt. Über dem Portal stand auf hebräisch aus Jesaja 56,7: ביתי בית תפלה יקרא לכל העמים (hebr.: „Mein Haus soll ein Bethaus für alle Völker genannt werden“). Am 18. Oktober 1902 konnte eine Jubiläumsfeier - 25 Jahre Synagogenchor der israelitischen Gemeinde - gefeiert werden. Der israelitische Wohltätigkeitsverein (Gründer: Liebmann Strauss) konnte am 16. November 1907 sein 50-jähriges Jubiläum feiern. Aus dem Wohltätigkeitsverein heraus ist 1861 die jüdische Gemeine Heilbronn entstanden. Schließlich wurde am 25. Mai 1927 der Festakt zum 50-jährigen Bestehen der Synagoge begangen.

Israelitische Religionsgemeinschaft Adass Jeschurun
jüdischer Kalender hebr. הלוח העברי ha-lu'ach ha-iwri)
Davidstern (hebr. מגן דוד, Magen David – „Schild Davids“)

Am 26. Juni 1905 wurde das Krematorium in Heilbronn eröffnet. Die Kremation eines Mitglieds der zentralen Synagogengemeinde der Stadt Heilbronn nach seinem Ableben und die Beisetzung seiner Aschenurne auf dem jüdischen Friedhof löste die Spaltung der jüdischen Gemeinde aus [2]. Denn dies sah man als einen Bruch mit dem althergebrachten Brauch der jüdischen Totenbestattung, dem dreizehnten Glaubensbekenntnis des Maimonides und der Weissagung des Prohpheten Jecheskiel Kap. 37 von der Auferstehung der Gebeine am Jüngsten Tage an. Grund war, dass das Judentum die strenge Trennung von Leib und Seele nicht kennt. Daher umfasst auch die Vorstellung von der Auferweckung zu neuem Leben die ganze Person. Wenn nun aber die ganze Person eingeäschert würde, bestünde demnach auch keine Auferstehung. Aufgrund dessen erfolgte unter der Leitung des Onkels von Artur Reis, David und Emanuel Kaufmanns im Jahre 1911 die Gründung der Israelitische Religionsgemeinschaft Adass Jeschurun und die Trennung von der zentralen Synagogengemeinde der Stadt Heilbronn. Die Richtlinie der neuen Gemeinde war orthodoxes, gesetzestreues Judentum im Sinn des Frankfurter Rabbiners Samson Raphael Hirsch mit dem Leitsatz des Tenach: Ihr sollt mir sein ein Volk von Priestern! Die strikte Einhaltung der Thoragesetze, ihrer schriftlichen und mündlichen Lehre, der 613 Gebote nach dem Schulchan Aruch waren der Kern dieser Richtlinien. Die Israelitische Religionsgemeinschaft Adass Jeschurun konnte im Hintergebäude des Hauses Rosenstein, der Uhlandstraße 7, einen Betsaal einrichten, wobei der Vorsteher der Gemeinde Dr. Moses Strauss war. Der Betsaal war früher eine Gewerberaum und etwa 80 qm groß. Die Männerabteilung enthielt fünfzig Sitzplätze, die durch einen durchsichtigen Vorhang getrennte Abteilung für Frauen weitere zwanzig. Ein kleiner Vorraum diente zur Ablage der Kleidung und bot Gelegenheit zur Händewaschung des Kohen durch die Leviten vor ihrem Segen. Mehrere Thorarollen mit ihrem Schmuck, der Thoraschrank, der Almemortisch zum Vorlesen der Thora, der Vorbeterpult, die samtenen, goldbestickten Mäntelchen, Vorhänge und Decken, die handgemalten bunten Wimpel sowie die Sitzbänke mit ihren Pulten bildeten das Inventar des Betsaals. Im Vordergebäude wohnte der orthodoxe Rabbiner, Dr. Jonas Ansbacher aus Würzburg und seine Familie, der später in die Bismarckstraße 3a verzog. 1920 wurde im orthodox-jüdischen Gemeindezentrum auch eine Mikwe für die Gemeindemitglieder eingerichtet. Die Israelitische Gemeindepflege und das Israelitische Kirchenvorsteheramt befanden sich in der Roßkampfstraße 21. Am 11. Januar 1933, konnte im Betsaal von Adass Jeschurun die Neueinweihung einer Thorarolle gefeiert werden. Diese war von dem damaligen Vorsteher Heinrich Scheuer und Moses Reis gespendet worden. 1933 zählte die Gemeinschaft Adass Jeschurun etwa 60 Mitglieder. 1935 ging die Mitgliederzahl auf 40 bis 45 zurück.

Politik

Auch in der politischen Landschaft der Stadt Heilbronn gab es Bürger jüdischen Glaubens. So wurde am 17. Juni 1930 die Ehrenbürgerschaft für den jüdischen Rechtsanwalt Max Rosengart verliehen und am 30. Oktober 1928 erfolgte die Gründung einer Ortsgruppe des Verein zur Abwehr des Antisemitismus in dem auch Heinrich Grünwald Mitglied war.

Rabbinat Heilbronn

Mischna (hebräisch: משנה Wiederholung) Mischna-Kommentar von Rabbi Szemen Aryeh Surawicz; Radzilow 1873

Die jüdische Gemeinde Heilbronn verfügte anfangs noch nicht über eine eigenes Rabbinat. Dieses musste von Lehrensteinsfeld nach Heilbronn verlegt werden: Von 1864 bis 1889 war der Rabbiner Dr. Moses Engelbert in der Heilbronner jüdischen Gemeinde tätig. Er war bis zur Auflösung des Rabbinats Lehrensteinsfeld bzw. seiner Verlegung nach Heilbronn der dortige Rabbiner. Rabbiner Dr. Moses Engelbert ist am 13. Juni 1830 in Budenberg bei Kassel geboren und am 17. Januar 1891 in Heilbronn verstorben, wo er bis zu seinem Tode als Rabbiner tätig war. Danach konnte 1889–1892 als Nachfolger der Rabbiner Dr. Bertold Einstein in Heilbronn tätig sein. Dr. Berthold Einstein, ist am 31. Dezember 1862 in Ulm geboren und am 4. Juni 1935 verstorben. Als Rabbinatsverweser war es Dr. Einstein, der nach dem Tode von König Karl von Württemberg in der Heilbronner Synagoge bei der Gedächtnisfeier die Trauerrede hielt. Diese Feier fand am 11. Oktober 1891 statt. Die Rede Einsteins wurde in der Buchhandlung von Isidor Stern, Kiliansstraße verlegt und als Buch herausgegeben [3] [4]. Der Rabbiner Ludwig Kahn, geb. 17. Juni 1845 in Baisingen, gest. 9. Oktober 1914 [3] [4] war von 1892 bis 1914 in Heilbronn tätig. Bei der Mobilmachung im ersten Weltkrieg bittet Rabbiner Kahn in der Synagoge um Gottes Schutz und Beistand für Deutschland. Kahn, der am 19. April 1892 nach Heilbronn kam, sicherte sich bald den Ruf eines hochgebildeten Mannes und füsorglichen Geistlichen. Er wurde, nach der Gründung der Israelitischen Oberkirchenbehörde, infolge seiner Kenntnisse dem ersten theologischen Mitglied des Rates zur Unterstützüng beigegeben. Ludwig Kahn war es, der bei Kriegsausbruch 1914, als die Oberkirchenbehörde in Stuttgart ein gleichmäßiges Verfahren bei der Vereidigung christlicher und jüdischer Soldaten verlangte, eine bemerkenswerte Rolle spielte. Im Kasernenhof von Heilbronn waren zu diesem feierlichen Akte die Soldaten aller Konfessionen angetreten und die Geistlichen der drei Konfessionen standen vor dem Feldaltar. Ihm folgte von 1914 bis 1935 Rabbiner Dr. Max Beermann. Der Rabbiner ist am 5. April 1873 in Berlin geboren und in Heilbronn 1935 verstorben.Aus dem kulturellen Leben Heilbronns zwischen 1918 und 1933 ist Rabbiner Dr. Max Beermann nicht wegzudenken. Er lehrte in vielen Kursen in der Volkshochschule Heilbronn. Der Rabbiner hatte sich frühzeitig dem Auswanderergedanken gewidmet. 1935 kam Rabbiner Dr. Harry Heimann, geb. 1. April 1910 in Bromberg, nach Heilbronn. Er konnte 1938 nach Amerika auswandern.

Antisemitismus

Die israelitische Religionsgemeinschaft bietet ab dem 6. Juni 1934 Unterricht in der Gaststätte Adlerkeller an, weil für jüdische Kinder Schulverbot erlassen worden war. Weiter wurden drei jüdische Bürgerinnen wegen Beschäftigung einer nichtjüdischen Haugehilfin verurteilt. Sie hatten das Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes damit verletzt. Der Höhepunkt war der 10. November 1938: die noch etwa 350 Personen umfassende jüd. Gemeinde mußte mit ansehen, wie ihre prachtvolle Heilbronner Synagoge an der Allee in Flammen aufging und der Betsaal der Israelitischen Religionsgemeinschaft Adass Jeschurun verwüstet wurde. Januar 1940 wird die Synagoge abgebrochen. Die Synagogensteine werden für den Obstkeller der Jugendkunstschule verwendet.

"Der Brand"

Talmud(hebräisch: תלמוד, Belehrung, Studium): Beginn des Traktats „Berachoth”. In der Mitte Mischna und Gemara, innen (hier: rechter Rand) der Kommentar von Raschi, außen (hier linker Rand) spätere Kommentare
Der Sederteller zu Pessach (wörtlich „vorüberschreiten", „verschonen")

Ein Gedicht stammt von einem Feuerwehrmann, der beschreibt wie sie, die Feuerwehrleute das Feuer in der brennenden Synagoge förderten und damit den Brandstiftern zum Erfolg verhalfen, indem sie den Feuerwehrschlauch als Blasebalg benutzten.[5]

  • ........"Der Brand".............
  • Des Morgens um die 6. Stund
  • ging durch die Stadt die schnelle Kund
  • von einem Synagogenbrand
  • ...[]...
  • Die Feuerwehr, das muß man lassen
  • ließ mit dem Feuer sich nicht spaßen
  • ...[]...
  • Man löschte nach neuem Verfahren
  • man blies den Rauch gleich durch den Schlauch
  • das fördert Feuer und den Rauch.
  • ...[]...
  • Bis einer rief: "guck nuff du Duppel,
  • da droben brennt ja schon die Kuppel"
  • ...[]...
  • Der spritzt gleich in die Kupppel nei
  • und runter tropft schons Fensterblei
  • grad dem Weidner auf die Luppel
  • von der großen ...[]...kuppel
  • ...[]...
  • Der Stuck fiel von der Decke runter
  • bei dieser Hitze wars auch kein Wunder
  • die Fenster waren hohl und leer
  • selbst Gesangbuch (hebräisch סידור) von der Sarah Bär
  • blieb nicht verschont in diesem Brand
  • es fehlte auch die silberen Hand (hebr.:יד "Hand"),
  • wo man Moses Gebot (hebr.: תנ״ך" Tenach") tat lesen.

Rettung der Synagogenruine

Für eine kurze Zeit stand auch die Rettung der Synagogenruine zur Aussicht.[6] Das Ratsprotokoll vom 23. Februar 1940 besagt, daß der Oberbürgermeister Gültig meldete, daß sich die benachbarte Post als Liebhaber für die Synagogenruine zu erkennen gegeben hätte. Solange die Post sich dazu verpflichte die (Zitatanfang) []...die ganze Gebäudefront an der Allee in eine architektonisch anständige und gute Form umzubauen....[] sähe er keinen Anlaß dazu, der Post den Tausch der Ruine gegen das alte Postgebäude am Neckar zu verwehren. Die Post als Interessent der Synagogenruine verdiene es sogar, zuerst berücksichtigt zu werden.[7] Ein anderer Ratsherr erklärte jedoch, daß die Ruine eine Verschandelung des Stadtbildes darstelle und daher zum Abriß freigegeben werden müsse, wie es dann auch erfolgt ist.


Kultgegenstände

Challah-Brote zum Sabbat (hebr. שבת Schabbat (Shabbat) oder jiddisch Schabbes; wörtlich zu deutsch etwa "Ruhepause")

Über den Verbleib der Kultgegenstände ist viel gesprochen worden: Ein Zeuge gegen die Täter der Reichsprogromnacht hat ausgesagt, daß beobachtet wurde, wie jüdische Kultgegenstände in die Harmonie gebracht worden seien, darunter auch Thorarollen und Gebetsriemen, Spruchbänder in hebräischer Schrift, und jüdische Geschäftsbücher. Die Thora-Rollen waren mit Edelsteinen bestetzt und wurden mit 8000 DM bewertet. In dem Gedicht des Feuerwehrmannes wird gesagt, daß das Silberinventar bereits herausgetragen worden war. Das wäre gut möglich, denn die Synagoge von Heilbronn ist nicht am Abend des 9. November, sondern am frühen Morgen des nächsten Tages der Brandstiftung zum Opfer gefallen. Von der Thorarolle weiß man, dass diese in die USA gerettet worden ist und sich dort in der Synagoge von Baltimore/Maryland befinden [5]. Bei der יד "Hand" könnte es sich um ein Stück aus der Silbersammlung des Adolph Grünwald handeln. Adolph Grünwald ist am 22. Mai 1838 in Affaltrach geboren, war Gründer des "Manufaktur- und Wollwarengeschäft Adolph Grünwald" am Kieselmarkt 7, 1862, später das Schwarz'sche Kaufhaus am Marktplatz. Sein Sohn Heinrich Grünwald vergrößerte diese Silbersammlung. Theoretisch besteht über die nach dem Zweiten Weltkrieg gemäß dem Bundesentschädigungsgesetz gestellten Wiedergutmachungsanträge der Heilbronner jüdischen Institutionen die Möglichkeit genaue Informationen über die erlittenen Verluste und Schäden zu erhalten. Obwohl es Quellenhinweise gibt [8] und [9], dass solche Anträge gestellt wurden, lassen sich diese in den Karteien der zuständigen Behörden nicht mehr nachweisen [10]. In den Rückerstattungsstatistik finden sich leidiglich Hinweise auf Anmeldungen von Wertpapieren, nicht jedoch von Einrichtungs- oder Kultgegenständen.

Für Schawuot(hebr. für "Wochen", Einzahl schawua "Woche") ein Bagel

Folgende Firmen wurden in Heilbronn arisiert: Das Warenhaus der Gebrüder Landauer in Heilbronn, Dreyfuß und Söhne: Metall- und Schrotthandel, Gumbel und Co.: Silberwarenfabrik, Anselm Kahn: Zigarrenfabrik, Hammer-Brennerei: Landauer und Macholl, Kahn: Zigarrenfabrik, Schürzenfabrik: Ludwig Maier und Co., Madaform: Seifenbabrik, Meth und Co.:Woolworth, Oppenheimer und Co.: Darmfabrik, Schloss: Kurzwarenhandlung, Heinrich Schwarzenbarerger: Putzwollfabrik, Steigerwald und Co: Likörfabrik, Heinrich Stobetzki: Zigarren, Schufabrik Wolko, Gummersheimer: Konfektionshaus, Modehaus Flesch, Thalheimer: Schrott und Metallgroßhandlung, Marx & Co: Darmgroßhandlung, Schuhhaus: Mandellaub, Wollenberger: Spirituousen, Adler-Brauerei: Würzburger.


In Heilbronn gab es verschiedene Deportationen, wobei 234 jüdische Bürger und Bürgerinnen aus Heilbronn und Sontheim ihr Leben in den Vernichtungs- und Konzentrationslagern verlieren:

Gedenkstätte Synagoge Heilbronn, mit "Kuppel" und Gedenkstein

Die Kuppel von Bettina Bürkle befindet sich nahe der Einmündung des Synagogenwegs in die Allee vor einem Kino und soll die brennende Synagogenkuppel der Heilbronner Synagoge nachempfinden. Das Foto hier zeigt die Kuppel unten links am Boden liegend angeschnitten[6] Sie besteht aus Corten-Stahl und ist eine Leihgabe des Deutsch-Jüdischen Freundeskreises Heilbronn. Schon 1991 hatte die damals gerade 30 Jahre alte Bildhauerin ein Holzobjekt entwofen, das Gegenstand des Ausstellungsprojekts "Gang und Gebe - Wege der Stadt" gewesen war. Im Anschluss an die von Mechthild Bauer-Babel konzipierte Aktion äußerten Kunstverein, Deutsch-Jüdischer Freundeskreis und Kulturstifung Kreissparkasse bald den Wunsch nach einer Realisierung in Stahl. Teil der Vorgeschichte ist ein Foto [7]. Es zeigt den Brand der Heilbronner Synagoge. Im Zentrum des Bildes steht ein heller Feuerschein inmitten der bereits zerborstenen zentralen Vierungskuppel. Mit ihrer der brennenden Synagogenkuppel nachempfundenen Arbeit will Bettina Bürkle ein stilles Zeichen setzen, das nicht nur an die Zerstörung von Kulturgut, sondern zugleich und vor allem an die Vernichtung des europäischen Judentums durch die Nationalsozialisten gemahnt [11].

Die jüdische Gemeinde Heilbronn heute

Bis in die 80er Jahre sollte sie nur wieder auf sechs Familien und einige Einzelpersonen anwachsen, die der Israelitischen Religionsgemeinschaft in Württemberg (Stuttgart) angehörten. Seit 1990 ist die Glaubensgemeinschaft dank der eingewanderten Juden aus der ehemaligen Sowjetunion auf etwa 150 Mitglieder angewachsen. Rabbiner Shneur Trebnik aus Ulm begleitete die neuentstehende jüdische Gemeinde an den Festtagen: zuerst zu Sukkot [8], später bei Hanukka. Das Foto zeigt den Rabbi beim Entzünden der siebten Kerze des Chanukkaleuchters auf dem Heilbronner Marktplatz [9].2004/05 konnte – Zug um Zug – ein neuer Betsaal in einem Gebäude an der Allee eingerichtet werden. Es handelt sich um einen Raum innerhalb von multifunktional nutzbaren Räumen. Am 19. Februar 2006 konnte, verbunden mit einer festlichen Einweihung, eine neue, in Israel geschriebene Torarolle durch den Landesrabbiner Wurmser[10] in den Betsaal eingebracht werden.[11] Die jüdische Gemeinde Heilbronn ist eine Filialgemeinde der Israelitischen Religionsgemeinschaft in Württemberg mit Sitz in Stuttgart.

Quellen

  1. http://www.mahnung-gegen-rechts.de/pages/staedte/Heilbronn/pages/menschenverachtend.htm
  2. Artur Reis: Der eiserne Steg. Herausgeber: Bürgerkomitee für die Begegnung mit ehemaligen jüdischen Mitbürgern und politischen Emigranten aus Heilbronn. Druck: Stadt Heilbronn - Hausdruckerei -
  3. Gedächtnisrede bei der Trauerfeier für den König Karl von Württemberg in der Synagoge Heilbronn den 11. Oktober 1891 gehalten von Rabbinatsverweser Dr. Einstein. Heilbronn J.Stern. Buchhandlung 1891, 12.S.
  4. Franke: Geschichte der Juden in HN
  5. Dr. Christhard Schrenk, Direktor des Stadtarchivs Heilbronn: Die Chronologie der sogenannten Reichskristallnacht in Heilbronn, HVH 32 1992: Historischer Verein Heilbronn Jahrbuch für schwäbisch-fränkische Geschichte 32/1992
  6. Jacobi, U., Die vermißten Ratsprotokolle Heilbronn 1981 Seite 82
  7. Jacobi, U., Die vermißten Ratsprotokolle Heilbronn 1981 Seite 83 In Potsdam ist dies tatsächlich erfolgt und das benachbarte Postgebäude hat die Synagoge in Potsdam zu einem Hörsaal der Post umgebaut. Dadurch blieb das Gebäude in ihrer Substanz und Grundriß erhalten.
  8. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand J 3555, Bü V 252
  9. Dr. Schrenk: Chronologie der Reichskristallnacht
  10. Angefragt wurden u. a. das Landesamt für Wiedergutmachung Baden-Württemberg, der Schlichter für Wiedergutmachung beim Amtsgericht Stuttgart, die Oberfinanzdirektion Stuttgart und die Budeszentralkartei für Anträge nach dem Bundesentschädigungsgesetz bei der Landesrentenbehörde Düsseldorf
  11. Gabriele Holthuis: Skulpturenstadt Heilbronn, Führer zur Kunst im öffentlichen Raum. Herausgegeben von Dr. Andreas Pfeiffer, im Auftrag der Stadt Heilbronn, Reihe Städtische Galerie, 1996 Städtische Museen Heilbronn ISBN 3-930811-57- X