Pontifex
Der Pontifex war im römischen Reich ein sakraler Beamter (ungenau als Priester bezeichnet).
Die Etymologie des Wortes pontifex ist nicht endgültig geklärt. Am verbreitetsten ist die Ableitung vom lateinischen pons („Brücke“, auch „Pfad“) und facere („machen“) mit der Deutung als „Brückenbauer“, seltener auch „Pfadbahner“. Andere Vorschläge sind die Ableitung von pompa (feierlicher Aufzug) oder von einem unbekannten etruskischen Wort, das sekundär (schon in römischer Zeit) mit Hilfe einer populären Etymologie umgedeutet wurde.
Die Pontifices waren in einem Gremium, dem Collegium pontificum zusammengefasst. Das Pontifikalkollegium war diejenige Behörde, die für die Wahrnehmung aller Zeremonien und Opfer nach dem patrius ritus zuständig war. Ihnen fielen alle Aufgaben des regelmäßigen staatlichen Gottesdienstes zu, die nicht anderweitig besonders geordnet waren. Der Vorsteher des Kollegium war der Pontifex Maximus.
Geschichte
Die Legende führt die Berufung der Pontifices auf Numa Pompilius zurück. Tatsächlich war die Entstehung der Pontifices wohl ein längerer Prozess, in dessen Folge sich am Ende der Königszeit das Priestertum vom Königtum getrennt hatte. Neben den eigentlichen Pontifices gehörten von Anfang eine Reihe verschiedener Priestertümer zum Kollegium:
- der Rex sacrorum („Opferkönig“),
- die drei Flamines maiores (Flamen Dialis, Flamen Martialis, Flamen Quirinalis),
- die 12 Flamines minores, und
- die 6 Virgines Vestales („vestalische Jungfrauen“).
Die eigentlichen Pontifices waren zunächst drei Priester (mit dem Pontifex Maximus). Im Laufe der Zeit musste die Zahl den Bedürfnissen des wachsenden Gemeinwesens angepasst werden. So wurde die Mitgliederzahl zunächst auf 6, später auf 9 erhöht. Sulla vermehrte die Zahl dann auf 15 und Caesar fügte noch ein 16. Mitglied hinzu.
Im Jahre 196 v. Chr. wurde das Kollegium durch die Abspaltung der Septemviri epulonum entlastet. Bereits im Jahr 300 hatten sich die Plebejer mit der Lex Ogulnia etwa die Hälfte der Stellen im Kollegium gesichert. Unter Augustus erfuhr das Kollegium schließlich noch einmal einschneidende Veränderungen: Im Jahr 29 v. Chr. wurde diesem durch Senatsbeschluss das Recht gegeben, Mitglieder auch über die gesetzlich festgelegte Zahl hinaus zu ernennen. In der Folge kann für die Pontifices keine feste Mitgliederzahl mehr angegeben werden. Auch führte Augustus einen Promagister in das Kollegium ein, der ihn in den Geschäften des Pontifex Maximus vertrat. Zudem wurden die Flamines divorum, die Priester die für den Kult der konsekrierten Kaiser zuständig waren an das Kollegium angegliedert.
Aufnahme der Mitglieder
Seit dem Ende des Königtums erfolgte die Ergänzung aller großen Kollegien durch Kooptation. Eine Ausnahme bildeten der Rex sacrorum, die Flamines und die Vestalinnen, die vom Pontifex Maximus ernannt wurden. Die Kooptation war ein Ergebnis einer Abstimmung unter den Mitgliedern. Im Jahr 145 v. Chr. scheiterte ein Versuch die Kooptation durch die Volkswahl zu ersetzen, doch 103 wurde die Praxis doch geändert. Man dehnte nun das Verfahren, das schon länger für die Wahl des Pontifex Maximus galt, auch auf die Mitglieder aller großen Kollegen aus. Fortan wurde durch das Los 17 Tribus bestimmt, die stellvertretend für des ganze römische Volk den neuen Priester ernannten. Anschließend wurde der Gewählte vom Kollegium kooptiert. Sulla hob dieses Verfahren zwar wieder auf, doch wurde es 63 v. Chr. doch wieder eingeführt. Im Jahr 14 n. Chr. ging dann die Wahl auf den Senat über. Nach der Wahl erfolgte die cooptatio durch einen Obmann aus dem Kollegium und die feierliche Amtseinführung.
Aufgaben
Die Aufgabe der Pontifices bestand vor allem in der Überwachung aller religiösen Vorschriften, nicht darin, selbst Kulthandlungen zu vollziehen.
Nach dem Ende des römischen Reiches ging der Titel des Pontifex Maximus auf das Papsttum über. Zuweilen wird auch nur das Wort Pontifex als Synonym für Papst gebraucht.
Literatur
G. Wissowa, Religion und Kultus der Römer, München 1912.
Weblink
http://www.imperiumromanum.com/religion/antikereligion/pontifices_01.htm